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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 08.04.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 2474/04
Rechtsgebiete: VTV Bau


Vorschriften:

VTV Bau § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 6
Bohrarbeiten zur Erkundung von Bodenschätzen oder zur Feststellung von Kontaminierungen i.H.a. land- oder forstwirtschaftliche Zwecke werden vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfasst.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

6 Sa 2474/04

Verkündet am 8. April 2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, Kammer 6, im schriftlichen Verfahren durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Corts und die ehrenamtlichen Richter Aue und Maerz

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2004 - 70 Ca 73393/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes die Beklagte auf Zahlung von Restbeiträgen für die Monate April bis Juli und Dezember 2003 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 2.771,53 € in Anspruch.

20 % der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten entfallen auf bauliche Bohrungen und 80 % auf Bodenbohrungen, die keinen baulichen Zusammenhang aufweisen. Diese dienen vielmehr der Feststellung von Kohle- und Mineralienvorkommen und werden in Steinbrüchen, bei Verdacht auf ökologische Altlasten und sonstige Kontaminierungen zur Vermeidung kontaminierter Nahrungsmittel und Hölzer als Grundstoff für die Zellulose- und Möbelindustrie und zu wissenschaftlichen Prüfzwecken für die Baumaterialien-, Baustoff-, Baugeräte- und Baumaschinenherstellungsindustrie durchgeführt.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar gälten gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 6 VTV zu den Betrieben des Baugewerbes auch solche, in denen Bohrarbeiten ausgeführt würden. Auch bei diesen müsse aber ein baugewerblicher Zusammenhang vorliegen. Während dieser Zusammenhang bei Aufschlussbohrungen zur Entnahme von Boden- und Wasserproben für die straßenbauliche Bodenerkundung und bei Baugrunduntersuchungen für Bauvorhaben noch bestehen, treffe dies für die im Betrieb der Beklagten überwiegend anfallenden Bohrarbeiten nicht zu.

Gegen dieses ihm am 15. November 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. November 2004 eingelegte und am 17. Januar 2005, einem Montag, begründete Berufung des Klägers. Er tritt der angefochtenen Entscheidung mit Rechtsausführungen entgegen und verweist auf die Zugehörigkeit der Beklagten zur Tiefbau-Berufsgenossenschaft München.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 2.771,53 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, lediglich Sprenglochbohrungen in Steinbrüchen noch mit klassischem Bohrgerät auszuführen, im Übrigen aber ganz andere Geräte einzusetzen. Dementsprechend werde auch bei der Ausbildung von Brunnenbauern und Spezialtiefbauern ein völlig anderes Ziel verfolgt und seien diese nicht zur geowissenschaftlichen Erforschung des Untergrunds befähigt. Ihre Zugehörigkeit zur Tiefbau-Berufsgenossenschaft beruhe allein darauf, dass es noch keine Berufsgenossenschaft für ihren Betriebszweck gebe, der auch nicht von der Steinbruch-Berufsgenossenschaft erfasst werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Entscheidung konnte aufgrund Einverständnisses beider Parteien gemäß §§ 128 Abs. 2 Satz 1, 525 Satz 1 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

2. Die gemäß § 222 Abs. 2 ZPO fristgemäß begründete Berufung des Klägers ist in der Sache unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf restliche Beiträge für die streitige Zeit gemäß § 18 Abs. 1 VTV vom 20.12.1999, § 5 Abs. 4 TVG zu.

Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass die im Betrieb der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend ausgeführten Bohrarbeiten nicht von der Regelung über den betrieblichen Geltungsbereich in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 6 VTV erfasst werden (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Zwar kommt es nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08. 02.1995 (10 AZR 363/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 188) auf einen Zusammenhang der Bohrarbeiten mit anderen baulichen Leistungen nicht an (zu I 1 b und c der Gründe). Dies bedeutet indessen nicht, dass jedwede Bohrarbeiten erfasst werden. Vielmehr muss es sich um solche Arbeiten handeln, die herkömmlicher Weise im Baugewerbe mittels Bohrgeräten ausgeführt werden, was für Aufschlussbohrungen zum Zwecke der Entnahme von Bodenproben zur Untersuchung des Baugrunds durch geologische Sachverständige noch zutrifft (zu I 1 a der Gründe), für die Erkundung von Bodenschätzen, die Feststellung von Kontaminierungen i.H.a. land- oder forstwirtschaftliche Zwecke oder wissenschaftliche Prüfzwecke dagegen nicht mehr, insbesondere wenn diese, wie von der Beklagten unwidersprochen vorgebracht, mit ganz anderen Geräten als klassischen Bohrgeräten und mit Methoden durchgeführt werden, die nicht mehr Bestandteil des Ausbildungsberufs des Brunnenbauers und des Tiefbaufacharbeiters sind. Soweit die Beklagte mit herkömmlichen Bohrgeräten Sprenglochbohrungen in Steinbrüchen vornimmt, die der Gewinnung von Zementrohstoff als Baumaterial dienen, handelt es sich auch dabei um keine Tätigkeit des Baugewerbes, sondern um sog. Urproduktion.

Der Zugehörigkeit der Beklagten zu einer Tiefbau-Berufsgenossenschaft kommt keine selbständige Bedeutung für die Erfüllung der tarifvertraglichen Anforderungen zu.

3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz zu einem Urteil des LAG Berlin vom 17.09.2004 - 8 Sa 951/04 - zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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