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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1135/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 162 Abs. 1
BGB § 315
KSchG § 1
ZPO § 287
1. Ist eine Zielvereinbarung über einen variablen Vergütungsbestandteil einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festzulegen, dann führt das Nichtvorliegen einer Zielvereinbarung für das jeweilige Kalenderjahr nicht schon dazu, dass der Anspruch auf die variable Vergütung entfällt (BSG vom 23.03.2006 - ZIP 2006, 1414).

2. Ist der entsprechende Zeitabschnitt abgelaufen, dann ist die Vergütungshöhe nach § 287 ZPO zu schätzen. Hierbei ist regelmäßig von der Vergütung gem. der zuletzt abgeschlossenen Zielvereinbarung auszugehen.

3. Jedenfalls obliegt regelmäßig dem Arbeitgeber die Initiativlast dafür, einen Vorschlag für den Abschluss einer Zielvereinbarung zu unterbreiten.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

15 Sa 1135/06 15 Sa 1168/06

Verkündet am 13.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 22.11.2006 durch den Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Frau N. und Frau Sch.

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.05.2006 - 76 Ca 364/06 und 76 Ca 6717/06 - teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag in Höhe von 14.420,05 € brutto hinaus weitere 7.829,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.420,00 € brutto mit Fälligkeit zum 30.06.2007 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bei einem Gesamtstreitwert von 57.333,33 € tragen der Kläger 26 % und die Beklagte 74 %. Die Kosten der Berufung bei einem Streitwert von 50.928,66 € tragen der Kläger zu 27 % und die Beklagte zu 73 %.

IV. Die Revision wird für die Beklagte insoweit zugelassen, wie diese zur Provisionszahlung für das Jahr 2006 in Höhe von 11.420,00 € verurteilt wurde.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und über Ansprüche auf Provisionszahlungen für die Jahre 2005 und 2006.

Die Beklagte entwickelt Softwarelösungen für Kassensysteme im Gastronomiebereich und verkauft diese zusammen mit den entsprechenden Kassen an einzelne Gastronomen.

Der Kläger wurde ursprünglich aufgrund des Arbeitsvertrages vom 19.04.2005 (Kopie Bl. 7 ff. d. A.) ab dem 01.05.2005 als Leiter Market Development gegen ein Bruttomonatsentgelt von 6.250,-- € beschäftigt. Nach § 9 des Arbeitsvertrages erhielt der Kläger eine Prämie in Höhe von 50.000,-- € brutto pro Kalenderjahr bei einer hundertprozentigen Erreichung der Ziele. In § 9 Abs. 2 dieses Arbeitsvertrages und des nachfolgenden Änderungsvertrages vom 01.09.2005 heißt es:

"Die Ziele für das erste Kalenderjahr werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter bis zum Ende der Probezeit festgelegt."

Durch Änderungsvertrag vom 01.09.2005 (Kopie Bl. 16 ff. d. A.) wurde die Probezeit beendet, eine Absenkung des Gehalts auf 5.000,-- € vorgenommen, die monatliche Abschlagszahlung bezüglich der Provision in Höhe von 2.050,-- € gestrichen und die Fälligkeit der Provisionszahlung vom 31.03. des Folgejahres auf den 30.06. hinausgeschoben. Zuvor hatte der Kläger in den Monaten Mai bis August 2005 jeweils 2.050,-- € brutto als Vorauszahlung für die Provision erhalten.

Unter dem 26.09.2005 (Kopie Bl. 48 ff. d. A.) wurden die Jahresziele für den Vertrieb schriftlich festgehalten. Unter dem 31.10.2005 (Kopie Bl. 79 f. d. A.) wurden die Ziele neu definiert. Die Vertriebsabteilung bestand neben dem Kläger aus zwei weiteren Arbeitnehmern. Einem dieser Arbeitnehmer, Herrn O. P., wurde während der Probezeit zum 12. Dezember 2005 gekündigt, wobei er seit Mitte November 2005 von der Arbeit freigestellt war. Ein weiterer Arbeitnehmer, Herr M. K., erhielt Mitte Dezember 2005 die Kündigung zum 15. Januar 2006. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 2006.

Bis zum Ende des Jahres 2005 verkaufte die Beklagte seit Unternehmensaufnahme 134 Kassen. Insofern wird auf die Kassenliste Bl. 51 d. A. Bezug genommen. Für das Jahr 2006 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung nicht ab. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 8. März 2006 von der Arbeit freigestellt.

Mit der am 5. Januar 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 12. Januar 2006 zugestellten Klage setzte der Kläger sich u. a. gegen die Kündigung zur Wehr. Aufgrund der Klageerweiterung vom 13. März 2006 beansprucht der Kläger die Zahlung einer Provision für 2005 in Höhe von 25.133,33 € und für die ersten drei Monate des Jahres 2006 in Höhe von 12.500,-- €. Mit Schriftsatz vom 27. März 2006 begehrt die Beklagte widerklagend die Rückzahlung der Provisionsvorauszahlung in Höhe von 8.200,-- €.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im Jahr 2005 das Ziel zu 100 % erreicht. Ihm stünden daher 8/12 der Jahresprovision abzüglich der gezahlten 8.200,-- € Provisionsvorauszahlung zu. Die in der Zielvereinbarung angegebenen 140 Kassen hätten immer als Ziel für das gesamte Unternehmen gegolten. Dies ergäbe sich auch schon daraus, dass er nach § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages gar nicht zum Abschluss von Rechtsgeschäften berechtigt gewesen sei. Durch die Abteilung Vertrieb seien im letzten Quartal 2005 nicht nur 5, sondern 23 Kassen verkauft worden. Noch im Januar 2006 habe er den Geschäftsführer der Beklagten wiederholt aufgefordert, Zielsetzungen zu benennen. Dem sei der Geschäftsführer permanent ausgewichen. Die in der Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005 angegebenen Wochenziele dienten nur dazu, das Jahresziel überprüfen zu können. Vor einer Beendigungskündigung hätte eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen. Dies ergäbe sich daraus, dass Frau R. bei der Beklagten seit Januar 2006 das Vertriebscontrolling ausübe, die von einem Schwesterunternehmen der Beklagten bezahlt werde.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17.12.2005 nicht aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch sonstige Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie auf Führung und Leistung erstreckt,

4. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, dass sich auf Art und Dauer sowie auf Führung und Leistung erstreckt,

5. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1 für den im Arbeitsvertrag vom 19.04.2005 i. V. m. dem Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 01.09.2005 geregelten Arbeitsbedingungen als Leiter Market Development/Vermittlungsvertreter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen,

6. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.12.2005 Provision in Höhe von brutto 25.122,22 € mit Fälligkeit zum 30.06.2006 zu zahlen,

7. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 Provision in Höhe von brutto 12.500,-- € mit Fälligkeit zum 30.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 8.200,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, am 15. Dezember 2005 habe die Geschäftsführung beschlossen, die Abteilung Marketing und Vertrieb vollständig zu schließen und fortan in diesen Bereichen mit selbständigen externen Auftragnehmern zusammen zu arbeiten. Diese Entscheidung sei auch deswegen getroffen worden, weil man mit den Mitarbeitern der Abteilung als Ziel vereinbart hatte, dass man bis Ende 2005 insgesamt 140 Kassen verkaufen wolle. Schon zum Zeitpunkt der Zielvereinbarung waren bereits 105 Kassen verkauft worden. Das Ziel von 140 verkauften Kassen zu Ende 2005 wurde aber nicht erreicht, denn tatsächlich wurden nur 134 Kassen verkauft, wobei von den 29 verkauften Kassen im letzten Quartal 2005 lediglich 5 durch die Mitarbeiter der Abteilung Vertrieb verkauft worden seien. Deswegen seien auf Geschäftsführungsebene Überlegungen zur kostengünstigen Neustrukturierung der Vertriebs- bzw. Marketingabteilung angestellt worden. Später hat die Beklagte die Ansicht vertreten, das Ziel von 140 verkauften Kassen sei ursprünglich ein Teamziel gewesen, seit der Vereinbarung vom 31.10.2005 sei es jedoch das persönliche Ziel des Klägers gewesen, diese Anzahl von Kassen zu verkaufen. Die Angabe der 140 verkauften Kassen sei nur ein Mindestziel gewesen, da die Summe der Wochenziele bis zum Jahresende 31 verkaufte Kassen zur Folge gehabt hätte und somit dann nicht 140, sondern 193 Kassen zum Jahresende verkauft worden wären, da zum 31.10.2005 bereits 112 Kassen verkauft worden waren. Da nicht 140 Kassen verkauft worden waren, sei gar keine Provision zu zahlen. Hinsichtlich der Provisionszahlung sei der Verkauf der Kassen mit 50 %, die Wochenziele mit 30 % und die restlichen Ziele mit 20 % zu bewerten.

Durch das Urteil vom 24. Mai 2006 hat das Arbeitsgericht den Kündigungsschutzantrag abgewiesen, da die Abteilung Vertrieb aufgelöst worden sei. Hinsichtlich der Provisionszahlung für das Jahr 2005 hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die Beklagte noch 14.420,05 € zu zahlen hat. Bei den zu verkaufenden 140 Kassen sei von einem Unternehmensziel auszugehen, da die Beklagte als Ausstellerin des Arbeitsvertrages sich Unklarheiten zurechnen lassen müsse. Da der Kläger den Behauptungen der Beklagten nicht entgegengetreten sei, sei der Kassenverkauf mit 50 %, die Wochenziele mit 30 % und die übrigen Ziele mit 20 % zu gewichten. Hinsichtlich des Kassenverkaufs sei die Zielvereinbarung zu 95,7 % erfüllt, so dass der Kläger 15.952,38 € beanspruchen könne. Die restlichen Ziele habe der Kläger zu 100 % erledigt, woraus sich weitere 6.666,67 € ergeben. Da der Kläger sich zu den Wochenzielen nicht geäußert habe, sei davon auszugehen, dass er sie nicht erfüllt habe. Unter Anrechnung der gezahlten 8.200,-- € Vorschuss verbleibt der ausgeurteilte Betrag. Insofern sei auch die Widerklage abzuweisen. Für das Jahr 2006 könne der Kläger eine Provisionszahlung nicht beanspruchen. Zu seinen Gunsten sei anzunehmen, dass dieselben Ziele in einer Zielvereinbarung festgelegt worden wären. Der Kläger habe jedoch nichts dazu ausgeführt, dass er diese Ziele erfüllt hätte. Dem Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses hat das Arbeitsgericht stattgegeben, den allgemeinen Feststellungsantrag abgewiesen.

Das erstinstanzliche Urteil ist dem Klägervertreter zugestellt worden am 12. Juni 2006. Die Berufungsschrift ging am 7. Juli 2006 und die Berufungsbegründung am 18. August 2006 (nach Verlängerung bis zu diesem Tag) beim Landesarbeitsgericht ein. Dem Beklagten wurde das Urteil am 1. Juni 2006 zugestellt. Die Berufungsschrift ging am 29. Juni 2006 und die Berufungsbegründung am 27. Juli 2006 beim Landesarbeitsgericht ein.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, die unternehmerische Entscheidung sei nur ein Vorwand. Frau R. widme sich weiterhin fast ganz der Beklagten. Selbst wenn sie bei einem anderen Unternehmen beschäftigt sei, sei die unternehmerische Entscheidung offenbar unsachlich. Der Arbeitsvertrag ermögliche nur die Festlegung eines einzigen Jahresziels. Soweit ursprünglich festgelegte Ziele später gestrichen worden seien, könne die Provision deswegen nicht entfallen.

Der Kläger beantragt sinngemäß

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17.12.2005 nicht aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag in Höhe von 14.420,05 € brutto hinaus weitere 10.713,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.500,-- € brutto mit Fälligkeit zum 30.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin 24. Mai 2006 (76 Ca 364/06 und 76 Ca 6717/06) abzuweisen;

2. den Kläger zu verurteilen, an sie 3.295,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2006 zu zahlen;

3. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass der Kläger 140 Kassen als persönliches Ziel hätte verkaufen müssen. Tatsächlich habe der Kläger nur 4 Kassen verkauft. Insofern stünde ihm sogar nur ein Provisionsanspruch in Höhe von 476,17 € zu. Soweit der Verkauf der 140 Kassen als Teamziel auszulegen ist, bliebe festzustellen, dass das Team nur 6 Kassen verkauft hat. Insofern könnte allenfalls ein Betrag von 714,43 € dem Kläger zustehen. Da der Verkauf der 140 Kassen jedoch ein Mindestziel sei, erhalte der Kläger insofern nichts. Von den sonstigen Zielen habe der Kläger das Forum Berlin organisiert und drei Presseartikel geschrieben. Hierfür könne er 1.904,67 € beanspruchen. Die Wochenziele habe er zu 30 % erfüllt, so dass ihm insofern weitere 3.000,-- € zustehen. Unter Berücksichtigung der gezahlten 8.200,-- € müsse der Kläger somit noch 3.295,33 € zurückzahlen. Die Beklagte verdiene pro verkaufter Kasse nur ca. 600,-- € bis 700,-- €. Dies zeige, dass die Lohnkosten des Klägers nicht annähernd erwirtschaftet worden seien.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages keinen Erfolg. Sie ist jedoch weitgehend erfolgreich bezüglich der Provisionszahlungen. Insofern ist die Beklagte verpflichtet, an den Kläger weitere 7.829,94 € brutto nebst Zinsen für das Jahr 2005 und für das Jahr 2006 weitere 11.420,-- € brutto zu zahlen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg.

A.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

I.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17, Dezember 2005 aufgelöst worden ist. Sie ist nicht gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt, da bei Ausspruch der Kündigung dringende betriebliche Gründe vorlagen, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten entgegenstanden. Insofern war die Berufung zurückzuweisen.

Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblichen Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Insofern ist von den Gerichten für Arbeitssachen voll nachzuprüfen, ob eine solche unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und ob durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Im Übrigen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist. Insofern steht es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, die zugrunde liegenden Vertragsformen für die Vertriebsmitarbeiter von Arbeitsverhältnissen auf freie Mitarbeiterverhältnisse umzugestalten (BAG vom 09.05.1996 - 2 AZR 438/95 - NZA 1996, 1145 - Weight Watchers).

Bei Anwendung dieser Kriterien ist die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt. Sie hat behauptet, dass auf Geschäftsführungsebene am 15. Dezember 2005 der Beschluss gefasst worden sei, die Abteilung Marketing und Vertrieb zu schließen und nur noch selbständige Auftragnehmer einzusetzen. Damit entfällt das Bedürfnis, in diesem Bereich Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Die unternehmerische Entscheidung ist auch tatsächlich umgesetzt worden. Unstreitig sind sämtlichen drei Arbeitnehmern einschließlich des Klägers Kündigungen ausgesprochen worden. Auch der Kläger behauptet nicht, dass danach bei der Beklagten noch eigene Arbeitnehmer beschäftigt werden. Er räumt auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 7.04.2006 vielmehr ein, dass der Zeuge Oliver XX, der ursprünglich im Bereich Service als Arbeitnehmer beschäftigt war, ab Anfang des Jahres 2006 bei der Beklagten selbständig im Bereich Vertrieb tätig ist. Auch dies ist ein genügendes Indiz, um vom tatsächlichen Vorhandensein der unternehmerischen Entscheidung auszugehen.

Insofern ist es Sache des Arbeitnehmers, Umstände darzulegen, die die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme als offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen lassen (BAG aaO.). Der Kläger hat hierzu jedoch nichts Erhebliches vorgetragen.

Die Beklagte war - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - auch nicht nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet, vorrangig eine Änderungskündigung auszusprechen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn bei der Beklagten eine freie Stelle vorhanden gewesen wäre, auf die der Kläger hätte eingesetzt werden können. Der Kläger beruft sich insofern jedoch nur auf den Einsatz von Frau R. Diese ist jedoch unstreitig nicht bei der Beklagten, sondern bei einem Schwesterunternehmen tätig. Der Kündigungsschutz ist jedoch nicht unternehmensübergreifend ausgestaltet. Andere Unwirksamkeitsgründe hat der Kläger nicht vorgetragen.

II.

Dem Kläger steht für das Jahr 2005 eine anteilige Provision über die erstinstanzlich ausgeurteilten 14.420,05 € brutto hinaus weitere 7.829,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu. Der Anspruch ergibt sich aus § 9 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005.

1.

Die Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005 ist dahingehend auszulegen, dass die Provisionszahlung auf drei Teilziele aufzuteilen ist. Hierbei entfallen auf den Verkauf von 140 Kassen 85 % und auf die Einhaltung der Wochenziele und der übrigen Ziele jeweils 7,5 %.

Soweit die Beklagte meint, der Verkauf von 140 Kassen sei ein Mindestziel mit der Folge, dass bei Nichterreichung keine Provision zu zahlen ist, kann dem nicht gefolgt werden. § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages regelt ausdrücklich, dass bei einer hundertprozentigen Erreichung der Ziele 50.000,-- € brutto gezahlt werden. Eine Unter- oder Übererfüllung des definierten Zieles wird mit der gleichen Quote auf die Zielprovision auf- oder von ihr abgeschlagen. Insofern geht schon der Arbeitsvertrag davon aus, dass Ziele nicht erreicht werden oder sie übererfüllt werden können. Ein irgendwie geartetes Mindestziel ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung vom 31. Oktober 2005. Auch dort werden nur allgemeine Ziele benannt.

Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist davon auszugehen, dass eine wirksame Zielvereinbarung auch mehrere Teilziele enthalten kann. Dies ergibt sich schon aus § 9 Abs. 1 S. 3 des Arbeitsvertrages. Danach erfolgt die Auszahlung "anhand von für das Kalenderjahr festzulegenden Zielen". Ausdrücklich ist hier der Plural erwähnt wie auch in § 9 Abs. 2 des Arbeitsvertrages. Von daher ermöglicht schon der Wortlaut die Festlegung mehrerer Ziele für das Kalenderjahr. Auch aus Sinn und Zweck der Provisionszahlung ist nicht ersichtlich, warum die Parteien sich nicht nur auf ein einziges Ziel hätten einigen müssen. Gerade bei einer derart hohen Prämie, die fast 100 % des Grundgehaltes ausmacht, ist es aus Perspektive des Arbeitgebers durchaus sinnvoll, den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers über die Vorgabe verschiedener Ziele zu stimulieren.

Es ist davon auszugehen, dass dem Kläger drei Teilziele vorgegeben wurden, die teilweise in Unterziele aufgegliedert sind. Dies ist zum einen der Verkauf von 140 Kassen, zum anderen die Vorgabe von Wochenzielen und zum dritten die Vorgabe von weiteren Zielen, die innerhalb des Vertriebs nur vom Kläger zu erfüllen waren. In der Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005 war jedoch nicht angegeben worden, wie diese drei Teilziele zueinander zu gewichten sind. Eine solche Gewichtung ist jedoch eine unabdingbare Voraussetzung zur Berechnung der Provisionszahlung. Zwar behauptet die Beklagten, man habe sich auf eine Verteilung im Verhältnis 50:30:20 geeinigt, doch gibt sie für diese Behauptung keinerlei Indizien an. Sie räumt vielmehr im Schriftsatz vom 27.07.2006 auf Seite 4 ein, dass heute nicht mehr substanziiert dargelegt werden könne, was in verschiedenen persönlichen Gesprächen vereinbart worden sei, da man auf eine schriftliche Fixierung verzichtet habe. Der Kläger hat demgegenüber schon erstinstanzlich bestritten, dass die von der Beklagten behauptete Gewichtung vereinbart worden ist. Insofern unterstellt das arbeitsgerichtliche Urteil fehlerhaft ein unstreitiges Vorbringen der Beklagten. Daher verbleibt als Zielvereinbarung nur das Ergebnisprotokoll vom 31. Oktober 2005. Dies ist jedoch hinsichtlich der Gewichtung der Teilziele lückenhaft.

Wird eine Vergütungsregelung bezüglich der Zahlung einer Provision unvollständig geregelt, so ist - wie bei jedem sonstigen Vertrag - diese ungewollte Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu untersuchen, wie die Parteien bei redlichem Verhalten den offen gebliebenen Punkt geordnet hätten, wenn sie ihn bedacht hätten (BAG vom 20.08.1996 - 9 AZR 471/95 - NZA 1996, 1151, 1152).

Insofern ist davon auszugehen, dass der Verkauf der Kassen mit 85 % zu gewichten ist. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass bei Abschluss der Zielvereinbarung nur noch zwei Kalendermonate offen waren, in denen der Kläger sein Arbeitsverhalten an den vorgegebenen Zielen ausrichten konnte. Selbst in der Zielvereinbarung vom 26. September 2005 waren dem Kläger z. B. konkrete Wochenziele (Anzahl der Kontakte, Termine etc.) nicht vorgegeben. Dies gilt teilweise auch für die übrigen Ziele. Der Kläger konnte daher in dem Zeitraum davor nicht wissen, an welchen konkreten Einzelzielen er sich orientieren soll. Er konnte daher seine Arbeitskraft nur an dem allgemeinen Unternehmensziel ausrichten, möglichst viele Kassensysteme zu verkaufen und hierzu selbst und mit den übrigen Mitarbeitern seiner Abteilung einen Beitrag zu leisten. Allein dies rechtfertigt es, dem Verkauf von 140 Kassen einen hohen Stellenwert beizuordnen.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Aktivitäten in den vorangegangenen sechs Monaten nur daran orientieren konnte, dass durch das Unternehmen möglichst viele Kassen verkauft werden. Bei Abschluss der Zielvereinbarung war das Arbeitsverhältnis im Jahre 2005 schon zu 3/4 zurückgelegt, so dass insofern 75 % dem Kassenverkauf zuzurechnen sind. Die übrigen 25 % entfallen somit auf die weiteren zwei Monate. Insofern konnte der Kläger in diesen zwei Monaten seine Arbeitskraft an jedem der drei Teilziele ausrichten, so dass jedes Teilziel mit einem Drittel von 25 % zu berücksichtigen wäre. Rundet man den Anteil für den Kassenverkauf leicht auf, so entfallen hierauf insgesamt 85 % und auf jedes der beiden anderen Teilziele 7,5 %.

2.

Das dem Kläger gesetzte Teilziel von 140 Kassen ist bis zum Jahresende 2005 mit 134 verkauften Kassen zu 96 % erfüllt worden. Insofern stehen ihm allein deswegen 27.199,99 € brutto zu.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach § 9 Abs. 1 S. 4 des Arbeitsvertrages der Bonus im ersten Jahr entsprechend der Beschäftigungsdauer anteilig gezahlt wird. 8/12 von 50.000,-- € entsprechen 33.333,33 €. Auf den Kassenverkauf entfallen maximal 85 %, somit 28.333,32 €. 96 % hiervon ergeben den oben angegebenen Betrag.

Soweit das Arbeitsgericht angenommen hat, der Verkauf von 140 Kassen beziehe sich auf das Unternehmen insgesamt und nicht auf eine Leistung des Klägers allein oder des Vertriebs, ist dies zutreffend. Jede andere Auslegung der Zielvereinbarung wäre absolut realitätsfern.

Nach Darstellung der Beklagten hat der Kläger in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses nur eine einzige Kasse verkauft. Bei ihrer Auslegung müsste der Kläger somit in den verbleibenden zwei Monaten allein mindesten 139 Kassen verkaufen. Dies entspräche einer Steigerung von 41.700 %! Dies ist absolut unrealistisch. Auch aus einem weiteren Grund kann dieser Auslegung der Beklagten nicht gefolgt werden. Ginge man mit der Beklagten davon aus, dass der Kläger persönlich 140 Kassen bis zum Jahresende hätte verkaufen müssen, dann stellt der Verkauf von nur einer Kasse in sechs Monaten eine absolut unterdurchschnittliche Leistung dar. Jeder normal sich verhaltende Arbeitgeber würde bei einer derart miserablen Leistung dem Arbeitnehmer eine Kündigung aussprechen, zumal der Kläger recht hoch vergütet wurde. Dies wäre auch problemlos möglich gewesen, da der Kläger die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz noch nicht zurückgelegt hatte. Stattdessen verkürzt nach nur vier Monaten die Beklagte die Probezeit im Arbeitsvertrag. Ein solches Verhalten ist nur erklärbar, wenn man als Arbeitgeber an sich mit der Arbeitsleistung des Klägers zufrieden war.

Auf den persönlichen Verkauf der Kassen durch den Kläger kann es auch deswegen nicht angekommen sein, weil nach § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages der Kläger nur Vermittlungsvertreter der Gesellschaft ist. Insofern ist er auch ausdrücklich nicht zum Abschluss von Rechtsgeschäften berechtigt gewesen. Dies wird ergänzt durch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 15 d. A.), wonach der Kläger für derartige Geschäfte persönlich haftet. Auf diesen Aspekt hat der Kläger zu Recht hingewiesen.

Der Verkauf der 140 Kassen ist auch nicht als Teamziel zu verstehen. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Regelung in der später aufgehobenen Zielvereinbarung vom 26. September 2005. Dort war ausgeführt:

"Teamziele

1. 140 Kassen 12/05

Ziele G. (des Klägers)

..."

Diese Formulierung kann auch so zu verstehen sein, dass die Teamziele sowohl für den Kläger als auch für den später aufgelisteten Herrn P. gemeinsam vorgegeben werden. Dieses Ziel gilt also für beide, wobei nicht ausdrücklich geregelt ist, durch wen der Verkauf der 140 Kassen zu erfolgen hat. Die von der Beklagten wohl hilfsweise vorgenommene Auslegung, es handele sich um Verkäufe durch Arbeitnehmer des Vertriebs, scheitert ebenfalls daran, dass diese Auffassung nicht realistisch ist. Nach der von der Beklagten vorgelegten Kassenliste (Bl. 51 d. A.) hätten der Mitarbeiter O. P. (OP) und der Kläger (KG) bis einschließlich Oktober 2005 gerade mal drei Kassen verkauft. Auch dies wäre eine absolut unterdurchschnittliche Leistung und könnte nicht erklären, warum dem Kläger die Probezeit verkürzt worden ist.

Für die hiesige Auslegung spricht auch die Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Februar 2006. Dort wurde - vor der Klageerweiterung auf die jetzt streitgegenständlichen Provisionszahlungen - die betriebsbedingte Kündigung des Klägers u. a. damit begründet, dass man bis Ende 2005 insgesamt 140 Kassen verkaufen wollte. Es wird ferner ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Zielvereinbarung bereits 105 Kassen verkauft worden waren, das Ziel von 140 verkauften Kassen jedoch nicht erreicht, sondern nur 134 Kassen verkauft worden seien. Dies zeigt, dass auch die Beklagte in diesem Prozessstadium davon ausging, dass die Anzahl von 140 verkauften Kassen sich insgesamt auf das Unternehmen bezieht. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass behauptet wird, dass zum Zeitpunkt der Zielvereinbarung bereits 105 Kassen verkauft worden waren. Diese Zahl bezieht sich auf sämtliche Kassen, die im Unternehmen seit Oktober 2000 ausweislich der Kassenliste verkauft worden waren. Wäre es der Beklagten darauf angekommen, dass das Team des Vertriebs oder der Kläger selbst diese Kassen hätte verkaufen müssen, dann hätte sie richtigerweise darauf hinweisen müssen, dass zum Zeitpunkt der Zielvereinbarung gerade einmal eine einzige Kasse durch den Kläger und damit auch durch das Team verkauft worden war.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sie bei jeder verkauften Kasse nur ca. 600,-- € bis 700,-- € verdiene, steht dies dem hiesigen Auslegungsergebnis nicht entgegen. Schon der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2006 darauf hingewiesen, dass der Hauptgewinn mit dem Verkauf der entsprechenden Software erzielt werde. Im Übrigen kann auch offen bleiben, ob die Beklagte sich bei der Festlegung der Provisionsziele in wirtschaftlicher Hinsicht möglicherweise verkalkuliert hat. Dies ist einzig und allein ihrem Risikobereich zuzurechnen.

3.

Der Kläger hat die Wochenziele zu 30 % erfüllt, so dass ihm insofern weitere 750,-- € brutto zustehen.

Auf diese Ziele entfallen 7,5 % von 28.333,32 €, somit maximal 2.500,-- €. 30 % hiervon ergeben 750,-- €.

Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung vom 27. Juli 2006 auf Seite 8 im Einzelnen angegeben, wie die sechs Unterziele im Hinblick auf den verbleibenden Zeitraum von zwei Monaten hätten hochgerechnet werden müssen. Gleichzeitig wurde vorgetragen, in welchem Umfang der Kläger jeweils das einzelne Teilziel erreicht hat. Sie hat auch richtigerweise hieraus einen Durchschnitt von 30 % errechnet. Der Kläger hat demgegenüber in dem nachfolgenden Schriftsatz vom 1. September 2006 auf Seite 6 nur die Rechtsauffassung vertreten, die Wochenziele hätten keine Bonusrelevanz. Dem ist nicht zu folgen. Gerade durch die Wochenziele werden dem Kläger auch sehr konkrete einzelne Vorgaben hinsichtlich der Kontakte, Termine und Angebote etc. gemacht. Es ist nicht einsichtig, warum dieses Teilziel nicht bonusrelevant sein soll. Insofern ist entsprechend der Behauptung der Beklagten davon auszugehen, dass die Wochenziele nur zu 30 % erreicht worden sind.

4.

Die übrigen Ziele hat der Kläger zu 100 % erfüllt. Da hierauf 7,5 % der maximal zu erreichenden Summe entfallen, stehen dem Kläger weitere 2.500,-- € brutto zu.

Die sieben weiteren Teilziele hat der Kläger entweder erledigt oder ihm wurden diese Aufgaben entzogen. Schon mit Schriftsatz vom 13. März 2006 hatte der Kläger die Anlage A5 eingereicht, die ein Protokoll der Beklagten aus der 49. Kalenderwoche darstellt (Bl. 81 d. A.). Unstreitig hat der Kläger das Gastroforum Berlin durchgeführt und drei Presseartikel veröffentlicht. Bei der Aufgabe "Organisation Kunden werben Kunden Aktion" ist ebenfalls angegeben, dass der entsprechende Versand erledigt sei. Die Durchführung des Gastroforums Potsdam und die Produktion eines Starterkits sind jeweils nach dem Protokoll gestoppt worden, was dem Kläger nicht negativ angelastet werden kann. Die Veröffentlichung von Presseartikeln und die weitere Aktion mit der Bitburger Brauerei ist nach diesem Protokoll einem anderen Mitarbeiter zugewiesen worden, was ebenfalls dem Kläger nicht angelastet werden kann. Nur vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass zu diesem Zeitpunkt schon ein weiterer Mitarbeiter in der Vertriebsabteilung aufgrund der erfolgten Freistellung nicht mehr tätig war.

Die Beklagte hat an keiner Stelle ausgeführt, warum das von ihr erstellte Protokoll aus der neuen 49. Kalenderwoche nicht zutreffend sein soll. Insofern ist mit dem Kläger davon auszugehen, dass nur noch drei Teilziele durch ihn zu verfolgen waren, die er zu 100 % erledigt hat.

5.

Dem Kläger stehen somit folgende Ansprüche zu:

 27.199,99 €134 von 140 Kassen
750,00 €30 % der Wochenziele
2.500,-- €drei verbliebene Teilziele
30.449,99 € 
- 8.200,00 €Provisionsvorauszahlung
- 14.420,05 €Urteil I. Instanz
7.829,94 €

Die Zinsen stehen dem Kläger zu, weil die Beklagte mit der Zahlung ab dem 01.07.2006 in Verzug ist.

III.

Die Beklagte ist ferner verpflichtet, an den Kläger 11.420,-- € brutto mit Fälligkeit zum 30.06.2007 zu zahlen. Dies ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung für das Jahr 2006.

1.

Die Klage ist gem. § 257 ZPO zulässig, da die Forderung des Klägers nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und die Fälligkeit an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist.

2.

Der Provisionsanspruch scheitert schon nicht deswegen, weil für das Jahr 2006 keine Zielvereinbarung zwischen den Parteien abgeschlossen wurde.

2.1

Es ist davon auszugehen, dass die Zielvereinbarung für das Jahr 2006 nicht einseitig durch den Arbeitgeber hätte festgesetzt werden können. Dies wäre nur im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Kläger möglich gewesen. Auch hier fehlt jedoch eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag. Nur für das erste Jahr des Arbeitsverhältnisses ist in § 9 Abs. 2 des Arbeitsvertrages geregelt, dass die Ziele "gemeinsam mit dem Mitarbeiter" festgelegt werden. Hieraus ist aber zu schließen, dass dies auch für die künftigen Jahre gilt. Wenn der Arbeitnehmer schon für das erste Jahr ein Zustimmungsrecht zugebilligt erhält, obwohl er die betrieblichen Verhältnisse und damit auch die Chancen für die Zielerreichung kaum kennt, dann ist nicht einsehbar, warum dem Arbeitnehmer dieses Zustimmungsrecht in den darauf folgenden Jahren nicht zustehen sollte.

2.2

In der Rechtsprechung und Literatur ist jedoch umstritten, was dann gilt, wenn eine Zielvereinbarung trotz entsprechender Pflicht nicht einvernehmlich für den jeweiligen Zeitabschnitt festgelegt wird und der Zeitabschnitt inzwischen verstrichen ist.

Teilweise wird angenommen, dass dem Arbeitnehmer schon dann keinerlei Rechte zustehen, wenn er den Arbeitgeber nicht zu Verhandlungen aufgefordert hat (Hümmerich NJW 2006, 2294, 2297). Andere gewähren dem Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch, wenn der Arbeitgeber treuwidrig den Abschluss der Zielvereinbarung vereitelt hat. Hierfür reiche es nicht aus, dass die Parteien versehentlich den Abschluss der Zielvereinbarung unterlassen haben (Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück NZA 2005, 785, 792). In der Rechtsprechung wird teilweise § 315 BGB analog angewandt (ArbG Düsseldorf vom 13.08.2003 - Juris; BGH vom 09.05.1994 - BB 1994, 2096). Manche wenden § 162 Abs. 1 BGB analog an, so dass eine Zielerreichung von 100 % fiktiv zugrunde zu legen ist (LAG Köln vom 23.05.2002 - NZA - RR, 305).

Das Bundessozialgericht (vom 23.03.2006 - B 11 a AL 29/05 A - ZIP 2006, 1414) geht davon aus, dass bei Nichtvorliegen einer Zielvereinbarung der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nicht allein deswegen schon entfällt. Das BSG begründet dies damit, dass andernfalls der Arbeitgeber es in der Hand hätte, durch eine Verweigerung einer entsprechenden Vereinbarung den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zu beseitigen. Entscheidend sei, welcher Vertragspartei die Initiativlast dafür zukomme, die Führung eines Gesprächs über eine Zielvereinbarung anzuregen. Oblag dies dem Arbeitgeber und erfüllte er diese vertragliche Nebenpflicht nicht, so kann dem Arbeitnehmer die fehlende Zielvereinbarung nicht entgegengehalten werden. Obliegt hingegen dem Arbeitnehmer die Initiativpflicht, dann behält er den Vergütungsanspruch aus dem Rechtsgedanken der Bedingungsvereitelung (§ 162 BGB) zumindest dann, wenn er das Gespräch über den Abschluss einer Zielvereinbarung fordert, ihm ein derartiges Gespräch jedoch verweigert wird. Ist eine Zielvereinbarung für den jeweiligen Zeitabschnitt vor dessen Ablauf nicht zustande gekommen, so ist unabhängig vom dogmatischen Ansatz die Höhe der Vergütung nach der für das zuvorliegende Jahr getroffenen Vereinbarung zu bestimmen, wenn der Arbeitnehmer seine Ziele erfüllt hat.

Schmiedl (BB 2006, 2417) stimmt dem BSG im Ergebnis zu. Er lehnt eine Differenzierung danach, wem die Initiativlast zum Abschluss einer Zielvereinbarung zufällt, ab. Vielmehr sei unabhängig vom Verschulden eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, die sich an der Zielvereinbarung des Vorjahres zu orientieren habe. Eine Differenzierung nach der Initiativlast würde auch den Rechtschutz des Arbeitnehmers unnötig verkürzen.

2.3

Ist - wie hier - eine Zielvereinbarung über einen variablen Vergütungsbestandteil einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festzulegen, dann führt das Nichtvorliegen einer Zielvereinbarung für das jeweilige Kalenderjahr nicht allein schon dazu, dass der Anspruch auf die variable Vergütung entfällt (BSG ZIP 2006, 1414 Rn. 27). Ist der entsprechende Zeitabschnitt abgelaufen, dann ist die Vergütungshöhe nach § 287 ZPO zu schätzen. Hierbei ist regelmäßig von der Vergütung gem. der zuletzt vereinbarten Zielvereinbarung auszugehen.

Ein solches Ergebnis berücksichtigt die beiderseitigen Interessen angemessen. Wegen der unterbliebenen Zielvereinbarung ist eine ergänzende Vertragauslegung vorzunehmen (Schmiedl, BB 2006, 2417). Hierbei ist davon auszugehen, dass die Parteien unabhängig von den Regelungen im Detail Ziele vereinbart hätten, die der Arbeitnehmer ähnlich wie im Vorjahr hätte erfüllen können. Eine Abweichung von dieser Vertragsergänzung kommt nur in Betracht, wenn die Parteien zu ihren Gunsten Tatsachen für einen abweichenden Geschehensverlauf darlegen und ggf. beweisen.

Soweit das BSG darauf abstellt, wem die Initiativlast für den Abschluss der Zielvereinbarung zukommt, sind die Bedenken hiergegen zu teilen. Das BSG berücksichtigt zu wenig, dass dem Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis das Direktionsrecht zusteht. Der Arbeitgeber kann daher dem Arbeitnehmer regelmäßig konkrete Weisungen erteilen, wie er seine Arbeitsaufgaben zu erfüllen hat. Dies schlägt sich auch in der Zielvereinbarung nieder. Vorliegend dürfte es z. B. dem Kläger egal gewesen sein, ob er mehr telefonisch oder persönlich die Kunden zu kontaktieren hat, ob er mehr Zeitschriftenartikel schreiben oder Gastroforen organisieren soll. Er wird sein Zustimmungsrecht im Wesentlichen dazu benutzen, die quantitativen Anforderungen auf ein realistisches Maß zu begrenzen. Insofern kommt dem Arbeitgeber aber regelmäßig auch eine Initiativpflicht zu, denn er gibt inhaltlich die Ziele vor, während der Arbeitnehmer hierauf meist nur in quantitativer Hinsicht reagiert. Mangels anderer Anhaltspunkte ist hier davon auszugehen, dass die Initiativlast der Beklagten zustand. Mit dem BSG kann daher offen bleiben, ob über § 315 oder § 162 BGB die Vergütungshöhe festzustellen ist, da diese sich jedenfalls an derjenigen aus den Vorjahren zu orientieren hat.

Daher musste auch nicht entschieden werden, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, wonach er den Geschäftsführer der Beklagten noch im Januar 2006 mehrfach dazu aufgefordert hat, eine Zielvereinbarung vorzulegen.

3.

Da der Kläger im Jahre 2006 nur drei Monate beschäftigt war, steht ihm maximal ein Vergütungsanspruch in Höhe von 12.500,-- € zu. Im Jahre 2005 betrug der Zielerreichungsgrad 91,36 % (30.449,99 € von 33.333,33 €). Insofern war der Anspruch für 2006 entsprechend zu schmälern, so dass 11.420,-- € brutto verblieben.

B.

Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte ist insofern der Ansicht, dem Kläger seien in der Zeit von Mai 2005 bis August 2005 3.295,33 € zuviel an Provisionsvorschuss gezahlt worden, den der Kläger nunmehr im Rahmen der Widerklage zurückzahlen müsse. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da dem Kläger eine weit höhere Provision zusteht, wobei der gezahlte Provisionsvorschuss in Höhe von 8.200,-- € schon abgezogen wurde.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Hierbei ist für das Berufungsverfahren von einem Streitwert von 50.928,66 € auszugehen. 10.000,-- € (2 Gehälter) entfallen auf den Kündigungsschutzantrag, 25.133,33 € auf die vom Kläger geltend gemachte Provision für das Jahr 2005 und weitere 12.500,-- € für die Provision des Jahres 2006. Hinzuzurechnen sind 3.295,33 €, die die Beklagte im Rahmen der Widerklage als Provisionsvorauszahlung vom Kläger zurückverlangt. Der Kläger obsiegt insgesamt in Höhe von 36.965,32 €, was einem Anteil von 73 % entspricht.

Der Streitwert der I. Instanz lag höher, da sich die Widerklage noch auf 8.200,-- € bezog. Hinzuzurechnen war der Wert für das zu erteilende Zeugnis (500,-- €) und für den allgemeinen Feststellungsantrag (1.000,-- €).

D.

Für die Beklagte ist ein Rechtsmittel insofern gegeben, als sie für das Jahr 2006 zu Provisionszahlungen in Höhe von 11.420,-- € verurteilt wurde. Nur für diesen Teil des Rechtsstreits war die Revision zuzulassen. Insofern ist die Rechtsfrage klärungsbedürftig, wie bei unterlassener Zielvereinbarung der variable Vergütungsbestandteil zu berechnen ist.

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages, der Zahlung der Provision für 2005 und der Widerklage hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist allein am Einzelfall orientiert.

Ende der Entscheidung

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