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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 03.03.2006
Aktenzeichen: 13 Sa 1906/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG
Vorschriften:
BGB § 626 Abs. 1 | |
BGB § 626 Abs. 2 | |
BetrVG § 102 |
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 03.03.2006
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter Wagner und Neumann
für Recht erkannt: Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. September 2005 - 1 Ca 8738/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung in der Probezeit wegen einer behaupteten sexuellen Belästigung einer Kollegin durch den Kläger auf einer Geburtstags- bzw. Einstandsfeier nach Dienstschluss in einem Restaurant. Der am ... 1970 geborene großgewachsene seit dem 1. Dezember 2004 bei der Beklagten als Senior S. im Bereich Zins-/Kreditprodukte für ein Monatsbruttogehalt von 6.400,-- € zuzüglich Weihnachtsgeld und Tantiemen aufgrund des Arbeitsvertrages vom 22. November 2004 (vgl. den Vertrag in Kopie Bl. 11 ff. d.A.) beschäftigte Kläger, der mit der zierlichen Kollegin Frau B. (im Folgenden: Kollegin) in einem Großraumbüro "Rücken an Rücken" arbeitet, setzte sich am betreffenden Abend im Laufe der Feier neben die Kollegin und sagte: "I can imagine many or a thousand ways to humilitate you". Der Kollege Herr Be. wies ihn darauf hin, dass er das Lokal verlassen sollte, was der Kläger auch tat. Am nächsten Tag arbeiteten der Kläger und die Kollegin wieder zusammen, ab dem darauf folgenden Freitag war die Kollegin im Urlaub. Nach Rückkehr aus dem Urlaub am 4. April 2005 berichtete die Kollegin ihrem vorgesetzten Abteilungsleiter von dem Vorfall am 23. März 2005, der den Kläger am 6. April 2005 dazu anhörte, worauf sich der Kläger bei der Kollegin entschuldigte. Am 7. April 2005 wurde der Kläger durch die Personalabteilung angehört und noch am selben Tag von der Arbeitspflicht freigestellt. Mit Schreiben vom 8. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 107 f. d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat an, der mit Schreiben vom 11. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 109 d.A.) der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zustimmte, worauf die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 16 d.A.), welches der Kläger am nächsten Tag erhielt, außerordentlich kündigte. Gegen diese Kündigung hat sich die am 13. April 2005 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangene Klage gerichtet, welche der Kläger noch um Annahmeverzug- und Mietzuschussklagen erweitert hat.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 15. September 2005 die Klage abgewiesen, da das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 11. April 2005 beendet worden sei. Die unstreitige Bemerkung des Klägers sei zwar nicht am Arbeitsplatz, aber auch nicht in einem rein privaten Bereich gefallen, da sich auf der Feier ausschließlich Kollegen des Teams vom Kläger und der Kollegin befanden. Die Bemerkung des Klägers sei zumindest als Beleidigung mit einer sexuellen Konnotation zu verstehen, durch die es zu einer Störung des Betriebsfriedens gekommen sei, da die Kollegin nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeiten wollte. Es sei auch eine Wiederholungsgefahr zu erkennen, da sich der Kläger nicht etwa sofort oder am nächsten Tag entschuldigt hätte, sondern erst, nachdem die Kollegin über Vorgesetzte und Betriebsrat die Initiative ergriffen hätte.
Auch die abschließende Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Dieser weise eine noch kurze Betriebszugehörigkeit auf, sein Lebensalter sei gering und er habe keine unterhaltsberechtigten Kinder. Aufgrund der hohen Position des Klägers müsse sich dieser auch entsprechend Kolleginnen und Kollegen gegenüber verhalten. Wegen der Länge der Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende sei der Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar.
Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt, die Zahlungsansprüche unbegründet, da das Arbeitsverhältnis bis zum 12. April 2005 abgerechnet und die sich daraus ergebenden Zahlungsbeträge an den Kläger ausgezahlt worden seien.
Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und dem Vortrag der Parteien in erster Instanz wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 191-200 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 13. Oktober 2005 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Dezember 2005 am 20. Dezember 2005 begründet Berufung des Klägers.
Er hält die unstreitige Bemerkung, die nur einmal und entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht wiederholt gefallen sei, nicht für eine sexuelle Belästigung, sondern nur für einen "schlechten, fehlgeschlagenen Witz", "derben Witz" oder "einen Spruch, ohne tiefergehende Motivation, gedankenlos, einfach zum Foppen". Da der Spruch auf einer privaten Feier gefallen sei, fehle der Bezug zum Arbeitsverhältnis. Angemessene Reaktionen seitens der Beklagten wären mildere Mittel wie die Abmahnung, Versetzung oder selbst die ordentliche Kündigung gewesen, die er akzeptiert habe. Die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts sei ebenso fehlerhaft wie die Betriebsratsanhörung, da der Betriebsrat über das Ausmaß der behaupteten sexuellen Belästigung getäuscht worden sei, weil die unstreitige Bemerkung nur einmal und nicht mehrfach und auch nicht mit sexistischem Inhalt gefallen sei. Dem Kläger stünden daher auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. September 2005 - 1 Ca 8738/05 - abzuändern und
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 11. April 2005, zugegangen am 12. April 2005, nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung mit Ablauf des 31. Juli 2005 aufgelöst worden ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Arbeitslohn für April 2005 in Höhe von 7.233,-- € brutto abzüglich bereits erhaltener 2.893,33 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf den sich ergebenden Differenzbetrag ab dem 1. Mai 2005 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Arbeitslohn für Mai 2005 in Höhe von 7.233,-- € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 1. Juni 2005 zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn gemäß § 3 des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages einen Mietzuschuss in Höhe von 1.600,-- € für die Monate April und Mai 2005 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (16.6.2005) zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Arbeitslohn für Juni 2005 in Höhe von 7.233,-- € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 1. Juli 2005 zu zahlen;
6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn gemäß § 3 des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages einen Mietzuschuss in Höhe von 800,-- € für den Monat Juni 2005 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (16.7.2005) zu zahlen;
7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Arbeitslohn für Juli 2005 in Höhe von 7.233,-- € brutto abzüglich 1.287,-- € netto Arbeitslosengeld zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 1. August 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie wiederholt und ergänzt ihren Vortrag erster Instanz ausführlich dahin, dass die unstreitige Bemerkung nicht nur einmal, sondern mehrfach gefallen sei und von sexistischen Gesten mittels eines Fingers und eines Zigarrencutters begleitet worden sei und der Kläger auch andere Kolleginnen sexuell verbal beleidigt habe.
Wegen des konkreten Vortrags der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 20. Dezember 2005 (Bl. 266 ff. d.A.) und der Beklagten vom 27. Februar 2006 (Bl. 355 ff. d.A.) sowie die zu den Akten gereichte E-Mail des Klägers an seinen Prozessbevollmächtigten vom 3. März 2006 (vgl. dazu die Mail Bl. 402 f. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b und c, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung größtenteils zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen, weil das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 11. April 2005 zum 12. April 2005 beendet worden ist, so dass der Kläger für den Zeitraum nach dem 12. April 2005 auch keine Zahlungsansprüche mehr hat. Das Landesarbeitsgericht folgt dem Arbeitsgericht größtenteils in der Begründung und sieht deshalb von einer ausführlichen Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Die Kammer hält auch die nur einmalige unstreitige Bemerkung ""I can imagine many or a thousand ways to humilitate you" nicht nur für an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, sondern auch im konkreten hier vorliegenden Einzelfall die außerordentliche Kündigung für das angemessene Mittel, auf die Bemerkung des Klägers zu seiner Kollegin zu reagieren. Dabei wird auf Folgendes hingewiesen:
1.
Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
a)
Eine derartige Tatsache kann an sich auch eine Beleidigung oder Bedrohung von Arbeitskollegen sein (vgl. nur BAG 21.1.1999 - 2 AZR 665/98 - EzA § 626 BGB n.F. Nr. 178, zu II 2 der Gründe; BAG 30.9.1993 - 2 AZR 188/93 - EzA a.a.O. Nr. 152, zu B I 2 b) der Gründe mit weiteren Nachweisen).
b)
Eine Beleidigung oder Bedrohung der Kollegen im betrieblichen Umfeld liegt hier vor:
aa)
Zwar wurde die Bemerkung des Klägers nicht in den Räumen der Beklagten abgegeben. Sie fand jedoch ausschließlich unter Kollegen des Teams von Kläger und Kollegin zeitnah nach Dienstschluss statt, auf der einer der Kollegen seinen Einstand gab. Dies genügt der Kammer für einen betrieblichen Bezug.
bb)
Die Bemerkung "I can imagine many or a thousand ways to humilate you" stellt auch eine Beleidigung oder Bedrohung der Kollegin dar, keinesfalls einen Witz.
(1)
Warum die Bemerkung des Klägers ein Witz sein soll, hat sich der Kammer auch nach der ausführlichen Erörterung im Termin am 3. März 2006 unter Berücksichtigung der E-Mail-Stellungnahme des Klägers nicht erschlossen. Im gesamten Rechtsstreit hat der Kläger nicht einmal eine Situation konkret geschildert, in der die unstreitige Bemerkung als Erwiderung auf eine Situation oder eine Bemerkung der Kollegen oder insbesondere der Kollegin komisch wirken könnte. Auch ein "Foppen" der Kollegin konnte mit der Bemerkung nicht erreicht werden.
(2)
Wäre es - wie der Kläger entgegen der Darstellung der Beklagten es behauptet hat - zwischen ihm und der Kollegin zu Spannungen im Arbeitsverhältnis gekommen, konnte die Kollegin die Bemerkung "I can imagine many or a thousand ways to humilate you" nur als Drohung interpretieren. Denn er wollte sie danach auf viele oder gar tausend Arten erniedrigen oder demütigen.
(3)
Wäre es hingegen - wie die Beklagte behauptet - nicht zu derartigen Spannungen im Arbeitsverhältnis gekommen, kann die Bemerkung "I can imagine many or a thousand ways to humilate you" nur als sexuell konnotiert verstanden werden. Denn durch das vom Kläger zuletzt noch in der E-Mail an seinen Prozessbevollmächtigten eingeräumte Hingehen zur Kollegin "nach ein paar Sprüchen", das Hinsetzen des großgewachsenen Klägers zur zierlichen Klägerin und die geäußerte Vorstellung, sie auf viele oder tausend Arten zu erniedrigen oder zu demütigen, konnte von der Kollegin nur als Kundgabe von Nichtachtung oder Missachtung, also als Beleidigung, verstanden werden. Denn damit sagte er, dass sie es wert wäre, gedemütigt oder erniedrigt zu werden. Die Bemerkung von einem Mann zu einer Frau gesprochen konnte in diesem Zusammenhang dann auch nur sexuell gemeint sein, einen anderen Sinn kann die Kammer darin nicht erkennen.
(4)
Auch andere haben die Bemerkung des Klägers als grenzüberschreitend empfunden, weshalb der Kläger unstreitig vom Kollegen Be. zum Gehen aufgefordert worden ist.
c)
Die Beklagte musste auch nicht die ordentliche Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende abwarten und damit die nächstrangige Sanktion auf die Entgleisung des Klägers in Betracht ziehen. Dies ergibt eine umfassende Interessenabwägung.
aa)
Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die Bemerkung - wenn man zu seinen Gunsten von der Einmaligkeit ausgeht - erstmalig und einmalig erfolgte, die Kollegin nicht berührt wurde und er sich bei ihr entschuldigt hat. Zu seinen Gunsten wirkt sich auch die Situation anlässlich der Geburtstags- bzw. Einstandsfeier aus, auf der auch dem Alkohol zugesprochen wurde. Dies ist jedoch alles, was für ihn spricht.
bb)
Denn auf der anderen Seite war der Kläger in einer großen deutschen Geschäftsbank im Bereich des Kapitalmarkthandels tätig. Wie die Beklagte zu Recht betonte, legen Banken hohen Wert auf einen zivilisierten und seriösen Umgang nicht nur mit den Kunden, sondern auch intern zwischen ihren Angestellten. Verbalentgleisungen sind für einen "Banker" unakzeptabel. Wenn es dennoch zu einer derartigen auch vom Kläger selbst eingeräumten Verbalentgleisung gekommen war, von der der Kläger selbst nach seiner E-Mai an seinen Prozessbevollmächtigten annahm, dass sie übertrieben war, hätte es jedenfalls spätestens am Morgen nach der Feier dem Kläger oblegen, sich bei der Kollegin - wenn es wirklich aus seiner Sicht nur ein Scherz gewesen sein sollte - in aller Form zu entschuldigen. Diese Entschuldigung - zu der durch den selbst eingeräumten Grenzübertritt aller Anlass bestand - gab der Kläger jedoch nicht ab. Er wähnte sich im Recht, "arbeitete ganz normal und ungestört weiter und hatte keine Kenntnis davon, dass sich Frau B. nachhaltig beleidigt fühlte (siehe den Schriftsatz vom 20.12.2005, Seite 4, Bl. 269 d.A.). Obwohl er auch für andere ersichtlich die Grenzen überschritten hatte, fand der Kläger am Tag nach dem Vorfall kein einziges Wort des Bedauerns. Erst als die Klägerin nach ihrem Urlaub den Vorgesetzten des Klägers einschaltete, entschuldigte sich der Kläger. Selbst dies wird von ihm in der Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 20. Dezember 2005, Seite 4, Bl. 269 d.A. noch so dargestellt, als ob er sich vor der Anhörung entschuldigt hätte. Dies trifft jedoch nur für die zweite Anhörung durch die Personalleitung zu, nicht für die erste durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten.
Sieht man diese Einlassung in Verbindung mit der zuletzt zu den Akten gereichten E-Mail des Klägers vom 3. März 2006, so muss man den Eindruck gewinnen, dass der Kläger meint, dass er sich im Grunde so benehmen durfte und nur die Kollegin mit seiner Äußerung ein Problem hatte. Gerade das bestätigt auch im Rückblick die behaupteten Befürchtungen der Beklagten an einer Wiederholung der dargestellten Situation. Dies aber musste ein Bankhaus wie die Beklagte nicht für weitere dreieinhalb Monate hinnehmen. Denn für diese Zeit hätte die Beklagte den Kläger weiter bezahlen müssen, da er nach dem Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende hatte.
Der Beklagten war aber auch aus einem anderen Grund nicht zuzumuten, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten oder gar eine Versetzung oder Abmahnung zu erwägen. Das Bundesarbeitsgericht, dem die erkennende Kammer folgt, hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass auch Diebstahl oder eine Unterschlagung geringwertiger Sachen an sich geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (vgl. zuletzt nur BAG 11.12.2003 - 2 AZR 36/03 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 5 mit weiteren Nachweisen). In diesem Rahmen erwägt das Bundesarbeitsgericht z.B. für Handelshäuser, in denen Waren dem Arbeitnehmer anvertraut sind, ein hartes Durchgreifen allein aus Gründen der Abschreckung der Arbeitnehmer (vgl. BAG 11.12.2003, a.a.O., zu II 1 d) cc) der Gründe).
Diese Erwägung durfte vorliegend auch die Beklagte für einen gutbezahlten und sorgfältig ausgesuchten Bankangestellten anstellen, der in einem Team arbeitet. Ebenso wenig wie dieser auch nur geringe Summen Geldes wegnehmen oder unterschlagen darf, darf ein höherer Bankangestellter in der Form wie sie vorliegend geschah eine Mitarbeiterin aus einem Team bedrohen oder beleidigen.
Würde man den vorliegenden Vorfall nach einem längeren ungestörten Arbeitsverhältnis und einer einmaligen Entgleisung gegebenenfalls noch anders beurteilen, kommt vorliegend hinzu, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung erst viereinhalb Monate gearbeitet hatte. Die Beklagte musste befürchten, dass der Kläger nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit vielleicht noch "derbere Witze" auf Kosten von weiblichen Angestellten von sich geben würde. Dies musste sie nicht abwarten.
Endlich trifft die Kündigung den Kläger nicht so wie sie einen älteren Mitarbeiter treffen würde. Der Kläger ist erst 35 Jahre alt und auf dem Arbeitsmarkt gut vermittelbar, wie auch seine Einstellung bei der Beklagten aufgrund von Headhunting zeigt.
2.
Die Beklagte hat mit der Kündigung vom 11. April 2005, die dem Kläger am 12. April 2005 zugegangen ist, auch die Frist von zwei Wochen zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die für die Kündigung zuständige Personalabteilung hat erstmals am 6. Juni 2005 von den Pflichtverletzungen des Klägers am 23. März 2005 erfahren. Gerechnet ab diesen Zeitpunkt hat die Beklagte die Kündigung sogar innerhalb von weniger als einer Woche ausgesprochen.
3.
Die Beklagte hat endlich auch den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu der von ihr beabsichtigten außerordentlichen fristlosen und hilfsweise beabsichtigten ordentlichen fristgemäßen Kündigung angehört. Aus der Betriebsratsanhörung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers keine Täuschung des Betriebsrats. Die Behauptung der Arbeitgeberin, dass der Kläger nicht nur einmal, sondern mehrfach die Kollegin mit der mehrfach wiedergegebenen Bemerkung beleidigt oder bedroht hat und dies durch entsprechende Gestik unterstrichen habe, entspricht dem gesamten Vortrag der Arbeitgeberin im vorliegenden Rechtsstreit. Da bereits eine einmalige Entgleisung des Klägers nach Auffassung der Kammer ausreicht, führt die aus der subjektiven Sicht der Beklagten behauptete mehrfache Beleidigung der Klägerin unterstrichen durch sexuelle Gestik nicht zu einer Täuschung des Betriebsrats.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO bei unverändertem Streitwert von 35.938,67 €.
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand angesichts der Entscheidung des vorliegenden Einzelfalls keine Veranlassung.
Ende der Entscheidung
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