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Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 24.07.2002
Aktenzeichen: 2 Sa 57/02
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 9 Abs. 1 | |
ArbGG § 9 Abs. 5 | |
ArbGG § 9 Abs. 5 Satz 3 | |
ArbGG § 9 Abs. 5 Satz 4 | |
ArbGG § 9 Abs. 5 Satz 5 | |
ArbGG § 11 Abs. 2 Satz 2 | |
ArbGG § 64 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 | |
ArbGG § 66 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ZPO § 518 | |
ZPO § 520 n. F. |
2. Ob eine Rechtsmittelbelehrung abstrakt bleibt oder konkret informiert, ist für deren Ordnungsgemäßheit unerheblich, solange die unterliegende Partei eine zutreffende, auch in der Laiensphäre verständliche Information über das für sie gegebene Rechtsmittel erhält.
Eine Rechtsmittelbelehrung, die lediglich den Wortlaut des § 64 Abs. 2 ArbGG wiedergibt ist jedenfalls dann ordnungsgemäß im Sinne von § 9 Abs. 5 ArbGG, wenn es sich um eine Bestandsschutzstreitigkeit handelt. Anders zu beurteilen sind solche Rechtsmittelbelehrungen für Leistungs- und sonstige Feststellungsklagen.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes
Aktenzeichen: 2 Sa 57/02
Verkündet am: 24. Juli 2002
In dem Berufungsverfahren
hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Zweite Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter und
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 11.12.2001 - Az.: 3 Ca 3284/01 - wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Vergütung im Rahmen eines Altersteilzeitvertrages.
(...) = nicht zur Veröffentlichung vorgesehen, da einzelfallbezogen
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.06.2001 die jeweilige Differenz aus dem zugesicherten Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag und dem tatsächlich gezahlten Betrag zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
(...)
Das Arbeitsgericht Bremen hat am 11.12.2001 folgendes Urteil verkündet:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 5.114,16.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(...)
Das Urteil enthält folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Rechtsmittelbelehrung
Wenn eine der nachfolgenden Voraussetzungen vorliegt, kann gegen dieses Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt werden:
- Die Berufung ist in diesem Urteil zugelassen worden.
- Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt DM 1.200,00.
- Es liegt eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vor.
Die Berufung ist beim Landesarbeitsgericht Bremen, Parkallee 79 28209 Bremen schriftlich innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Urteils einzulegen. Sie muss binnen eines weiteren Monats, nachdem sie beim Landesarbeitsgericht einging, schriftlich begründet werden. Die Berufung kann nur durch einen/eine bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder durch eine der nach § 11 Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes zugelassenen Personen (z. B. Vertreter/-in von Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden) eingelegt werden.
Werden die vorgenannten Vorschriften nicht eingehalten, kann das Landesarbeitsgericht - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen - das Urteil nicht mehr abändern."
Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen wurde dem Kläger am 23.01.2002 zugestellt. Dessen Berufung ging am 15.02.2002 beim Landesarbeitsgericht Bremen ein. Eine Mitteilung darüber, dass bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 15.03.2002 eine Berufungsbegründungsschrift beim Landesarbeitsgericht nicht eingegangen sei, wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.03.2002 zugesandt. Am 22.03.2001 beantragte der Kläger, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und begründete die Berufung.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führt der Kläger aus, die bislang fehlerlos arbeitende Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte habe versehentlich die Frist zur Berufungseinlegung nach § 520 ZPO n. F. notiert, obwohl sie an einem Seminar über die Änderungen im Bereich des Zivilprozessrechts teilgenommen habe.
(...)
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Klägers war im Hinblick auf den in erster Instanz festgesetzten Streitwert, der dem Beschwerdewert entspricht, statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung ist allerdings nicht innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 1 ArbGG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, die für die vorliegende Berufung maßgeblich ist, weil die letzte mündliche Verhandlung noch im Jahre 2001 stattgefunden hat, nach Einlegung der Berufung begründet worden.
1.) Die Berufung war gleichwohl zulässig, ohne dass über den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zu entscheiden war, weil der Kläger unrichtig über das gegebene Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil informiert worden ist. Nach § 9 Abs. 5, Satz 4 ArbGG gilt im Falle unrichtiger Belehrung eine Berufungsfrist von einem Jahr. Diese Frist hatte der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 22.03.2002 gewahrt. Dieser Schriftsatz enthält zwar nicht ausdrücklich die Erklärung, Berufung einlegen zu wollen, sondern will die bereits eingelegte Berufung begründen. Er kann gleichwohl in eine selbstständige Berufung umgedeutet werden. Dies entspricht der ständigen Praxis des Landesarbeitsgerichts Bremen, das unzulässige Rechtsmittel in zulässige umzudeuten pflegt, soweit dem keine durchgreifenden Gründe entgegenstehen. Dies spiegelt sich auch in der ständigen Rechtsprechung des BGH zur Umdeutung verspäteter Berufungen in zulässige Anschlussberufungen wieder (vergl. z.B. BGH, FamRZ 1987, 154 f; BGH, Entscheidung v. 26.10.1999, Az. XBZ 15/99).
Der Schriftsatz des Klägers vom 22.03.2002 enthält die nach § 518 ZPO erforderlichen Angaben. Die ausdrückliche Erklärung, mit diesem Schriftsatz Berufung einlegen zu wollen, ist nicht erforderlich. Es genügt der erkennbare Wille, die angerufene höhere Instanz solle das Urteil überprüfen (vergl. Zöller-Gummer , ZPO-Kommentar, 23. Aufl. § 518 Anm. 2).
2.) Die nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangene Berufungsbegründung wird als umgedeutete Berufung zulässig. Die Berufungsfrist des § 66 ArbGG lief nicht einen Monat nach Zustellung des Urteils des Arbeitsgerichts Bremen an den Kläger ab, da das Urteil eine Rechtsmittelbelehrung enthielt, die nach Auffassung der Berufungskammer den Anforderungen des § 9 Abs. 5 ArbGG für den vorliegenden Streitgegenstand nicht genügt.
a) Nach § 9 Abs. 5 ArbGG enthalten alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen die Belehrung über das Rechtsmittel. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt danach nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so kann das Rechtsmittel noch innerhalb eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden.
Der Zweck dieser Regelung wird darin gesehen, den Rechtsunkundigen, der sich vor den Arbeitsgerichten selbst vertreten kann, in die Lage zu versetzen, zu erkennen, welches Rechtsmittel gegeben und was zur Einlegung eines Rechtsmittels zu unternehmen ist (vgl. Hauck, ArbGG, § 9 Rdn. 17). Dabei gilt die Vorschrift unabhängig davon, ob die Partei sich durch einen Rechtskundigen hat vertreten lassen oder nicht.
Den Anforderungen des § 9 Abs. 5 ArbGG wird bei den Arbeitsgerichten der Bundesrepublik in unterschiedlicher Weise nachgekommen. Teilweise wird eine Rechtsmittelbelehrung gegeben, die ähnlich wie die des Arbeitsgerichts Bremen die allgemeinen Möglichkeiten, ein Rechtsmittel einzulegen, aufzählt. Teilweise werden getrennte Rechtsmittelbelehrungen für Bestandsschutzsstreitigkeiten und andere Rechtsstreitigkeiten verwandt, z. T. wird darauf hingewiesen, dass die "jeweils unterlegene Partei" Berufung einlegen könne, soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes in vermögensrechtlichen Streitigkeiten insgesamt € 600,-- übersteigt. Zum Teil wird konkret angegeben, welche Partei Rechtsmittel einlegen kann, wobei als Einschränkungen der Zulässigkeit der Berufung das Erreichen des Beschwerdewertes genannt und auf die unbeschränkte Berufungsmöglichkeit bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses hingewiesen wird. Zum Teil wird der konkrete Hinweis, welche Partei ein Rechtsmittel einlegen könne, verbunden mit einer Erläuterung der Bedeutung des Beschwerdegegenstandes. Das LAG Bremen teilt in seiner Rechtsmittelbelehrung beiden Parteien jeweils gesondert mit, ob gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel gegeben ist oder nicht.
Das BAG hat sich in neuerer Zeit zweimal inhaltlich mit Rechtsmittelbelehrungen, die sich auf die bis 30.04.2000 geltende Fassung des § 64 ArbGG beziehen, auseinandergesetzt:
In einem obiter dictum hat sich der 10. Senat in einer Entscheidung vom 01.03.1994 (Az. 10 AZR 50/53 = AP 10 zu § 9 ArbGG 1979) zu einer Rechtsmittelbelehrung erklärt, die der unterlegenen Partei die Bedingungen, unter denen sie Berufung einlegen kann, aufzählt. Die Rechtsmittelbelehrung lautete:
"Gegen dieses Urteil kann die unterlegene Partei Berufung einlegen.
1. In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten,
2. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn die Berufung im Urteil ausdrücklich zugelassen worden ist oder
3. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 800,-- DM übersteigt.
In anderen Fällen ist die Berufung unstatthaft."
Der 10. Senat hat gegen diese Rechtsmittelbelehrung erhebliche Bedenken geäußert, weil die erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht konkret auf den Einzelfall bezogen sei, sondern allgemein die Berufungsmöglichkeiten nach dem Arbeitsgerichtsgesetz aufzähle. Die Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts erteile nur abstrakt generelle Hinweise auf die Berufungsvorschriften des ArbGG ohne der unterliegenen Partei konkret zu sagen, ob und welches Rechtsmittel sie gegen die ihr ungünstige Entscheidung habe. Damit sei die unterliegende Partei nicht konkret dahingehend belehrt worden, ob sie gegen die Entscheidung Berufung einlegen könne oder nicht. Sie müsse sich selbst noch darüber Klarheit verschaffen, ob eine vermögensrechtliche Streitigkeit vorliege oder nicht und sodann feststellen, ob die Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstandes erreicht sei.
Diese Auffassung wurde in einer Entscheidung des 8. Senates vom 20.02.1997 (Az. 8 AZR 15/96 = AP Nr. 16 zu § 9 ArbGG 1979) aufgegriffen und mit nicht näher bezeichneten Einschränkungen bestätigt. Der 8. Senat führt aus, eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung im Sinne von § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG erfordere zwar mehr, als eine abstrakte Belehrung über die in Arbeitsrechtsstreitigkeiten gegebenen Rechtsmittel, die Norm mache es aber den Gerichten nicht zur Aufgabe, den Parteien individuell abgestimmte Belehrungen über ihre Möglichkeiten zu erteilen. Ausreichend sei es danach vielmehr, dass in der Belehrung das oder die konkret in der jeweiligen prozessualen Situation in Betracht kommenden Rechtsmittel bezeichnet würden. Wörtlich heißt es: "Die abstrakte Rechtsmittelbelehrung muss es den Parteien ermöglichen, sich allein aus der Belehrung über das für sie gegebene Rechtsmittel zu informieren. Hingegen wäre es unzureichend, wenn ohne Bezug zu der konkreten prozessualen Situation allgemein über Rechtsmittelmöglichkeiten nach dem ArbGG belehrt würde". Die Rechtsmittelbelehrung, die in dieser Entscheidung für ausreichend angesehen wurde, lautet:
"Gegen dieses Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten kann Berufung nur dann eingelegt werden, sofern der Wert des Beschwerdegegenstandes DM 800,00 übersteigt.
..."
Diese Belehrung wurde in einem Rechtsstreit erteilt, in dem der Klage gegen die Beklagte zu 1. auf Zahlung von DM 12.388,95 stattgegeben wurde und die erfolglos blieb, soweit sie sich gegen zwei weitere Beklagte richtete, die zusammen mit der Beklagten zu 1. als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wurden. Insoweit lautete der Urteilstenor: "im Übrigen wird die Klage abgewiesen". Die Beklagte zu 1. hatte sich fristgerecht mit ihrer Berufung gegen das Urteil mit Erfolg gewehrt. Die Klägerin hatte rund sechs Monate nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils in der Erwiderung auf die Berufung der Beklagten zu 1. Berufung gegen die Abweisung der Klage bezogen auf die Beklagte zu 2. und 3. eingelegt. Vor dem LAG hatte die Klägerin mit ihrer Berufung, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 3. richtete, Erfolg. Das LAG hat die Berufung der Klägerin als zulässig angesehen, weil das Arbeitsgericht es versäumt habe, die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung konkret darauf hinzuweisen, dass gerade und nur für sie im Hinblick auf die Klagabweisung das Rechtsmittel der Berufung eröffnet sei. Das BAG hingegen hat die Berufung für unzulässig gehalten, da die Rechtsmittelbelehrung ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Rechtsmittelbelehrung, über die zu entscheiden war, habe die Parteien über das Rechtsmittel und das Gericht, dessen Anschrift und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt. Sie habe die Parteien zutreffend darüber belehrt, dass, sofern der vom Arbeitsgericht nicht abzuschätzende Wert des Beschwerdegegenstandes DM 800,00 übersteige, das Rechtsmittel der Berufung gegeben sei. Damit habe jede der vier betroffenen Parteien allein anhand der Rechtsmittelbelehrung jeweils für sich feststellen können, ob für sie das konkret bezeichnete Rechtsmittel Berufung eröffnet gewesen sei oder nicht. Eine weitergehende, individuell abgestimmte Rechtsmittelbelehrung wäre zwar mit § 9 Abs. 1 ArbGG vereinbar gewesen, ihr Fehlen mache die erteilte Belehrung aber nicht unrichtig im Sinne von § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG.
Die Entscheidung ist in ihrer Begründung irritierend, insbesondere dann, wenn man die abstrakten Rechtsgrundsätze, die der 10. Senat aufgestellt hat und die der 8. Senat "insoweit" bestätigt hat, konkret auf die Rechtsmittelbelehrung, über die zu entscheiden war, anwendet.
Bei der gegebenen prozessualen Situation hatte die Rechtsmittelbelehrung die Aufgabe, vier Parteien darüber zu informieren, ob sie sich mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts zufrieden geben müssen oder nicht. Für die Beklagte zu 1. lag es nahe, die Belehrung so zu verstehen, dass ihr der Weg in die Berufung offen war, da sie erkennbar und eindeutig in einem Umfang, der den in der Belehrung genannten Beschwerdewert deutlich überstieg, belastet worden ist. Für die Beklagte zu 2. und 3. war immerhin erkennbar, dass sie unmittelbar durch dieses Urteil nicht belastet werden. Ob und in welchem Umfang sich ggf. indirekt Lasten ergeben könnten und ob diese ggf. die Berufung eröffnen, spricht die Rechtsmittelbelehrung nicht an. Immerhin wäre es auch ohne Zuhilfenahme von juristischem Sachverstand möglich gewesen, der Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen, dass die Beklagten zu 2. und 3. als obsiegende Parteien keine Möglichkeit der Berufung haben.
Anders sieht es für die teilweise unterliegende klagende Partei aus. Der von ihr begehrte Betrag wurde zugesprochen. Mehr als diesen Betrag wollte sie nicht haben. Die Entscheidung hat lediglich den Kreis der belasteten Beklagten auf eine reduziert. Wenn nach Auffassung des BAG jede der zu belehrenden Parteien aus der Rechtsmittelbelehrung unmittelbar selbst ablesen können muss, ob für sie das Rechtsmittel der Berufung eröffnet ist oder nicht, so bleibt bei der gegebenen Rechtsmittelbelehrung offen, wie die teilweise unterliegende Klägerin dies tun kann. Sie kann dies nur unter Rückgriff auf den Urteilstenor und nach Auslegung des Begriffs des Beschwerdewertes tun. Bei laienhafter Betrachtungsweise könnte die klagende Partei in der durch das Urteil der ersten Instanz entstandenen Situation durchaus zum Schluss kommen, sie sei durch die Abweisung der Klage gegen die weiteren Beklagten nicht beschwert, um dann nach erfolgreicher Berufung der Beklagten zu 1. zu erfahren, dass sie das Urteil eben doch belastet.
Die Forderung des 8. Senates des BAG, jede Partei müsse unmittelbar aus der Rechtsmittelbelehrung, auch wenn sie abstrakt abgefasst sei, Klarheit haben, kann durch eine derartige, bei teilweisen Obsiegen und Unterliegen gegen unterschiedliche Parteien entstehenden Unklarheit nur erfüllt werden, wenn jede Partei individuell und konkret belehrt wird, was das BAG allerdings zuvor als nicht notwendig angesehen hat. Abgesehen davon wäre die vom 8. Senat beurteilte Rechtsmittelbelehrung nach der Entscheidung des 10. Senates nicht ausreichend, da sie dem Gericht auch auferlegt, die Parteien darüber zu informieren, ob eine vermögensrechtliche Streitigkeit vorliegt. Der Streit um Geld kann zwar auch von Rechtsunkundigen ganz allgemein als einer angesehen werden, der das Vermögen tangiert. Ob er damit aber eine vermögensrechtliche Streitigkeit ist, kann zumindest dann fraglich sein, wenn man sich den allgemeinen Wortsinn von Vermögen bzw. die Vorstellung, die üblicherweise damit verbunden wird, vor Augen hält. Arbeitnehmer verbinden ihren Entgeltanspruch nicht ohne weiteres mit dem zivilprozessualen Begriff des Vermögens. Als Vermögen könnte durchaus das verstanden werden, was vermögenssteuerpflichtig ist.
Die Berufungskammer ist der Auffassung, dass den zitierten Stellungnahmen des BAG einheitliche, allgemeine Grundsätze über die Richtigkeit von Rechtsmittelbelehrungen nicht zu entnehmen sind. Allenfalls kann beiden z.T. - bezogen auf die jeweilige Situation der zu belehrenden Partei - widersprüchlichen Ausführungen entnommen werden, dass der zu belehrenden Partei die ihr gegebenen Möglichkeiten, sich gegen eine Entscheidung zu wehren, genannt werden müssen. Das heißt, ob eine Rechtsmittelbelehrung abstrakt bleibt oder konkret informiert, ist unerheblich, solange die unterliegende Partei eine zutreffende, auch in der Laiensphäre verständliche Information über die gegebenen Rechtsmittel erhält. Nach der Änderung des § 64 ArbGG, die zum Wegfall des Begriffs der vermögensrechtlichen Streitigkeit geführt hat und 3 voneinander unschwer abgrenzbare Tatbestände für die Statthaftigkeit der Berufung nennt, bleibt bei einer abstrakten, diese aufzählenden Rechtsmittelbelehrung für die rechtsunkundige Person lediglich offen, was sich hinter dem "Wert des Beschwerdegegenstandes" verbirgt.
Die Berufungskammer hat daher in seiner Entscheidung vom 08.05.2002 (Az.: 2 Sa 211/01 - rechtskräftig) eine Berufung gegen ein Urteil, das einer Kündigungsschutzklage stattgab und das mit derselben Rechtsmittelbelehrung wie das vorliegende versehen war, als unzulässig verworfen, weil für die Beklagte, die durch das Urteil erkennbar belastet wurde, klar sei, dass sie Berufung einlegen kann. Aus dem Urteilstenor war ohne weiteres ablesbar, dass es um den Bestand oder den Nichtbestand eines Arbeitsverhältnisses geht. Die abstrakte Fassung der Rechtsmittelbelehrung durch das Arbeitsgericht Bremen erwies sich deshalb für den Fall des Streites um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses als ausreichend. Auch hier ergibt sich zwar unmittelbar selbst aus der Rechtsmittelbelehrung nicht, dass die Beklagte in die Berufung gehen kann. Wie das Ergebnis des Verfahrens vor dem 8. Senat zeigt, ist es jedoch unschädlich, wenn die Partei der Rechtsmittelbelehrung in Verbindung mit dem Urteilstenor entnehmen kann, ob für sie ein Rechtsmittel in Betracht kommt. Das war für die dortige Beklagte der Fall.
b) Die im Urteil des LAG Bremen vom 08.05.2002 dargestellten Grundsätze führen im vorliegenden Fall dazu, dass § 9 Abs. 5 Satz 5 ArbGG eingreift. Für den Kläger gilt danach für die Einlegung der Berufung eine Frist von einem Jahr nach Zustellung des Urteils.
Weder aus der Rechtsmittelbelehrung noch aus der Rechtsmittelbelehrung in Verbindung mit dem Tenor der Entscheidung ist unmittelbar für den unterlegenen Adressaten ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkenntnisse ohne weiteres erkennbar, ob für ihn das Rechtsmittel der Berufung gegeben ist. Klar ist lediglich, dass weder die Berufung zugelassen wurde, noch ein Fall des Streites um das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gegeben ist. Was der Wert des Beschwerdegegenstandes ist und ob er mit dem im Tenor festgesetzten Streitwert korrespondiert, ist nicht unmittelbar ablesbar. Da der Kläger einen Feststellungsantrag gestellt hat, der keine konkreten, monatlich von der Beklagten zu zahlenden Beträge nennt, wäre für den Kläger erst zu ermitteln, wie in einem solchen Fall - es geht dem Kläger um eine monatliche Erhöhung des Aufstockungsbetrages von ca. DM 140,00 - der Beschwerdewert zu beziffern wäre.
Mit den Informationen, die er in der Rechtsmittelbelehrung über die Möglichkeit, das erstinstanzliche Ergebnis überprüfen zu lassen, bekommen hat, kann er nicht feststellen, ob ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung gegeben ist.
Die Berufung ist damit fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung des Klägers ist allerdings unbegründet.
(...)
III.
(...)
Anlass zur Zulassung der Revision gab es nicht, da sich die Entscheidung der Berufungskammer über die Zulässigkeit der Berufung für keine der Parteien belastend auswirkt.
Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird hingewiesen (§ 72 a ArbGG).
Ende der Entscheidung
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