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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 16 Sa 1967/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 297
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 615
Der Arbeitgeber gerät (im ungekündigten Arbeitsverhältnis) nicht in Annahmeverzug, wenn ihm sowohl der medizinische Dienst der Krankenkassen als auch ein Vertrauensarzt übereinstimmend mitgeteilt haben, die Arbeitnehmerin sei zur vertraglich geschuldeten Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, und wenn der Arbeitgeber daraufhin die Arbeitnehmerin nach Hause schickt, weil er einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stellen kann.

Im Prozess um Verzugslohn genügt es der Arbeitnehmerin nicht, wenn sie sich für ihre Arbeitsfähigkeit (pauschal) auf das Zeugnis eines anderen Arztes oder auf ein Sachverständigengutachten beruft, ohne sich mit den ärztlichen Äußerungen des medizinischen Dienstes und des Vertrauensarztes sowie dem Sachvortrag des Arbeitgebers zu den körperlichen Anforderungen der geschuldeten Arbeit auseinanderzusetzen.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

16 Sa 1967/04

Verkündet am 09.12.2004

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 16. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 09.12.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kießling als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Seifert und Jung

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Juni 2004 - 91 Ca 8950/04 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits auch insoweit zu tragen, als sie die Klage und die in zweiter Instanz geltend gemachte Klageerweiterung zurückgenommen hat.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob und mit welchen Tätigkeiten die Klägerin Beschäftigung beanspruchen kann, ferner über Lohnansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit Februar bis Mai 2004.

Die am ....1943 geborene Klägerin ist seit 01.01.1985 beim Bezirksamt Sch., jetzt T.-Sch. des beklagten Landes als Gartenarbeiterin beschäftigt und erhält eine Vergütung nach Lohngruppe 2a BMT-G II, dessen Geltung vereinbart ist. Beschäftigungsbehörde ist das bezirkliche Amt für U., N. und T.. Seit 1990 hatte die Klägerin extrem hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten, ohne dass hieraus arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen wurden. Nachdem sie zuletzt vom 05.12.2002 bis 14.04.2003 durchgehend wegen Krankheit (Hauptdiagnose: Lumboischialgie) gefehlt und anschließend bis 01.06.2003 Urlaub genommen hatte, war sie bis zum Jahresende 2003 an insgesamt 85 Arbeitstagen arbeitsanwesend, während sie im Übrigen entweder krankheitsbedingt oder urlaubsbedingt fehlte; dabei war sie insgesamt nur vom 02. bis 12.08.2003 im Gartenbereich eingesetzt.

Unter dem 15.01.2003 (Kopie Bl. 28 d.A.) teilte die Krankenkasse der Klägerin der Personalstelle des Bezirksamts mit, der medizinische Dienst der Krankenkassen habe festgestellt, dass die Klägerin "zwar einsatzfähig ist, jedoch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann"; eine Arbeitsaufnahme sei möglich, "wenn leichtere Tätigkeit zugewiesen werden könnte"; die Klägerin könne "körperlich leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender Position, ohne Arbeiten in gebückter Haltung, ohne schweres Heben, Tragen und ohne Arbeiten in Zwangshaltungen ausführen". Hierauf veranlasste die Personalstelle eine Prüfung, ob die Klägerin anderweitig eingesetzt werden könne, und zwar mit negativem Ergebnis. Anschließend veranlasste sie eine vertrauensärztliche Untersuchung der Klägerin gemäß § 10 Abs. 2 BMT-G, welche von der Ärztin Dr. R. des Bezirksamts T.-K. durchgeführt wurde; diese schrieb der Personalstelle des hiesigen Bezirksamts unter dem 19.06.2003 (Bl. 31 f. d.A.), aus vertrauensärztlicher Sicht sei die Klägerin bei der Art ihrer Erkrankungen noch "einsetzbar für leichte körperliche Tätigkeiten, die möglichst in wechselnder Körperhaltung zwischen Stehen, Sitzen und Laufen ausgeführt werden sollten. Zwangshaltungen wie schweres Tragen und Heben müssen vermieden werden". Hierauf veranlasste die Personalstelle eine berlinweite Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz für die Klägerin, fand einen solchen jedoch nicht. Unter dem 06.11.2003 (Kopie Bl. 33 d.A.) teilte die Personalstelle der Klägerin mit, es sei faktisch von einer Dienstunfähigkeit auszugehen, die nicht ohne Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis bleiben könne; falls die Klägerin bereit sei, einen Rentenantrag zu stellen, sei man jedoch bereit, vorerst auf arbeitsrechtliche Maßnahmen zu verzichten. Hierüber wurde in der Folgezeit korrespondiert, wobei die Klägerin schließlich es ablehnte, einen Rentenantrag zu stellen. Im Januar 2004 hatte die Klägerin zunächst Urlaub, erschien vom 12. bis 16.01. zur Arbeit, war sodann zwei Tage krank, arbeitete wieder drei Tage, war anschließend bis zum 28.01. wieder krank und arbeitete zuletzt vom 29.01. bis 06.02.2004. Nach Arbeitsende am 06.02.2004 entschloss sich die Personalstelle des Bezirksamts, die Klägerin bis auf weiteres nicht mehr zu beschäftigen, wogegen sie durch Anwaltsschreiben vom 11.02.2004 (Bl. 15 d.A.) protestierte. Mit ihrer beim Arbeitsgericht Berlin am 06.04.2004 eingereichten Klage hat die Klägerin ihre Beschäftigung als Gartenarbeiterin sowie zuletzt den Bruttolohn für die Monate Februar bis Mai 2004 (monatlich 2.077,07 EUR brutto) nebst Zinsen verlangt unter Abzug von 777,79 EUR Arbeitslosengeld für März 2004 und weiteren 1.530,49 EUR Arbeitslosengeld für April und Mai 2004.

Durch Urteil vom 25.06.2004, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen wird (Bl. 46 f. d.A.), hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte sei wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Klägerin berechtigt, ihre Arbeitsleistung abzulehnen. Die Klägerin habe die beiden ärztlichen Stellungnahmen inhaltlich nicht angegriffen und nicht vorgetragen, aufgrund welcher therapeutischen Maßnahmen ihre Leistungsfähigkeit wieder soweit hergestellt sei, dass sie ihre Arbeitsleistung künftig uneingeschränkt erbringen könne; da Beschäftigungsmöglichkeiten mit den von den Ärzten genannten Einschränkungen nicht vorhanden seien, bestehe kein Beschäftigungsanspruch, das Bezirksamt sei auch nicht in Annahmeverzug geraten. Allerdings sei bei der Entscheidung übersehen worden, dass die Klägerin für die Zeit 01. bis 06.02. Anspruch auf Lohn für geleistete Arbeit habe.

Gegen dieses ihr am 19.08.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.09.2004 (Montag) eingegangene und am 19.10.2004 begründete Berufung der Klägerin, die die Lohnklage für die Zeit 01. bis 09.02.2004 in Höhe von 597,42 EUR brutto (wegen einer bereits vor Klageerhebung erfolgten Zahlung) zuletzt zurückgenommen hat. Sie hat in zweiter Instanz im Übrigen die Klage für die Monate Juni und Juli 2004 in Höhe von 4.154,14 EUR brutto abzüglich 1.530,49 EUR netto Arbeitslosengeld nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zunächst erweitert und nach Erörterung der Zulässigkeit dieser Erweiterung in mündlicher Verhandlung wieder zurückgenommen.

Die Klägerin macht geltend, sie sei objektiv in der Lage gewesen und weiterhin in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Arbeit zu verrichten (Beweis: Sachverständigengutachten), was sie im Übrigen durch ihre Arbeit in der 2. Jahreshälfte 2003 schon bewiesen habe. Die ärztlichen Äußerungen vom 15.01. und 19.06.2003 könnten ihre "Gesundschreibung" nicht erschüttern. Den Arbeitsunfähigkeitszeiten seit Juni 2001 lägen unterschiedliche Krankheiten zugrunde; sie seien ausgeheilt und "nicht prognosefähig". Drei Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat die Klägerin ein Attest einer Ärztin für Innere Medizin, Dr. G. H., vorgelegt (Bl. 99 d.A.), in dem es heißt, die Klägerin sei aus Sicht der Ärztin "in der Lage, ihre Arbeit im bisherigen Umfang auszuführen". Sie behauptet dazu, dem Attest sei eine ausführliche Erörterung der Arbeitsaufgaben und der körperlichen Dispositionen der Klägerin vorangegangen, weshalb die Ärztin bestätigen könne, dass die Klägerin ihre bisher ausgeübte Tätigkeit als Gärtnerin ausführen könne (Beweis: Zeugnis Dr. H.). Es sei rechtsmissbräuchlich, dass die Beklagte keine Kündigung ausspreche und ihr, der Klägerin, so die Möglichkeit nehme, ihre Arbeitsfähigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. sie als Gartenarbeiterin, hilfsweise als Arbeiterin weiterzubeschäftigen;

2. an sie (4.154,14 minus 597,42 =) 3.556,72 EUR brutto abzüglich 777,79 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins ab 01.04.2004 zu zahlen;

3. an sie weitere 4.154,14 EUR brutto abzüglich 1.530,49 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit 01.06.2004 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das Urteil mit Rechtsausführungen und vertieft seinen Vortrag dazu, dass die Klägerin als Gärtnerin schwere körperliche Arbeiten in sowohl stehenden wie auch hockenden und knienden Arbeitspositionen, teils auch in gebückter Haltung verrichten müsse, wobei teilweise schweres Heben unumgänglich sei, ferner Über-Kopf-Arbeiten, Arbeiten auf Leitern oder von anderen Gerüsten aus; Zwangshaltungen und das Tragen und Schieben von schweren Gegenständen und Geräten sei nicht zu vermeiden; dies gelte auch für eine etwaige Tätigkeit in der Friedhofsgärtnerei. Sie, die Beklagte, habe keine Möglichkeit, die Klägerin ohne akute Gefährdung ihrer Gesundheit als Gärtnerin zu beschäftigten (Beweis: arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten). Andere Einsatzmöglichkeiten gebe es nicht. Die Leiden des Bewegungsapparates seien bei der Klägerin chronisch, weshalb sie generell nur noch einsetzbar für leichte körperliche Tätigkeiten in möglichst wechselnder Körperhaltung ohne Zwangshaltungen und ohne schweres Tragen und Heben (Beweis: Zeugnis Dr. R.). Auch nach Überzeugung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen sei die Klägerin nicht mehr als Gärtnerin arbeitsfähig (Beweis: Zeugnis des untersuchenden Arztes). Dass das Bezirksamt keine Kündigung ausgesprochen habe, sei ihm nicht zum Vorwurf zu machen; die Klägerin sei schwerbehindert; eine Zustimmung sowohl des Integrationsamtes als auch des zuständigen Personalrats sei bei dieser Sachlage nicht oder nur schwer zu erlangen.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 61 ff. d.A.), die Berufungserwiderung (Bl. 82 ff. d.A.) und den weiteren Schriftsatz der Klägerin vom 06.12.2004 (Bl. 96 ff. d.A. - insoweit hat die Beklagtenseite um Erklärungsfrist gebeten) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung ist, soweit über sie nach der teilweisen Klagerücknahme (Zahlungsantrag für die Zeit 01. bis 09.02.2004) noch zu entscheiden war, unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass zur Änderung der Entscheidung.

1.1. Der Klageantrag zu 1. (Beschäftigungsantrag) ist im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht begründet.

Zwar hat die Klägerin nach ihrem Arbeitsvertrag einen aus § 611 Abs. 1 i.V.m. § 242 BGB herzuleitenden Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung mit Arbeiten, die der vertraglich vereinbarten Lohngruppe des einschlägigen Tarifvertrages entsprechen, wozu die Gartenarbeiten gehören können, mit denen die Klägerin jahrelang betraut gewesen ist. Die gerichtliche Geltendmachung eines Beschäftigungsanspruchs setzt aber voraus, dass die klagende Arbeitnehmerin tatsächlich in der Lage (und nicht nur vorrübergehend gehindert) ist, die vertraglich geschuldeten Arbeiten zu verrichten. Dies hat das Arbeitsgericht mit sorgfältiger Begründung, die sich die Berufungskammer zu Eigen macht (§ 69 Abs. 2 ArbGG), verneint. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Allerdings ist im allgemeinen davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer, der bereits längere Zeit hindurch vertragsgemäß beschäftigt worden ist, arbeitsfähig ist, solange er nicht von einem Arzt krankgeschrieben ist. Der Arbeitgeber darf nach einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeitsperiode im Allgemeinen den Antritt der Arbeit und die weitere Arbeit nicht von der Vorlage einer "Gesundschreibung" abhängig machen (vgl. dazu u.a. LAG Berlin vom 10.05.2001, 10 Sa 2695/00, NZA-RR 2002,23). Dies ist aber dann anders, wenn bereits ärztliche Äußerungen vorliegen, die eine dauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerin für die vertraglich geschuldeten Arbeiten ergeben, ohne dass die klagende Arbeitnehmerin sich mit diesen ärztlichen Stellungnahmen inhaltlich auseinandersetzt. So ist es hier. Zunächst hat ein Arzt (oder haben die Ärzte) des medizinischen Dienstes der Krankenkassen unter dem 15.01.2003 nach einer Untersuchung der Klägerin der Personalstelle des hiesigen Bezirksamts ausdrücklich bescheinigt, dass die Klägerin "die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann", die Klägerin könne nur noch "leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender Position, ohne Arbeiten in gebückter Haltung, ohne schweres Heben, Tragen und ohne Arbeiten in Zwangshaltungen ausführen". Sodann hat unabhängig hiervon die vom beklagten Land eingeschaltete Vertrauensärztin Dr. R. unter dem 19.06.2003 eine inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende Stellungnahme abgegeben. Das beklagte Land hat darüber hinaus insbesondere in der Berufungsinstanz noch einmal zusammenfassend konkretisiert, welche körperlichen Anforderungen die Tätigkeit eines Gärtners beim Bezirksamt stellt ("schwere körperliche Arbeit...., sowohl stehende als auch hockende als kniende Arbeitspositionen, teils in gebückter Haltung, teilweise schweres Heben und Tragen, Über-Kopf-Arbeiten, Arbeiten auf Leitern oder von anderen Gerüsten, Zwangshaltungen...."). Weder mit den ärztlichen Stellungnahmen vom 15.01.2003 und vom 19.06.2003, noch mit dem substantiierten Vortrag des beklagten Landes hat sich die Klägerin inhaltlich näher auseinandergesetzt. Wenn sie dem gegenüber lediglich darauf hinweist, sie habe ihre Arbeitsfähigkeit durch die Arbeit im 2. Halbjahr 2003 ausreichend nachgewiesen, kann sie damit nicht gehört werden, zumal die Arbeitsleistung im 2. Halbjahr 2003 mehrfach durch Arbeitsunfähigkeitsperioden (und darüber hinaus auch durch Urlaub) unterbrochen war und zumal die Klägerin nicht bestreitet, dass sie in dem gesamten Zeitraum ab 02.06.2003 ohnehin nur vom 02. bis 12.08.2003 im Gartenbereich eingesetzt worden ist. Die grundsätzliche Arbeitsfähigkeit der Klägerin (ohne konkrete Gefährdung ihres Gesundheitszustandes) ergibt sich auch nicht aus der von ihr vorgelegten Diagnoseliste ihrer Krankenkasse "C. BKK" (Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 65 d.A.). Zwar sind darin auch Krankheiten aufgeführt, die über die Einsetzbarkeit als Gartenarbeiterin nichts oder nur wenig aussagen, wie "Bronchitis", "Virusinfektion" und "Infektion der oberen Atemwege". Die Diagnoseliste (die ohnehin nur die Zeit ab 05.03.2001 abdeckt), enthält daneben aber zahlreiche Krankheiten, die die Wirbelsäule und den Bewegungsapparat betreffen ("Lumboischialgie, Zervikalneuralgie, Bandscheibenverlagerung, Arthrose, Spondylose, Koxarthrose, multiple Arthrose, Skoliose"). Auf der Grundlage der von der Klägerin selbst eingereichten Diagnoseliste hätte sie allen Anlass gehabt, die ärztlichen Stellungnahmen vom 15.01. und 19.06.2003 nicht einfach pauschal als "nicht aussagekräftig" zu bezeichnen, sondern im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher konkreter Umstände, insbesondere auch auf Grund welcher medizinischer Maßnahmen sie davon ausgeht, sie sei gleichwohl uneingeschränkt für eine Tätigkeit als Gartenarbeiterin einsetzbar. Derartiger Vortrag wird nicht dadurch entbehrlich, dass die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 06.12.2004 ein Attest der Internistin Dr. H. vorlegt und dazu behauptet, diese Ärztin könne bestätigen, dass sie in der Lage sei, "ihre Arbeit im bisherigen Umfang auszuführen". Weder gibt die Klägerin an, welche Untersuchungen diese Ärztin bei ihr durchgeführt hat, noch, weshalb diese Fachärztin für Inneres über ihre orthopädischen Krankheiten etwas sollte aussagen können, noch, was sie dieser Ärztin über die von der Beklagten konkret behaupteten Erschwernisse der Gartenarbeit konkret mitgeteilt. Angesichts der Gesamtumstände geht die Berufungskammer deshalb davon aus, dass der Vortrag der Klägerin nicht ausreicht, die genannte Ärztin auf Antrag der Klägerin als sachverständige Zeugin zu vernehmen oder aber das bereits erstinstanzlich beantragte Sachverständigengutachten einzuholen. Dies wäre erst dann anders, wenn die Klägerin Sachvortrag geliefert hätte, der ihre Einsetzbarkeit für die bisher ausgeübten Tätigkeiten plausibel erscheinen lassen könnte. Derartigen Sachvortrag hat die Klägerin aber auch in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nicht geleistet. Er kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die Klägerin ihre subjektive Einschätzung wiedergibt, sie sei trotz alledem gesundheitlich in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit weiter und wieder auszuführen (vgl. die vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 29.10.1998, 2 AZR 666/97, NZA 1999, 377 sowie LAG Berlin vom 25.01.1995, 17 Sa 120/94 sowie vom 03.01.1996, 18 Sa 112/95, beide n.v.).

Das beklagte Land hat weiter substantiiert dargelegt, dass es, und zwar landesweit, nach einem Arbeitsplatz für die Klägerin gesucht hat, der ihren gesundheitlichen Beschränkungen, wie sie sich aus den ärztlichen Stellungnahmen vom 15.01. und 19.06.2003 ergeben, Rechnung trägt, und dass ein derartiger Arbeitsplatz nicht vorhanden ist. Diesem Sachvortrag hat die Klägerin im Wesentlichen unbestritten gelassen. Die Kammer konnte daher auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin ggf. mit leichteren Arbeiten, die ebenfalls ihrer Vergütungsgruppe entsprechen, beschäftigt werden kann. Damit ist auch der in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag unbegründet.

1.2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich weitgehend bereits, dass das beklagte Land, seit es die Klägerin in der ersten Februardekade 2004 nach Hause geschickt hat, auch nicht in Annahmeverzug geraten ist. Der Arbeitgeber kommt nach § 297 BGB nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken, so dass er nach § 615 BGB auch die (grundsätzlich nach § 611 BGB geschuldete) Vergütung nicht zahlen muss. Zwar ist Unmöglichkeit in diesem Sinne nicht stets schon dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person nicht mehr alle Arbeiten verrichten kann, die zum Spektrum der vertraglich vereinbarten Tätigkeit zählen; ist es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leidensgerechte Arbeiten zuzuweisen, so ist die Zuweisung anderer Arbeiten unbillig; die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers steht dann dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen (vgl. BAG 5 AZR 282/02 vom 24.09.2003, NZA 2003, 1332). Ebenso wie im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsantrag der Klägerin ist aber auch im Zusammenhang mit ihrem Zahlungsantrag davon auszugehen, dass das beklagte Land bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nicht in der Lage gewesen ist, der Klägerin in diesem Sinne leidensgerechte Arbeiten zuzuweisen. Von einem Annahmeverzug des beklagten Landes ist deshalb nicht auszugehen. Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil das beklagte Land - wegen einzuräumender tatsächlicher Schwierigkeiten im Hinblick auf die Schwerbehinderung der Klägerin und möglicherweise auch im Hinblick auf das Erfordernis, vor einer Kündigung die Zustimmung des Personalrats einzuholen - bislang von einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses abgesehen hat. Dies nimmt der Klägerin jedenfalls nicht die rechtliche Möglichkeit, sowohl ihre Beschäftigung als auch ihre Bezahlung gerichtlich durchzusetzen (vgl. dazu zuletzt auch BAG vom 15.06.2004, 9 AZR 483/03, DB 2004, 2643). Wenn die Klägerin ihre Position durch substantiierten Sachvortrag untermauern kann, ist sie jedenfalls nicht schutzlos.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 2 ZPO.

3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nach Einschätzung der Kammer nicht vor.



Ende der Entscheidung

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