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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 11 (6) Sa 145/03
Rechtsgebiete: BGB, GesBergV


Vorschriften:

BGB § 293
BGB § 296 Satz 1
BGB § 297
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 615 Satz 1
GesBergV § 2 Abs. 1 Satz 1
1. Eine den Annahmeverzug des Arbeitgebers nach §§ 293, 296 Satz 1 BGB ausschließende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (§ 297 BGB) liegt vor, sofern der Arbeitnehmer, obwohl er hierzu gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GesBergV vom 31.07.1991 (BGBl. I S. 1751) verpflichtet ist, nicht die in dieser Vorschrift genannte ärztliche Bescheinigung vorlegt.

2. Verweigert der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach dem Ende einer ihm von einem Arzt attestierten Arbeitsunfähigkeit die Wiederaufnahme der Arbeit, hat der Arbeitgeber in einem Rechtsstreit über die Zahlung von Annahmeverzugslohn (§§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1 BGB) im einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer in dem fraglichen Zeitraum nach § 297 BGB objektiv nicht in der Lage war, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 (6) Sa 145/03

Verkündet am: 17.07.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 08.05.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Seelmann und den ehrenamtlichen Richter Schmerbach

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.11.2002 - 2 Ca 1534/01 - teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 34.730,61 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus

a) 2.388,13 € vom 01.06.2001 bis zum 30.06.2001

b) 4.571,02 € vom 01.07.2001 bis zum 30.07.2001

c) 6.856,53 € vom 01.08.2001 bis zum 31.08.2001

d) 9.244,66 € vom 01.09.2001 bis zum 30.09.2001

e) 11.324,93 € vom 01.10.2001 bis zum 31.10.2001

f) 13.713,06 € vom 01.11.2001 bis zum 30.11.2001

g) 15.998,57 € vom 01.12.2001 bis zum 31.12.2001

h) 28.038,33 € vom 01.01.2002 bis zum 31.01.2002

i) 30.500,02 € vom 01.02.2002 bis zum 28.02.2002

j) 32.653,99 € vom 01.03.2002 bis zum 31.03.2002 und aus

k) 34.730,61 € seit dem 01.04.2002

abzüglich am 01.04.2002 gezahlter 3.986,29 € brutto sowie abzüglich eines Betrages in Höhe von 15.311,43 € netto, der kraft Gesetzes auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen ist, zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 294,88 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2002 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 5.605,14 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2003 zurückzuzahlen.

5. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

6. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

7. Die in erster und zweiter Instanz entstandenen Kosten tragen die Beklagte zu 3/4 und der Kläger zu 1/4.

8. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Der am 20.09.1957 geborene Kläger ist seit dem 19.01.1984 bei der Beklagten, zuletzt als Hauer in der Aus- und Vorrichtung, Lohngruppe 11, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Seit dem 15.04.1999 war der Kläger jedenfalls bis zum 30.04.2001 durchgehend arbeitsunfähig. Unter dem 05.10.1999 beantragte er eine Rente wegen Berufungsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI. Diesen Antrag wies die Bundesknappschaft mit Bescheid vom 18.01.2000 zurück. In dem Bescheid heißt es u. a.:

"Im Rahmen der ärztlichen Untersuchungen wurden folgende Befunde erhoben: Geringgradige Gon- und Fernoropatellararthrose rechts, Verschmächtigung der linken unteren Extremität mit Beinverkürzung und Ballenhohlfußbildung, kombinierte Fettstoffwechselstörung, Adipositas, Leberzellschaden, nicht insulinbehandelter Diabetes mellitus, Silikose p1/p1.

Aufgrund dessen werden Sie noch für fähig erachtet, folgende Arbeiten zu verrichten: sonstiger Hilfsarbeiter, Lader an automatischen Ladestellen, Sprengmittelausgeber, Bandwärter im Bergbau unter Tage, Hängebankarbeiter 1, Lampenstubenarbeiter, Lampenwärter, Pförtner im Bergbau über Tage sowie außerhalb des Bergbaus als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel (Lohngruppe V). Die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel (Lohngruppe V) ist Ihnen im oben genannten Sinne zumutbar und ermöglicht es Ihnen, die Hälfte Ihres Hauptberufsverdienstes zu erzielen.

Bei diesem Sachverhalt liegt Berufsunfähigkeit nicht vor."

Mit Bescheid vom 06.03.2000 bewilligte die Bundesknappschaft dem Kläger eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau im Sinne des § 45 Abs. 2 SGB VI.

Mit Bescheid vom 05.07.2000 erkannte das Versorgungsamt Gelsenkirchen - Zentralstelle für den Bergmannsversorgungsschein NRW - auf Antrag des Klägers vom 18.01.2000 diesem rückwirkend zum 15.04.1999 den Bergmannsversorgungsschein zu.

Am 16.01.2001 beantragte die Beklagte bei der zuständigen Hauptfürsorgestelle sowie bei der Zentralstelle für den Bergmannsversorgungsschein die Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung des Klägers. Am 23.04.2001 teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers der Beklagten mit, dass zwischenzeitlich das Rentenverfahren ihres Mandanten beendet worden sei und der Gutachter festgestellt habe, dass mittlerweile eine Befundbesserung eingetreten und von Arbeitsfähigkeit ihres Mandanten auszugehen sei. Dessen Arbeitskraft boten sie zugleich an und baten um Mitteilung, wann und wo ersieh zur Ableistung der geschuldeten Dienste einfinden solle. Einen Tag später stellte Herr Dr. (TR) I. U. dem Kläger ein Attest aus, wonach er voraussichtlich ab dem 01.05.2001 wieder arbeitsfähig sei. Mit Schreiben vom 10.05.2001 erinnerten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte an die Erledigung ihres Schreibens vom 23.04.2001.

Nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle sowie der Zentralstelle für den Bergmannsversorgungsschein kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 12.06.2001 fristgemäß zum 31.12.2001. Mit einer beim Arbeitsgericht Oberhausen am 21.06.2001 eingereichten und der Beklagten am 26.06.2001 zugestellten Klage - 3 Ca 1505/01 - machte der Kläger die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend. Nach Einholung eines Internistisch-Sozialmedizinischen Gutachtens, das Herr Dr. med. L. aus N. erstellte und auf dessen Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird, schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Oberhausen am 27.03.2002 in dem Kündigungsschutzprozess - 3 Ca 1505/01 - einen Vergleich. Dieser sah vor, dass die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2001 keinen Bestand hat, das Arbeitsverhältnis der Parteien demzufolge ungekündigt fortbesteht und die Beklagte sich verpflichtet, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Hauer in der Lohngruppe 11 zu beschäftigen.

Am 28.03.2002 ließ die Beklagte den Kläger arbeitsmedizinisch untersuchen, ob er seine Tätigkeit als Hauer unter Tage ausüben könne. Auf die von Herrn V., Arzt für Arbeitsmedizin beim Arbeitsmedizinischen Zentrum C., ET. AG, ausgestellte Bescheinigung vom gleichen Tag wird ausdrücklich verwiesen.

Ebenfalls am 28.03.2002 stellte die Beklagte "zur Vorlage bei der Bundesknappschaft sowie beim behandelnden Arzt" folgende Bescheinigung aus:

"Die in der ärztlichen Bescheinigung vom 28.03.2002 aufgeführten Tätigkeiten sind bei der U. Schachtbau GmbH zurzeit nicht vorhanden. Seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit könnte Herr B. L. nur unter der Gefahr der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausüben.

Herr B. L. ist somit weiterhin arbeitsunfähig für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit."

Am 29.05.2002 stellte die Gemeinschaftspraxis St./T., Fachärzte für innere Medizin, dem Kläger eine Bescheinigung aus, wonach er bezüglich seiner Diabetes mellitus unter Tage voll einsatzfähig sei. Mit Bescheid vom 03.06.2002 hob die Bundesknappschaft den Rentenbescheid vom 06.03.2000 auf und entzog dem Kläger die Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau mit Wirkung vom 01.03.2002. Zur Begründung gab die Bundesknappschaft an, nach den ihr vorliegenden Gutachten sei beim Kläger ein Leistungsfall der verminderten Berufsfähigkeit im Bergbau nicht mehr gegeben.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Oberhausen am 25.06.2001 eingereichten und der Beklagten zwei Tage später zugestellten Klage hat der Kläger zunächst seinen Lohn für Mai 2001 in Höhe von DM 4.602,50 brutto abzüglich DM 2.315,70 netto (Arbeitslosengeld) sowie die Erteilung von Urlaub für die Zeit vom 02.07.2001 bis zum 16.10.2001 verlangt. Nach einer weiteren Klageerhöhung, eingegangen beim Arbeitsgericht Oberhausen am 02.07.2001, über seinen Julilohn 2001 in Höhe von DM 4.602,50 brutto abzüglich DM 2.315,79 netto (Arbeitslosengeld), hat der Kläger mit einem beim vorgenannten Gericht am 12.04.2002 eingereichten Schriftsatz vom 11.04.2002 auf der Basis eines Schichtlohns von 94,95 € brutto sein regelmäßiges Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.05.2001 bis zum 31.03.2002 einschließlich weiterer Entgelte, wie z.B. Bergmannsprämie und vermögenswirksame Leistungen, sowie Urlaubsabgeltung für 2000 zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2001 in einer Gesamthöhe von 34.910,51 € brutto abzüglich am 01.04.2002 gezahlter 3.986,29 € brutto sowie abzüglich 15.311,43 € netto aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Bundesanstalt für Arbeit verlangt. Wegen der Berechnung des Gesamtbruttobetrages über 34.910,51 € wird ausdrücklich auf den Schriftsatz vom 11.04.2002 einschließlich der beigefügten Aufstellung (Anlage 1) Bezug genommen.

Mit einer weiteren am 31.07.2002 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten und der Beklagten zwei Tage später zugestellten Klage - 3 Ca 1786/02 - hat der Kläger noch Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 01.04. bis 31.07.2002 in Höhe von 8.628,94 € brutto abzüglich 3.213,70 € netto (Arbeitslosengeld) aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Bundesanstalt für Arbeit sowie 294,68 € netto Hausbrand verlangt. Durch Beschluss vom 15.11.2002 hat das Arbeitsgericht die beiden Rechtsstreite zur gemeinsamen Entscheidung unter Federführung des Rechtsstreits 2 Ca 1534/01 miteinander verbunden.

Der Kläger, der das ärztliche Untersuchungsergebnis des Herrn V. vom 28.03.2002 für unzutreffend hält, hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Er sei spätestens seit dem 01.05.2001 wieder arbeitsfähig. Da die Beklagte seinen Arbeitseinsatz zu Unrecht abgelehnt habe, müsse sie seinen Lohn nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn DM 4.602,50 brutto abzüglich eines Betrages in Höhe von DM 2.315,70 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit dem 01.06.2001 zu zahlen,

2. ihm in dem Zeitraum vom 02.07.2001 bis zum 16.10.2001 Urlaub zu gewähren,

3. an ihn 34.910,51 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus

a) 2.388,13 € vom 01.06.2001 bis zum 30.06.2001

b) 4.571,02 € vom 01.07.2001 bis zum 31.07.2001

c) 6.856,53 € vom 01.08.2001 bis zum 31.08.2001

d) 9.244,66 € vom 01.09.2001 bis zum 30.09.2001

e) 11.324,93 € vom 01.10.2001 bis zum 31.10.2001

f) 13.713,06 € vom 01.11.2001 bis zum 30.11.2001

g) 15.998,57 € vom 01.12.2001 bis zum 31.12.2001

h) 28.038,33 € vom 01.01.2002 bis zum 31.01.2002

i) 30.500,02 € vom 01.02.2002 bis zum 28.02.2002

j) 32.653,99 € vom 01.03.2002 bis zum 31.03.2002 und aus

k) 34.910,51 seitdem 01.04.2002

abzüglich am 01.04.2002 gezahlter 3.986,29 € brutto sowie abzüglich eines Betrages in Höhe von 15.311,43 € netto, der kraft Gesetz auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen ist, zu zahlen,

4. an ihn 8.628,94 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus

a) 37.093,40 € vom 01.05.2002 bis 31.05.2002

b) 39.071,05 € vom 01.06.2002 bis 30.06.2002

c) 41.151,32 € vom 01.07.2002 bis 31.07.2002

d) 43.539,45 € seit dem 01.08.2002

abzüglich eines Betrages von 3.213,70 € netto, der kraft Gesetz auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen ist, zu zahlen.

5. an ihn weitere 294,68 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Der Kläger sei jedenfalls seit dem 01.05.2001 nicht mehr in der Lage gewesen, seine Tätigkeit als Hauer wahrzunehmen und deshalb weiterhin arbeitsunfähig gewesen.

Nach Vernehmung des Arztes V., wegen dessen Aussage ausdrücklich auf das Sitzungsprotokoll vom 15.11.2002 verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Klägers zu Ziffer 3) bis 5) stattgegeben. Zu den Anträgen zu 1) und 2) findet sich im Urteil nichts.

Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner Klagestattgabe im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte schulde dem Kläger für die Zeit von Mai 2001 bis Juli 2002 34.910,51 € unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 615 Satz 1 BGB) abzüglich der Leistungen des Arbeitsamts. Nach den Bekundungen des Zeugen V., der einen sehr glaubwürdigen und sehr kompetenten Eindruck gemacht habe, hätte der Kläger, der an Diabetes und unter Verschleiß des Kniegelenkes leide, im sog. Hinterland tätig sein können. Dort seien nach der Aussage des Zeugen in einem Bergwerk bis zu 20 % der Mitarbeiter tätig.

Gegen das ihr am 24.01.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Landesarbeitsgericht am 11.02.2003 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem bei Gericht am 07.03.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte, die im Termin vom 08.05.2003 die Klageforderung der Höhe nach wegen des Sprunges für die Zahlung zwischen Dezember 2001 und Januar 2002 von 15.998,57 € auf 28.038,33 € bestritten hat, macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Aufgrund des Bescheids der Bundesknappschaft vom 18.01.2000 sei der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, seine Tätigkeit als Hauer in der Aus- und Vorrichtung wahrzunehmen, und somit arbeitsunfähig. Gegenteiliges habe auch nicht die arbeitsmedizinische Untersuchung vom 28.03.2002 ergeben. Aufgrund des Rentenbezugs gemäß Bescheid der Bundesknappschaft vom 06.03.2000 stehe bis zu deren Entzug mit Wirkung vom 01.03.2002 unwiderleglich fest, dass er die bisher ausgeübte knappschaftliche Betätigung, nämlich die als Hauer in der Aus- und Vorrichtung, nicht habe ausüben können und somit arbeitsunfähig gewesen sei. Das gelte ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 28.03.2002 auch ab diesem Tag. Darauf, ob der Kläger noch eine andere Tätigkeit mit geringeren Anforderungen hätte ausüben können, komme es bei der Frage der Arbeitsfähigkeit nicht an. Deshalb sei es völlig unerheblich, ob tatsächlich 20 % ihrer Mitarbeiter im sog. hinteren Bereich tätig seien. Im Übrigen gebe es bei ihr keine solchen freien Arbeitsplätze. Bereits Ende März 2001 sei auf der Grundlage der im Bescheid des Bundesknappschaft vom 18.01.2000 festgestellten, dem Kläger noch zuzumutenden Tätigkeiten geprüft worden, ob es bei ihr Einsatzmöglichkeiten gebe. Diese Arbeitsplatzsuche sei jedoch bereits damals erfolglos gewesen. Hieran habe sich bis heute nichts geändert. Unbegründet sei auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 294,68 € netto für den angeblich nicht mehr gezahlten Hausbrand. Sie habe weiterhin seit dem 01.01.2002 die Hausbrandabgeltung geleistet. Allerdings sei es zu keiner Auszahlung gekommen, weil sie noch eine Restforderung aus einer Überzahlung an Arbeitsentgelt gegen den Kläger, wie in ihrem Berufungsschriftsatz zum Schluss ausgeführt, gehabt habe.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Abänderung des am 24.01.2003 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Oberhausen - 2 Ca 1534/01 und 3 Ca 1786/02 - vom 15.11.2002 abzuweisen;

2. den Kläger zu verurteilen, an sie die zwischenzeitlich vollstreckte Summe von 24.847,64 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2003 zurückzuzahlen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten unter Aufrechterhaltung des Urteils des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.11.2002 zurückzuweisen;

2. die Widerklage der Beklagten abzuweisen.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens zur Klage im Wesentlichen geltend:

Er sei während des ausgeurteilten Zeitraumes arbeitsfähig gewesen. Dem stehe weder der Bescheid der Bundesknappschaft vom 18.01.2000 noch die Zuerkennung des Bergmannsversorgungsscheines durch das Versorgungsamt Gelsenkirchen entgegen. Wie das im Kündigungsschutzprozess gleichen Rubrums - 3 Ca 1505/01 - eingeholte Gutachten des Dr. med. L. vom 02.12.2002 ergeben habe, könne er die von ihm vertraglich geschuldete Tätigkeit eines Bergmanns unterläge einschließlich der Tätigkeiten in der Aus- und Vorrichtung, ohne negative Folgen für seinen Gesundheitszustand ausüben. Die Beklagte habe pauschal und ohne jeglichen näheren Nachweis unter Berufung auf ihren Personalleiter Q. behauptet, dass keine zumutbaren Arbeitsplätze bei ihr für ihn vorhanden seien. Die Beklagte sei an seiner Beschäftigung auch nicht aufgrund der Verordnung für den Gesundheitsschutz/Bergverordnung gehindert. Allenfalls könne man ihrem Vorbringen entnehmen, dass sie eine krankheitsbedingte Leistungs- oder Eignungsminderung seinerseits rügen wolle. Diese führe jedoch nicht zur Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte sei auch verpflichtet, ihm den Anspruch auf Zahlung von Hausbrand in Höhe von 294,68 € netto zu erfüllen. Mangels wirksamen rechtlichen Bestandes einer Gegenforderung gebe es keine Aufrechnungslage zugunsten der Beklagten, so dass sie den eingeklagten Betrag zu Unrecht einbehalten habe. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus § 850 c ZPO.

Zur Widerklage hat der Kläger im Termin vom 08.05.2003 darauf hingewiesen, dass aufgrund der Vollstreckung bei der Beklagten bei ihm in Wirklichkeit 24.829,04 € eingegangen seien.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist nur teilweise begründet.

I. Begründet ist die Berufung der Beklagten zunächst, soweit der Kläger mit seiner Klage das Arbeitsentgelt für die Zeit vom 28.03. bis zum 31.03.2002 in Höhe von 189,90 € brutto (2 Arbeitstage x 94,95 € brutto) und für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 31.07.2002 in Höhe von 8.628,94 € brutto verlangt. Diese Beträge kann der Kläger nicht aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB fordern.

1. Da § 615 Satz 1 BGB dem Arbeitnehmer trotz fehlender Arbeitsleistung "die vereinbarte Vergütung" sichern, ihm also lediglich den originären Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB aufrecht erhalten will (BAG 28.04.1993 - 4 AZR 329/92 - EzA § 611 BGB Croupier Nr. 2; BAG 05.09.2002 - 8 AZR 702/01 - EzA § 615 BGB Nr. 109), ist erste Voraussetzung für einen auf diese Norm gestützten Zahlungsanspruch ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten (vgl. auch BVerfG 20.01.1990 - 1 BvR 42/82 - DB 1990, 1042). Hiervon ist für die Zeit vom 28.03. bis zum 31.03.2002 sowie vom 01.04. bis 31.07.2002 aufgrund des in dem Rechtsstreit gleichen Rubrums am 27.03.2002 - 3 Ca 1505/01 - vor dem Arbeitsgericht Oberhausen geschlossenen Vergleichs auszugehen.

2. Allerdings ist die zweite Voraussetzung für den auf § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB gestützten Vergütungsanspruch des Klägers für den vorgenannten Zeiträume, nämlich der Annahmeverzug der Beklagten, nicht erfüllt.

a) Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB. Danach muss der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung tatsächlich (§ 294 BGB) oder wörtlich (§ 295 Satz 1 BGB) anbieten. Ist allerdings für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise überhaupt keines Angebots, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 Satz 1 BGB).

b) Im Streitfall bedurfte es aufgrund der Regelung in § 296 Satz 1 BGB weder eines tatsächlichen noch eines wörtlichen Angebots seitens des Klägers, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung für die Zeit vom 28.03. bis 31.03.2002 und vom 01.04. bis 31.07.2002 zu erbringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist die nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers darin zu sehen, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm eine Betätigung zuzuweisen( BAG 24.11.1994 - 2 AZR 179/94 - EzA § 615 BGB Nr. 83; BAG 06.12.2001 - 2 AZR 422/00 - EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9). Dies hat die Beklagte vorliegend unterlassen, obwohl sie nach dem gerichtlichen Vergleich vom 27.03.2002 verpflichtet war, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Hauer in der Lohngruppe 11 zu beschäftigen.

c) Allerdings kommt der Arbeitgeber nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Unmöglichkeit der Arbeitsleistung und Annahmeverzug schließen sich gegenseitig aus (BAG 06.12.2001 - 2 AZR 422/00 - a.a.O.). Vorliegend war dem Kläger die Erbringung seiner Arbeitsleistung für die Zeit vom 28.03.2002 bis zum 31.07.2002 unmöglich.

aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Bergverordnung zum gesundheitlichen Schutz der Beschäftigten (Gesundheitsschutz-Bergverordnung-GesBergV) vom 31.07.1991 (BGBl. I S. 1751) darf der Unternehmer mit Tätigkeiten nach § 1 (Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen, also Unter-Tage-Arbeiten) Personen, für die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen vorgeschrieben sind, nur beschäftigen, soweit nach dem Ergebnis dieser Untersuchungen gesundheitliche Bedenken gegen die Art der vorgesehenen Tätigkeiten nicht bestehen und hierüber eine ärztliche Bescheinigung mit Angabe einer Eignungsgruppe nach Anlage 1 vorliegt.

bb) Diese Voraussetzungen sind für den Einsatz des Klägers unter Tage als Hauer seit dem 28.03.2002 nicht erfüllt. Der Kläger gehört zum einen zu dem Personenkreis, für den eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung vorgeschrieben ist. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 GesBergV dürfen Personen, die nach vorausgegangenen Tätigkeiten nach § 1 derartige Tätigkeiten wieder aufnehmen, ohne erneute Erstuntersuchung nur beschäftigt werden, wenn die Unterbrechung nicht länger als drei Monate gedauert hat und die frühere Tätigkeit mit der vorgesehenen vergleichbar ist. Diese Ausnahmeregelung trifft für den Kläger nicht zu, da er länger als drei Monate nicht unter Tage gearbeitet hat. Zum anderen hat der Kläger die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GesBergV notwendige ärztliche Bescheinigung nicht durch die vom arbeitsmedizinischen Zentrum am 28.03.2002 ausgestellte "ärztliche Bescheinigung über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen" vorgelegt. Dort sind Bedenken gegen eine Unter-Tage-Arbeit enthalten. Da der Kläger entgegen der am Schluss der ärztlichen Bescheinigung vom 28.03.2002 enthaltenen, von ihm am gleichen Tag unterschriebenen Rechtsbehelfsbelehrung keinen Widerspruch gegen das Untersuchungsergebnis eingelegt hat, muss er dieses gegen sich gelten lassen.

II. Die Berufung der Beklagten, mit der sie gemäß § 717 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. ZPO zulässigerweise im Wege der Widerklage den Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO geltend gemacht hat, ist in Höhe von 5.605,14 € nebst Zinsen begründet.

Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil abgeändert, ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der der beklagten Partei durch die Vollstreckung des Urteils entstanden ist. Vorliegend hat der Kläger aus dem angefochtenen Urteil, das nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar war, 24.847,64 € (so die Beklagte) bzw. 24.829,04 € (so der Kläger) vollstreckt. Dies macht für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.07.2002, für den dem Kläger nach den obigen Ausführungen kein Anspruch auf Arbeitsvergütung nach § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB zustand und demzufolge das angefochtene Urteil abgeändert worden ist, einen Betrag von 8.628,94 € brutto abzüglich 3.213,70 €, die der Kläger aufgrund des Forderungsübergangs nach § 115 Abs. 1 SGB X gar nicht eingeklagt hat, aus.

III. Dagegen ist die Berufung der Beklagten zunächst unbegründet, soweit der Kläger für die Zeit vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002 seine Arbeitsvergütung in Höhe von 34.730,61 € brutto abzüglich 3.986,29 € brutto sowie abzüglich 15.311,43 € netto sowie Zinsen fordert.

1. Wie bereits weiter oben ausgeführt, kommt der Arbeitgeber nach § 297 BGB dann nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer zurzeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Dabei kommt es für die Beurteilung des Leistungsvermögens nicht auf die subjektive Einschätzung des Schuldners, sondern nur auf die objektiven Umstände der Leistungsfähigkeit an. Ist ein Arbeitnehmer objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die vereinbarte Leistung zu erbringen, kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch den Willen des Arbeitnehmers ersetzt werden, trotz objektiver Leistungsunfähigkeit einen Arbeitsversuch zu unternehmen (BAG 29.10.1998 - 2 AZR 666/97 - EzA § 615 BGB Nr. 91).

2. Im Streitfall hat die Beklagte, obwohl sie hierfür darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. nur BAG 29.10.1998 - 2 AZR 666/97 - a.a.O.; MünchKomm BGB/Thode, 4. Aufl. 2001, § 297 Rz. 4; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Stand: Juli 1990, § 297 Rz. 7 jeweils m. w. N.), nicht im Einzelnen dargelegt bzw. nachgewiesen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.05.2001 bis 27.03.2002 arbeitsunfähig und ihm deshalb die Erbringung seiner Arbeitsleistung unmöglich war.

a) Nach der vom Bundesarbeitsgericht zu § 1 Abs. 1 LohnFG entwickelten Definition, die für § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ohne weiteres übernommen werden kann (Lepke, NZA-RR 1999, 57, 59; G. Reinecke, DB 1998, 130, 132; Schliemann, ArbuR 1994, 317, 319), ist Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gegeben, wenn ein Krankheitsgeschehen den Arbeitnehmer im objektiv-medizinischen Sinn außer Stande setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr aufnehmen oder fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 - 5 AZR 518/90 - EzA § 74 SGB V Nr. 1; vgl. auch BAG 13.02.2002 - 5 AZR 588/00 - EzA § 3 MuSchG Nr. 8, zu I 5 der Gründe). Dieser arbeitsrechtliche Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist mit dem krankenversicherungsrechtlichen in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V (früher § 182 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 RVO), wonach der arbeitsunfähig erkrankte Versicherte Krankengeld erhält - jedenfalls solange das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist -, identisch (LAG Düsseldorf 19.03.2002 - 8 (4) Sa 20/02 - unveröffentlicht; vgl. auch GK-SGB V/Marschner, § 44 Rz. 6; zu § 182 RVO BAG 29.02.1984 - 5 AZR 455/81 - EzA § 616 BGB Nr. 27; BSG 07.08.1991 -1/3 RK 28/89 - EEK 1/1069; krit. Gitter, ZFA 1995, 123, 151). An den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts herausgearbeiteten Arbeitsunfähigkeitsbegriff knüpft die in Nr. 1 All-Richtlinien enthaltene und gemäß §§ 81 Abs. 3 Nr. 2, 92 Abs. 1 Nr. 7 SGB V für die Vertragsärzte der Krankenkassen seit dem 01.10.1991 verbindliche Definition der Arbeitsunfähigkeit an (vgl. G. Reinecke, DB 1998, 130, 132; Wanner, DB 1992, 93, 94).

b) Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung kann nicht zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass der Kläger in dem hier fraglichen Zeitraum vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002 arbeitsunfähig war.

aa) Zunächst kann sich die Beklagte für ihren gegenteiligen Standpunkt nicht auf den Bescheid der Bundesknappschaft vom 18.01.2000, mit dem der Antrag des Klägers vom 05.10.1999 auf Zuerkennung der Rente wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt wurde, berufen. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung, ob Berufsunfähigkeit i. S. von § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. (ab 01.01.2001: Volle Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI i. d. F. des Art. 1 Nr. 19 RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2998) vorliegt, nicht auf die bisher nach dem Arbeitsvertrag ausgeübte Tätigkeit beschränkt wird. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer berufsunfähig - ab 01.01.2001: Voll erwerbsgemindert -, zugleich aber arbeitsfähig ist (BAG 07.06.1990 - 6 AZR 52/89 - EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 76; BAG 08.02.1994 - 9 AZR 332/92 - EzA § 7 BUrlG Nr. 93). Dementsprechend geht auch aus dem ablehnenden Bescheid der Bundesknappschaft vom 18.01.2000 entgegen der Auffassung der Beklagten gar nicht hervor, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, seine Tätigkeit als Hauer in der Aus- und Vorrichtung wahrzunehmen und deshalb arbeitsunfähig ist. Vielmehr hat die Bundesknappschaft die Berufsunfähigkeit des Klägers zum damaligen Zeitpunkt deshalb abgelehnt, weil er jedenfalls damals noch in der Lage war, die in ihrem Bescheid aufgeführten Arbeiten zu verrichten. Im Übrigen stammen die Feststellungen der Bundesknappschaft in ihrem Bescheid vom 18.01.2000 aus einer Zeit, die über ein Jahr vor dem Beginn des hier streitbefangenen Zeitraums (01.05.2001) liegen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich der Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers im Laufe der Zeit so bessert, dass er wieder arbeitsfähig wird. Hierfür spricht auch das Attest des Herrn Dr. (TR) I. U. vom 24.04.2001, wonach der Kläger voraussichtlich ab dem 01.05.2001 wieder arbeitsfähig sei.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich die Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch nicht aus dem Umstand, dass dieser mit Bescheid vom 06.03.2000 rückwirkend zum 06.05.1999 eine unbefristete Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau gemäß § 45 Abs. 1 SGB VI zuerkannt bekommen hatte. Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen würde, die enthaltene Definition der verminderten Berufsfähigkeit in § 45 Abs. 2 SGB VI decke sich mit der in ständiger Rechtsprechung des BSG entwickelten Definition von Arbeitsunfähigkeit mit der Folge, dass sich eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau einerseits sowie Arbeitsfähigkeit andererseits gegenseitig ausschließen würden, stände damit noch nicht die Arbeitsunfähigkeit des Klägers für den hier interessierenden Zeitraum vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002 fest. Denn wie nicht zuletzt der Bescheid der Bundesknappschaft vom 03.06.2002, durch den diese ihren Rentenbescheid vom 06.03.2000 mit Wirkung vom 01.03.2002 aufgrund des Internistisch-Sozialmedizinischen Gutachtens von Herrn Dr. med. L. vom 12.02.2002 aufgehoben hat, zeigt, ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers so bessert, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht mehr vorliegen, also auch die Unvereinbarkeit von verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau nach § 45 Abs. 2 SGB VI und Arbeitsunfähigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG entfallen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies im Streitfall bereits zum 01.05.2001 der Fall war.

cc) Des Weiteren ergibt sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes Gelsenkirchen - Zentralstelle für den Bergmannsversorgungsschein NRW - vom 05.07.2000, mit dem dem Kläger der Bergmannsversorgungsschein zuerkannt wurde, keine Arbeitsunfähigkeit seinerseits ab dem 01.05.2001. Voraussetzung für die Zuerkennung des Bergmannsversorgungsscheins nach § 2 Abs. 2 BVSG NW, ist die verminderte Berufsfähigkeit des Bergmanns i. S. des § 45 Abs. 2 SGB VI. Da diese aber nicht zwingend am 01.05.2001, wie bereits zuvor ausgeführt, noch vorgelegen haben muss, steht aufgrund des Bescheids vom 05.07.2000 nicht in jedem Fall fest, dass der Kläger noch ab dem 01.05.2001 arbeitsunfähig war.

dd) Für die Feststellung der von der Beklagten behaupteten Arbeitsunfähigkeit des Klägers in dem Zeitraum vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002 ergibt sich auch nichts aus dem Internistisch-Sozialmedizinischen Gutachten des Herrn Dr. med. L. vom 12.02.2002. Zum einen hat Herr Dr. L. in seinem Gutachten keinerlei Feststellungen zu der Zeit vor dem Untersuchungszeitpunkt (08.02.2002) gemacht. Zum anderen hat er für diesen Zeitpunkt am Schluss seines Gutachtens zusammenfassend festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Bergmann unter Tage im Vortrieb vollschichtig und auch in Wechselschicht bei entsprechender subjektiver Motivation durchführen könne. Daraus folgt zugleich, dass für die Zeit ab dem 08.02.2002 bis zum 27.03.2002 aufgrund des vorgenannten Gutachtens keine Arbeitsunfähigkeit angenommen werden kann.

ee) Schließlich folgt nicht aus der arbeitsmedizinischen Untersuchung des Herrn V. vom 28.03.2002 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002. Herr V. hat bei seiner erstinstanzlichen Zeugenvernehmung zwar ausgesagt, dass der Kläger wegen zweier Grunderkrankungen, nämlich Diabetes und Verschleiß des Kniegelenks, nur bedingt als Hauer einsatzfähig sei. Jedoch hat er zugleich ausgesagt, er könne, da er den Kläger erstmals im März 2002 untersucht habe, nicht eindeutig beurteilen, ob dieser im Mai 2001 als Hauer für den Untertagebetrieb arbeitsfähig gewesen sei. Aufgrund dieser Aussage kann umgekehrt nicht zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass der Kläger nach der Untersuchung von Herrn V. in dem Zeitraum vom 01.05.2001 bis zum 27.03.2002 arbeitsunfähig war.

2. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte nicht - auch nicht im Termin vor der erkennenden Kammer am 08.05.2003 - substantiiert die Höhe des vom Kläger für die Zeit vom 01.05.2001 bis zum 31.03.2002 beanspruchten Geldbetrages, den der Kläger zu seinem Schriftsatz vom 11.04.2002 bereits in Verbindung mit der ihm beigefügten Anlage 1 - aus dieser ergibt sich übrigens der von der Beklagten im Termin vom 08.05.2003 angesprochene "Sprung" von 15.998,57 € auf 28.038,33 € zwischen Dezember 2001 und Januar 2002 (vgl. Spalten I und J). konkret mit 34.910,51 € brutto errechnet hat, bestritten hat, ist dieser als unstreitig anzusehen (vgl. § 138 Abs. 3 ZPO). Von diesem Betrag sind zunächst 189,90 € brutto für zwei Arbeitstage am 28. und 29.03.2002, wie sich aus den Ausführungen zur Berufung der Beklagten ergibt, abzuziehen. Außerdem kommen, wie bereits im angefochtenen Urteil geschehen, die am 01.04.2002 an den Kläger gezahlten 3.986,29 € brutto sowie die auf die Bundesanstalt für Arbeit gemäß § 115 Abs. 1 SGB X übergegangenen 15.311,43 € netto in Abzug.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich jeweils aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 284 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 614 Satz 1 BGB.

IV. Weiterhin ist die Berufung der Beklagten unbegründet, soweit sie zur Zahlung von 294,68 € netto nebst Zinsen verurteilt worden ist.

1. Dem Kläger steht für die Zeit vom 01.04. bis zum 31.07.2002 nach § 54 MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus i.d.F. des Änderungstarifvertrages vom 02.05.2002 einschlägigen Tarifvertrag ein Hausbrandanspruch in unstreitiger Höhe von monatlich 73,67 € netto, insgesamt also 294,68 € netto, zu. Dieser Anspruch ist unabhängig von der Arbeitsfähigkeit des Klägers. Er hängt allein vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab, wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründungsschrift (Seite 7) klargestellt hat. Dieser Anspruch ist nicht etwa aufgrund einer seitens der Beklagten erklärten Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung auf eine Gegenforderung i. S. von § 387 BGB infolge Überzahlung an Arbeitsentgelt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) beruft, kann diese Gegenforderung nicht zur Aufrechnung gestellt werden. Die Berechnung der Beklagten ist, selbst unter Berücksichtigung der Entgeltabrechnung für Juli 2002, nicht nachvollziehbar.

2. An dieser Feststellung ändert der Hinweis der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 05.05.2003, wonach es bei der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung um ein irrtümlich am 20.01.2002 an den Kläger gezahltes Urlaubsgeld in Höhe von 3.986,29 € gehe, nichts. Worin der Irrtum bei dieser Zahlung gelegen haben soll, hat die Beklagte nicht näher erläutert, sodass ihm auch nicht nachgegangen werden konnte.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 284 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 614 Satz 1 BGB).

V. Schließlich ist die Berufung der Beklagten unbegründet, soweit sie mit ihrer Widerklage mehr als die ihr zugesprochenen 5.605,14 € geltend macht. Denn insoweit steht ihr kein Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu, da hinsichtlich des überschießenden Betrages das nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbare erstinstanzliche Urteil nicht abgeändert worden ist.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und somit die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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