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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.02.2003
Aktenzeichen: 3 TaBV 1959/02
Rechtsgebiete: BVG


Vorschriften:

BVG § 95 Abs. 3
BVG § 99
Der für die Zeit bis zu einem Monat vorgesehene Einsatz eines Arztes eines Klinikums in ein anderes, ebenfalls in Berlin gelegenes Klinikum des Arbeitgebers stellt nicht in jedem Fall eine mitbestimmungspflichtige Versetzung i.S.d. § 95 Abs. 3 BVG dar, weil es bei der Beurteilung des Merkmals der wesentlichen Änderung der Arbeitsumstände auf den jeweiligen Einzelfall ankommt.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

3 TaBV 1959/02

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 3. Kammer, auf die mündliche Anhörung vom 11.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Baumann als Vorsitzenden sowie ehrenamtlichen Richter Herr Guss und Herr Heibel

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. August 2002 - 66 BV 5/02 - teilweise abgeändert:

Der Feststellungsantrag zu 1) des Betriebsrats wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die an einen angestellten Arzt der Urologischen Abteilung des Klinikums N. der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 2), gerichtete und für einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen vorgesehene Zuweisung einer Tätigkeit in einer entsprechenden Abteilung eines anderen Klinikums der Arbeitgeberin in Berlin einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand darstellt.

Wie der Abteilungsleiter der Urologischen Abteilung des Klinikums N. dessen Personalleitung unter dem 7. November 2001 mitteilte, war er aufgrund eines personellen Engpasses im Klinikum am U., deren Trägerin ebenfalls die Arbeitgeberin ist, mit dem dortigen Leiter der Urologischen Abteilung übereingekommen, in der Zeit von November 2001 bis Ende Dezember 2001 vier seiner angestellten Ärzte im Zwei-Wochen-Rhythmus zur Dienstleistung abzustellen. Der im Klinikum N. gebildete Betriebsrat, der Beteiligte zu 1), stellte sich daraufhin in seinem Schreiben vom 16. November 2001 auf den Standpunkt, dem liege jeweils eine mitbestimmungspflichtige Versetzung zugrunde, und brachte deswegen zum Ausdruck, den Einsatz der Ärzte untersagen zu lassen. Darauf antwortete der Personalleiter des Klinikums N. dem Betriebsrat unter anderem wie folgt:

"Gleichzeitig habe ich Ihnen am 22.11.2001 erklärt, daß auf der Personalleitersitzung am 22.11.2001 vereinbart worden ist, daß der Einsatz eines Mitarbeiters aus einem Klinikum der V. in einem anderen Klinikum der V. in jedem Fall als Versetzung anzusehen ist. Sowohl der Betriebsrat als auch die Personalabteilung in unserem Hause waren dieser Auffassung von Anfang an.

Damit bei Herrn Prof. W. im Klinikum am U. - dort sollen fünf Ärzte ausgefallen sein - die Patientenversorgung aufrechterhalten werden kann, bitte ich um eine ganz kurzfristige Bestätigung, daß wir dort im 14-Tagesrhythmus weiterhin aushelfen können."

Eine einvernehmliche Regelung kam zwischen den Beteiligten in der Folgezeit nicht zustande. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Beendigung der Maßnahme der Arbeitgeberin hat der Betriebsrat zur Klärung der darauf bezogenen Streitigkeit der Beteiligten über ein bestehendes Mitbestimmungsrecht gegen sie ein entsprechendes Feststellungsbegehren gerichtet.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Einsatz eines Arztes der Urologischen Abteilung in eine entsprechende Abteilung einer anderen Klinik sei ohne jeden Zweifel mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden. Der Arzt werde in eine andere betriebliche Hierarchie eingeordnet und müsse nach einem anderen Dienstplan tätig werden. Der betreffende Vorgang könne sich im Klinikum N. jederzeit wiederholen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. festzustellen, dass in künftigen Fällen der Versetzung bzw. Beschäftigung von angestellten Ärzten der Urologischen Station des Klinikums N. in Abteilungen anderer Kliniken der Arbeitgeberin insbesondere im Falle kurzfristiger Beschäftigungen in einem Umfang von bis zu 14 Tagen sowie auf Anforderung der jeweiligen Chefärzte von Abteilungen anderer Kliniken bzw. in Absprache zwischen diesem und dem Abteilungsleiter der Urologischen Abteilung des Klinikums N. die Arbeitgeberin verpflichtet ist, vorher seine Zustimmung für die jeweilige personelle Einzelmaßnahme einzuholen, sofern nicht ein Fall des § 100 Abs. 1 Satz 1 BVG bzw. des § 95 Abs. 3 Satz 2 BVG vorliegt oder seine Zustimmung gerichtlich ersetzt ist,

2. ...

Wegen des weiteren Tatbestandes erster Instanz wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Durch einen am 22. August 2002 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht dem Antrag zu 1 im Wesentlichen stattgegeben. Jedenfalls in der Beurteilung der Gesamtumstände stelle der Einsatz des Arztes in einem anderen Krankenhausbetrieb eine Versetzung dar. Die erhebliche Änderung der Arbeitsumstände liege in dem Ortswechsel, der Eingliederung in die fremde Krankenhausbetriebsorganisation, der Unterwerfung unter fremde Dienstpläne, der Unterstellung unter eine fremde Fachaufsicht (Oberarzt, Chefarzt), der Zusammenarbeit mit fremden und damit nicht eingespieltem Krankenhaus- und Pflegepersonal und mit dem Erfordernis der Orientierung in fremden Örtlichkeiten und Benutzung anderer Gerätschaften. Im Übrigen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den der Arbeitgeberin am 27. September 2002 zugestellten Beschluss richtet sich ihre beim Landesarbeitsgericht am 21. Oktober 2002 eingegangene Beschwerde, die sie am 27. November 2002 begründet hat.

Der Antrag sei nach wie vor unzulässig, da der Betriebsrat eine Gefährdung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte nicht dargetan habe.

Im Übrigen sei die mit dem Einsatz der betroffenen Ärzte durchgeführte Maßnahme, die der Betriebsrat zum Anlass seines Feststellungsbegehrens nehme, keine Versetzung im Sinne des BVG gewesen, wovon auch eine Rahmenbetriebsvereinbarung, abgeschlossen mit dem Gesamtbetriebsrat, ausgehe.

Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs für die Dauer bis zu einem Monat solle nur in Ausnahmefällen mitbestimmungspflichtig sein; demgemäß sei das Merkmal der erheblichen Änderung der Arbeitsumstände auszulegen. Die Einbindung in fremde Dienstpläne und in fremde Fachaufsicht sei für einen Arzt in einem Klinikum, der weitgehend selbständig arbeite, nichts besonderes. Der Arbeitsweg der betroffenen Ärzte habe sich nicht wesentlich verändert; die beiden Kliniken seien nur sieben Kilometer voneinander getrennt. Jedenfalls sei die Annahme ausgeschlossen, es gebe keine denkbare Fallgestaltung, bei der der Einsatz eines Arztes der Urologischen Abteilung des Klinikums N. in eine andere Abteilung eines anderen Klinikums keine Versetzung darstelle.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. September 2002 - 66 BV 5/02 - teilweise abzuändern und den Antrag zu 1 des Betriebsrats zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat sich in seiner Beschwerdeerwiderungsschrift - soweit es die Frage der Bestimmung der wesentlichen Änderung der Arbeitsumstände betrifft - mit dem Vortrag der Arbeitgeberin in der Beschwerdebegründung nicht auseinandergesetzt. Das Beschwerdegericht hat ihm nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Anhörung vom 11. Februar 2003 Gelegenheit zur Ergänzung seines Vortrags insoweit gegeben, dem er fristgerecht nachgekommen ist.

Bei dem Einsatz in ein anderes Klinikum gehe es um Assistenzärzte, die regelmäßig in der Weiterbildung zum Facharzt stünden. Der Wechsel des Ober- bzw. Chefarztes bzw. die möglicherweise nicht ausreichende oder gar fehlende Weiterbildungsbefugnis im Zielkrankenhaus seien erheblich. Dies sei auch bei einer sehr kurzfristigen Abordnung - etwa nur für einen Tag - der Fall.

Es gebe auch keine fachliche Einweisung für die betroffenen Ärzte in das neue Tätigkeits- und Aufgabengebiet.

Die Unkenntnis der näheren Arbeitsumstände, wie z.B. über den Aufbewahrungsort des zur ärztlichen Betreuung benötigten Materials, sei ebenfalls bedeutsam, was insbesondere bei einer Krisensituation eine besondere Rolle spielen könne.

Vor allem aber die mit der Abordnung verbundene abrupte und vollständige Auswechselung des behandelnden Arztes, zu dem der Patient auf der Grundlage der freien Arztwahl ein Vertrauensverhältnis habe, mache die wesentliche Änderung der Arbeitsumstände aus.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in beiden Rechtszügen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Hinsichtlich der weitergehenden Streitigkeit der Beteiligten ist das Verfahren wegen der seitens der Arbeitgeberin in der mündlichen Anhörung insoweit erklärten Beschwerderücknahme eingestellt worden.

II.

Die nach §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG statthafte befristete Beschwerde hat die Arbeitgeberin form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG).

In der Sache hat das Rechtsmittel - soweit es von der Arbeitgeberin in der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdegericht aufrechterhalten geblieben ist - auch Erfolg. Der Antrag des Betriebsrats ist zwar zulässig, aber auch insoweit unbegründet, als ihm das Arbeitsgericht stattgegeben hat.

1.

a)

Es handelt sich vorliegend eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit, die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren auszutragen ist (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 80 ff. ArbGG).

Diejenigen angestellten Ärzte, die von der Maßnahme betroffen gewesen sind, die der Betriebsrat zum Anlass seines Feststellungsbegehrens gemacht hat, sind am Verfahren nicht zu beteiligten gewesen.

b)

Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags des Betriebsrats kann es keine durchgreifenden Bedenken geben. Er hat ein rechtserhebliches Interesse an der alsbaldigen Entscheidung über das streitige, betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts in Bezug auf den im Antrag konkret umschriebenen betrieblichen Vorgang, der durch die Arbeitgeberin veranlassten Beschäftigung von angestellten Ärzten der Urologischen Abteilung des Klinikums N. von bis zu 14 Tagen in einem anderen Klinikum der Arbeitgeberin (§ 256 Abs. 1 ZPO).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Betriebsrat die Frage, ob bei personellen Einzelmaßnahmen im Sinne des § 99 Abs. 1 BVG ein Beteiligungsrecht besteht, auch losgelöst vom Einzelfall klären lassen kann, wenn eine konkrete Maßnahme zwar abgeschlossen ist, aber für die Zukunft mit ähnlichen Streitfällen zu rechnen ist (vgl. etwa BAG 1 ABR 40/98 vom 21.9.1999, NZA 00, 781; BAG 1 ABR 34/01 vom 16.4.2002; Germelmann-Matthes-Prütting-Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 81 Rdnr. 23). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Dem kann entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht entgegengehalten werden, derjenige abgeschlossene Vorgang, der den Anlass der Streitigkeit bildet, habe gar kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausgelöst, worüber die Beteiligten gerade streiten. Insoweit vermengt die Arbeitgeberin die Frage der Zulässigkeit des Antrags mit derjenigen der Begründetheit. Für die Zulässigkeit ist es allein erforderlich, aber auch ausreichend, dass für den Betriebsrat die Besorgnis besteht, ein ähnlicher betrieblicher Vorgang könne sich wiederholen. Die Möglichkeit einer künftigen Abordnung von Ärzten aus der Urologischen Abteilung in eine andere eines anderen Klinikums der Arbeitgeberin für die Dauer bis zu 14 Tagen wird aber von dieser gar nicht in Abrede gestellt.

c)

Dabei bedarf der Antrag des Betriebsrats insoweit der Auslegung, als es ihm in diesem Verfahren nicht darum geht, den Einsatz von angestellten Ärzten der Urologischen Abteilung des Klinikums N. in anderen Kliniken der Arbeitgeberin auch insoweit als mitbestimmungspflichtige Versetzung festgestellt zu wissen, als dieser länger als einen Monat andauert. Dies ist deshalb so, weil sich die Arbeitgeberin des Fehlens eines Beteiligungsrechts insoweit nicht berühmt hat. Es geht den Beteiligten ausschließlich um die Klärung der Beteiligungspflicht des Betriebsrats in Fällen, in denen der Einsatz der Ärzte über diese Zeitdauer nicht hinausgeht.

2.

Dem Antrag des Betriebsrats hat das Beschwerdegericht auch nicht in dem in die zweite Instanz gelangten Umfang entsprechen können.

a)

Dabei ist es wichtig, vorab darauf hinzuweisen, dass der Antrag des Betriebsrats durchaus als sogenannter Globalantrag im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anzusehen ist, bei dem keine konkrete, einzelne Fallgestaltung, sondern ein Bündel von möglichen Fallgestaltungen in Bezug auf das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts zur Entscheidung gestellt wird. Dies hat zur Folge, dass der Antrag schon dann nicht begründet ist, wenn es eine denkbare Fallgestaltung gibt, die vom Antrag ergriffen ist, bei der aber ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht gegeben ist (vgl. BAG vom 21.9.1999, a.a.O.; vgl. zum Unterlassungsantrag: BAG 1 ABR 40/01 vom 28.5.2002; ErfK-Eisemann 3. Aufl. ArbGG § 81 Rdnr. 3 am Ende; Germelmann-Matthes-Prütting-Müller-Glöge ArbGG § 81 Rdnr. 9); In diesem Fall besteht für das Gericht nicht die Möglichkeit, dem Antrag zumindest teilweise stattzugeben (zur Abgrenzung dazu: BAG 7 ABR 60/94 vom 19.7.1995, NZA 96, 332).

b)

Dem Betriebsrat steht das Beteiligungsrecht des § 99 BVG unter dem Gesichtspunkt der Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BVG nicht in allen Fällen gegenüber der Arbeitgeberin zu, in denen ein angestellter Arzt der Urologischen Abteilung bis zu einem Monat bzw. bis zu 14 Tage in eine andere Urologische Abteilung eines anderen Krankenhausbetriebes der Arbeitgeberin eingesetzt wird. Eine derartig umfassende Feststellung ist nicht möglich gewesen.

aa)

Es geht vorliegend um die Frage, ob in jedem denkbaren Fall eine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs gegeben ist, die mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Dabei ist hier das Merkmal der Änderung des Arbeitsbereichs unproblematisch als gegeben anzunehmen, was auch die Arbeitgeberin einräumt. Die Änderung der betrieblichen Umgebung des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers in räumlicher Hinsicht dergestalt, dass er vom Arbeitgeber in einen anderen Betrieb des Unternehmens eingesetzt wird, ist von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stets als Änderung des Arbeitsbereichs aufgefasst worden (vgl. nur den von der Arbeitgeberin zitierten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 19.2.1991, NZA 90, 565; FKHES BVG 21. Aufl. § 99 Rdnr. 116; ErfK-Hanau/Kania BVG § 99 Rdnr. 15). Dabei fällt das Beteiligungsrecht des Betriebsrats des abgebenden Betriebes nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in den Fällen weg, in denen der Arbeitnehmer die Versetzung selber gewünscht hat oder sie seinem Wunsch und seiner freien Entscheidung entspricht (vgl. BAG 1 ABR 37/90 vom 20.9.1990, NZA 91, 195). Das von der Arbeitgeberin behauptete Einverständnis der betroffenen vier Ärzte im Anlassvorgang stand daher dem Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht entgegen.

bb)

Schwieriger ist hier die Beurteilung des Merkmals der erheblichen Änderung der Arbeitsumstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist; es kann entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht bei allen denkbaren Fallgestaltungen als gegeben angesehen werden.

Nach der unmissverständlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck, dass bei einer kurzfristigen Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs die Mitbestimmungsfreiheit die Regel sein soll. Die Belastungen, die für den Arbeitnehmer bei jeder Änderung der Eingliederung in einen anderen Betrieb einhergehen, sind daher unerheblich (vgl. BAG vom 19.2.1991, a.a.O.). Das Arbeitsgericht hat nun ohne nähere Begründung ausgeführt, jedenfalls rechtfertige die Gesamtheit der Änderungen der Arbeitsumstände, wie der damit einhergehende Ortswechsel, die Eingliederung in die fremde Krankenhausbetriebsorganisation, die Unterwerfung unter fremde Dienstpläne, die Unterstellung unter eine fremde Fachaufsicht, die Zusammenarbeit mit fremdem und damit nicht eingespieltem Krankenhaus- und Pflegepersonal und das Erfordernis der Orientierung in fremden Örtlichkeiten und Benutzung anderer Gerätschaften, die Annahme des Betriebsrats. Dem kann nicht gefolgt werden.

Der Betriebsrat hätte zwar unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, die sich mit dem Merkmal der erheblichen Änderung der Arbeitsumstände im Einzelnen befasst hat, dazu in der Beschwerdeerwiderung inhaltlich Stellung nehmen müssen, ohne sich auf sein bisheriges Vorbringen, das sich im Grunde allein darin erschöpft hat festzustellen, dass eine Versetzung "ohne jeden Zweifel" vorliege (vgl. den Schriftsatz vom 1.7.2002, S. 4, Bl. 94 d.A.), und die Bezugnahme auf die arbeitsgerichtlichen Gründe zu beschränken. Das Beschwerdegericht hat dennoch im Interesse der umfassenden Sachaufklärung in entsprechender Anwendung des § 139 Abs. 5 ZPO dem Betriebsrat Gelegenheit zum nachträglichen Vortrag gegeben (vgl. dazu Germelmann-Matthes-Prütting-Müller-Glöge ArbGG § 83 Rdnr. 109 a); Zöller-Greger ZPO 23. Aufl. § 139 Rdnr. 14) und dabei zunächst seine Bewertung zurückgestellt, dass der mündliche Vortrag des Betriebsrats dazu in der Anhörung vom 11. Februar 2003 rechtsunerheblich gewesen ist. Das schriftsätzliche Vorbringen des Betriebsrats vom 24. Februar 2003 enthält nun im Vergleich zum mündlichen Vortrag nichts wesentlich Neues, es rechtfertigt jedenfalls keineswegs die Annahme, der Feststellungsantrag sei begründet.

1.

Der durch eine Abordnung bedingte Ortswechsel kann durchaus für den Begriff der erheblichen Änderung der Arbeitsumstände relevant sein. Die Arbeitgeberin hat aber darauf hingewiesen, dass sie im Stadtgebiet neun Krankenhausbetriebe betreibt, die nicht so voneinander weit entfernt gelegen seien, dass kein Fall denkbar wäre, in dem es keine wesentliche Verlängerung des Anfahrtswegs für den betroffenen Arzt geben würde (vgl. für einen Wechsel in eine andere Filiale innerhalb Berlins, die aber für eine längere Dauer als einen Monat vorgesehen war: LAG Berlin NZA RR 98, 76; vgl. weiter Hess-Schlochauer-Glaubitz BVG 5. Aufl. § 99 Rdnr. 54: Ein zehn bis 15 km längerer Weg ist noch nicht erheblich; vgl. auch BAG NZA 90, 402: Dies gilt auch hinsichtlich einer um eine Stunde längere Wegstrecke). Hinzu kommt, dass dieser Umstand noch in Abhängigkeit zum Wohnort des jeweiligen Arztes steht. Der alleinige Ortswechsel als solcher scheidet daher aus, die Annahme des Betriebsrats zu rechtfertigen.

2.

Die Unterwerfung unter einen anderen Dienstplan gäbe etwas her, wenn festgestellt werden könnte, mit dem kurzfristigen Einsatz des Arztes in einer anderen Klinik gehe in jedem Fall eine erhebliche Änderung der für ihn bislang maßgeblichen Lage der Arbeitszeit einher. Hingegen sind die betroffenen Ärzte in allen Krankenhausbetrieben der Arbeitgeberin Dienstplänen unterworfen, die Arbeitsleistungen zu abwechselnden Zeiten vorsehen. Es ändert sich also durch die Abordnung in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit insoweit nichts Wesentliches.

3.

Aus der Unterstellung unter eine fremde Fachaufsicht und aus der notwendigen Zusammenarbeit mit fremdem und damit nicht eingespieltem Krankenhaus- und Pflegepersonal lässt sich zugunsten des Betriebsrats ebenfalls nichts herleiten. Die Änderung der Fachaufsicht gibt es bei jeder Abordnung in einen anderen Krankenhausbetrieb. Die Änderung des Personals, mit dem der Arzt im Krankenhaus zusammen zu arbeiten hat, stellt sich nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht als ein so bedeutsamer Umstand dar, als dass dies in jedem Fall eine Versetzung ausmachen könnte. Es ist entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht ersichtlich, weshalb in einer sogenannten Krisensituation die Abhängigkeit des Arztes von dem geschulten Krankenhauspersonal (wo ist das sofort benötigte Material?) eine so wesentliche Belastung des Arztes darstellt, dass die Annahme gerechtfertigt ist, die kurzfristige Abordnung sei mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden.

4.

Das mit dem Einsatz eines Arbeitnehmers in einem anderen Arbeitsbereich verbundene Erfordernis, sich der dortigen, ihm bislang unbekannten technischen Hilfsmittel bei der Arbeitsausführung bedienen zu müssen, kann zwar im Einzelfall erheblich sein (vgl. etwa GK-BVG-Kraft BVG 5. Aufl. § 99 Rdnr. 76). Gerade bei der Tätigkeit eines Arztes in einem Krankenhausbetrieb kann die notwendige Beherrschung eines für den Arzt bislang unbekannten bzw. eines solchen technischen Hilfsmittels (Gerätschaft), wofür ihm jede Übung fehlt, ein erheblich belastender Arbeitsumstand sein. Hingegen lässt das Vorbringen des Betriebsrats jeden Hinweis darauf vermissen, dass sich für die Ärzte der Urologischen Abteilung des Klinikums N. in eine andere Urologische Abteilung eines anderen Krankenhauses der Arbeitgeberin stets eine solche Situation stellt.

5.

Ob den vier Ärzten, wie der Betriebsrat vorträgt, keine Arbeitseinweisung zuteil geworden ist, die fehlende Einweisung aber die erhebliche Änderung der Arbeitsumstände im Sinne des § 95 Abs. 3 BVG ausmacht, ist für die Entscheidung über den gestellten Antrag ohne Belang. Der Betriebsrat hat nicht dargetan, dass zu befürchten ist, dass bei jeder zukünftigen Abordnung eines Arztes eine solche Einweisung (was beinhaltet diese?) unterbleiben wird.

6.

Auch die nachfolgend, vom Betriebsrat herausgestellten Gesichtspunkte, die sein Feststellungsbegehren stützen sollen, haben das Beschwerdegericht nicht überzeugt:

Der Betriebsrat meint, zum einen müsse darauf abgestellt werden, dass es sich um Assistenzärzte handele, die im Krankenhausbetrieb der Arbeitgeberin unter Aufsicht, Weisung des leitenden Arztes zum Zwecke der Weiterbildung tätig seien. Zum anderen sei die "abrupte und vollständige" Auswechselung der zu betreuenden Patienten im Hinblick auf das der freien Arztwahl unterliegende Arzt-Patientenverhältnis eine erhebliche Änderung der Arbeitsumstände.

Richtig ist, dass der Gesichtspunkt der Ausbildung des Arbeitnehmers einen Grund dafür darstellen kann, schon von daher eine Versetzung anzunehmen (vgl. etwa BAG 1 ABR 58/83 vom 3.12.1985, AP Nr. 8 zu § 95 BVG 72). Ob nun der Umstand, dass ein Assistenzarzt zur Weiterbildung beschäftigt wird, die Auffassung des Betriebsrats auch bei sehr kurzfristigen, etwa nur für einen einzigen Tag vorgesehenen Abordnungen zu rechtfertigen vermag, kann bezweifelt werden. Die Arbeitgeberin hat in der mündlichen Anhörung hingegen bestritten, dass sie in ihren Krankenhausbetrieben Ärzte unter der Bezeichnung "Assistenzarzt" ausschließlich zum Zwecke der Weiterbildung zum Facharzt beschäftige. Die vom Betriebsrat selbst vorgelegte Stellenausschreibung vom 31. Oktober 2001 (Anlage 1 zur Antragsschrift) bestätigt dies; danach wurde eine Einstellung eines Assistenzarztes mit dem Profil "Ausbildung zum Facharzt/Fachärztin für Urologie" beabsichtigt. Im Übrigen umfasst der vom Betriebsrat gestellte Antrag nicht nur die als Assistenzarzt beschäftigten Ärzte in der Urologischen Abteilung des Klinikums N..

Dass im Grundsatz jede Tätigkeit eines Arztes in einem Krankenhaus auch den Aspekt der Weiterbildung bzw. Fortbildung in irgendeiner speziellen Hinsicht mit einschließt, kann nicht entscheidend sein. Hinsichtlich eines nur sehr kurzfristigen Einsatzes eines Arztes in einer anderen, entsprechenden Fachabteilung eines anderen Krankenhauses kann dies kein erheblicher Gesichtspunkt für die Annahme sein, die Arbeitsumstände hätten sich dadurch erheblich geändert. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der kurzfristige Wechsel den Arzt in jedem Fall in wesentlichem Maße in seiner Weiterbildung behindere.

Einem stetigen Wechsel der Patienten ist der im Krankenhaus beschäftigte Arzt stets ausgesetzt. Damit kann der "abrupte und vollständige" Wechsel der zu betreuenden Patienten schon von daher kein den Arzt besonders belastende Arbeitsumstand sein. Anderenfalls wäre die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs für einen Krankenhausarzt in jedem Fall eine mitbestimmungspflichtige Versetzung, selbst wenn sie unterhalb der zeitlichen Schwelle des § 95 Abs. 3 BVG verbleibt.

Welche Bedeutung der "abrupte" Wechsel des behandelnden Arztes für den Patienten haben kann, ist demgegenüber unerheblich.

c)

Nicht zu entscheiden war auch die vom Arbeitsgericht angesprochene Frage, ob eine im Rotationsverfahren für vier Ärzte für die Dauer von zwei Monaten von vornherein angelegte Abordnung den einzelnen, nur zwei Wochen währenden Einsatz des einzelnen Arztes zu einem solchen macht, der gleichermaßen für die Dauer von über einem Monat vorgesehen ist. Nach dem gestellten Antrag des Betriebsrats wäre dies jedoch eben auch nur eine denkbare Fallgestaltung, worauf sich der Antrag erstreckt. Über ein insoweit etwa bestehendes Beteiligungsrecht des Betriebsrats hätte das Beschwerdegericht nur dann befinden können, wenn er diesen Vorgang zum Gegenstand eines gesonderten Antrags gemacht hätte.

d)

Auch die vom Personalleiter des Klinikums N. in seinem Schreiben vom 23. November 2001 dargestellte Übereinkunft der Personalleiter der Kliniken der Arbeitgeberin des Inhalts, dass der Einsatz eines Arztes eines Klinikums der Arbeitgeberin in einem anderen Klinikum "in jedem Fall" als Versetzung anzusehen sei, vermag das Beteiligungsrecht des Betriebsrats im beantragten Umfang nicht zu begründen. Dafür wäre zumindest Voraussetzung, dass ein solches Beteiligungsrecht in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder in einer Regelungsabsprache mit den beteiligten Betriebsräten festgeschrieben worden wäre, was aber nicht geschehen ist (vgl. dazu FKHES BVG § 1 Rdnr. 255). Von ihrer einseitig geäußerten Auffassung kann aber die Personalleiterkonferenz jederzeit abrücken.

e)

Schließlich nützt dem Betriebsrat auch sein Hinweis nichts, das Gericht habe nach § 83 Abs. 1 ArbGG den Sachverhalt im Rahmen des gestellten Antrags von Amts wegen zu erforschen. Ergibt die Prüfung der Antragsbegründung, dass diese unschlüssig ist, hier also ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats für jede denkbare Fallgestaltung, die von seinem Antrag erfasst ist, gerade nicht festgestellt werden kann, so hilft der auf das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren anwendbare Untersuchungsgrundsatz nicht weiter. Der Antrag ist vielmehr als unbegründet abzuweisen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG haben nicht vorgelegen. Es handelt sich hier um keine Sache von grundsätzlicher Bedeutung; eine rechtserhebliche Divergenz ist nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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