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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 18.03.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 2585/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbTV


Vorschriften:

BGB § 618 Abs. 1
ArbTV § 5 Abs. 1
Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass an seinem Arbeitsplatz auch außerhalb seiner Dienstzeiten nicht geraucht wird.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

6 Sa 2585/04

Verkündet am 18.03.2005

In dem Rechststreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 6. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 18.03.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Corts sowie die ehrenamtlichen Richter Frau Aue und Herrn Maerz

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07. Oktober 2004 - 60 Ca 3966/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger steht seit dem 24. August 1992 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, die ihn ab 11. August 2004 nicht mehr als Zugprüfer auf dem U-Bahnhof W., sondern wieder als Zugfahrer einsetzt.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Beklagte verurteilt, zwei Abmahnschreiben vom 22. Dezember 2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Seine weitergehende Klage auf Rücknahme dieser Abmahnungen im Sinne eines Widerrufs und auf einen jederzeit tabakrauchfreien Arbeitsplatz hat es ebenso wie einen entsprechenden Feststellungsantrag für die Vergangenheit zurückgewiesen. Zur Begründung hat es, soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse, ausgeführt, der Kläger habe keinen Rechtsanspruch, gerade auf dem Bahnhof W. oder einem der anderen Bahnhöfe zu arbeiten, auf denen er bisher eingesetzt gewesen sei. Trotz eines langen Anfahrweges könne er auch auf dem Bahnhof R. eingesetzt werden, wo sein Arbeitsplatz absolut tabakrauchfrei wäre.

Gegen dieses ihm am 06. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Dezember 2004 eingelegte und am 02. Februar 2005 begründete Berufung des Klägers. Er hält seinen Rechtsstreit, in dem er sich gegen die Versetzung wendet, für vorgreiflich. Ein Einsatz auf dem Bahnhof R. sei ihm wegen der zusätzlichen Fahrzeit von zweimal 55 Minuten unzumutbar, zumal die Beklagte dort keinen tabakrauchfreien Arbeitsplatz eingerichtet habe, sondern die dort eingesetzten Kollegen nur zufällig nicht rauchten, was sich jederzeit ändern könne.

Der Kläger beantragt unter Rücknahme der Berufung im Übrigen,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, ihm einen jederzeit (auch zu seinen Nichtdienstzeiten) tabakrauchfreien Arbeitsplatz auf dem U-Bahnhof W. und auf den anderen Dienststellen während seiner übrigen Dienstzeit (z.B. als Springer) zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf den Einbau einer Abluftanlage im Zugprüferraum auf dem Bahnhof W., die mittels Zeitschaltuhr eine Stunde vor Dienstantritt des Klägers in Betrieb gesetzt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Rechtsstreit war gemäß §§ 300 Abs. 1, 525 Satz 1 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zur Endentscheidung reif. Eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO kam nicht in Betracht, weil der Streit über die Wirksamkeit der Versetzung des Klägers für die Entscheidung nicht vorgreiflich war.

2. Die Berufung ist unbegründet.

2.1 Soweit der Kläger mit seinem Globalantrag auch den Fall hat erfasst sehen wollen, dass an seinem Arbeitsplatz, wo immer dieser im Betrieb der Beklagten auch räumlich angesiedelt sein mag, unmittelbar zuvor geraucht worden ist oder sogar gerade geraucht wird, fehlt es an der für eine Klage auf künftige Leistung gemäß § 259 ZPO erforderlichen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung der Beklagten. Diese hat vielmehr durch organisatorische Maßnahmen, entsprechende Anweisungen und technische Einrichtungen dafür Sorge getragen, dass der Kläger auch bei einem Einsatz als Zugprüfer keinem Tabakrauch ausgesetzt wäre. Dass es durch mangelnde Rücksichtnahme von Kollegen oder einen Defekt der Anlagen doch dazu kommen kann, dass der Kläger Zigarettenrauch ausgesetzt ist, wäre erst bedeutsam, wenn die Beklagte dagegen nicht einschritte, wofür der Kläger indessen nichts vorgebracht hat.

2.2 Der Anspruch des Klägers auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz gemäß § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5 Abs. 1 ArbStV vom 12.08.2004 (BGBl. I S. 2179) geht nicht so weit, dass dieser auch außerhalb seiner Dienstzeit rauchfrei gehalten werden müsste. Die genannten Bestimmungen dienen dem Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten als sog. Passivraucher vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch (vgl. BAG, Urteil vom 17.02.1998 - 9 AZR 84/97 - BAGE 88, 63 = AP BGB § 618 Nr. 26 zu II 1 der Gründe). Nicht geschützt ist dagegen ihr Bedürfnis, nicht dem unangenehmen Geruch ausgesetzt zu sein, der auch nach dem Lüften zuvor berauchter Räume längere Zeit hängen zu bleiben pflegt. Dass davon für den Kläger aufgrund einer besonderen Disposition doch eine Gesundheitsgefahr ausgeht, hat er nicht vorgebracht, sondern lediglich in der Klageschrift unsubstantiiert behauptet, gegen Tabakrauch besonders anfällig zu sein.

3. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO und die Kosten seiner teilweisen Berufungsrücknahme gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu tragen.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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