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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 16 Sa 647/02
Rechtsgebiete: Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe


Vorschriften:

Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 32
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 36
Zu den Anforderungen an den Vortrag der auf Auskunft klagenden ZVK hinsichtlich der Einheitlichkeit des Betriebes, wenn der Beklagte die getrennte Führung zweier verschiedener Betriebe einwendet.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

16 Sa 647/02 16 Sa 1333/02

Verkündet am 18.12.2002

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 16. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Kießling als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Burkert und Jung

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Januar 2002 - 97 Ca 73725/01 - geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien haben in erster Instanz über die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von Auskünften (hilfsweise zur Zahlung von Entschädigung) nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) gestritten, und zwar für den Zeitraum April 1998 bis März 2001. Sie streiten in zweiter Instanz über die Zahlung von Beiträgen für den genannten Zeitraum, nach dem der Beklagte erstinstanzlich verurteilt worden war und die Auskünfte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilt hat.

Der Beklagte unterhält unter der Firma "Tiefbau R. P." im Ortsteil B., D.straße 6 in 16866 K. ein Tiefbauunternehmen, mit dem er beim Kläger, der tarifvertraglich bestimmten Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes, gemeldet ist und alle Meldungen für die dort beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer (im Klagezeitraum insgesamt mehr als 60) ordnungsgemäß geleistet hat und leistet und die Sozialkassenbeiträge für sie abführt. Er ist mit dieser Firma Mitglied der Fachgemeinschaft B. B.und Br. e.V. sowie der Bauberufsgenossenschaft, wird bei der AOK eigenständig geführt und besitzt eine eigene Betriebsnummer beim Arbeitsamt.

Daneben hat der Beklagte im Frühjahr 1998 einen Geschäftszweig "Garten- und Landschaftsbau" gegründet, welcher unter der Firma "Gartenbau R. P." firmiert und seinen Sitz in der W.-von-S.-Straße 5, 16866 K. hat. Unter dem 10.03.1998 hat er das dortige Gewerbe angemeldet und die dortige betriebliche Tätigkeit am 16.03.1998 aufgenommen. Er ist mit dem dortigen Geschäftszweig Mitglied der Gartenbau-Berufsgenossenschaft und nimmt am Umlageverfahren im Garten- und Landschaftsbau gemäß einer Mitteilung der "Einzugsstelle Garten- und Landschaftsbau" in B. H. vom 20.07.1998 (Kopie Bl. 18 d.A.) teil.

Mit der am 27.07.2001 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage hat der Kläger den Beklagten auf Auskunftserteilung nach dem VTV auch hinsichtlich der im Bereich "Gartenbau R. P." beschäftigten (elf) gewerblichen Arbeitnehmer in Anspruch genommen und dazu behauptet, der Beklagte führe insgesamt einen einheitlichen Betrieb ohne organisatorische Trennung, was sich daraus ergebe, dass das Finanzamt dem Beklagten für beide Bereiche eine einheitliche Steuernummer zugeteilt habe, ferner daraus, dass der Beklagte am 25.01.2001 dem Außendienstmitarbeiter des Klägers K. gegenüber geäußert habe, er setze Arbeitnehmer aus dem Bereich Gartenbau auch beim Tiefbau ein. Im übrigen führten die im Klageantrag genannten elf Arbeitnehmer zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die additiv auch mehr als 50 % der "betrieblichen Arbeitszeit Gartenbau" ergebe, Pflasterarbeiten aus (Beweis: Vernehmung der vorgenannten Arbeitnehmer).

Durch Urteil vom 25.01.2002 hat das Arbeitsgericht wie folgt entschieden:

I. D. Bkl. wird verurteilt,

1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzl. Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten April 1998 bis März 2001 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monat(en) angefallen sind, wobei die Arbeitnehmer U. S., U.U., R. D.,T. H., Th. G., S.D., G.-F. A., P.B., I. W., P. A. und H.-J. G.mit zu berücksichtigen sind.

2. Für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von EUR 47.268,93 zu zahlen........., mit der Begründung, den "insoweit hinreichend substantiierten Sachvortrag des Klägers" habe "der Beklagte nicht substantiiert bestritten, obwohl ihm dies aufgrund seiner Sachnähe möglich und zumutbar gewesen wäre".

Gegen dieses am 11.03.2002 dem Beklagten und am 13.03.2002 dem Kläger zugestellte Urteil richtet sich die am 10.04.2002 eingegangene und am 11.06.2002 (nach entsprechender Fristverlängerung) begründete Berufung des Beklagten. Der Kläger hat sich nach Zustellung der Berufungsbegründung am 14.06.2002 mit einem am 15.07.2002 (Montag) eingegangenen Schriftsatz der Berufung angeschlossen, um die - zwischenzeitlich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gemeldeten Beiträge - einzufordern.

Der Beklagte vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach er zwei getrennte Betriebe führe, die er bereits bei der Akquirierung und Angebotserstellung von Aufträgen strikt trenne, sowohl organisatorisch als personell. Ein Arbeitnehmeraustausch finde nicht statt. Im übrigen überwögen auch im Gartenbaubetrieb keineswegs Pflasterarbeiten, wenn sie dort auch in geringem Umfange im Zusammenhang mit orginären Gartenbauarbeiten vorkämen. Der Vortrag des Klägers sei nicht substantiiert und ohne jegliche Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse "ins Blaue hinein" erfolgt und schon deshalb unbeachtlich. Im übrigen sei der Verfahrenstarifvertrag verfassungswidrig, da er gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, soweit er auf die Zahlung unterschiedlich hoher und unterschiedlich errechneter Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer einerseits und Angestellt andererseits abstelle, wie das Arbeitsgericht Wiesbaden in seiner Entscheidung vom 07.01.2002 (3 Ca 8/00) festgestellt habe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

im Wege der Anschlussberufung,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 46.782,44 EUR zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach der Beklagte lediglich zwei unselbständige Betriebsabteilungen führe, die schon deshalb als einheitlicher Baubetrieb anzusehen seien, weil im Bereich "Tiefbau R. P." deutlich mehr als die Hälfte sämtlicher Arbeitnehmer beschäftigt würden (insoweit unstreitig). Die Einheitlichkeit des Betriebes ergebe sich auch aus der Äußerung des Beklagten am 25.01.2001 gegenüber dem Außendienstmitarbeiter K., die dahin zu präzisieren sei, dass der Beklagte gesagt habe, er setze Arbeiter aus dem Bereich Gartenbau auch im Bereich Tiefbau bei dortigen Auftragsspitzen ein, um dort nicht mehr Arbeitsplätze vorhalten zu müssen, als dem langfristigen Bedarf entspreche (Beweis: Zeugnis K.). Er wiederholt weiter seine erstinstanzliche Behauptung, im Bereich "Gartenbau R. P." würden für sich genommen zu mehr als 50 % der dortigen Arbeitszeit sämtlicher Arbeitnehmer Pflasterarbeiten ausgeführt (Beweis: Zeugnis der dort beschäftigten elf Arbeitnehmer).

Wegen der Berechnung der mit der Anschlussberufung verfolgten Beitragsforderung wird auf die Anschlussberufungsschrift vom 15.07.2002, dort Seite 2 (Bl. 76 d.A.) mit der beigefügten Anlage, (Kontoauszug vom 30.06.2002, Bl. 81 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im übrigen wird wegen des beiderseitigen Berufungsvorbringens auf die Berufungsbegründung vom 09.06.2002 (Bl. 54 ff. d.A.), auf die Berufungserwiderung und Anschlussberufung vom 15.07.2002 (Bl. 75 ff. d.A.), auf die Replik des Beklagten vom 22.08.2002 (Bl. 101 ff. d.A.) sowie auf den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 17.10.2002 (Bl. 113 ff. d.A.) verwiesen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben beide Seiten weitere Schriftsätze eingereicht.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und insgesamt zulässig.

2. Sie ist auch in der Sache begründet. Der in erster Instanz geltend gemachte Auskunftsanspruch, der für die Zeit ab April 1998 bis Dezember 1999 auf § 48 VTV in der damaligen Fassung und für die Zeit danach auf § 18 VTV in der seitherigen Fassung gestützt wird, hat nicht bestanden. Sowohl der erst- als auch der zweitinstanzliche Sachvortrag des Klägers zur Tarifunterworfenheit des Beklagten - mit seinem Betrieb "Gartenbau R. P." - ist unschlüssig und prozessual unbeachtlich, da er ohne tatsächliche Anhaltspunkte "ins Blaue hinein" aufgestellt worden ist.

2.1. Ein Betrieb wird vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten anfallen, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen (vgl. etwa BAG AP Nr. 82, 130, 170, 200 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz oder Gewinn oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an (vgl. BAG 10 AZR 223/96 vom 22.01.1997, BAGE 85, 81). Bei einem Mischbetrieb, in dem neben baulichen Leistungen im Tarifsinne auch nichtbauliche Leistungen anfallen, ist darauf abzustellen, ob die baulichen Tätigkeiten in der Arbeitszeit der von sämtlichen Arbeitnehmern verrichteten Tätigkeiten zusammengenommen überwiegen (vgl. BAG aaO). Dabei sind Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen, den baugewerblichen Tätigkeiten zuzurechnen (vgl. BAG 4 AZR 240/86 vom 25.02.1987, BAGE 55, 78). Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Betrieb des beklagten Arbeitgebers nicht nur überhaupt bauliche Leistungen ausgeführt werden, sondern auch, dass deren Zeitanteil im beschriebenen Sinne überwiegt, bei der klagenden ZVK (vgl. etwa BAG 4 AZR 615/89 vom 28.03.1990, AP Nr. 130 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

2.2. Der Kläger hat hierzu in erster Instanz in der Klageschrift die Behauptung aufgestellt, der Beklagte unterhalte einen Betrieb, in dem in den Kalenderjahren des Klagezeitraumes arbeitszeitlich gesehen überwiegend Tiefbau- und Pflasterarbeiten verrichtet worden seien, was die Tarifunterworfenheit nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 32 und 36 VTV ergeben würde. In dem späteren Schriftsatz vom 12.12.2001 hat er sodann die Behauptung aufgestellt, der Bereich Gartenbau sei einerseits deshalb dem Baubetrieb zuzurechnen, weil er mit dem unstreitig dem Tiefbau zuzurechnenden Bereich "Tiefbau R. P." einen einheitlichen Betrieb bilde, andererseits deshalb, weil die dem Bereich "Gartenbau R. P." zugeordneten elf Arbeitnehmer im Klagezeitraum zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die additiv auch mehr als 50 % der "betrieblichen Arbeitszeit Gartenbau" ergebe, Pflasterarbeiten ausgeführt hätten. Erstere Behauptung folgert er aus der Vergabe einer einheitlichen Steuernummer durch das Finanzamt K. sowie aus einer - vom Beklagten bestrittenen - Äußerung vom 25.01.2001 gegenüber dem Außendienstmitarbeiter des Klägers K., nämlich, dass Arbeitnehmer des Gartenbaubereichs auch im Bereich Tiefbau eingesetzt würden. Für letztere Behauptung (nämlich, dass diese Arbeitnehmer ohnehin arbeitszeitlich überwiegend Pflasterarbeiten ausführten) hat er überhaupt keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen.

Diese Behauptungen sind denkbar allgemein gehalten. Der Beklagte hat sie bestritten und dazu einerseits auf eine strikte Trennung beider von ihm so bezeichneten Betriebe hingewiesen, andererseits darauf, dass er mit dem Betrieb "Gartenbau R. P." ganz überwiegend originäre Arbeiten des Garten- und Landschaftsbaus ausführe, nämlich Geländemodellierungen, das Anlegen von Banketten, das Glätten des Oberbodens, Ansäen, Anpflanzen, Baumschutzarbeiten sowie die Pflege von angelegten Pflanzungen.

Weshalb das Arbeitsgericht den Sachvortrag des Klägers als substantiiert, das Bestreiten des Beklagten dagegen als unsubstantiiert angesehen hat, hat es nicht begründet. Die Berufungskammer ist demgegenüber der Auffassung, dass der Sachvortrag des Klägers nicht einmal ausreicht, um in die vom Kläger begehrte Beweisaufnahme einzutreten:

2.2.1. Was die Einheitlichkeit des Betriebes angeht, ist diese Behauptung zur Begründung der Tarifgeltung erst auf der Grundlage der weiteren - erst in zweiter Instanz aufgestellten - Behauptung geeignet, dass im Bereich Tiefbau ("100 % Bau") deutlich mehr Arbeitnehmer (vollzeitig) beschäftigt sind als im Bereich Gartenbau. Denn wenn das zutrifft - der Beklagte hat es nicht bestritten - ist es logisch, dass die im Gartenbau beschäftigten Arbeitnehmer dem Baubetrieb selbst dann zuzurechnen sind, wenn sie ausschließlich Arbeiten ausführen, die nicht (gleichzeitig) als baugewerblich im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis V VTV angesehen werden können. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass eine Einbeziehung der im Gartenbau beschäftigten Arbeitnehmer in den Baubetrieb nicht nur dann ausscheiden kann, wenn der Bereich Gartenbau einen selbständigen Betrieb bildet, sondern bereits dann, wenn er als selbständige Betriebsabteilung anzusehen ist. Denn nach § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 Satz 2 VTV sind selbständige Betriebsabteilungen "Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages", und nach Abs. 2 werden selbständige Abteilungen, in denen "andere" Arbeiten ausgeführt werden, dann nicht vom VTV erfasst, wenn sie von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst werden, wobei hier nur der - ebenfalls allgemein verbindliche - Bundesrahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in der Bundesrepublik Deutschland vom 20.12.1995 in Frage kommen kann.

2.2.2. Was die überwiegende Ausführung von Pflasterarbeiten im Gartenbau angeht, wäre diese Behauptung für sich genommen geeignet, die Tarifunterworfenheit des Beklagten auch mit den dortigen Arbeitnehmern nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 VTV zu begründen. Dies würde - entgegen der in der mündlichen Berufungsverhandlung geäußerten Auffassung des Kammervorsitzenden - selbst dann gelten, wenn es sich um Zusammenhangsarbeiten mit den originär Garten- bzw. landschaftsbaulichen Tätigkeiten handeln würde. Denn die Allgemeinverbindlicherklärung vom 09.02.1996 zu den Tarifvertragswerken des Baugewerbes (BAnz. Nr. 36 vom 21.02.1996) schränkt in ihrem zweiten Teil unter B Nr. 4 die Allgemeinverbindlichkeit der Bautarifverträge (auch des VTV) für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen im Sinne des BRTV Garten-, Landschafts- und Sportsplatzbau nur bei einer Mitgliedschaft bei dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. ein. Eine solche Mitgliedschaft hat der Beklagte aber nicht behauptet.

2.2.3. Sowohl die Behauptung "einheitlicher Betrieb" als auch die Behauptung "mehr als 50 % Pflasterarbeiten im Bereich Gartenbau" sind aber ohne greifbare tatsächliche Anhaltspunkte aufgestellt worden und deshalb nach § 138 Abs. 1 ZPO prozessual unbeachtlich: allerdings ist es einer Partei, die keine näheren Einblicke in dem Gegner bekannte Geschehensabläufe hat und deren Beweisführung deshalb erschwert ist, nicht verwehrt, auch nur von ihr vermutete Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen (vgl. etwa BGH NJW - RR 1988, 1529 sowie NJW 1996, 3147; ferner BAG vom 28.05.1998, 6 AZR 618/96, NZA 1999, 96 mit ausführlichen Nachweisen). Unzulässig wird dies aber dann, wenn der Prozessverlauf zeigt, dass die Partei für ihre Vermutung keine tatsächlichen Anhaltspunkte hat (vgl. BAG aaO und BGH aaO; ferner BGH NJW - RR 1991, 888, 891; NJW 1992, 1967; NJW 1995, 1998 und 2111; NJW 1996, 1827). So ist es hier:

Es gibt keine tatsächliche Vermutung und keinen Erfahrungssatz dahin, dass ein Unternehmer, der an zwei geographisch deutlich verschiedenen Orten zwei verschiedenen gewerblichen Tätigkeiten mit verschiedenen Arbeitnehmern nachgeht, dies im Rahmen eines einheitlichen Betriebes tut. Unter Betrieb wird üblicherweise eine organisatorische Einheit verstanden, in der Personen mit Hilfe persönlicher, sachlicher oder immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgen. Ebenso wie eine juristische Person zwei verschiedene Betriebe unterhalten kann, kann dies auch eine natürlich Person. Soweit der Kläger auf die einheitliche Steuernummer des Beklagten hinweist, ist der Beklagte dem damit entgegengetreten, dass das zuständige Finanzamt dies ausschließlich deshalb so handhabt, weil der Beklagte eine natürlich Person ist. Die einheitliche Steuernummer sagt deshalb nichts darüber aus, ob ein einheitlicher Betrieb vorliegt oder ob von zwei Betrieben auszugehen ist. Soweit der Kläger auf einen wechselseitigen Arbeitnehmeraustausch hinweist, wäre dies zwar ein Indiz für die Einheitlichkeit des Betriebes. Er hat sich aber insoweit lediglich auf die - bestrittene - Äußerung des Beklagten am 25.01.2001 gegenüber dem Außendienstmitarbeiter K. bezogen, wonach der Beklagte Arbeitnehmer aus dem Gartenbaubereich auch im Tiefbaubereich einsetze. Dies kann als wahr unterstellt werden. Denn diese Äußerung ergibt weder einen wechselseitigen Arbeitnehmeraustausch (also auch einen Einsatz der Tiefbauarbeiter im Gartenbaubereich), noch, dass im Klagezeitraum Arbeitnehmer des Gartenbaubereichs in nennenswertem Umfange im Tiefbaubereich eingesetzt worden wären, zumal die behauptete Äußerung erst gegen Ende des (fast dreijährigen) Klagezeitraums abgegeben worden sein soll. Zwar hat sich der Kläger zum Beweise dafür, dass die "Gartenbauarbeiter" auch im Tiefbaubereich eingesetzt würden, auch auf deren Zeugnis bezogen. Dieser Beweisantritt ist aber erkennbar ins Blaue hinein und ohne greifbare tatsächliche Anhaltspunkte gemacht worden, wie bereits der Umstand ergibt, dass sich unter den vom Kläger benannten Arbeitnehmern auch die Reinigungskraft Irmgard Werder befindet, wie der Kläger nicht bestritten hat. Die vom Kläger begehrte Vernehmung der elf dem Gartenbaubereich zugeordneten (und im Klageantrag genannten) Arbeitnehmer würde hiernach auf eine bloße Ausforschung hinauslaufen und kommt nach Auffassung der Kammer nicht in Frage.

Die Vernehmung dieser Arbeitnehmer zu der weiteren Behauptung, sie würden jeweils zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit Pflasterarbeiten ausführen, kommt aus den selben Gründen nicht in Frage. Der Kläger hat insoweit lediglich den Begriff der Pflasterarbeiten lehrbuchartig umschrieben, jedoch keinerlei Tatsachen vorgetragen, die sich auf den Bereich "Gartenbau R. P." beziehen. Dies ist um so erstaunlicher, als der Kläger die in mündlicher Verhandlung aufgestellte Behauptung des Beklagten nicht bestritten hat, dass der Außendienstmitarbeiter K. am 25.01.2001 (nicht nur den Beklagten an seinem Betriebssitz aufgesucht hat, sondern dort) auch Gelegenheit gehabt habe, Rechnungen einzusehen. Selbst wenn dies nicht zuträfe, kann die bloße Behauptung, im Gartenbaubereich würden zu über 50 % der jeweiligen Arbeitszeit der Arbeitnehmer Pflasterarbeiten ausgeführt, nicht genügen. Insbesondere ist es nicht Aufgabe des Beklagten, seinerseits näher darzulegen, welchen genauen Umfang die dortigen Pflasterarbeiten haben. Zwar wird in jüngerer Zeit gelegentlich die Auffassung vertreten, aus Artikel 2 GG und dem Rechtsstaatsprinzip folge ein auf Wahrheitsfindung angelegtes Rechtsschutzverfahren auch im Zivilprozess, welches auch der nicht beweisbelasteten Partei auferlege, die ihr zumutbaren Aufklärungsbeiträge zu leisten, wenn der Gegner bestimmte Kenntnisse nicht haben könne. Diese "Lehre von der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht" hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Die Frage, welche Auskünfte eine Partei der anderen zu geben hat, richtet sich ausschließlich nach materiellem Recht; wenn dort eine entsprechende Auskunftspflicht nicht geregelt ist, bleibt es bei dem Grundsatz, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für seinen Prozesssieg zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt (vgl. BGH MDR 1991, 226 = NJW 1990, 3151). Das Zivilprozessrecht ist nicht dazu da, Auskunftsverpflichtungen zu begründen, die nach materiellem Recht nicht bestehen. Die Kammer wiederholt insoweit ihre Auffassung, dass es ausschließlich Sache des Gesetzgebers ist, etwa in das Tarifvertragsgesetz eine allgemeine Auskunftsverpflichtung einzuführen, um in Zweifelsfällen Aufschluss darüber herbeizuführen, ob eine Tarifunterworfenheit besteht oder nicht.

3. Die Anschlussberufung ist ebenfalls formgerecht und innerhalb der nunmehr geltenden Monatsfrist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F. eingelegt und gleichzeitig begründet worden (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die mit ihr verfolgte Klageänderung (Übergang von der Auskunfts- zur Zahlungsklage) ist nach §§ 263, 533 ZPO zulässig.

Die Anschlussberufung ist aber nicht begründet, da von einer Tarifunterworfenheit des Beklagten hinsichtlich der streitigen elf Arbeitnehmer nicht auszugehen ist, wie die obigen Ausführungen unter 2. ergeben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

5. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nach Einschätzung der Kammer nicht vor.

Ende der Entscheidung

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