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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 6 Ta 62/03
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 7
Der Gegenstandswert kann nicht über die in § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG festgelegte Höchstgrenze hinaus festgesetzt werden, wenn neben dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG auch der Auflösungsantrag nach § 9 KSchG gestellt wird.
Landesarbeitsgericht Brandenburg Beschluss

6 Ta 62/03

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Brandenburg am 17. 4. 2003 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 7. 3. 2003 - 2 Ca 1617/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 357,05 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung vom 27.9.2002 geltendgemacht und klageerweiternd die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gemäß §§9,10 KSchG begehrt. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 7.3.2003 den Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich in Höhe eines Vierteljahresverdienstes auf 7.445,76 Euro festgesetzt. Gegen den ihnen am 12.3.2003 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägern am 21.3.2003 Beschwerde mit dem Begehren eingelegt, den Gegenstandswert um zwei Monatsverdienste, zumindest aber um einen Monatsverdienst auf 12.409,60 Euro, hilfsweise 9.927,68 Euro zu erhöhen. Sie sind der Auffassung, dass der Auflösungsantrag mit einem eigenen Gegenstandswert zu berücksichtigen sei. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde gemäß Beschluss vom 11.4.2003 nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

§ 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG bestimmt, dass für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend ist; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Daraus wird hergeleitet, dass dem Auflösungsantrag im Kündigungsschutzprozess kein eigener Streitwert zukommt (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Juli 1987 - 7 Ta 198/87 - in LAGE Nr. 66 zu § 12 ArbGG 1979; Köln, Beschluss vom 27.7.1995 - 13 Ta 144/95 - in AR - Blattei ES 160.13 Nr. 199, KR - Spilger, 6. Auflage, § 9 KSchG Rn. 94). Dem wird entgegengehalten, dass der durch den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG bestimmte Verfahrensteil einen eigenen Streitgegenstand bildet und daher auch selbständig bewertet werden muss (vgl. LAG Berlin Beschluss vom 30.12.1999 - 7 Ta 612/99 in LAGE Nr. 119 b zu § 12 ArbGG; ArbG Würzburg Beschluss vom 5.6.2000 - 6 Ca 118/99 - in NZA-RR 2001, 107). § 12 Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz ArbGG stehe dem nicht entgegen, weil diese Bestimmung lediglich die Abfindung nicht aber den Auflösungsantrag betreffen soll (vgl. LAG Berlin a.a.O.; Germelmann, ArbGG, 4. Auflage, § 12 Rn. 115).

Die Gebühren des Rechtsanwaltes werden nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (§ 7 BRAGO). Er ist gemäß § 8 Abs. 1 BRAGO nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften zu bestimmen, die sich nach § 12 Abs. 1 GKG nach den Streitgegenstand richten. Streitgegenstand ist der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch Er wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die von dem Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (vgl. BGH Urteil vom 26.9.2000 - VI ZR 279/99 (KG) in NJW 2001,157). Diese Voraussetzungen treffen auch auf den Auflösungsantrag nach § 9 KSchG zu. Zwar kann er nur im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses nach § 4 KSchG gestellt werden, gleichwohl wird über ihn in einem eigenständigen Verfahrensteil entschieden (vgl. Neumann, AR-Blattei Kündigungsschutz VI 1020.6, Rn. 5 ff). So sieht auch das Bundesarbeitsgericht in den von dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG und dem Auflösungsantrag nach § 9 KSchG bestimmten Verfahrensteilen voneinander abgrenzbare Streitgegenstände (vgl. BAG Urteil vom 6.3.1979 - 6 AZR 397/77 - in AP Nr. 31 zu § 72 ArbGG 1953 "Streitgegenstand").

Gleichwohl kann in einem Rechtsstreit, in dem neben dem Klageantrag nach § 4 KSchG der Auflösungsantrag nach § 9 KSchG gestellt sind, der Wert des Streitgegenstandes nicht über die in § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbGG festgelegte Höchstgrenze des Vierteljahresverdienstes hinaus festgesetzt werden. Wegen der Verknüpfung des Auflösungsantrages mit der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG und dem mit § 12 Abs. 7 KSchG verfolgten Ziel der Kostenminderung hat das Bundesarbeitsgericht die Berücksichtigung des Auflösungsantrages bei der Streitwertfestsetzung nur innerhalb der Grenzen des Vierteljahresentgelts für zulässig gehalten (vgl. BAG Urteil vom 25.1.1960 - 2 AZR 519/57 - in BAGE 8, 350). Diese Rechtsprechung ist mit Artikel 4 § 3 des Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundsgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften vom 20.8.1975 (BGBl. 1975, 2189 ff) durch Aufnahme des 2. Halbsatzes in § 12 Abs. 7 Satz 1 KSchG festgeschrieben worden (vgl. GK-ArbGG/Wenzel § 12 Rn 103).

Demnach ist die Höchstbegrenzung des § 12 Abs. 7 Satz 1 KSchG stets zu beachten, wenn, wie im vorliegenden Fall, neben dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG der Auflösungsantrag gestellt wird. Eine Differenzierung zwischen Auflösungsantrag und Abfindungssumme würde gegen den mit dem 2. Halbsatzes des § 12 Abs. 7 Satz 1 KSchG Regelungszweck verstoßen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist in Höhe der Gebührendifferenz festgesetzt worden, die sich aus dem durch das Arbeitsgericht festgesetzten und dem begehrten Gegenstandswert ergibt.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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