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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 15.08.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 917/03
Rechtsgebiete: ZPO, ArbG
Vorschriften:
ZPO § 240 | |
ArbGG § 68 a. F. |
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 15.08.2003
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 2. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 15.08.2003 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Prof. Dr. Germelmann als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Schaum und Behring
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Februar 2001 - 79 Ca 34230/02 (79 Ca 17612/00) einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens ab dem 23. Februar 2001, 13.00 Uhr, aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Berlin zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Arbeitsgericht vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Beklagte ist durch Beschluss des Amtsgerichts Ch. vom 23. Februar 2001 - 106 IN 3661/00 - als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Q. AG bestellt worden. Durch gleichen Beschluss ist über das Vermögen der Q. AG mit Wirkung ab 23. Februar 2001 um 13.00 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Der Kläger, der vom 01. April 1999 bis zum 30. September 1999 bei der Q. AG beschäftigt worden war, hat mit der vorliegenden Klage Provisionsansprüche geltend gemacht. Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 196 bis 198 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2001 hat das Arbeitsgericht ein Urteil verkündet, mit dem die Klage abgewiesen worden ist. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 195 bis 205 d.A.).
Gegen dieses ihm am 11. April 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05. Mai 2003 Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05. Juli 2003 - am 24. Juni 2003 begründet hat.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben sei, da das Verfahren wegen der Insolvenz der Beklagten bereits bei Verkündung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung unterbrochen gewesen sei. Im Übrigen stehe ihm der Provisionsanspruch zu, da sein Verhalten für den Abschluss des notariellen Kaufvertrages zwischen der Ge. und der Q. AG am 24. Juni 1999 ursächlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Februar 2001 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Berlin zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass das Verfahren weiterhin unterbrochen sei, eine Aufnahme des Verfahrens gemäß § 86 Insolvenzordnung sei nicht möglich. Es gehe im vorliegenden Falle um eine Insolvenzforderung, die der Kläger zur Tabelle angemeldet habe. Die Forderung sei noch nicht anerkannt. Eine Aufnahme des Verfahrens mit dem Klageantrag in der bisherigen Form sei nicht zulässig.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 23. Juni 2003 und 28. Juli 2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Auf das Berufungsverfahren finden noch die Vorschriften der Zivilprozessordnung in der Fassung vor dem ZPO-RG Anwendung, § 26 Nr. 5 EG ZPO, da die mündliche Verhandlung in der ersten Instanz am 23. Februar 2001 geschlossen worden ist.
II.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG a. F. statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 ArbGG a. F.
Das Berufungsverfahren kann trotz der Insolvenz der früheren Beklagten durchgeführt werden. Zwar ist das Verfahren gemäß § 240 ZPO seit dem 23. Februar 2001 unterbrochen. Auch während der Verfahrensunterbrechung kann aber für den Rechtsmittelkläger wirksam ein Rechtsmittel eingelegt werden (BGHZ 4, 314; 50, 397 ff.; BGH vom 05.11.1987 - III ZR 86/86; BAG vom 20. Februar 1979 - 6 AZR 624/77).
Die Einlegung des Rechtsmittels setzt die Beendigung der Unterbrechung nicht voraus, da der unterbrochene Rechtsstreit sachlich nicht weiter betrieben wird (BGH vom 16.01.1997 - IX ZR 220/96).
III.
Die Berufung ist auch begründet. Das Verfahren war im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2001 bereits unterbrochen, § 240 ZPO. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte am 23. Februar 2001 um 13.00 Uhr.
Ein während der Unterbrechung ergangenes, die Insolvenzmasse betreffendes Urteil kann von dem Insolvenzverwalter und dem Prozessgegner angefochten werden (BGH vom 16.01.1997 - IX ZR 220/96).
Nach § 539 ZPO a. F. kann das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel gelitten hat. Zwar ist nach § 68 ArbGG a. F. grundsätzlich im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Anwendung dieser Vorschrift ausgeschlossen gewesen, wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts ist grundsätzlich die Zurückverweisung unzulässig gewesen.
Wenn auch grundsätzlich die Zurückverweisungsmöglichkeit im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht bestand, so ist doch anerkannt gewesen, dass eine Zurückverweisung wegen eines Verfahrensmangels dann in Betracht kommen kann, wenn das Verfahren an einem Mangel leidet, der in der Berufungsinstanz nicht mehr korrigiert werden kann (Grunsky, ArbGG, 7. Auflage, § 68 Rn. 7; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Auflage, § 68 Rn. 5 jeweils m.w.N.).
Vorliegend ist ein Verfahrensfehler aufgetreten, der in der Berufungsinstanz nicht mehr korrigiert werden kann. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens konnten Anträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 28. Februar 2001 nicht mehr gestellt werden. Ein Urteil hätte nicht verkündet werden dürfen. Das Urteil hätte auch nicht zugestellt werden können. Diese Mängel sind sämtlichst in der zweiten Instanz nicht korrigierbar. Das Verfahren ist in der ersten Instanz nach wie vor unterbrochen, § 240 ZPO, es ist noch nicht abgeschlossen. Dieser Abschluss kann in der zweiten Instanz nicht herbeigeführt werden.
Nach § 539 ZPO a. F. war daher das arbeitsgerichtliche Urteil und das ihm zugrunde liegende Verfahren, soweit es nach dem 23. Februar 2001, 13.00 Uhr, durchgeführt worden ist, aufzuheben. Der Rechtsstreit musste an das Arbeitsgericht Berlin zurückverwiesen werden.
IV.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, das Arbeitsgericht wird über die Kosten des Berufungsverfahrens mit zu entscheiden haben.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.
Ende der Entscheidung
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