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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: 11 (13) Sa 1219/02
Rechtsgebiete: BetAVG
Vorschriften:
BetrAVG § 1 Auslegung | |
BetrAVG § 1 Konditionenkartell | |
BetrAVG § 1 Satzung und Leistungsordnung des Bochumer Verbandes |
2. Der Vorstand des Bochumer Verbandes hat anlässlich seiner Anpassungsentscheidung über die Erhöhung der Betriebsrenten in seinen Mitgliedsunternehmen zum 01.01.2000, bei der er wie schon zum 01.01.1997 zwischen "Bergbauunternehmen" und "übrigen Mitgliedsunternehmen" unterschieden hat, den Ausdruck "Bergbauunternehmen" mangels einer Veränderung der abstrakten Abgrenzungskriterien seit dem 01.01.1997 wieder als Kurzfassung für die Bergwerksunternehmen des Steinkohlenbergbaus verwendet. Deshalb zählten bei der Anpassungsentscheidung zum 01.01.2000 - wie schon bei derjenigen zum 01.01.1997 (hierzu BAG 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - EzA § 1 BetrAVG Nr. 79) -Bergbauspezialunternehmen zu den "übrigen Mitgliedsunternehmen".
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 11 (13) Sa 1219/02
Verkündet am: 13.02.2003
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Janssen und den ehrenamtlichen Richter Winkler
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 06.09.2002 - 2 Ca 2953/01 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.1997 und 01.01.2000 anzupassen war. Die Beklagte erhöhte sein Ruhegeld zum 01.01.1997 um 2 % und zum 01.01.2000 um 1,2%. Der Kläger verlangt zu den genannten Zeitpunkten eine Erhöhung um insgesamt 5,6 % bzw. um 3,44 %.
Der Kläger war bei der Beklagten, die im Auftrag von Bergwerksgesellschaften in deren Gruben Untertagearbeiten wie den Vortrieb von Strecken und den Bau von Schächten verrichtet, als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Die Beklagte gehört der Vereinigung der Bergbauspezialgesellschaften und dem Bochumer Verband als Mitglied an. Dem Kläger sagte sie eine betriebliche Altersversorgung nach der jeweils geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand zahlt sie ihm unter Einschaltung des Bochumer Verbandes eine Betriebsrente.
Nach § 3 der Leistungsordnung vom 22.12.1974 (LO 1974) richteten sich die Ruhegelder nach den jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Mit Wirkung vom 01.01.1985 wurde die Leistungsordnung geändert. §§ 3 und 20 LO 1985 sehen eine getrennte Anpassung der Versorgungsanwartschaften und der laufenden Ruhegelder vor. § 20 LO 1985 lautet:
"Anpassung der laufenden Leistungen
Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst."
Der Vorstand des Bochumer Verbandes erhielt in der Vergangenheit vom "Arbeitskreis Bochumer Verband beim Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus" (Kurzbezeichnung: Arbeitskreis Bochumer Verband) Vorschläge für die Anpassungsentscheidungen. Diesem Arbeitskreis gehörten überwiegend Fachleute aus Mitgliedsunternehmen an. Auch Mitarbeiter des Bochumer Verbandes nahmen regelmäßig an den Sitzungen des Arbeitskreises teil.
Der Vorstand des Bochumer Verbandes beschloss eine Erhöhung der laufenden Betriebsrenten zum 01.01.1988 um einheitlich 4 % und zum 01.01.1991 um einheitlich 7,8 %. Zum 01.01.1994 passte er sie bei den Mitgliedsunternehmen des Bergbaus um 8 % und bei den übrigen Mitgliedsunternehmen um 11,7 % an. Mit Schreiben vom 07.02.1994 teilte der Bochumer Verband den damals schon im Ruhestand befindlichen außertariflichen Angestellten der Beklagten mit, dass ihr Ruhegeld gemäß Beschluss des Verbandsvorstandes mit Wirkung vom 01.01.1994 um 11,7 % erhöht werde.
Im Jahre 1996 entschied der Vorstand des Bochumer Verbandes über die Anpassung der Gruppenbeträge und der laufenden Leistungen zum 01.01.1997. Zum 01.01.1997 passte der Vorstand des Bochumer Verbandes die Betriebsrenten bei den Mitgliedsunternehmen des Bergbaus sowie bei den mit ihnen verbundenen Unternehmen und Organisationen um 2 % und bei den übrigen Mitgliedsunternehmen um 4 % an. Dem Kläger teilte der Bochumer Verband mit Schreiben vom 20.12.1996 mit, dass seine Betriebsrente mit Wirkung vom 01.01.1997 um 2 % erhöht werde. Die Zuordnung der Beklagten zu den Unternehmen, die ihren Ruhegeldempfängern lediglich eine Erhöhung ihrer Betriebsrente um 2 % zukommen lassen sollten, war Gegenstand u. a. des beim Bundesarbeitsgericht anhängig gewesenen Rechtsstreits W../. T. Schachtbau GmbH - 3 AZR 299/01 -. Durch Urteil vom 19.02.2002 wies das Bundesarbeitsgericht in diesem Rechtsstreit die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.12.2000 - 11 (4) Sa 1365/00 -, durch das dem Kläger W. eine 4 %-ige Erhöhung seiner Betriebsrente zugesprochen worden war, zurück.
Durch Beschluss des Bochumer Verbandes vom 19.10.1999 wurde das Ruhegeld für die zum Bergbau zählenden Unternehmen mit Wirkung vom 01.01.2000 um 1,2 % angehoben. Dies geschah, wie schon zur Anpassung zum 01.01.1997, mittels einer Unternehmensliste. Die Beklagte war auf der Unternehmensliste aufgeführt, die die zum Unternehmen bezeichnete. Gleiches galt für die andere Bergbauspezialgesellschaft, die Firma D.-H. GmbH. Die maßgebliche Geldentwertungsrate betrug 3,44 %. Für die nicht zum Bergbau gehörenden Mitgliedsunternehmen beschloss der Bochumer Verband per 01.01.2000 eine Erhöhung um 3,44 %. Mit Schreiben vom 14.12.1999 teilte der Bochumer Verband dem Kläger mit, dass sich seine Betriebsrente gemäß Beschluss des Vorstandes mit Wirkung vom 01.01.2000 um 1,2 % erhöhe.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Oberhausen am 17.12.2001 eingereichten Klage begehrt der Kläger auf der Basis der für ihn per 01.01.1997 maßgeblichen Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 2.675,40 eine Anpassung um 5,6 %, d. h. auf DM 2.825,22 monatlich bis zum 31.12.1999. Unter Berücksichtigung der ihm seit dem 01.01.1997 monatlich gezahlten Erhöhung des Ruhegeldes um 2 %, d. h. auf DM 2.728,90, und einer ihm durch Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 20.06.2001 - 4 Ca 937/01 - zugesprochenen weiteren Erhöhung rückwirkend zum 01.01.1997 um 2 %, d. h. um DM 53,51 monatlich, fordert er seit diesem Tag monatlich eine Differenz von DM 42,81 nach. Außerdem verlangt der Kläger mit seiner Klage auf der Basis der seiner Meinung nach per 01.01.2000 maßgeblichen Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 2.825,22 eine Anpassung um 3,44 %, d. h. auf DM 2.922,41. Unter Berücksichtigung der ihm seit dem 01.01.2000 monatlich gezahlten Erhöhung des Ruhegeldes um 1,2 %, d. h. auf DM 2.761,70, und des ihm durch das frühere Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen zugesprochenen monatlichen Betrages von DM 53,51, fordert er seit dem 01.01.2000 eine Differenz von DM 107,20 monatlich nach.
Insgesamt macht der Kläger für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1999 DM 1.541,16 (DM 42,81 x 36) und für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2001 DM 2.572,80 (DM 107,20 x 24) geltend. Außerdem verlangt er für die Zeit ab dem 01.05.2001 bis auf weiteres monatlich im Voraus jeweils DM 107,20 brutto.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.2001 insgesamt brutto DM 4.113,96 nebst 4 % Zinsen auf den monatlichen Nachzahlungsteilbetrag von brutto DM 42,81 jeweils zum 1. eines Monats, beginnend mit dem 01.01.1997 und endend zum 01.12.1999, und von 4 % Zinsen auf den monatlichen Nachzahlungsbetrag von brutto DM 107,20 jeweils zum 1. eines Monats, beginnend mit dem 01.01.2000 und endend mit dem 31.04.2000 sowie Zinsen auf den monatlichen Nachzahlungsbetrag von brutto DM 107,20 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank, jeweils zum 1. eines Monats, beginnend mit dem 01.05.2000 und endend mit dem 31.12.2001 und 2. ab 01.05.2001 bis auf weiteres monatlich im Voraus jeweils brutto DM 107,20 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch sein am 06.09.2002 verkündetes Urteil unter Berücksichtigung seines Berichtigungsbeschlusses vom 19.11.2002 in Höhe von € 1.029,44 für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.08.2002 (= 32 Monate) auf der Basis einer monatlichen Differenz von € 32,17 (= 62,92 DM) und bezüglich einer ab dem 01.09.2002 zu zahlenden monatlichen Differenz von € 32,17 (= 62,92 DM) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Wegen der Begründung wird ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 01.10.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 14.10.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Außerdem hat die Beklagte gegen das ihr am 02.10.2002 zugestellte Urteil mit einem beim Landesarbeitsgericht am 31.10.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.12.2002 mit einem am 18.12.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:
Das Arbeitsgericht und zuvor schon das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hätten die Beklagte in vorausgegangenen Klagen dem höheren Anpassungssatz der "übrigen" Mitglieder zugeordnet und übersehen, dass die Zweiteilung der Anpassung unzulässig gewesen sei. Zwar vermittele die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, u. a. das Urteil vom 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - (W../. T. Schachtbau GmbH) einen anderen Eindruck. Dem Senat sei jedoch bislang nicht bewusst gewesen, dass allen bisherigen Unterscheidungen in den Anpassungssätzen nach den eigenen Vorgaben der erforderliche Branchenbezug gefehlt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 06.09.2002 zu 2 Ca 2953/01, zugestellt am 01.10.2002, abzuändern.
Die Beklagte wird verurteilt, an ihn
1. brutto 2.541,96 € zuzüglich 4 % Zinsen auf den monatlichen Teilbetrag von brutto 21,89 €, jeweils zum 01. eines Monats, beginnend mit dem 01.01.1997 und endend zum 31.12.1999, sowie 4 % Zinsen auf den monatlichen Teilbetrag von brutto 54,81 €, jeweils zum 01. eines Monats, beginnend mit dem 01.01.2000 und endend zum 30.04.2000, sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den monatlichen Teilbetrag von brutto 54,81 €, beginnend mit dem 01.05.2000 und endend mit dem 30.08.2002,
2. ab 01.09.2002 bis auf weiteres monatlich brutto 54,81 €, zu zahlen.
Im Übrigen beantragt der Kläger,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 06.09.2002 - 2 Ca 2953/01 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Außerdem beantragt die Beklagte,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:
Nach dem Urteil des BAG vom 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - komme es für die Anpassung zum 01.01.2000 allein darauf an, ob der Bochumer Verband bei seiner Entscheidung zu diesem Anpassungsstichtag eine Änderung der abstrakten Einteilungskriterien klar zum Ausdruck gebracht habe. Aus der Beschlussvorlage für den Vorstandsbeschluss vom 26.10.2000 ergebe sich, dass der Bochumer Verband die abstrakte Abgrenzung, die möglicherweise durch den vom BAG festgestellten Sprachgebrauch geprägt gewesen sei, habe abändern wollen. Er habe den Bergbaubegriff weit fassen und Bergbauspezialgesellschaften wegen ihrer Sach- und Wirtschaftsnähe in den Bereich der Bergbauunternehmen einbeziehen wollen.
Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Denn er verlangt mit seiner Klage insoweit zu Unrecht, dass seine Betriebsrente per 01.01.1997 über die ihm durch das im Tatbestand erwähnte frühere Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen zugesprochenen 4 % hinaus, nämlich entsprechend der Preissteigerungsrate (im maßgeblichen Zeitraum 5,6 %) zu erhöhen ist.
I. Der vom Kläger ab dem 01.01.1997 beanspruchte über 4 % hinausgehende Anpassungsbedarf ergibt sich nicht schon deshalb, weil in anderen Rechtsstreitigkeiten, in denen ebenfalls die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zugrunde lag, für dieselbe Zeit der Klage stattgebende Urteile ergangen sind. Deren Rechtskraft wirkt nur zwischen den Parteien des jeweils rechtskräftig entschiedenen Prozesses (vgl. z. B. BGHZ 123, 33 f.; 124, 95) und erstreckt sich allenfalls noch auf ihre Rechtsnachfolger nach dem Eintritt der jeweiligen Rechtshängigkeit (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO). Eine Drittwirkung der Rechtskraft eines Urteils, das weder gegen die an dem neuen Prozess beteiligte Partei noch gegen ihren Rechtsnachfolger ergangen ist, bedürfte einer entsprechenden einfachen Gesetzesnorm. Die Satzung des Bochumer Verbandes und das auf ihr gegründete Konditionenkartell genügen hierfür nicht. Denn es widerspräche dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtstaatsprinzip, müsste sich ein rechtsfähiger Verein aufgrund seiner Satzung dem rechtskräftigen Urteil eines deutschen Gerichts in einem Rechtsstreit, an dem er weder als Partei noch als Streitverkündeter beteiligt war, unterwerfen.
II. Nach den zu § 16 BetrAVG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (künftig: a. F.) entwickelten Grundsätzen müsste die Beklagte die Betriebsrente des Klägers nicht an den in dem Zeitraum vom 01.01.1994 bis 31.12.1996 eingetretenen Kaufkraftverlust anpassen.
1. Der Vorstand des Bochumer Verbandes durfte unter den Voraussetzungen des § 20 LO 1985 die Preissteigerungsrate von 5,6 % unterschreiten. Da sich § 20 LO 1985 bewusst an die Formulierungen des § 16 BetrAVG a. F. anlehnt, sind die Begriffe grundsätzlich übereinstimmend auszulegen. Die Rechtsprechung zu § 16 BetrAVG a. F. ist weitgehend übertragbar. Allerdings enthält § 20 LO 1985 andere Bezugspunkte als § 16 BetrAVG a. F. Während die zuletzt genannte Norm auf die wirtschaftliche Lage des einzelnen Arbeitgebers abgestellt, verlangt § 20 LO 1985 eine Unternehmens- und konzernübergreifende Anpassungsentscheidung nach einheitlichen, allgemeinen Kriterien. Dies ist betriebsrentenrechtlich jedenfalls insoweit zulässig, als die Anpassung nicht ungünstiger ausfällt als nach § 16 BetrAVG a. F. (BAG 27.08.1996 - 3 AZR 466/95 - EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 12).
a) Bei den nach § 16 BetrAVG a. F. zu wertenden Belangen der Versorgungsempfänger darf die Entwicklung der Einkommen der aktiven Arbeitnehmer berücksichtigt werden (st. Rspr. seit BAG 15.09.1977 - 3 AZR 654/76 - EzA § 16 BetrAVG Nr. 6). Nach den bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ist die reallohnbezogene Obergrenze der Entwicklung aller Nettoverdienste "innerhalb eines Unternehmens oder eines typischen Teils der Belegschaft" zu entnehmen (BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 23 m. w. N.).
b) Im vorliegenden Fall beruht die betriebliche Altersversorgung auf einem Konditionenkartell, das die Versorgungsbedingungen für bestimmte Branchen vereinheitlicht. Der Versorgungsbedarf wird nach § 20 LO 1985 unternehmensübergreifend festgelegt. Entsprechend diesem System werden auch für die Anpassung branchenweite Maßstäbe angelegt. Das bedeutet für die Ermittlung der reallohnbezogenen Obergrenze in einem Konditionenkartell, dass nach § 20 LO 1985 eine Unternehmens- und konzernübergreifende Betrachtung der Verdienstentwicklung bei den aktiven Arbeitnehmern stattzufinden hat (BAG 27.08.1996 - 3 AZR 466/95 - a. a. O.; BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - a. a. O.).
2. Die erkennende Kammer folgt dem Bundesarbeitsgericht im Grundsatz, dass eine brancheneinheitliche Anpassung nicht dem Zweck des Bochumer Verbandes, der einen Zusammenschluss der Arbeitgeber zum Zwecke der Koordinierung der Bedingungen der betrieblichen Altersversorgung ist (vgl. BAG 02.02.1988 - 3 AZR 115/86 - EzA § 5 BetrAVG Nr. 17), widerspricht. Begründet hat das Bundesarbeitsgericht diese Auffassung mit Sinn und Zweck der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Diese soll für die erfassten außertariflichen Angestellten eine Ordnungsfunktion enthalten, vergleichbar der, die Tarifverträge für andere Arbeitnehmer bewirken (BAG 08.10.1991 - 3 AZR 47/91 -§ 5 BetrAVG Nr. 27; BAG 27.08.1996 - 3 AZR 466/95 - EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 12). Die Kammer folgt dem BAG weiterhin darin, dass das angestrebte Konditionenkartell auch dann besteht, wenn allgemein nach Branchen unterschieden wird und deren Besonderheiten Berücksichtigung finden. Dadurch wird die Ordnungsfunktion nicht in Frage gestellt, sondern Interessen gerechter verwirklicht. Auch Tarifverträge enthalten nicht selten abstrakte, auf die jeweiligen Wirtschaftsgebiete zugeschnittene Differenzierungen. Branchenspezifische Regelungen sind um so häufiger, je inhomogener die Branchen und je unterschiedlicher ihre wirtschaftliche Entwicklung und ihre Ertragslage sind (BAG 27.08.1996 - 3 AZR 466/95 - a. a. O.).
3. Die Ordnungsfunktion der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes für die erfassten außertariflichen Angestellten kann aber nur, wie der Vergleich mit den Tarifverträgen zeigt, erreicht werden, wenn zur Überprüfung der Entwicklung der Einkommen der aktiven Arbeitnehmer eine sachgerechte Differenzierung von Branchen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten vorgenommen wird. Dem steht nicht die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - entgegen, wonach es nicht erforderlich sei, dass die übrigen Mitgliedsunternehmen, bei denen sich die Homogenität oder Inhomogenität des Bochumer Verbandes widerspiegeln würde, ihrerseits eine eigene Branche bilden würden. Zur Wirksamkeit des zweigeteilten Anpassungsbeschlusses zum 01.01.1997 bezogen auf die "übrigen Mitgliedsunternehmen" hat das Bundesarbeitsgericht damit nichts gesagt. Vielmehr bezieht sich diese Äußerung darauf, dass der Bochumer Verband für einen bestimmten Wirtschaftszweig, im konkreten Fall für den Bergbau, einen niedrigeren Anpassungssatz festlegen durfte, ohne dass die von dem höheren Anpassungssatz betroffenen Mitgliedsunternehmen zugleich, wie der Bergbau, eine "eigene Branche" bilden müssten.
a) Eine sachgerechte, an branchenspezifischen Gesichtspunkten vorgenommene Einteilung von Branchen ist bei dem zweigeteilten Anpassungsbeschluss zum 01.01.1997 allein hinsichtlich des Bergbaus geschehen. Zu Recht hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 09.11.1999 (- 3 AZR 432/98 - a. a. O.) darauf hingewiesen, dass der Steinkohlebergbau unter permanenten Absatzschwierigkeiten und starker Konkurrenz leide, wobei sich die Situation noch durch den Abbau staatlicher Förderung verschärfe.
b) Die "übrigen" Mitgliedsunternehmen des Bochumer Verbandes sind dagegen, auch insoweit ist dem Bundesarbeitsgericht zu folgen, unter anderen Rahmenbedingungen tätig. Diese Unternehmen gehören ganz verschiedenen Branchen an, nämlich Chemie, Energie, Metall, Handel, Verkehr und neuerdings auch Touristik. Da diese Branchen, wie nicht zuletzt die in ihrem Bereich in den letzten Jahren geschlossenen Lohn- und Tarifverträge zeigen, unter ganz unterschiedlichen Rahmenbedingungen tätig werden, können sie nicht einheitlich zu einer Branche "übrige Mitglieder" zusammengefasst werden. Insoweit hätte der Bochumer Verband die unter "übrige Mitglieder" anlässlich der Anpassungsentscheidung zum 01.01.1997 zusammengefassten Unternehmen nach ihrer jeweiligen Zugehörigkeit zu der einschlägigen Branche einteilen müssen und für die jeweilige Branche die Verdienstentwicklung der ihr zugehörenden aktiven Arbeitnehmern ermitteln müssen. Da der Bochumer Verband dies unterlassen hat, entspricht seine Anpassungsentscheidung für die "übrigen Mitglieder" nicht billigem Ermessen und ist somit unverbindlich.
4. Die erforderliche Leistungsbestimmung hat danach gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Allerdings ist diese Vorschrift abdingbar. Eine derartige Abbedingung soll nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts der Satzung des Bochumer Verbandes und der LO 1995 zu entnehmen sein, wonach sich aus den Aufgaben und Befugnissen des Bochumer Verbandes sowie dem Sinn und Zweck des Konditionenkartells ergeben soll, dass die Anpassungsentscheidung möglichst beim Bochumer Verband bleiben soll (vgl. BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - a. a. O.). Folgt man dem, hätte der Bochumer Verband die Möglichkeit gehabt, bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (hier: 13.02.2003) eine neue unternehmensübergreifende Anpassungsentscheidung ausgerichtet an den Branchen, denen die Mitgliedsunternehmen jeweils zugehören, zu treffen. Dies hat der Bochumer Verband vorliegend jedoch unterlassen. Bezogen auf die Anpassung der von der Beklagten an ihre außertariflichen Angestellten gezahlte Betriebsrente brauchte die erkennende Kammer ihr auch keinen Hinweis nach § 139 ZPO mit dem Ziel zu geben, den Bochumer Verband zu einer neuen unternehmensübergreifenden Anpassungsentscheidung im vorstehenden Sinne zu veranlassen. Wenn schon die Beklagte nicht, wie von der erkennenden Kammer mehrfach und inzwischen auch vom BAG durch Urteil vom 19.12.2002 (- 3 AZR 299/01 - EzA § 1 BetrAVG Nr. 79) entschieden, der Branche "Bergbau" entsprechend dem in der Zeit vom 28.10.1996 bis 12.11.1996 gefassten Anpassungsentschluss zuzuordnen war, war sie einer eigenen Branche zuzuordnen, nämlich den Bergbauspezialgesellschaften. Dass diese Gesellschaften eine eigenständige Branche darstellen, beweisen nicht zuletzt die für sie geltenden Tarifverträge, wie z. B. der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Bergbau-Spezialgesellschaften vom 07.12.1992. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die Nettoeinkommenssteigerung in dem hier fraglichen Drei-Jahres-Zeitraum bis zum 01.01.1997 bei den AT-Angestellten der Beklagten unter 4 % lag. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Firma D. H. GmbH, der einzigen weiteren Bergbauspezialgesellschaft, die Mitglied im Bochumer Verband ist und von der Anpassungsentscheidung zum 01.01.1997 betroffen war, die Situation anders war. Bestätigt wird diese Annahme durch die Zahlenangaben für diese Firma in der von der Beklagten in dem Rechtsstreit K. ./. S. AG (LAG Düsseldorf - 8 Sa 872/00 -) als Anlage 15 zu ihrem Schriftsatz vom 11.04.2001 überreichten Aufstellung.
5. Die danach von der erkennenden Kammer nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu treffende Anpassungsentscheidung zum 01.01.1997 kann nicht durch die Entwicklung der Einkommen der aktiven Arbeitnehmer bei der Beklagten beschränkt werden. Unter Vertrauensgesichtspunkten bleibt dem Kläger trotz der insoweit unwirksamen Anpassungsentscheidung zum 01.01.1997 eine Erhöhung seiner Betriebsrente um 4 %. Der Bochumer Verband wollte nämlich mit dieser Anpassungsentscheidung sich von der Gehaltsentwicklung der aktiven Arbeitnehmer des jeweiligen Unternehmens, das er zu den "übrigen Mitgliedern" zählte, lösen und den Pensionären der Unternehmen, die er laut Unternehmensliste zu den "übrigen Mitgliedern" rechnete, zumindest die 4 %-ige Anpassung zukommen lassen. Da die Beklagte, wie vom Bundesarbeitsgericht am 19.02.2002 (- 3 AZR 299/01 - a. a. O.) entschieden, zu den "übrigen Mitgliedern" zu rechnen ist, kann der Kläger jedenfalls die 4 %-ige Erhöhung verlangen.
B.
Auch die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit ebenfalls keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet.
I. Die Beklagte ist verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers in der eingeklagten Höhe zum 01.01.2000 um 3,44 % anzupassen.
1. Für ihre Entscheidung legt die erkennende Kammer das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2002 (- 3 AZR 299/01 - a. a. O.) zugrunde. Danach durfte der Bochumer Verband zwar für Bergbauunternehmen einerseits und die übrigen Mitgliedsunternehmen andererseits eine unterschiedlich hohe Anpassung beschließen. Die Beklagte zählte jedoch auch bei der zum 01.01.2000 maßgeblichen Einteilung nicht zu den Bergbauunternehmen, sondern zu den übrigen Mitgliedsunternehmen. Da der Bochumer Verband bei der Abgrenzung der Branchen einen Ermessensspielraum hat, kann er den Begriff der "Bergbauunternehmen" enger oder weiter fassen, soweit es dafür sachliche, aus Gemeinsamkeiten der wirtschaftlichen Verhältnisse und Reallohnentwicklung ableitbare Gründe gibt (BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 23). Zu Recht hat das Arbeitsgericht im Ergebnis den Begriff "Bergbauunternehmen" im vorliegenden Fall eng ausgelegt und die Beklagte den "übrigen Mitgliedsunternehmen" zugeordnet.
a) Dem allgemeinen und juristischen Sprachgebrauch widerspräche es nicht, die Beklagte als Bergbauunternehmen anzusehen. Der Ausdruck "Bergbau" ist unter anderem im SGB IX gegenüber dem Ausdruck "Bergwerk" der weitere Begriff (BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - a. a. O.; BAG 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - a. a. O.). Entscheidend ist jedoch der bisherige Sprachgebrauch des Bochumer Verbandes. Auf ihn kommt es selbst dann an, wenn er vom allgemeinen Sprachgebrauch und der sonst üblichen Terminologie abweicht (BAG 09.11.1999 - 3 AZR 432/98 - a. a. O.; BAG 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - a. a. O.).
b) Soll die bisherige Begriffsbildung aufgegeben werden, so muss dies durch eine Änderung der abstrakten Einteilungskriterien klar zum Ausdruck gebracht werden. Die abstrakten Einteilungskriterien sorgen für Beständigkeit und Überprüfbarkeit. Sie verhindern eine nur scheinbar branchenbezogene, in Wahrheit aber unternehmensbezogene Zuordnung. Aufgabe der Gerichte ist es nicht, aus der Unternehmensliste ein denkbares Einteilungsschema herauszufiltern. Macht der Bochumer Verband von seinem Ermessensspielraum bei der Brancheneinteilung Gebrauch, muss er selbst eine sorgfältige Abgrenzung schaffen, die eine Aushöhlung des Konditionenkartells ausschließt (BAG 19.02.2002 - 3 AZR 299/01 - a. a. O.).
2. Ausschlaggebend ist danach, an welche Terminologie die zum 01.01.1994 und zum 01.01.1997 getroffenen Anpassungsentscheidungen anknüpften. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19.02.2002 (- 3 AZR 299/01 - a. a. O.) ausführlich dargelegt hat, verwandte der Bochumer Verband anlässlich dieser beiden Anpassungsentscheidungen den Ausdruck "Bergbauunternehmen" als Kurzfassung für die Bergwerksunternehmen des Steinkohlenbergbaus. Jedenfalls die Bergbauspezialunternehmen, zu denen die Beklagte zählt, fiel nicht darunter. Da der Vorstand des Bochumer Verbandes bei der zum 01.01.2000 beschlossenen Anpassung die abstrakte Einteilung "Bergbauunternehmen" einerseits und "übrige Mitgliedsunternehmen" andererseits beibehalten hat und außerdem Veränderungen der abstrakten Abgrenzungskriterien seit dem 01.01.1997 bis zu dem Anpassungsbeschluss vom 19.10.1999 nicht ersichtlich sind, war die Beklagte auch für die Anpassungsentscheidung zum 01.01.2000 den "übrigen Mitgliedern" des Bochumer Verbandes zuzuordnen.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die abstrakten Einteilungskriterien für die Anpassung der Betriebsrenten zum 01.01.2000 auch nicht nachträglich durch den Vorstandsbeschluss des Bochumer Verbandes vom 26.10.2000 geändert worden. An keiner Stelle dieses Vorstandsbeschlusses findet man eine Definition darüber, was der Vorstand unter "Bergbauunternehmen" und "übrigen Mitgliedern" versteht. Hierzu hätte es abstrakter Obersätze bedurft. Diese sind aber nicht einmal ansatzweise in dem vorgenannten Beschluss zu erkennen. Dieser beschränkte sich allein darauf, die Beklagte den "Bergbau-Unternehmen" (wiederholt) zuzuordnen. Es handelte sich also um eine sog. Einzelfallentscheidung.
II. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 284 Abs. 2 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 03.04.2000 bzw. bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.
Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und somit die Revision an das Bundesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
Ende der Entscheidung
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