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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: 3 Ta 40/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
ZPO § 776
ZPO § 775
ZPO § 775 Nr. 1
ZPO § 269 Abs. 4
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 1
1. Ein rechtskräftiger Zwangsgeldbeschluss gem. § 888 ZPO, aus dem bereits zugunsten der Staatskasse vollstreckt wurde, ist gem. §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO auf Antrag aufzuheben, wenn die Parteien den Rechtsstreit durch Prozessvergleich beendet haben und ein vorher ergangenes, nicht rechtskräftiges Urteil in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 4 i. V. Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt wurde.

2. Wird ein solcher Zwangsgeldbeschluss aufgehoben, so ist das zugunsten der Staatskasse vollstreckte Zwangsgeld zurückzuzahlen. Die Anordnung der Rückzahlung kann auf Antrag durch das Prozessgericht im Aufhebungsverfahren gem. §§ 776, 775 ZPO erfolgen.


LANDESARBEITSGERICHT BREMEN

BESCHLUSS

3 Ta 40/08

In dem Beschwerdeverfahren

Auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten vom 19.06.2008 und des Klägers vom 02.07.2008 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 12.06.2008 - 3 Ca 3142/06 - abgeändert:

Tenor:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 19.01.2007 - 3 Ca 3142/06 wird aufgehoben.

2. Die Staatskasse wird angewiesen, das aus diesem Beschluss vollstreckte Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 € an die Beklagte zurückzuerstatten.

Gründe:

I.

Die Parteien haben im Verfahren 3 Ca 3142/06 über die Wirksamkeit einer von der Beklagten zum 30.06.2006 ausgesprochenen Kündigung und über die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers gestritten.

Durch Urteil vom 17.10.2006 wurde die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verurteilt. Nach Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung hat der Kläger am 24.11.2006 einen Antrag gemäß § 888 ZPO gestellt. Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 19.01.2007 folgenden Beschluss gefasst:

1. Gegen die Schuldnerin (die Beklagte) wird zur Erzwingung der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 17.10.2006 - 3 Ca 3142/06 - unter Ziffer 2. ausgesprochenen Verpflichtung, den Gläubiger (den Kläger) über den 30.06.2006 hinaus als Diplom-Sozialpädagoge weiter zu beschäftigen, ein Zwangsgeld in Höhe von € 3.500,00 festgesetzt, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, 1 Tag Zwangshaft für je € 500,--, letzteres zu vollstrecken an dem Vorstandsmitglied P. N. .

2. Im Übrigen wird der Antrag des Gläubigers zurückgewiesen.

3. Die Schuldnerin trägt die Kosten der Zwangsvollstreckung.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf € 3.500,--.

5. Die Schuldnerin kann die Vollstreckung aus diesem Beschluss durch Erfüllung abwenden.

Nachdem die sofortige Beschwerde der Beklagten im Verfahren 3 Ta 12/07 erfolglos blieb, ist zu Gunsten der Staatskasse ein Zwangsgeld von 3.500,00 € vollstreckt worden.

Im Berufungsverfahren 3 Sa 302/06 ist durch Beschluss vom 22.02.2008 folgender verfahrensbeendender Vergleich gem. § 278 ZPO festgestellt worden:

1. Die Parteien sind darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher personenbedingter Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30.06.2006 beendet und bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß abgerechnet wurde.

2. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von € 9.500,00 brutto.

3. Der Kläger wird, da beide Parteien inzwischen davon ausgehen, dass die Gründe, die zur personenbedingten Kündigung geführt haben, nicht mehr vorliegen, ab 01.04.2007 wieder eingestellt zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 10.11.2000 unter Anrechnung einer durchgängigen Betriebszugehörigkeit ab 01.12.1998. Die Parteien sind darüber einig, dass während der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis nicht bestanden hat, keine Ansprüche gegenüber der VBL und sonstiger Rententräger entstanden sind.

4. Dem Arbeitgeber wird gestattet, aus Annahmeverzug gezahlte Beträge mit der vereinbarten Abfindung zu verrechnen. Dem Kläger wird über die Verrechnung eine Abrechnung erteilt.

5. Im Hinblick auf die Regelung in der vorstehenden Ziffer 1) ist der Rechtsgrund für die im Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichtes Bremen-Bremerhaven vom 19.01.2007 und das beigetriebene Zwangsgeld entfallen. Mithin verzichtet der Kläger auf seine Rechte aus dem Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichtes Bremen-Bremerhaven vom 19.01.2007 zu Aktenzeichen 3 Ca 3142/06 und wird vorsorglich bei dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 19.01.2007 stellen.

6. Die Kosten des Berufungsrechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2008, eingegangen beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven am 10.03.2008, hat der Kläger gemäß Ziffer 5 des Vergleichs die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses vom 19.01.2007 beantragt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.03.2008, gerichtet zunächst an das Amtsgericht Bremen, Abteilung für Zwangsvollstreckungssachen und am 15.05.2008 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangen, die Rückerstattung des eingezogenen Zwangsgeldes verlangt. Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 12.06.2008 folgenden Beschluss gefasst:

1. Der Antrag des Klägers vom 07.03.2008 auf Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses vom 19.01.2007 wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Beklagten vom 04.03.2008 auf Rückerstattung des eingezogenen Zwangsgeldes wird ebenfalls zurückgewiesen.

Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Zwangsgeldbeschluss rechtskräftig geworden und die Staatskasse in diesem Fall nicht rechtsgrundlos bereichert sei, weil ein Rechtsgrund für die Leistung bestanden habe und dieser auch nicht rückwirkend entfallen sei. Nach Beitreibung des Zwangsgeldes erlösche die Verfügungsbefugnis des Gläubigers. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 382 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Beschluss ist den Parteien am 18.06.2008 zugestellt worden.

Die Beklagte hat hiergegen mit Schriftsatz vom 19.06.2008, eingegangen vorab per Fax an diesem Tag, sofortige Beschwerde eingelegt; der Kläger mit Schriftsatz vom 02.07.2008, eingegangen ebenfalls vorab per Fax an diesem Tag.

Die Beklagte hat ihre Beschwerde dahingehend begründet, dass auf Grund der vollstreckungsweisen Beitreibung des Zwangsgeldes Rückzahlungsansprüche durchaus im Raum gestanden hätten. Wenn sich die Parteien in dieser Situation dahingehend vergleichen, dass der Zwangsgeldbeschluss aufgehoben werden solle, sei dies auch für das Gericht beachtlich. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf Ziffer 5 des Vergleichs der Rechtsgrund für das beigetriebene Zwangsgeld entfallen sei. Der Vergleich wirke nicht nur für die Zukunft, sondern ebenfalls in die Vergangenheit. Der Gläubiger sei derjenige gewesen, der berechtigt gewesen sei, den Antrag gemäß § 888 ZPO zu stellen und ebenso unterliege es seiner Disposition auf die Rechte aus einem daraufhin ergangenen Beschluss zu verzichten. Dies gelte auch mit rückwirkender Kraft. Das Zwangsgeld habe keinen Strafcharakter, vielmehr solle die Schuldnerin zur Vornahme einer nicht vorgenommenen Handlung angehalten werden. Der rechtliche Grund sei später durch den Vergleich in Wegfall geraten und es mache für den beitreibenden Gläubiger keinen Unterschied, ob der Zwangsgeldbeschluss rechtsbeständig gewesen sei oder nicht.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat den sofortigen Beschwerden durch Beschlüsse vom 27.06.2008 bzw. 10.07.2008 nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Auf entsprechenden Hinweis des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.09.2008 ausdrücklich erklärt, dass sein Vorbringen als Antrag gemäß § 269 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 ZPO zu werten sei.

Mit Beschluss vom 30.09.2008 ist im Verfahren 3 Sa 302/06 das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 17.10.2006 im Hinblick auf den Vergleich vom 22.02.2008 für wirkungslos erklärt worden.

II.

Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 793 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und damit insgesamt zulässigen Beschwerden sind in vollem Umfang begründet.

1. Auf die Beschwerde des Klägers vom 02.07.2008 ist der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 12.06.2008 abzuändern und der Zwangsgeldbeschluss vom 19.01.2007 gemäß § 776 i.V.m. 775 Nr. 1 ZPO aufzuheben.

a) Gemäß §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben, wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist.

Nach ganz überwiegend vertretener Meinung kann ein Prozessvergleich allerdings nicht unmittelbar zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen - hier: zur Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses - führen, da es sich bei einem Prozessvergleich nicht um eine Entscheidung im Sinne § 775 Nr. 1 ZPO handelt (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 29.05.1998, 2 ZBR 91/98, NJW-RR 1999, 506 f.; Landgericht Itzehoe, Beschluss vom 31.03.2006, 4 T 43/06, Juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 66. Aufl., § 775 Rdnr. 12; Musielak-Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 775 Rdnr. 3; MüKoZPO-K. Schmidt, 3. Aufl., § 775 Rdnr. 10; Stein/Jonas-W. Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 775 Rdnr. 9; Zöller-Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 775 Rdnr. 4a). Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht aus damaliger Sicht konsequent eine Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses abgelehnt, da eine Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht vorgelegen hat.

Grundlage für die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses ist nunmehr aber der Beschluss gemäß § 269 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 ZPO vom 30.09.2008, mit dem die Wirkungslosigkeit des erstinstanzlichen Urteils ausgesprochen wurde. Ein solcher Beschluss gemäß § 269 Abs. 4 ZPO ist nach allgemeiner Meinung als Entscheidung im Sinne § 775 Nr. 1 ZPO anzusehen (Musielak, a .a O; MüKoZPO-Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794, Rdnr. 72; Stein/Jonas, a. a. O.; Zöller, a. a. O.).

Wird in (entsprechender) Anwendung des § 269 Abs. 4 i. V. Abs. 3 Satz 1 ZPO der Vollstreckungstitel für wirkungslos erklärt, so ist ein ergangener Zwangsgeldbeschluss gem. §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO auch dann aufzuheben, wenn dieser bereits formelle Rechtskraft erlangt hat (vgl. KG, Beschluss vom 02.07.1999, 5 W 2664/99, MDR 2000, 48 f.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.01.1999, 2 Ta 3/99, NZA 1999, 1239 f.; OLG Köln, Beschluss vom 02.08.1991, 6 W 79/86, 6 W 9/88, OLGZ 1992, 448 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989, 4 W 117/89, GRUR 1990, 306 f.; Stein/Jonas-W. Brehm, a. a. O., § 890 Rn. 46). Mit der Aufhebung entfällt die Vollstreckungsmaßnahme.

Vorliegend besteht auch ein rechtliches Bedürfnis für die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses. Zwar haben sich die Parteien durch den Vergleichsschluss umfassend über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die Abwicklung der Zwischenzeit geeinigt, so dass eine Vollstreckung aus dem Zwangsgeldbeschluss schon aus diesen Gründen nicht mehr erfolgen kann. Eine Rückerstattung des gezahlten Zwangsgeldes kommt aber überhaupt nur in Betracht, wenn nicht nur der der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende Titel (= Urteil vom 17.10.2006) wirkungslos ist, sondern auch die Zwangsvollstreckungsmaßnahme (= Zwangsgeldbeschluss vom 19.01.2007) aufgehoben wird (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1988, IX ZR 168/87, DB 1989, 110; Landgericht Itzehoe, a.a.O.).

b) Der Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses stehen auch nicht der Rechtscharakter des Zwangsgeldes und der Umstand entgegen, dass dieses bereits vor Vergleichsschluss und Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme bezahlt wurde (OLG Köln, Beschluss v. 02.08.1991, a. a. O.; LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O.; MüKoZPO-Gruber, 3. Aufl., § 890 Rdnr. 20; Musielak-Lackmann, 6. Aufl., § 890 Rdnr. 16; Zöller-Stöber, 26. Aufl., § 888 Rdnr. 14, § 890 Rdnr. 25; aA OLG Frankfurt/Main, Beschluss v. 12.041991, 4 WF 181/90, JurBüro 1991, 1554 ff.; MüKoZPO-K.Schmidt, 3. Aufl., § 776 Rdnr. 2.)

Allerdings ist eine konkrete Zwangsvollstreckungsmaßnahme mit Rechtskraft des zugrunde liegenden Beschlusses und Durchführung der Maßnahme selbst abgeschlossen und damit zunächst der weiteren Verfügungsbefugnis der Parteien entzogen. Wird später aber aufgrund eines Vergleichsschlusses der Titel wirkungslos, so ist kein Grund erkennbar, warum den Parteien nicht die Möglichkeit der Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme gem. §§ 775, 776 ZPO zugestanden werden soll, wenn sie dies einvernehmlich beantragen oder der Gläubiger einen entsprechenden Antrag stellt. Das Zwangsgeld hat keinen Strafcharakter. Es soll vielmehr den Schuldner zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung anhalten (vgl. BAG, Urteil vom 06.12.1989, 5 AZR 53/89, AP Nr. 5 zu § 62 ArbGG 1979 m. Anm. Stöber = NJW 1990, 2579 f.; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 18.09.1997, 5 WF 41/97, FamRZ 1998, 384). Auch für die Rechtsordnung besteht kein Interesse am Fortbestand der Zwangswirkung des Beugemittels, wenn die Parteien rückwirkend die zu Grunde liegende Entscheidung beseitigt haben (vgl. KG, Beschluss vom 02.07.1999, 5 W 2664/99, MDR 2000, 48 f. für den Fall des rückwirkenden Verzichtes). Auch die Staatskasse hat in einer solchen Fallkonstellation kein schützenswertes Recht, Gelder, die sie materiellrechtlich nicht beanspruchen kann, zu behalten (KG Berlin, a.a.O.). Hinzukommt im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens das gesetzliche Leitbild, dass das Gericht in jeder Phase des Rechtsstreits auf eine gütliche Erledigung des Rechtsstreits hinwirken soll (§§ 57 Abs. 2, 64 Abs. 7 ArbGG). Da aber erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Entscheidungen gem. 62 Abs. 1 ArbGG grundsätzlich vorläufig vollstreckbar sind und gerade in Bestandsstreitigkeiten eine Vollstreckung im Wege des § 888 ZPO in der Praxis auch stattfindet, stünde die fehlende Möglichkeit der Rückabwicklung solcher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht selten einer gütlichen Erledigung des Rechtsstreits im weiteren Instanzenzug im Wege.

2. Auf die Beschwerde der Beklagten war der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven auch hinsichtlich seiner Ziffer 2 abzuändern und die Staatskasse anzuweisen, der Beklagten das beigetriebene Zwangsgeld zurückzuerstatten.

a) Mit Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses sind die Vollstreckungsmaßnahme und damit die Rechtsgrundlage für das beigetriebene Zwangsgeld entfallen. Dieses ist daher an den Vollstreckungsschuldner zurückzuzahlen. Insoweit besteht weitestgehend Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, lediglich Anspruchsgrundlage und Verfahrensweg sind umstritten (BAG v. 06.12.1989, a. a. O.; OLG Zweibrücken, a. a. O.; OLG Frankfurt/Main v. 12.04.1991, a. a. O.; OLG Köln v. 02.08.1991, a. a. O.; OLG Hamm v. 18.04.1989, a. a. O.; B/L/H/A, 66. Aufl., § 888 Rdnr. 20: § 812 BGB entsprechend; MükoZPO-Gruber, § 888 Rdnr. 32: entsprechend § 776 ZPO; Musielak-Lackmann, § 888 Rdnr. 15, § 890 Rdnr. 16; Stein/Jonas-W. Brehm, § 888 Rdnr. 33: bereicherungsrechtlicher Erstattungsanspruch; Zöller-Stöber, § 888 Rdnr. 14, §890 Rdnr. 26: § 812 I 2 BGB entspr. oder §§ 717 II 1, 945 ZPO analog).

b) Das Gericht ist auch berechtigt im Rahmen des Verfahrens nach §§ 775, 776 ZPO selbst die Rückzahlung des Zwangsgeldes anzuordnen.

Diese Frage ist allerdings umstritten: Nach einer Auffassung ist der Rückzahlungsanspruch im Klageweg geltend zu machen. Dies wird unter anderem damit begründet, dass die Staatskasse als Zahlungsempfängerin im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht beteiligt ist (Stöber, Anm. zu BAG v. 6.12.1989, AP Nr. 5 zu § 62 ArbGG 1979; Zöller-Stöber, § 890 Rdnr. 26). Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seinem Urteil vom 06.12.1989 (a. a. O.) mit dieser Fragestellung nicht auseinanderzusetzen, da dort die Ansprüche im Klageverfahren geltend gemacht worden sind. Aus dem Sachverhalt ist auch nicht erkennbar, ob im damaligen Verfahren ein Antrag nach §§ 775, 776 ZPO überhaupt erfolgt ist. Nach der wohl überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung soll die Rückzahlungsanordnung durch das Prozessgericht selbst erfolgen können (OLG Zweibrücken, a. a. O.; OLG Frankfurt/Main v. 12.04.1991, a. a. O.; OLG Köln v. 02.08.1991, a. a. O.; wohl auch OLG Hamm v. 18.04.1989, a. a. O.: "lediglich verwaltungsmäßiger Vorgang"; MüKoZPO-Gruber, § 888 Rdnr. 32; Musielak-Lackmann, § 890 Rdnr. 16). Der letztgenannten Auffassung schließt sich die Kammer an. Hierfür sprechen schon Gründe der Prozessökonomie. Wenn es zur Aufhebung eines Vollstreckungstitels kommt, so ist es dem Schuldner nicht zuzumuten, außerhalb dieses Verfahrens noch einen gesonderten Antrag und - bei Ablehnung durch die Staatskasse - gegebenenfalls ein eigenständiges Klageverfahren einzuleiten. Alle relevanten Frage können einfacher und schneller direkt auch im Aufhebungsverfahren geprüft werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Staatskasse am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt ist. Der Staatskasse steht das Zwanggeld nicht aus eigenem materiellen Recht zu. Deshalb ist die Staatskasse auch weder im Verfahren über die Verhängung des Zwangsgeldes noch über die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses zu beteiligen. Geht es um die später oder gleichzeitig geltend gemachte Rückerstattung, so ergibt sich keine andere Situation. Die Rückzahlung ist die verwaltungsmäßige Folge der Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses, ohne dass die Staatskasse hiergegen in der Sache Einwendungen erheben könnte, wenn ihr das Zwangsgeld - wie vorliegend - zugeflossen ist. Auch haushaltsrechtliche Bedenken stehen einer gerichtlichen Anordnung der Rückzahlung nicht entgegen; das beigetriebene Zwangsgeld ist - wie aus der in der Akte befindlichen Buchungsanzeige der Landeshauptkasse ersichtlich - konkret zum vorliegenden Verfahren gebucht worden und wird haushaltsmäßig als gesonderter Posten geführt.

3. Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerden war eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

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