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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 1230/06
Rechtsgebiete: AÜG


Vorschriften:

AÜG Art. 1 § 1 Abs. 1
AÜG Art. 1 § 9 Nr. 1
AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1
Ein Arbeitgeber, der seiner Ehefrau eine Arbeitnehmerin für deren Betrieb unentgeltlich überlässt, damit diese sich der Pflege des gemeinsamen Kindes witmen kann, handelt damit nicht einmal in mittelbarer Gewinnerzielungsabsicht.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

6 Sa 1230/06

Verkündet am 08.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, Kammer 6, auf die mündliche Verhandlung vom 08.12.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht C. sowie der ehrenamtlichen Richterin U. und dem ehrenamtlichen Richter Sch.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.06.2006 - 28 Ca 8322/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die vom 01. Dezember 2005 bis 31. März 2006 in einem Arbeitsverhältnis zum Ehemann der Beklagten stand, nimmt diese wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung als Arbeitgeberin in Anspruch und wehrt sich gegen zwei von dieser vorsorglich erklärte Kündigungen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Ehemann der Beklagten habe sich dadurch, dass er die Klägerin zeitweilig zur Arbeit bei der Beklagten abkommandiert habe, nicht als gewerbsmäßiger Verleiher betätigt. Gewerbsmäßigkeit müsse in irgendeiner Weise auf wirtschaftlichen Eigennutz bedacht sein, während es hier allein darum gegangen sei, die Beklagte davor zu bewahren, ihr gerade eröffnetes Geschäft sogleich wieder schließen zu müssen, um sich um ihr erkranktes Kind kümmern zu können.

Gegen dieses ihr am 28. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Juli 2006 eingelegte und am 21. September 2006 nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28. September 2006 begründete Berufung der Klägerin. Sie meint, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die von ihm der Sache nach angenommene Kollegenhilfe in § 1a AÜG separat geregelt sei. Danach hätte es jedoch einer schriftlichen Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit bedurft. Für eine Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung von Gewerbsmäßigkeit genüge es, wenn der Verleiher mittelbare wirtschaftliche Vorteile erstrebe, wie dies beim Ehemann der Beklagten der Fall gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen bestehe, wie sie sich aus dem als Anlage 1 zur Klageschrift beigefügten Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und Herrn K. E. ergäben;

2. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die Kündigung im Schreiben vom 21. Januar 2006 nicht aufgelöst sei und über den 10. Mai 2006 hinaus ungekündigt fortbestehe;

3. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die Kündigung im Schreiben vom 16. Mai 2006 nicht aufgelöst sei;

4. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen in ihrer bisherigen Position als Floristin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die einmalige Überlassung der Klägerin habe keine auf Dauer angelegte Tätigkeit ihres Ehemanns dargestellt.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung ist unbegründet.

Zwischen den Parteien gilt kein Arbeitsverhältnis aufgrund unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung gemäß Art. 1 §§ 1 Abs. 1, 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG als zu Stande gekommen. Die Überlassung der Klägerin zu Arbeitsleistung an die Beklagte wurde von deren Ehemann nicht gewerbsmäßig betrieben. Dazu fehlte es an einer Gewinnerzielungsabsicht. So ist die Klägerin selbst davon ausgegangen, dass sich der Ehemann der Beklagten von dieser kein Entgelt für ihre Überlassung habe zahlen lassen. Ein solches hätte zudem so bemessen sein müssen, dass es die eigenen Kosten überstiegen hätte (vgl. BAG, Beschluss vom 20.04.2005 - 7 ABR 20/04 - NZA 2005, 1006 zu B II c, aa der Gründe).

Entgegen der Ansicht der Klägerin sind dem Ehemann der Beklagten deren wirtschaftliche Vorteile aus ihrer unentgeltlichen Überlassung auch nicht mittelbar zugute gekommen, weil er damit zugleich im Interesse der Pflege des gemeinsamen Kindes auf die entsprechenden Vorteile aus einer eigenen Tätigkeit der Beklagten als seiner Ehefrau verzichtete.

Soweit die Klägerin aus der Regelung der sog. Kollegenhilfe in Art. 1 § 1a AÜG etwas im Wege des Umkehrschlusses hat herleiten wollen, hat sie übersehen, dass diese Ausnahmeregelung gerade voraussetzt, dass sonst eine Erlaubnispflicht gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG besteht, was vorliegend indessen gerade nicht der Fall war.

2. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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