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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 23.05.2003
Aktenzeichen: 13 Sa 243/03
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 1
ZPO § 88
ZPO § 89
BGB §§ 164 ff.
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 182 Abs. 1
BGB § 182 Abs. 2
BGB § 184 Abs. 1
Der Beginn des Arbeitsverhältnisses richtet sich bei einem Vertragsschluss vor dem Beginn der Tätigkeit auch dann nach dem Tag des vereinbarten Beschäftigungs-beginns, wenn die Kündigungsmöglichkeit vor Arbeitsbeginn von den Arbeitsvertrags-parteien ausgeschlossen wird.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

13 Sa 243/03

Verkündet am 23. Mai 2003

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 09. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Britze und Niederberger

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. November 2002 - 2 Ca 17967/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung und dabei zuletzt insbesondere um die Fragen, ob auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden und ob die Angestellte Frau K. der Beklagten bevollmächtigt war, die Kündigung auszusprechen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 27.11.2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kündigung vom 12.06.2002 sei auch ohne einen besonderen Kündigungsgrund wirksam, da das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar sei. Denn gemäß § 1 Abs. 1 KSchG könne ein Arbeitnehmer die Sozialwidrigkeit der Kündigung nur dann geltend machen, wenn sein Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt der Kündigung nicht länger als sechs Monate bestand, weil der Kläger seine Arbeit unstreitig am 01.02.2002 aufgenommen habe und die Kündigung der Beklagten am 12.06.2002 erfolgt sei.

Entgegen der Auffassung des Klägers sei bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht auf den Arbeitsvertragsschluss - hier: 05.11.2001 - abzustellen, sondern auf den vertraglich formulierten Beginn der Arbeitsaufnahme, also den 01.02.2002. Dagegen spreche auch nicht, dass die Parteien des Arbeitsvertrages in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages (vgl. den Arbeitsvertrag in Kopie Bl. 4 bis 8 d. A.) vereinbart hätten, dass eine Kündigung vor dem vereinbarten Termin der Arbeitsaufnahme (01.02.2002) ausgeschlossen sei, da es eben auf die Arbeitsaufnahme ankäme.

Die Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Insbesondere habe der Kläger am 27.11.2002 die Kündigung nicht unverzüglich gemäß § 174 BGB wegen der behaupteten Nichtbevollmächtigung der Personalleiterin Frau K. zurückgewiesen.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Bl. 17 bis 24 d. A.) verweisen.

Gegen dieses ihm am 06.01.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 05.02.2003 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.03.2003 am 20.03.2003 begründete Berufung des Klägers. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag hinsichtlich des Beginns der Sechs-Monats-Frist des § 1 Abs. 1 KSchG und rügt weiterhin die Bevollmächtigung der Frau K.. Im Termin am 09.05.2003 hat er die Vollmacht der Prozessbevollmächtigten gerügt, welche noch am selben Tag beim Landesarbeitsgericht Berlin per Fax einging (vgl. die Prozessvollmacht, Bl. 68 d. A. sowie die Vollmacht der Frau K. vom 04.01.2000, Bl. 67 d. A.).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.11.2002 - 2 Ca 17967/02 - festzustellen, dass die Kündigungserklärung der Beklagten vom 12.07.2002 unwirksam sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass der Kläger bis zum 31.01.2002 bei seinem alten Arbeitgeber tätig war. Wegen des konkreten Vortrags in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 20.03.2003 (Bl. 44 ff. d. A.) und 19.05.2003 (Bl. 69 f. d.A.) und der Beklagten vom 28.04.2003 (Bl. 58 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 1, 64 Abs. 2 c, Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 1 u. 5 ArbGG; §§ 519, 520 Abs. 1 u. Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgemäß und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Nach der Auslegung des Berufungsantrages bezog sich dieser auf die einzige Kündigung der Beklagten vom 12.06.2002 und nicht auf eine nicht existierende Kündigung vom 12.07.2002.

II.

Die Beklagte war ordnungsgemäß vertreten durch Frau Rechtsanwältin J.. Zum einen wurde diese Vertretung stillschweigend durch das Prozessverhalten gemäß § 89 Abs. 2 ZPO genehmigt, zum anderen lag am 09.05.2003 eine ausdrückliche Vollmacht vor. Beides wirkt zurück auf den Beginn des Prozesses (vgl. dazu nur Arbeitsgericht Berlin 20.03.1990 EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 4, zu 1. d. Gr.; BGH 09.05.1984 VersR 1984, 781, 782; BGH 19.07.1984 BGHZ 92, 137, 140; BGH 10.01.1995 BGHZ 128, 281, 283 m.w.N.).

III.

In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen:

1. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung gelangt, da zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 12.06.2002 das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als sechs Monate andauerte. Denn der Beginn des Arbeitsverhältnisses richtet sich bei einem Vertragsschluss vor dem Beginn der Tätigkeit nach dem Tag des vereinbarten Beschäftigungsbeginns (ganz herrschende Meinung, vgl. zuletzt nur BAG 27.06.2002 - 2 AZR 382/01 - zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt -, zu B I 2 b bb (2) (3) d. Gr. m.w.N.), hier dem 01.02.2002. Daran ändert auch der veränderte Kündigungsausschluss nichts. Dieser sollte lediglich verhindern, dass der Kläger vor Arbeitsbeginn bei der Beklagten sich für einen anderen Arbeitgeber entschied.

2. Die Kündigung als Willenserklärung war auch der Beklagten zuzurechnen, da Frau K. diese vertreten hat. Die vom Kläger gerügte Vollmacht der Frau K. ist am 09.05.2003 vorgelegt worden. Darüber hinaus wäre die Vertretung von Frau K. jedenfalls durch die ständige Behauptung der Vertretung und Bevollmächtigung im Prozess durch die Beklagte konkludent und formfrei genehmigt worden gemäß §§ 177 Abs. 1, 182 Abs. 1 u. Abs. 2, 184 Abs. 1 BGB.

IV.

Der Kläger trägt die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

V.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.

Ende der Entscheidung

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