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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 17 Ta (Kost) 6024/05
Rechtsgebiete: W-RVG


Vorschriften:

W-RVG Nr. 3104
Die Feststellung eines gerichtlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO führt nur in den in Nr. 3104 W-RVG genannten Verfahren zum Entstehen einer Terminsgebühr.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

17 Ta (Kost) 6024/05

In dem Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 17. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreßler als Vorsitzenden

am 27. Juli 2005

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Februar 2005 - 89 Ca 2746/04 - teilweise geändert:

Die von dem Kläger an den Beklagten zu erstattenden ausgeglichenen Kosten werden auf 558,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 15. November 2004 festgesetzt.

II. Die Kosten des Festsetzungsverfahrens haben der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4 zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat sich mit seiner Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Juni 2004 gewandt. Das Berufungsverfahren endete vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch einen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Prozessvergleich, wonach die Berufungskosten der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4 zu tragen hat.

Die Parteien haben jeweils Kostenausgleichung beantragt und dabei eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 der Anlage 1 zum RVG (VV-RVG) in Ansatz gebracht. Die Rechtspflegerin hat die Kosten durch Beschluss vom 7. Februar 2005 auf dieser Grundlage ausgeglichen und den von dem Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 786,23 EUR festgesetzt.

Gegen diesen ihm am 11. Februar 2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit einem am 25. Februar 2005 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass bei der Feststellung eines Prozessvergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO eine Terminsgebühr nicht entstehe.

Der Beklagte hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Bei der Ausgleichung der Kosten der Parteien sind die in Ansatz gebrachten Terminsgebühren unberücksichtigt zu lassen.

1.

Eine Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 Abs. 2 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Es ist dabei umstritten, ob bei jedem nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossenen Vergleich eine Terminsgebühr entsteht. Während weite Teile der Literatur dies bejahen (Gerold/Schmidt/v.Eicken/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, VV 3104 Rn 54 ff.; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, 2004, S. 543; Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 278 Rn. 27; a.A. Hartmann, Kostengesetze, VV 3104 Rn. 30), hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 30. März 2004 - VI ZB 81/03 - NJW 2004, 2311 f. - in die Entscheidung nicht tragender Weise - gemeint, eine Terminsgebühr entstehe bei Abschluss eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht; das OLG Nürnberg ist dieser Auffassung gefolgt (Beschluss vom 15. Dezember 2004 - 3 W 4006/04 - Rpfleger 2005, 333).

2.

Die Beschwerdekammer ist ebenfalls der Ansicht, dass die Terminsgebühr nicht entsteht, wenn in einem normalen Prozessverfahren vor einer mündlichen Verhandlung ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird. Bereits der Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG deutet darauf hin, dass von dieser Vorschrift nur Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO sowie §§ 307, 495a ZPO erfasst werden. Hätte jeder Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO zu einer Terminsgebühr führen sollen, wäre die Formulierung, dass "in einem solchen Verfahren" ein Vergleich geschlossen wird, nicht erforderlich gewesen. Der Arbeits- und Zeitaufwand des Anwalts ist zudem bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO in der Regel geringer als bei der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins; er wird durch die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG) und die Einigungsgebühr (Nr. 1003, 1004 VV-RVG) abgegolten. Schließlich widerspräche eine Ausdehnung des Kostentatbestandes auf jeden Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO dem Interesse der Parteien, die Kosten so gering wie möglich zu halten.

3.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind danach wie folgt auszugleichen:

Bei einem Gegenstandswert von 7.600,00 EUR und ohne Berücksichtigung einer Terminsgebühr kann der Kläger 1.409,17 EUR (1,6 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV-RVG in Höhe von 659,20 EUR, 1,3 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1004 VV-RVG in Höhe von 535,60 EUR sowie 20,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG und 16 v.H. Umsatzsteuer in Höhe von 194,37 EUR gemäß Nr. 7008 VV-RVG) und der Beklagte 1.214,80 EUR (Verfahrens- und Einigungsgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale in der genannten Höhe) in Ansatz bringen. Die auszugleichenden Kosten betragen danach 2.623,97 EUR. Hiervon hat der Beklagte 655,99 EUR (1/4 der Kosten) zu tragen, so dass der Kläger die Differenz zu den Kosten des Beklagten zu tragen hat; dies sind 558,81 EUR. Der festgesetzte Betrag ist gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags des Beklagten in der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Weise zu verzinsen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 98 ZPO.

5.

Die Rechtsbeschwerde wurde gemäß § 78 i.V.m. § 72 Abs. Nr. 1 ArbGG zugelassen.

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