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Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 1 Sa 118/07
Rechtsgebiete: TVöD, TzBfG
Vorschriften:
TVöD § 24 Abs. 2 | |
TzBfG § 4 Abs. 1 |
2. Die sich aus § 24 Abs. 2 TVöD ergebende anteilige Kürzung der Wechselschichtzulage ist eine nicht sachlich gerechtfertigte Benachteiligung und verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes
Aktenzeichen: 1 Sa 118/07 verb.m. 2 Sa 103/07
Verkündet am: 17.07.2007
In dem Berufungsverfahren
hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Erste Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2007 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 10.05.2007 - Az. 5 Ca 5475/06 - und 01.03.2007 - Az. 2 Ca 2321/06 - werden auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerinnen auf Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 TVöD.
Die Klägerin zu 1) ist seit dem 01.01.1987 bei der Beklagten als Krankenschwester, zuletzt in Teilzeit mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Sie arbeitet ständig in Wechselschicht. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die anderen bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung.
In der Vergangenheit hatte die Klägerin zu 1) eine Wechselschichtzulage in Höhe von 102,26 € gemäß § 33 a Abs. 1 BAT erhalten. Mit der Einführung des TVöD zum 01.10.2005 hat die Beklagte die Wechselschichtzulage auf 52,50 € monatlich gekürzt.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin zu 1) mit Schriftsatz vom 06.12.2006, eingegangen am 08.12.2006, die vorliegende Klage erhoben und für die Monate Oktober 2005 bis September 2006 jeweils 52,50 € geltend gemacht. Die Klage wurde am 14.12.2006 zugestellt. Mit Klagerweiterung vom 02.04.2007, die am 04.04.2007 einging und am 11.04.2007 zugestellt wurde, macht sie je 52,50 € für die Monate Dezember 2006 bis einschließlich März 2007 geltend. Ferner begehrt sie Feststellung, dass die Beklagte zur Zahlung der ungekürzten Wechselschichtzulage verpflichtet ist.
Die am 07.05.1959 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin zu 2) war seit dem 01.10.1976 bei der Beklagten zunächst als Auszubildende und dann als Krankenschwester, zuletzt in Teilzeit mit 3/4 der wöchentlichen Arbeitszeit, also 28,88 Stunden pro Woche, beschäftigt. Die Klägerin zu 2) arbeitet ständig in Wechselschicht. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die anderen bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung.
In der Vergangenheit hatte die Klägerin zu 2) eine Wechselschichtzulage in Höhe von € 102,26 gem. § 33 a Abs. 1 BAT erhalten. Mit der Einführung des TVöD zum 01.10.2005 hat die Beklagte die Wechselschichtzulage bezogen auf die Arbeitszeit anteilig gekürzt und der Klägerin zu 2) monatlich € 78,76 gezahlt.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung erhob die Klägerin zu 2) mit Schriftsatz vom 15.09.2006, eingegangen beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven am 22.09.2006, die vorliegende Klage, die sie erweitert hat.
Die Klägerinnen haben vorgetragen:
Einer Kürzung der Wechselschichtzulage für Teilzeitbeschäftigte stehe das Benachteiligungsverbot von Teilzeitbeschäftigten gem. § 4 TzBfG entgegen. Zudem liege auch ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor. Da bekanntlich überwiegend Frauen eine Teilzeitbeschäftigung ausübten, seien nahezu ausnahmslos Frauen von Kürzungen der pauschalen Wechsel- und Schichtzulagen betroffen. Durch die Schichtzulagen sollten aber von ihrem Charakter her die Erschwernisse und psychische sowie physische Beeinträchtigungen durch ständigen Wechsel der Arbeitszeit abgegolten werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Schicht 4,6 oder 8 Stunden dauere. Hinzukomme, dass bei der Beklagten insbesondere Teilzeitbeschäftigte zu Überstunden herangezogen würden, diese somit häufig ein Arbeitspensum wie Vollzeitbeschäftigte hätten.
Die Klägerin zu 1) hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 630,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 210,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend ab dem 01.02.2007 (= Zulage für Februar 2007) bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 TVöD eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. des dritten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, zu zahlen.
Die Klägerin zu 2) hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin € 86,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2006 zu bezahlen;
b) an die Klägerin weitere € 228,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2006 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 TVöD verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend ab dem 01.10.2006 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von € 105,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. des dritten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen. Sie hat vorgetragen:
Sie habe in Anwendung der tariflichen Regelungen gem. § 24 Abs. 2 TVöD die Wechselschichtzulage zu Recht im Verhältnis der mit den Klägerinnen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit gekürzt.
Die Tarifvertragsparteien hätten sich bewusst auf eine Regelung zur anteiligen Gewährung der Wechselschichtzulage verständigt. Die Tarifregelung sei auch wirksam, da der Tarifvertrag anders als früher nicht mehr die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht voraussetze. Im Übrigen würde sich eine volle Zuweisung der Zulagen an Teilzeitbeschäftigte kontraproduktiv auswirken, da ein Krankenhaus auf einem Wechselschichtarbeitsplatz dann kaum 2 oder 3 Teilzeitkräfte einstellen würde, wenn einer Vollzeitkraft nur einmal die Wechselschichtzulage gezahlt werden müsse. Auch dies sei von den Tarifvertragsparteien berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat in dem Rechtsstreit der Klägerin zu 1) am 10.05.2007 folgendes Urteil verkündet:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 630,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2006 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 210,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.04.2007 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend ab dem 01.02.2007 (= Zulage für Februar 2007) bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 TVöD eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. des dritten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, zu zahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Der Wert des Streitgegenstands wird auf € 1.890,00 € festgesetzt.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wegen der Einzelheiten der Begründung durch das Arbeitsgericht wird auf Bl. 62 - 66 der Führungsakte Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 21.05.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.05.2007 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 06.06.2007 begründet.
In dem Rechtsstreit der Klägerin zu 2) hat das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven am 01.03.2007 folgendes Urteil verkündet:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin 86,22 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2006 zu zahlen;
b) an die Klägerin 228,66 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2006 zu zahlen;
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend ab dem 01.10.2006 eine monatliche Wechselschichtzulage in Höhe von 105,00 € brutto nebst Zinsen jeweils seit dem Ersten des dritten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.259,52 € festgesetzt.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wegen der Einzelheiten der Begründung durch das Arbeitsgericht wird auf Bl. 74 - 78 der Akte 2 Sa 108/07 Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 07.05.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.05.2007 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 22.05.2007 begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat im Einverständnis mit den Parteien die Rechtsstreitigkeiten durch Beschluss vom 09.07.2007 gem. § 147 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Vertiefung ihrer Rechtsansicht.
Die Beklagte beantragt,
1. das am 10.05.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts BremenBremerhaven - Az. 5 Ca 5475/06 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;
2. das am 01.03.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts BremenBremerhaven - Az. 2 Ca 2321/06 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufungen der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Sie verteidigen die erstinstanzlichen Urteile ebenfalls unter Vertiefung ihrer Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften und die angefochtenen Entscheidungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind insgesamt zulässig, jedoch unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerinnen die rückständigen Wechselschichtzulagen in der jeweils bezifferten Höhe nebst Zinsen zu zahlen. Richtigerweise hat das Arbeitsgericht auch die auf die Zeit nach den durch die bezifferten Klaganträge erfassten Monaten gerichteten Feststellungsklagen für zulässig und begründet erachtet.
Das Berufungsgericht verweist zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe in den angefochtenen Urteilen, denen es folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Wegen der Berufungsverfahren ist noch Folgendes auszuführen:
1. Die Feststellungsanträge sind gem. § 256 ZPO zulässig.
Die Zulässigkeit folgt aus § 256 Abs. 1 ZPO, weil zwischen den Parteien die Frage, ob die Wechselschichtzulage den Klägerinnen in voller Höhe zusteht, streitig ist. Bei einem öffentlichen Arbeitgeber kann davon ausgegangen werden, dass es eines Leistungstitels nicht bedarf, sondern sich dieser auch an ein entsprechendes Feststellungsurteil halten wird (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - Az. 4 AZR 876/94 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Waldarbeiter).
Die Zulässigkeit ergibt sich mindestens aus § 256 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zwischenfeststellungsklage sind allein in § 256 Abs. 2 ZPO festgelegt. Dies hat zur Folge, dass die Prüfung des Feststellungsinteresses, die bei der selbstständigen Feststellungsklage des § 256 Abs. 1 ZPO erforderlich ist, insoweit zurückgedrängt und durch die Tatbestandsmerkmale des Streits über das Rechtsverhältnis und dessen Präjudizialität für die Hauptentscheidung ersetzt wird (vgl. BAG Urt. v. 24.04.1996 - Az. 4 AZR 876/94 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Waldarbeiter). Die Zwischenfeststellungsklage kann sich deshalb auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG Urt. v. 27.10.2005 - Az. 6 AZR 123/05 - AP Nr. 90 zu § 256 ZPO 1977 m. w. N.). Letzteres trifft hier zu, weil der Umfang der Leistungspflicht der Beklagten festgestellt werden soll. Dabei handelt es sich nicht nur um rückständige Ansprüche, die beziffert werden könnten, sondern auch um die Grundlage für zukünftige Leistungspflichten.
2. Der Anspruch der Klägerinnen auf Zahlung der Wechselschichtzulage ergibt sich aus § 8 Abs. 5 TVöD. Der Anspruch besteht auch in voller Höhe, da § 24 Abs. 2 TVöD nicht anzuwenden ist.
a) § 8 Abs. 5 TVöD bestimmt, dass Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, eine Wechselschichtzulage von € 105,00 monatlich erhalten. Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschicht leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 0,63 € pro Stunde. In § 24 Abs. 2 TVöD ist bestimmt, dass - soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist - Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang erhalten, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht. Bei der Wechselschichtzulage handelt es sich um einen sonstigen Entgeltbestandteil in diesem Sinne. Eine ausdrückliche Regelung zur Handhabung bei Teilzeitbeschäftigten enthält § 8 Abs. 5 TVöD nicht. Soweit sich aus § 24 Abs. 2 TVöD eine anteilige Kürzung der Wechselschichtzulage für teilzeitbeschäftigte Angestellte ergibt, ist die Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG nichtig.
b) Nach § 4 Abs. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das Gebot zur Gleichbehandlung erstreckt sich dabei sowohl auf einseitige Maßnahmen als auch auf vertragliche Abmachungen (vgl. BAG Urt. v. 25.01.1989 - AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Dabei hat das "Behandeln" im Sinne des Gesetzes nicht die Rechtsform, sondern die Rechtserheblichkeit des Arbeitgeberverhaltens im Auge. Damit ist auch die Behandlung der Arbeitnehmer aufgrund von Tarifverträgen dem Benachteiligungsverbot unterworfen, somit auch die Kürzung von Zulagenpauschalen nach § 24 Abs. 2 TVöD.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 TzBfG. Danach kann zwar in bestimmten Fällen von den Vorschriften des TzBfG auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, im Übrigen aber nicht. § 4 Abs. 1 TzBfG gehört ebenso wie § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht zu den Ausnahmen, so dass insoweit nur Regelungen zu Gunsten der Arbeitnehmer möglich sind (vgl. BAG Urt. v. 24.09.2003 - Az. 10 AZR 675/02 - AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG m. w. N.; BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Auch eine unterschiedliche Behandlung vollzeit- und teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer durch eine tarifvertragliche Regelung muss daher durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.
c) Die Klägerinnen werden "wegen der Teilzeitarbeit" gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern benachteiligt. Die Beklagte verweigert ihnen die volle Zahlung der beanspruchten Zulagen nicht deshalb, weil die Klägerinnen deren Bezugsvoraussetzungen nicht erfüllen, sondern unter Berufung auf § 24 Abs. 2 TVöD, weil sie im Vergleich zu Vollzeitkräften weniger Stunden arbeiten. Eine Ungleichbehandlung "wegen der Teilzeitarbeit" liegt immer dann vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das alleinige Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen und damit auch der Vergütung anknüpft (vgl. BAG Urt. v. 26.01.2001 - Az. 10 AZR 714/00; BAG Urt. v. 24.09.2003 - Az. 10 AZR 675/02 - AP Nr. 4 zu § 4 TzBfG). Ein solcher Fall liegt hier bei dem Vorgehen der Beklagten vor.
d) Diese Benachteiligung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Es kann nicht geltend gemacht werden, dass die besondere Belastung, die mit der Zulage nach § 8 Abs. 5 TVöD abgegolten werden soll, wegen der kürzeren Dauer der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten nur anteilig bestehe, um eine Benachteiligung zu rechtfertigen. Allein der unterschiedliche zeitliche Umfang der Arbeitsleistung rechtfertigt für sich genommen keine Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten gegenüber den Vollzeitbeschäftigten (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT).
Es kommt nicht darauf an, ob - wie die Beklagte behauptet - die Schichtarbeit Teilzeitkräfte weniger belastet als Vollzeitkräfte. Wenn dies so wäre, könnte zwar die Kürzung der Schichtzulage nach § 24 Abs. 2 Satz 1 TVöD im Hinblick auf die geringere Belastung von Teilzeitkräften auch aus arbeitsmedizinischen Gründen sachlich gerechtfertigt sein (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Die tarifliche Regelung der Wechselschichtzulage in § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD stellt aber auf solche möglichen Belastungsunterschiede nicht ab. Voraussetzung für den Anspruch auf die Zulage ist allein, dass der Angestellte ständig Wechselschicht leistet. Wechselschichtarbeit ist in § 7 TVöD definiert. Danach ist Wechselschichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen. "Ständig" leistet der Arbeitnehmer die in § 7 Abs. 1 TVöD definierte Wechselschichtarbeit, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unbefristet diese Art der Tätigkeit im Rahmen eines Schichtplans zugewiesen hat, d. h. der Arbeitnehmer regelmäßig so tätig wird (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, Rn. 66 f zu § 8 TVöD; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, Rn. 50 zu § 8 TVöD; Sponer/Steinherr, TVöD, Rn. 118 ff. zu § 8 TVöD; Bepler/Böhle/Martin/Stöhr, TVöD, Rn. 16 zu § 8 TVöD). Danach ist Voraussetzung für den Anspruch auf die Wechselschichtzulage lediglich, dass der Angestellte dienstplanmäßig regelmäßig in Wechselschicht arbeitet. Damit wird nach dem Wortlaut der Tarifnorm allein die sich aus der Wechselschichtarbeit überhaupt ergebende Belastung durch die Zulage vergütet. Unerheblich ist es nach der tariflichen Regelung, wie viele Stunden in den einzelnen Schichten gearbeitet werden, in welchem Rhythmus die einzelnen Schichten aufeinander folgen, wie viele freie Schichten bei einem Wechsel von der einen Schicht in die andere zwischen den Schichten liegen, wie lang eine mögliche Regenerationszeit ist und wie viele Stunden Nachtschicht ein Angestellter über die Mindeststundenzahl hinaus leistet. Alle diese Umstände, die für die Gesamtbelastung der in Wechselschicht und Nachtdienst arbeitenden Angestellten von Bedeutung sein mögen, ergeben sich aus dem jeweiligen Schichtplan, der je nach den betrieblichen Notwendigkeiten in unterschiedlicher Weise gestaltet sein kann. Die Tarifvertragsparteien haben nicht die sich aus den aufgezählten Umständen ergebende jeweilige konkrete Belastung zum Maßstab für die Wechselschichtzulage gemacht. Sie haben vielmehr generell auf die durch eine Arbeit in Wechselschicht einschließlich des Nachtdienstes begründete Belastung abgestellt. Dieser generellen Belastung, zu deren Ausgleich die Zulage gewährt wird, ist ein Arbeitnehmer als Teilzeitkraft in gleicher Weise ausgesetzt wie die vollzeitbeschäftigten Angestellten. Dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer steht daher die Wechselschichtzulage auch in voller Höhe zu. Wird sie nach § 24 Abs. 2 BAT entsprechend der Arbeitszeit gekürzt, geschieht dies allein "wegen der Teilzeitarbeit". Das aber verbietet § 4 Abs. 1 TzBfG.
Dies haben wie in den erstinstanzlichen Urteilen auch das Arbeitsgericht Bielefeld in seinem Urteil vom 25.10.2006 - Az. 6 Ca 1877/06 - und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 15.05.2007 - Az. 8 Sa 405/07 - so gesehen im Gegensatz zu dem Arbeitsgericht München, das in seinem Urteil vom 07.12.2006 - Az. 11 Ca 9706/06 anders entschieden hat. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 27.03.2007 - Az. 5 Sa 557/06 - ebenfalls eine Teilzeitdiskriminierung im Hinblick auf die entsprechende Regelung des § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD zur ständigen Schichtarbeit angenommen. Die hier entscheidende Berufungskammer lehnt die Auffassung des Arbeitsgerichts München in dem Urteil vom 07.12.2006 - Az. 11 Ca 9706/06 - ab.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in seinem Urteil zu der Vorgängernorm, weil auch dort nicht nach Einzelumständen bei den Vollzeitbeschäftigten differenziert wurde, eine Teilzeitdiskriminierung festgestellt (vgl. BAG Urt. v. 23.06.1993 - Az. 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Das Bundesarbeitsgericht stellt bei der Frage, ob eine Zulage einem Teilzeitbeschäftigten lediglich anteilig zusteht, regelmäßig darauf ab, welcher Leistungszweck mit der Zulage verfolgt wird und ob das Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Arbeitszeit eine Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten darstellen kann (vgl. BAG Urt. v. 11.06.1997 - Az. 10 AZR 784/96 - AP Nr. 2 zu § 24 BMT-G II; BAG Urt. v. 10.02.1999 - Az. 10 AZR 711/97 - AP Nr. 5 zu § 34 BAT). Mit der Wechselschichtzulage gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD wird nach den vorstehenden Ausführungen kein anderweitiger Leistungszweck verfolgt, als die allgemeine Belastung durch Wechselschicht auszugleichen, ohne an einzelne Bedingungen der Wechselschicht anzuknüpfen. Deshalb ist es nicht sachlich gerechtfertigt, bei Teilzeitbeschäftigten eine anteilige Leistung entsprechend dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit vorzunehmen, obwohl Teilzeitbeschäftigte möglicherweise in ähnlichem Ausmaß wie Vollzeitbeschäftigte zu Wechselschichten herangezogen werden.
Aus der Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD ergibt sich nichts anderes. Auch wenn dort ausdrücklich geregelt ist, dass die Zeitzuschläge auch bei Teilzeitbeschäftigten dieselbe Höhe haben, während dies in den Abs. 5 und 6 des § 8 TVöD nicht entsprechend geregelt worden ist, so ergibt sich hieraus lediglich, dass die Tarifvertragsparteien tatsächlich nur eine anteilige Gewährung der Wechselschichtzulage an Teilzeitbeschäftigte regeln wollten. Dies ist aber gerade wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG rechtsunwirksam.
e) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerinnen Wechselschicht leisten, und zwar ständig, so dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD gegeben sind. Die Klägerinnen haben daher Anspruch auf Zahlung der ausgeurteilten Beträge, weil insoweit die tarifvertragliche Ausschlussfrist eingehalten worden ist. Die Feststellungsanträge sind ebenfalls nach den vorstehenden Ausführungen begründet.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Gegen dieses Urteil war die Revision zuzulassen, weil ein Grund hierfür im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG gegeben war.
Ende der Entscheidung
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