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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 891/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 336 Abs. 1 Satz 2 analog
Wird durch das Revisionsgericht ein unechtes Versäumnisurteil des Berufungsgerichts aufgehoben mit dem Hinweis, dass das Berufungsgericht ein Versäumnisurteil hätte erlassen müssen, dann ist zu der nachfolgenden Verhandlung vor dem Berufungsgericht die ehemals säumige Partei nicht zu laden. Dies ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

15 Sa 891/06 15 Sa 2357/03

Verkündet am 20. Sept. 2006

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 15. Kammer, im schriftlichen Verfahren auf die Beratung vom 07.09.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herr S und Frau T-P für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das Versäumnisurteil vom 07.06.2006 wird aufgehoben.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21.10.2003 - Az.: 98 Ca 61795/03 - wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis in den Terminen vom 08.07.2003 und vom 07.06.2006, die der Beklagte zu tragen hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Kalenderjahr 2003 einen von den allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten und deshalb für die Monate Januar bis März 2003 Auskünfte zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung in Höhe von 660,00 EUR zu zahlen hat.

Der Kläger ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes. Der Beklagte besitzt einen Lastkraftwagen und einen Bagger. Er firmiert unter der Bezeichnung "Bagger-und Erdarbeiten" und führt auch nach der Gewerbeanmeldung diese Arbeiten durch. Das Arbeitsamt St. stellte in seinem Bericht über eine Betriebsprüfung am 7. Juli 1998 fest, dass im Betrieb des Beklagten zu 100 % Kabelleitungstiefbauarbeiten erbracht werden. In einem Schreiben vom 5. August 2002 teilte der Beklagte der Z unter anderem mit, dass er auch Baggerarbeiten ausführt. Im Kalenderjahr 2003 beschäftigte der Beklagte als einzigen Arbeitnehmer seinen Sohn R Sch.

Der Kläger hat behauptet, der Sohn des Beklagten habe im Kalenderjahr 2003 zu mehr als 50 % seiner persönlichen Arbeitszeit Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs-/Baggerarbeiten) durchgeführt.

Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht am 8. Juli 2003 ein Versäumnisurteil erlassen und den Beklagten verurteilt,

1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzl. Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar bis März 2003 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurdeen, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von 660,00 EUR zu zahlen.

Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Mit Urteil des Arbeitsgerichts vom 21. Oktober 2003 ist das Versäumnisurteil vom 8. Juli 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (Bl. 40 bis 46 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 4. November 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. November 2003 Berufung eingelegt und diese mit einem beim Landesarbeitsgericht am 4. Dezember 2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Über die Behauptung des Klägers, im Betrieb des Beklagten seien im Jahre 2003 zu mehr als 50 % der Arbeitszeit des einzigen Arbeitnehmers R Sch und auch zu mehr als 50 % der insgesamt im Betrieb des Beklagten geleisteten Arbeitszeit Tiefbauarbeiten ausgeführt worden, ist Beweis erhoben worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem ersuchten Arbeitsgericht St. wird auf die Protokolle vom 17. Februar 2004 (Bl. 88 bis 91 d.A.) und vom 22. Juni 2004 (Bl. 113 bis 115 d.A.) verwiesen.

In der Berufungsverhandlung am 10. November 2004 war der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Der Kläger hat beantragt, durch Versäumnisurteil das Urteil des Arbeitsgerichts vom 21. Oktober 2003 abzuändern und das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 8. Juli 2003 aufrechtzuerhalten. Das Landesarbeitsgericht hat das von dem Kläger beantragte Versäumnisurteil nicht erlassen. Es hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Nachdem der Kläger die tatsächlichen Angaben des Zeugen als eigenen Sachvortrag übernommen habe, seien die Bekundungen des Zeugen als Vorbringen des Klägers im Sinne von § 539 Abs. 2 ZPO zu werten. Die Schätzung des Zeugen, wonach im Gesamtjahr 2003 von den Gesamttätigkeiten im Betrieb des Beklagten ca. 50 % auf Baggerarbeiten entfielen, sei in sich unschlüssig.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23. Februar 2005 (Bl. 160 d.A.) die Revision zugelassen und mit Urteil vom 25. Januar 2006 (Bl. 163 ff. d.A.) das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 10. November 2004 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger aufgrund der Bekundungen des Zeugen seine Angaben zu den im Betrieb des Beklagten ausgeführten Baggerarbeiten konkretisiert habe. Hierdurch sei der Sachvortrag des Klägers nicht unschlüssig geworden. Das Landesarbeitsgericht hätte vielmehr ein Versäumnisurteil erlassen müssen. Das Revisionsgericht könne das aufgehobene Berufungsurteil nicht durch ein Versäumnisurteil zweiter Instanz ersetzen. Dies führe zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung.

Zu dem neuerlichen Termin am 7. Juni 2006 ist der Beklagte nicht geladen worden. Auf Antrag des Klägers ist in diesem Termin ein Versäumnisurteil erlassen worden, in dem das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Oktober 2003 - 98 Ca 61795/03 - abgeändert und das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Juli 2003 aufrechterhalten wurde. Gegen dieses Versäumnisurteil, das dem Beklagten am 12. Juni 2006 zugestellt worden ist, hat dieser mit einem am 19. Juni 2006 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt und diesen begründet.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sich für das streitgegenständliche Kalenderjahr ergebe, dass unter Berücksichtigung der Zusammenhangs- und Unterstützungstätigkeiten jedenfalls mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit baugewerbliche Tätigkeiten vorlägen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Versäumnisurteil vom 7. Juni 2006 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Berufung zurückzuweisen.

Mangels ordnungsgemäßer Ladung hätte am 7. Juni 2006 ein Versäumnisurteil nicht erlassen werden dürfen. Die Beweisaufnahme rechtfertige nicht die Annahme, dass der Betrieb unter die Verfahrenstarifverträge falle. Die Schätzung des Zeugen sei in sich unschlüssig. Sie stehe auch im Widerspruch zur Zeugenaussage vom 18. August 2005 in dem Parallelverfahren 14 Sa 1680/05.

Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 26. Juni 2006 und 6. Juli 2006 ihr Einverständnis zur Fortsetzung im schriftlichen Verfahren erklärt.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

2. Aufgrund des Einspruchs des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 7. Juni 2006 ist der Prozess in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden (§ 342 ZPO). Der Einspruch ist zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.

3. Aufgrund der Zustimmung beider Parteien konnte nunmehr ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Aufgrund der weiten Anfahrtswege der Prozessbevollmächtigten war dies auch sinnvoll. Auch wenn die Parteien schon früher mündlich verhandelt hatten, kann später ein schriftliches Verfahren durchgeführt werden (Zöller-Greger, 25. Aufl., § 128 ZPO Rdnr. 3).

4. Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Arbeitsgericht einen Auskunftsanspruch des Klägers für die Monate Januar bis März 2003, hilfsweise die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 660,00 EUR verneint. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Betrieb dann vom betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrages erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz oder Verdienst bzw. auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an. Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des Abschnitts V genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen. Den baugewerblichen Tätigkeiten ebenfalls zuzuordnen sind auch diejenigen Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Betrieb des beklagten Arbeitgebers überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt der Z (BAG vom 20.03.2002 - 10 AZR 458/01 - AP Nr. 253 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau).

Auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme kann gemäß § 286 ZPO nicht festgestellt werden, dass der Betrieb des Beklagten dem VTV unterfällt.

Allerdings hat der Zeuge im Termin vom 22. Juni 2004 ausgesagt:

"...

Wenn ich das ganz aufs Jahr betrachte, schätze ich, dass Baggerarbeiten, das ist das, was wir am meisten machen, ca. 50 % der Tätigkeiten ausmachen.

..."

Wäre die Zahl von 50 % zutreffend, dann würde der Betrieb des Beklagten unter den Verfahrenstarifvertrag fallen, denn insgesamt fielen mehr als 50 % der Arbeitszeit mit baulichen Tätigkeiten an. Hinzuzurechnen wären auf jeden Fall die Technikarbeiten am Bagger und am Lkw zumindest anteilmäßig in dem Umfang, in dem überhaupt bauliche Tätigkeiten erbracht werden. Weiterhin wären auf jeden Fall Bodenaustauscharbeiten einschließlich der damit zusammenhängenden Transportarbeiten hinzuzurechnen.

Die Kammer konnte jedoch nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen, dass zu 50 % Baggerarbeiten durchgeführt wurden. So schildert der Zeuge in der Vernehmung vom 17. Februar 2004:

"...

Es kam auch vor, dass wir für die Firma "e" Kabelgräben ausgehoben haben, wenn das Wetter dieses zuließ. In welchem Umfang jedoch im Monat Januar bis März 2003 diese Arbeiten anfielen, weiß ich nicht mehr.

..."

Damals war der Beweisbeschluss noch auf diese drei Monate verengt. Obwohl es insofern um einen sehr übersichtlichen Zeitraum ging, konnte der Zeuge sich zumindest anfangs nicht erinnern. Später führte er im Rahmen der Vernehmung jedoch aus, dass im März 2003 sehr wenig für "e" zu tun war. "Es war vielleicht eine Woche, wenn überhaupt." Er glaubt, dass im Februar 2003 wegen des Frostes gar nichts für e zu tun war und es im Monat Januar so ähnlich ausgesehen habe. Auch wenn scheinbar präzise angegeben wird, dass allenfalls eine Woche in dieser Zeit Gräben ausgehoben worden seien, so relativiert der Zeuge dies durch Begriffe wie "vielleicht", "glaube ich" und "so ähnlich". Insofern ergeben sich erhebliche Zweifel, ob der Zeuge sich halbwegs präzise erinnert und ob diese Erinnerung der Realität entspricht.

Detailliertere Aussagen erfolgen dann zum Monat April 2003 in der Zeugenvernehmung vom 22. Juni 2004. Es seien "viel Landschaftsgestaltungen durchgeführt" worden.

"...

Es waren auch viele Baggerarbeiten zu erledigen, um Kabel auszutauschen. Ich schätze es so ein, dass die meisten Tätigkeiten im Monat April Baggertätigkeiten waren.

..."

Auch insofern wird für diesen Monat zumindest detaillierter dargelegt, welche Tätigkeiten anfielen. Für die Zeit danach äußert sich der Zeuge nur noch pauschal bezogen auf Jahreszeit. So heißt es:

"...

Im Sommer selber waren viele kleinere Tätigkeiten, mal ein Abriss oder ähnliches, die wir zu erledigen hatten.

...

Im Herbst und Winter kamen dann schwerpunktmäßig Transportarbeiten auf uns zu, auch Baumfällarbeiten haben wir durchgeführt bzw. nach dem Baumfällen auch Neubepflanzung von Bäumen.

...

Im Sommer ist dann auch Urlaub, weil wir wegen der Bäderregelung nicht so viel arbeiten können bzw. die Möglichkeiten eingeschränkt sind.

..."

Sieht man von der Schilderung des Zeugen für den Monat April 2003 ab, dann liegt kein einziger Zeitraum vor, für den er das Überwiegen von Baggerarbeiten angeben würde. Im Herbst und Winter sollen es schwerpunktmäßig Transportarbeiten gewesen sein. Für den Sommer sind ihm viele kleinere Tätigkeiten und der Urlaub in Erinnerung. Auch in der Vernehmung vom 17. Februar 2004 führt er auf Seite 3 des Protokolls für die Zeit nach dem Monat März aus:

"...

Danach führen wir dann auch noch andere Tätigkeiten aus, wie Schuppen abreißen und so'n Scheiß und auch die Transporte nehmen zu. Abrissarbeiten kommen auch mal vor, sind aber selten und ganz minimal.

..."

Auch hier werden Baggerarbeiten nicht mal erwähnt. Insofern erfolgt die Einschätzung, dass aufs ganze Jahr betrachtet ca. 50 % Baggerarbeiten vorgenommen werden, unvermittelt und ohne gewichtigen Anhaltspunkt in den übrigen Aussagen.

Grundsätzlich verbleibt als Problem, ob Arbeitnehmer ohne nähere Aufzeichnungen zutreffend einschätzen können, welche Tätigkeiten in welchem zeitlichen Umfang angefallen sind. Insofern kann die Wahrnehmung dadurch beeinträchtigt sein, dass insbesondere unangenehme Tätigkeiten stärker in Erinnerung bleiben. Bei jahreszeitlich schwankenden Aufgaben ist es auch möglich, dass die in der Jahreszeit der Vernehmung hauptsächlich durchgeführten Tätigkeiten stärker in Erinnerung bleiben als die Tätigkeiten aus anderen Jahreszeiten. Hier kommt hinzu, dass der Zeuge bezüglich der Baggerarbeiten in der Vernehmung vom 22. Juni 2004 ausgeführt hat:

"Diese Tätigkeiten haben sich auch hingezogen und waren eigentlich über das ganze Jahr verteilt. Mal waren es mehr Bodenarbeiten, mal auch mehr Baggerarbeiten. Ich kann das heute nicht mehr Monat für Monat genau schildern, welche Tätigkeiten wir in welchem Umfange wann ausgeübt haben."

Zum einen widerspricht dies der Aussage in der vorangegangenen Vernehmung, wonach während der Frostperiode gerade keine Baggerarbeiten ausgeführt worden sein sollen, zum anderen zeigt dies aber auch, dass eine präzise Erinnerung gerade nicht vorlag. Insofern kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich zu ca. 50 % Baggerarbeiten im Jahre 2003 erbracht wurden, aber andererseits besteht für die erkennende Kammer auch nicht die nötige Gewissheit, dass dies tatsächlich so war.

Wenn schon nicht angenommen werden kann, dass die Baggerarbeiten ca. 50 % der Tätigkeiten ausgemacht haben, dann kann angesichts der Aussagen des Zeugen auch nicht geschlussfolgert werden, dass diese Schwelle aufgrund der übrigen baulichen Tätigkeiten überschritten wurde. Zum einen ist unklar, um wie viel Prozentpunkte die Baggerarbeiten niedriger anzusetzen wären, zum anderen kann auch nicht festgestellt werden, wie hoch der prozentuale Anteil der übrigen Tätigkeiten ist. So erklärt der Zeuge hinsichtlich der Transportarbeiten in der Vernehmung vom 17. Februar 2004 nur, dass ca. 60 bis 70 % der Transporte für Dritte vorgenommen wurden. Selbst wenn man hierin im Gegensatz zu den obigen Ausführungen eine präzise und zutreffende Schätzung sehen wollte, so kann doch nicht berechnet werden, wie groß der zeitliche Anteil der Transportarbeiten für den selbst verursachten Aushub an Mutterboden anzusetzen ist. Insofern fehlen jegliche Feststellungen dazu, wie hoch der Transportanteil bezogen auf die Arbeitszeiten überhaupt war.

Zusammenfassend kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger für seine Behauptungen den notwendigen Beweis erbracht hat.

Auch aus den Bekundungen des Zeugen vom 16. August 2005 zum Verfahren 16 Sa 1099/05 (später 14 Sa 1680/05) ergibt sich keine andere Bewertung zugunsten des Klägers. Die Kammer hat diese Akte beigezogen. Nach der Sitzungsniederschrift vom 16. August 2005 (Bl. 136 ff. in der dortigen Akte) erklärt der Zeuge, dass im Jahre 2002 die Kabelverlegungsarbeiten für die Firma e schon stark nachgelassen hätten. Auf Vorhalt der Prozessvertreterin des Klägers, wonach er im hiesigen Verfahren für das Jahr 2003 bezüglich der Kabelverlegungsarbeiten noch einen Anteil von ca. 50 % angegeben hat, erklärt der Zeuge:

"So habe ich das nicht gemeint. 2003 war noch weniger zu tun für e als 2002."

Sieht man hierin ein Problem der Glaubhaftigkeit der vom Zeugen bekundeten Tatsachen, dann relativieren sich die Aussagen im hiesigen Verfahren noch weiter. Hält man dagegen den Zeugen R Sch für unglaubwürdig, so wie dies die Kammer 14 des Landesarbeitsgerichts Berlin in ihrem Urteil vom 5. Januar 2006 (dort Seite 8) getan hat, dann ist damit für den Kläger ebenfalls nichts gewonnen. Der Kläger hat den Zeugen zum Beweis für die ihm günstige Tatsache des Verhältnisses der Arbeitszeit des Zeugen mit Arbeiten, die unter den VTV Bau fallen zur Gesamtarbeitszeit des Zeugen benannt. Zutreffenderweise hat die Kammer 14 darauf hingewiesen, dass aus einer möglichen Lüge des Zeugen auf das Gegenteil der bekundeten (wahrheitswidrigen) Tatsache nicht geschlossen werden könne. Es sei vielmehr in einem solchen Fall zu prüfen, ob für die Überzeugungsbildung des Gerichts am Maßstab des § 236 ZPO weitere Quellen zur Verfügung stünden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Andere Beweismittel hat der Kläger nicht benannt. Es liegen auch keine sonstigen Indizien für den Umfang der einzelnen Arbeitstätigkeiten im Jahre 2003 vor.

5. Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreites einschließlich der Kosten der Revision zu tragen. Hiervon ausgenommen sind nur die durch die Versäumnis des Beklagten in den Terminen vom 8. Juli 2003 und 7. Juni 2006 veranlassten Kosten, denn diese Versäumnisurteile sind in gesetzlicher Weise (§ 344 ZPO) ergangen. Dies betrifft insbesondere das Versäumnisurteil der hiesigen Kammer. Soweit der Beklagte zum Termin vom 7. Juni 2006 nicht geladen worden ist, erfolgte dies zutreffend nach § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO analog.

In der gesamten Zivilprozessordnung ist keine Vorschrift dazu enthalten, was zu erfolgen hat, wenn das Revisionsgericht - wie vorliegend - ein unechtes Versäumnisurteil aufhebt und die Sache an das Berufungsgericht zurückverweist. Zutreffend hat das Revisionsgericht darauf hingewiesen, dass es selbst nicht ein Versäumnisurteil zweiter Instanz erlassen kann. Vielmehr hätte das Landesarbeitsgericht im Termin vom 10. November 2004 ein Versäumnisurteil erlassen müssen.

Würde man in dieser rechtlichen Situation zu dem nun anzusetzenden Termin im Berufungsverfahren die säumige Partei laden, dann wäre die ursprünglich anwesende Partei um die Chance gebracht, ein für sie günstiges Versäumnisurteil zu erlangen. Insofern entspricht die hiesige Situation derjenigen, die der Gesetzgeber in § 336 Abs. 1 ZPO geregelt hat. Dort ist vorgesehen, dass gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen wird, die sofortige Beschwerde stattfindet. Wird dieser Beschluss dann aufgehoben, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden. Damit verfolgte der Gesetzgeber erkennbar das Ziel, der früher nicht säumigen Partei eine günstige Prozesssituation wieder einzuräumen, die sie im damaligen Termin innehatte. Darum geht es auch hier. Insofern ist angesichts der unbeabsichtigten Lücke in der Zivilprozessordnung § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO analog anzuwenden.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten steht dem auch nicht die Entscheidung BGH, NJW 1987, 1204 entgegen. Für den BGH ging es ausschließlich um die Frage, ob nach Erlass eines unechten Versäumnisurteils das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist. Insofern hat der BGH entschieden, dass § 336 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das unechte Versäumnisurteil nicht anzuwenden ist. Ausführungen zu Satz 2 dieser Vorschrift sind gerade nicht erfolgt. Soweit ersichtlich ist, liegen zu diesem Rechtsproblem auch sonst keinerlei Entscheidungen oder Kommentierungen vor.

6. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Insofern ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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