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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 2239/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 145 | |
BGB § 154 Abs. 2 | |
BGB § 177 |
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 30.01.2004
In dem Rechtsstreit
pp
hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 6. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Corts sowie die ehrenamtlichen Richter Kotzwich und Ahr
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12.09.2003 - 3 Ca 3032/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten seit dem 1. Januar 2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein schriftlicher Vertrag sei nicht geschlossen worden. Selbst wenn der Kläger nach seinem Vortrag den ihm überlassenen Vertragsentwurf unterzeichnet und an die Beklagte zurückgeschickt haben sollte, sei dieser doch unstreitig von der Beklagten nicht gegengezeichnet worden. Auch den mündlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags habe der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt. Es hätten Anhaltspunkte für eine Vollmacht des Streitverkündeten gefehlt, der als künftiger Niederlassungsleiter die Gespräche mit dem Kläger geführt habe. Einem mündlichen Vertragsschluss widerspreche auch die vom Kläger behauptete unmittelbare Übersendung des Vertragsentwurfs mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung. Im Hinblick darauf habe beim Kläger unter dem Gesichtspunkt einer Duldungsvollmacht oder Genehmigung auch kein Vertrauen entstehen können. Gegen einen mündlichen Vertragsschluss spreche schließlich auch das im Vertragsentwurf unter § 14 Abs. 1 vorgesehene Schriftformerfordernis.
Gegen dieses ihm am 13. Oktober 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. November 2003 eingelegte und am 4. Dezember 2003 begründete Berufung des Klägers. Wenn, so meint der Kläger sowohl er als auch der Streitverkündete den Vertragsentwurf zugesendet erhalten hätten, den er unterschrieben habe zurücksenden sollen, habe er von einer entsprechenden Bevollmächtigung des Streitverkündeten ausgehen dürfen, wenn beide alsdann erklärt hätten, das Arbeitsverhältnis sei zum 1. Januar 2003 begründet worden. Dementsprechend habe er den Arbeitsvertrag unterschrieben an die Beklagte zurückgesandt. Das arbeitsvertragliche Schriftformerfordernis könne erst gelten, nachdem der Vertrag zustande gekommen sei.
Mit Rücksicht auf eine zwischenzeitlich vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten beantragt der Kläger,
unter Änderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass zwischen den Parteien für die Zeit ab 1. Januar 2003 ein Arbeitsverhältnis zu den im Vertragsentwurf vom 12. September 2002 niedergelegten Bedingungen begründet worden sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt den Angriffen der Berufung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden. Die mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich vorsorglich erklärte Kündigung der Beklagten vorgenommene Antragsänderung entsprach den Anforderungen des § 533 ZPO.
2. Die Berufung ist unbegründet.
2.1. Allerdings hat der Kläger ein rechtsschutzwürdiges Interesse an alsbaldiger Feststellung, für die Zeit ab 1. Januar 2003 ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten begründet zu haben (§ 256 Abs. 1 ZPO). Dieses Interesse ist nicht dadurch entfallen, dass er sich gegen die vorsorgliche Kündigung der Beklagten mit einer Kündigungsschutzklage gewandt hat, weil die Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung in jenem Prozess allenfalls den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur Zeit des Zugangs der Kündigung umfasste (dazu BAG, Urteil vom 12.6.1986 - 2 AZR 426/85 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 17 zu B II 2 der Gründe), falls man es nicht als bloß präjudizielles Rechtsverhältnis ansehen müsste (dafür Boemke RdA 1995, 211, 222 f; Weißenfels BB 1996, 1326, 1329 ff).
2.1 Es konnte nicht festgestellt werden, dass zwischen den Parteien für die Zeit ab 1. Januar 2003 ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
2.1.1 Die Übersendung eines noch nicht unterzeichneten Vertragstextes darf gemäß § 133 BGB vom Empfänger nicht als Vertragsangebot i.S.d. § 145 BGB verstanden werden. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Aufforderung an den Adressaten, durch Unterzeichnung und Rücksendung seinerseits ein entsprechendes Angebot abzugeben. Vorliegend kam noch hinzu, dass der Vertragstext, den der Kläger unmittelbar übersandt bekommen haben will, den Zusatz "Entwurf" trug. Obendrein hat die Beklagte den Zugang eines vom Kläger unterzeichneten Exemplars in Abrede gestellt, ohne dass der Kläger sich in der Lage gesehen hat, auch nur die Absendung an die Beklagte unter Beweis zu stellen.
2.1 Ein mündlicher Vertragsschluss aufgrund von Erklärungen des und gegenüber dem Streitverkündeten scheiterte an dessen fehlender Abschlussvollmacht. Dieser war vielmehr allenfalls als Verhandlungsführer der Beklagten anzusehen, wie das Begleitschreiben der Beklagten vom 13. September 2002 (Abl. Bl. 141 d.A.) anlässlich der Übersendung der Vertragsentwürfe an ihn belegt, wonach diese mit dem Kläger lediglich vorbesprochen werden sollten. Umstände, aus denen sich eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht des Streitverkündeten zum Vertragsschluss hätten ergeben können, hat der Kläger nicht vorgetragen. Dagegen sprach vielmehr die von ihm behauptete unmittelbare Übersendung des Vertragsentwurfs, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Die angebliche Äußerung des Streitverkündeten, mit dem Einverständnis des Klägers sei das Arbeitsverhältnis zustande gekommen, hätte zudem eine bloße Wissenserklärung bezüglich der Rechtslage ohne rechtsgeschäftliche Bedeutung dargestellt.
2.1.3 Es konnte auch nicht von einem mündlichen Vertragsschluss der Parteien unter Einschaltung des Streitverkündeten als beiderseitigen Erklärungsboten ausgegangen werden. Dagegen sprach, dass mit der Zusendung eines schriftlichen Vertragsentwurfs und dessen angeblicher Unterzeichnung und Rücksendung nach der eigenen Darstellung des Klägers eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages verabredet worden war, weshalb bis dahin der Vertrag gemäß § 154 Abs. 2 BGB nicht geschlossen sein sollte. Dass dem Kläger bereits unter dem 23. Oktober 2002 eine Vollmacht für die Beantragung eines Telefonanschlusses erteilt wurde und er gemäß dem von ihm selbst gefertigten Protokoll über ein Meeting vom 10. Oktober 2002 u.a. bis zum 15. November 2002 Produktvorschläge für den Vertrieb erarbeiten sollte, stand nicht entgegen, weil damit das Arbeitsverhältnis selbst noch nicht vorzeitig in Vollzug gesetzt worden war, es sich vielmehr um bloße Vorbereitungshandlungen handelte.
2.1.4 Schließlich schied auch eine konkludente Genehmigung vollmachtlosen Handelns des Streitverkündeten gemäß § 177 Abs. 1 BGB aus. Eine solche Genehmigung kommt nur in Betracht, wenn der Vertretene von der vollmachtlos in seinem Namen abgegebenen Vertragserklärung weiß. Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Vielmehr sollen die beiden Geschäftsführer der Beklagten nach der eigenen Darstellung des Klägers dem Streitverkündeten am 11. Oktober 2002 lediglich bestätigt haben, das Arbeitsverhältnis mit ihm sei zustande gekommen, während die unterschriebenen Arbeitsverträge erst noch übersandt würden.
3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.
Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt.
Ende der Entscheidung
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