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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 11 Sa 667/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 623 1. Halbs.
Soll durch einen Umschulungsvertrag zugleich der bestehende Arbeitsvertrag aufgehoben werden, kann dies nur durch einen schriftlichen Auflösungsvertrag nach § 623 1. Halbs. BGB geschehen. Ein schriftlicher Umschulungsvertrag genügt hierfür nur dann, wenn dieser zugleich die Aufhebung des Arbeitsvertrages enthält.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 667/03

Verkündet am 11. September 2003

In Sachen

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Remmel und den ehrenamtlichen Richter Flack

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 01.04.2003 - 1 Ca 3641/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist bei der Beklagten zu 1), die früher als "Park Hotel T. Haus GmbH" firmierte, seit dem 15.08.1993 als "Entremetier" aufgrund eines am 21.09.1993 geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes NRW Anwendung. Mit Wirkung vom 01.12.2002 ging der Betrieb der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) über. Die Beklagte zu 3) ist die Komplementärin der Beklagten zu 2).

Am 04.01.1999 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall (Wegeunfall), in dessen Folge ihm die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung unmöglich wurde. Am 06.01.2000 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1), der Park Hotel T. Haus GmbH, einen Umschulungsvertrag für die Zeit vom 01.02.2000 bis zum 31.07.2002. Dieser Vertrag hatte die Umschulung im Ausbildungsberuf "Hotelkaufmann" zum Gegendstand. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Umschulungsvertrages wird ausdrücklich auf seinen Inhalt Bezug genommen.

Am 13.01.2000 bewilligte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten in Dortmund dem Kläger für die Dauer von 29 Monaten, beginnend ab dem 01.02.2000 eine Umschulung zum Hotelkaufmann in der Ausbildungsstätte der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1). Am 15.07.2002 bestand der Kläger die Ausbildungsprüfung.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Wesel am 26.09.2002 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst gegen die Beklagte zu 1) die Feststellung begehrt, dass er als "technischer Administrator" in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu ihr stehe und außerdem von ihr die Zahlung des Arbeitsentgelts für die Monate August und September 2002 in Höhe von jeweils 2.300,00 brutto sowie den Ausgleich von 76,5 Überstunden in der Zeit von Januar bis Juni 2002 durch bezahlte Freistellung von der Arbeit verlangt. Mit einem beim Arbeitsgericht Wesel am 18.02.2003 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) hinsichtlich der Entgeltansprüche für August 2002 und September 2002 sowie hinsichtlich des Freistellungsverlangens erweitert und zugleich von den Beklagten gesamtschuldnerisch die Zahlung des Arbeitsentgelts für die Monate Oktober 2002 bis Februar 2003 einschließlich in Höhe von jeweils 2.300,00 brutto verlangt.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Es sei zwischen ihm und der Beklagten zu 1) vereinbart worden, das Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Umschulungsmaßnahmen fortzusetzen als "technischer Administrator" gemäß einer seitens der Beklagten zu 1) erstellten Stellenbeschreibung. Die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis sei ausweislich des Schreibens der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vom 04.10.2001 auch Voraussetzung für die Förderung seitens dieser Berufsgenossenschaft gewesen. Als weitere Indizien für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kämen die Gewährung von Urlaub für August 2002 sowie die allgemeine Überzeugung mit ihm zusammenarbeitender Kollegen, dass das Arbeitsverhältnis fortgesetzt würde, in Betracht. Dabei könne allerdings nicht gesagt werden, wann und wo diese seitens der Geschäftsführung bzw. Personalleitung der Beklagten zu 1) entsprechend informiert worden seien. Ca. eine Woche vor Ablegung der mündlichen Prüfung habe die Beklagte zu 1) ihm angeboten, in Zukunft nur noch 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten, da die anstehende Arbeit in der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu erledigen sei.

Da von dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen sei, habe er nach § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Abs. 1 BGB einen Vergütungsanspruch ab August 2002 bis einschließlich Februar 2003. Dabei sei in Anlehnung an den seit dem 01.08.2002 gültigen Entgelttarifvertrag vom 17.07.2002 für das Hotelund Gaststättengewerbe des Landes NRW ein monatlicher Vergütungsanspruch von 2.300,00 brutto zugrunde zu legen.

Der Kläger hat beantragt,

1. hinsichtlich der Beklagten zu 2.,

festzustellen, dass er als "Technischer Administrator" in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. steht,

2. hinsichtlich der Beklagte zu 1. ­ 3.,

a) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 Bruttoentgelt für den Monat August 2002 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Sept. 2002 zu zahlen,

b) die Beklagte gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 Bruttoentgelt für den Monat September 2002 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Okt. 2002 zu zahlen,

3. hinsichtlich der Beklagten zu 2.,

die Beklagte zu verurteilen,

a) ihn wegen 76 1/2 Überstunden aus der Zeit von Januar bis Juni 2002 entsprechend den tariflichen Vorschriften für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes NRW unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen,

b) festzustellen, dass ihm noch 35 Urlaubstage zustehen,

hilfsweise Übertragung des Resturlaubs auf das Jahr 2003,

4. hinsichtlich der Beklagten zu 1. . 3.,

a) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 . Bruttoentgelt für den Monat Oktober 2002 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Nov. 2002 zu zahlen,

b) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 . Bruttoentgelt für den Monat November 2002 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Dez. 2002 zu zahlen,

5. hinsichtlich der Beklagten zu 2. . 3.,

a) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 . Bruttoentgelt für den Monat Dezember 2002 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Jan. 2003 zu zahlen,

b) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 . Bruttoentgelt für den Monat Januar 2003 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. Febr. 2003 zu zahlen,

c) die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an ihn 2.300,00 . Bruttoentgelt für den Monat Februar 2003 zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach BGB seit dem 1. März 2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben im Wesentlichen geltend gemacht:

Mit Abschluss des Umschulungsvertrages sei das ursprüngliche Arbeitsverhältnis beendet worden. Mit Beendigung des Umschulungsverhältnisses durch erfolgreichen Abschluss der Prüfung seien die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien beendet worden. Der Kläger habe auch seine Arbeitskraft nach dem 15.07.2002 nicht mehr angeboten. Eine Einstellungszusage existiere nicht.

Durch sein am 01.04.2003 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Beschäftigungsbegehren des Klägers sowie die weiter geltend gemachten Ansprüche würden sich nicht aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 21.09.1993 ableiten lassen. Zwischen den Parteien bestehe Einigkeit, dass der Kläger in Folge seines Unfalls zur Erfüllung der nach diesem Vertrag geschuldeten Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage sei. Dieser Vertrag sei entweder im stillschweigenden Einvernehmen mit Abschluss des Umschulungsvertrages vom 06.01.2002 aufgehoben worden oder habe aufgrund von Unmöglichkeit sein Ende gefunden. Die geltend gemachten Ansprüche für angeblich geleistete Überstunden sowie auf Fortschreibung des Urlaubs würden unter Umständen aus dem Umschulungsverhältnis stammen, seien jedoch nicht in kapitalisierter Form in den Rechtsstreit eingeführt worden. Sie würden vielmehr als in Freizeit abzuwickelnde Ansprüche behandelt, die jedoch dann den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen würden. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als "technischer Administrator" handele es sich um den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages, für den der Kläger seiner Darlegungslast nicht nachgekommen sei.

Gegen das ihm am 17.04.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 14.05.2003 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese ­ nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.07.2003 ­ durch einen bei Gericht am 02.07.2003 eingereichten Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) durch den Abschluss des Umschulungsvertrages nicht aufgehoben worden. Es habe vielmehr für die Dauer der Ausbildung geruht. Er sei davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Umschulung im Juli 2002 mit der Maßgabe fortgeführt werde, dass er als "technischer Administrator" arbeiten werde. Hiervon sei ersichtlich auch die Beklagte zu 1) ausgegangen. Dies ergebe sich u. a. aus deren weiterem Antrag an die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vom 24.09.2001. Falsch sei auch die Annahme der Vorinstanz, das Arbeitsverhältnis habe wegen Unmöglichkeit geendet. Zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bedürfe es einer Kündigung. Sein Beschäftigungsanspruch ergäbe sich aus dem Arbeitsvertrag vom 21.09.1993, auch wenn dieser einen anderen Inhalt gehabt habe. Die Arbeitsbedingungen könnten nämlich die Parteien einvernehmlich nachträglich ändern. Obwohl das Arbeitsverhältnis ­ ab dem 01.12.2002 mit der Beklagten zu 2) ­ fortbestanden und er der Beklagten zu 1) auch nach dem 15. bzw. 31.07.2002 seine Arbeitskraft angeboten habe, habe die Beklagte zu 1) ihn nicht mehr beschäftigt. Sie sei deshalb in Annahmeverzug geraten und schulde ihm die Vergütung für die Zeit von August bis einschließlich November 2002 in Höhe von monatlich 2.300,00 brutto. Daneben würde die Beklagte zu 2) und 3) für diese Forderung gesamtschuldnerisch nach § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB haften. Für die Zeit nach dem Betriebsübergang am 30.11.2002 habe er für die Monate Dezember 2002 bis einschließlich Februar 2003 gegen die Beklagte zu 2) und 3) einen Vergütungsanspruch in Höhe von monatlich 2.300,00 brutto. Die Beklagte zu 1) hafte ihm noch im Falle der früheren Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Abgeltung von 76,5 Überstunden sowie auf 35 Tage Resturlaub.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 01.04.2003 ­ 1 Ca 3641/02 -, zugestellt am 17.04.2003, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Hilfsweise beantragt der Kläger bezüglich der Anträge zu 3a) und 3b) gegenüber der Beklagten zu 1) an ihn Abgeltung von 76,5 Überstunden mit 619,56 brutto sowie Abgeltung von 35 Urlaubstagen mit 2.177,00 brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

Durch das mit der Beklagten zu 1) begründete befristete Umschulungsverhältnis sei zugleich das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis mit ihr beendet worden. Eine Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei nicht getroffen worden. Sie habe der Kläger auch nicht schlüssig dargelegt. Anderes folge auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten zu 1) an die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten vom 24.09.2001. Eine Zusage eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Kläger, der gar nicht Adressat dieses Schreibens gewesen sei, liege hierin nicht. Durch die erhebliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage im Zeitpunkt der Beendigung des Umschulungsverhältnisses sei es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Kläger nicht gekommen.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen.

I. Die Kammer folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis, nicht in der Begründung, dass das nach § 256 Abs. 1 ZPO i. V m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässige Feststellungsbegehren des Klägers unbegründet ist.

1. Zunächst ist festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) am 21.09.1993 begründete Arbeitsverhältnis, das eine Tätigkeit des Klägers als "Entremetier" vorsah, nicht im Zusammenhang mit dem Abschluss des Umschulungsvertrages vom 06.01.2002 beendet worden ist. Das Arbeitsgericht hat übersehen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Umschulungsvertrages eine stillschweigende Aufhebung eines Arbeitsvertrages rechtlich gar nicht mehr möglich war. Denn seit dem 01.05.2000 bestimmt § 623 BGB i. d. F. von Art. 2 des Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes vom 30.03.2000 (BGBl. I S. 333) bzw. seit dem 01.08.2001 § 623 1. Halbs. BGB i. d. F. von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.07.2001 (BGBl. S. 1542), dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsvertrag der Schriftform bedarf. Zwar genügt der zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) am 06.01.2000 geschlossene Umschulungsvertrag der in § 126 Abs. 1 BGB normierten gesetzlichen Schriftform. Dieser Vertrag hatte jedoch nicht die Beendigung des zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Inhalt.

2. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz endete das noch Anfang Januar 2000 zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht "aufgrund Unmöglichkeit", wobei das Arbeitsgericht offen lässt, aufgrund welcher Rechtsgrundlage diese Feststellung beruht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG 24.08.1995 ­ 8 AZR 134/94 ­ EzA § 242 BGB Geschäftsgrundlage Nr. 5; BAG 18.01.2000 ­ 9 AZR 932/98 ­ EzA § 615 BGB Nr. 98), der sich die erkennende Kammer anschließt, kann unter außergewöhnlichen Verhältnissen ein Arbeitsverhältnis ausnahmsweise sein Ende finden, ohne dass eine besondere rechtsfeststellende oder rechtsgestaltende Erklärung abgegeben wird. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der ganze Vertrag gegenstandslos geworden ist, weil der Zweck des Arbeitsverhältnisses durch äußere Ereignisse endgültig oder doch für unabsehbare Zeit, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar, unerreichbar geworden ist. In diesem Ausnahmefall kann die Berufung des Arbeitnehmers auf das Fehlen einer Kündigungserklärung oder eines anderen Beendigungstatbestandes rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) sein (BAG 24.08.1995 ­ 8 AZR 134/94 ­ a.a.O.; BAG 18.01.2000 ­ 9 AZR 932/98 ­ a.a.O.).

b) Im Streitfall liegt ein derartiger Ausnahmefall nicht vor. Zwar besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die vom Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrages vom 21.09.1993 geschuldete Arbeitsleistung als "Entremetier" aufgrund seines am 04.01.1999 erlittenen Wegeunfalls auf Dauer unmöglich geworden ist. Dies hätte die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) zu einer ordentlichen, nach § 1 Abs.1, Abs. 2 Satz 1 KSchG rechtswirksamen Kündigung veranlassen können (vgl. z. B. BAG 03.12.1998 ­ 2 AZR 773/97 ­ EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 45; BAG 12.04.2002 ­ 2 AZR 148/01 ­ EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 49). Eine derartige Kündigung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) jedoch seinerzeit nicht ausgesprochen. Im Hinblick auf den Umschulungsvertrag vom 06.01.2000, der zum Ziel einen anderen Tätigkeitseinsatz des Klägers bei der Beklagten zu 2) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses hatte, kann dem Kläger kein rechtsmissbräuchliches Verhalten nach § 242 BGB entgegen gehalten werden, wenn er sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 06.01.2000 hinaus beruft.

3. Das danach auch nach Beendigung des Umschulungsvertrages vom 06.01.2000 nach bestandener Prüfung am 15.07.2002 weiterhin bestehende Arbeitsverhältnis sieht aber entgegen der Auffassung des Klägers ab dem 01.08.2002 nicht vor, dass er als "technischer Administrator" bei der Beklagten zu 2) im Arbeitsverhältnis steht.

a) Der nach allgemeinen Grundsätzen als Gläubiger eines entsprechenden Beschäftigungsanspruchs darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat bereits nicht ausreichend dargelegt, dass er mit der Beklagten zu 2) zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt, nämlich vor Abschluss des Umschulungsvertrages vom 06.01.2000 vereinbart hatte, dass er nach erfolgreichem Abschluss der diesem Vertrag zugrundeliegenden Umschulungsmaßnahme künftig als "technischer Administrator" bei der Beklagte zu 2) bzw. ihrer Rechtsvorgängerin tätig werden sollte. Die Vorinstanz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger den konkreten Zeitpunkt des Abschlusses einer derartigen Vereinbarung, die dogmatisch die Änderung des seit dem 21.09.1993 bestehenden Arbeitsvertrages bedeutet hätte, nicht konkret angegeben hat. Dies hat der Kläger auch zweitinstanzlich nicht nachgeholt.

b) Auch die vom Kläger bereits erstinstanzlich angeführten, im Tatbestand wiedergegebenen Indizien sprechen nicht für den Abschluss eines derartigen Änderungsvertrages. Diese gehen lediglich von einem dem Kläger jedenfalls in zweiter Instanz konzedierten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2002 aus, verhalten sich aber nicht über dessen Inhalt.

II. Des Weiteren ist die Klage des Klägers unbegründet, soweit er für die Zeit vom 01.08.2002 bis zum 28.02.2003 monatlich ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in Höhe von 2.300,00 brutto verlangt. Dieses Arbeitsentgelt kann der Kläger, der in dem vorgenannten Zeitraum keinerlei Arbeitsleistung als "technischer Administrator" erbracht hat, nicht aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gemäß § 615 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB fordern.

1. Da § 615 Satz 1 BGB dem Arbeitnehmer trotz fehlender Arbeitsleistung "die vereinbarte Vergütung" sichern, ihm also lediglich den originären Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB aufrecht erhalten will (BAG 28.04.1993 ­ 4 AZR 329/92 ­ EzA § 611 BGB Croupier Nr. 2; BAG 05.09.2002 ­ 8 AZR 702/01 ­ EzA § 615 BGB Nr. 109), ist erste Vorraussetzung für einen auf diese Norm gestützten Zahlungsanspruch ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten (vgl. auch BVerfG 20.01.1990 ­ 1 BvR 42/82 ­ DB 1990, 1042). Hiervon ist, worauf bereits in anderem Zusammenhang hingewiesen worden ist, für die Zeit vom 01.08.2002 bis zum 28.02.2003 auszugehen.

2. Allerdings ist die zweite Voraussetzung für den auf § 611 Abs. 1 BGB i.

V. m. § 615 Satz 1 BGB gestützten Vergütungsanspruch des Klägers für den vorgenannten Zeitraum, nämlich der Annahmeverzug der Beklagten zu 2), nicht erfüllt.

a) Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach den §§ 293 ff. BGB. Danach muss der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung tatsächlich (§ 294 BGB) oder wörtlich (§ 295 Satz 1 BGB) anbieten. Ist allerdings für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise überhaupt keines Angebots, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt (§ 296 Satz 1 BGB).

b) Im Streitfall bedurfte es keinerlei Entscheidung darüber, ob der Kläger mit Wirkung vom 01.08.2002 die angeblich von ihm geschuldete Arbeitsleistung als "technischer Administrator" gemäß § 294 BGB bzw. § 295 Satz 1 BGB der Beklagten zu 1) bzw. nach dem Betriebsübergang mit Wirkung zum 01.12.2002 der Beklagten zu 2) angeboten hat oder aber ein derartiges Angebot gemäß § 296 Satz 1 BGB überflüssig war. Denn jedenfalls schuldete der Kläger ab dem 01.08.2002 in Folge fehlender Änderung des Arbeitsvertrages vom 16.09.1993 keine Arbeitsleistung als "technischer Administrator".

c) Der Kläger kann aber auch nicht mit Wirkung vom 01.08.2002 wenigstens ein regelmäßiges Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.980,23 , das er zuletzt als Koch bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) verdient hatte, gemäß § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 Satz 1 BGB verlangen. Zwar mag insofern ein entsprechendes Arbeitsangebot des Klägers nach § 296 Satz 1 BGB überflüssig gewesen sein. Jedoch kommt ein Arbeitgeber nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer im Falle des § 296 Satz 1 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Unmöglichkeit der Arbeitsleistung und Annahmeverzug schließen sich gegenseitig aus (BAG 06.12.2001 ­ 2 AZR 422/00 ­ EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9). Vorliegend war dem Kläger die Erbringung seiner Arbeitsleistung für den streitbefangenen Zeitraum vom 01.08.2002 bis 28.02.2003 als Koch aufgrund seines am 04.01.1999 erlittenen Arbeitsunfalls unmöglich.

III. Außerdem kann der Kläger von der Beklagten zu 2) weder die Freistellung von seiner Arbeitsleistung als Ausgleich für 76,5 Überstunden aus der Zeit von Januar bis Juni 2002 noch die hilfsweise geltend gemachte Abgeltung dieser Überstunden verlangen.

1. Ein Freistellungsanspruch scheitert schon daran, dass der Kläger der Beklagten zu 2) keinerlei Arbeitsleistung schuldet, von der er gegen Bezahlung freigestellt werden kann. Eine Arbeitsleistung als Koch kann er nicht erbringen, weil ihm dies aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 04.01.1999 dauernd unmöglich ist. Eine Arbeitsleistung als "technischer Administrator" schuldet der Kläger der Beklagten zu 2), wie festgestellt, nicht.

2. Der Kläger kann auch nicht hilfsweise Bezahlung der von ihm angeblich in dem Zeitraum von Januar bis Juni 2002 erbrachten 76,5 Überstunden gemäß § 611 BGB verlangen.

1. Der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, muss im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt ferner voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren (BAG 17.04.2002 ­ 5 AZR 644/00 ­ EzA § 4 TVG Ausschlussfrist Nr. 48; BAG 29.05.2002 ­ 5 AZR 370/01 ­ EzA § 611 BGB Mehrarbeit Nr. 10). Der Arbeitnehmer muss darlegen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht und dass er tatsächlich gearbeitet hat. Ist streitig, ob in einem Zeitraum Arbeitsleistungen erbracht worden sind, trifft den Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer muss darlegen, welche (geschuldete) Tätigkeit er ausgeführt hat (BAG 29.05.2002 - 5 AZR 370/01 - a.a.O.).

2. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist festzustellen, dass der Kläger nicht ausreichend dargelegt hat, dass und in welchem Umfang er Überstunden für die Beklagte zu 2) er erbracht hat.

IV. Schließlich kann der Kläger gegenüber der Beklagten zu 2) weder die insoweit hauptsächlich begehrte Feststellung verlangen, dass ihm noch 35 Urlaubstage zustehen noch kann er von der Beklagten die hilfsweise geltend gemachte Übertragung seines Resturlaubs 2002 auf das Jahr 2003 und auch nicht die erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise anhängig gemachte Abgeltung von 35 Urlaubtagen in Höhe von 2.177,00 brutto verlangen.

1. Soweit man das Feststellungsbegehren des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG für zulässig hält, ist es jedenfalls unbegründet.

a) Nach § 7 Nr. 7.1 Abs. 1 des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23.03.1995 i. d. F. der Änderungsvereinbarung vom 17.03.2002 (künftig: MTV) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub bis zu der in dem genannten Tarifvertrag festgesetzten Höhe. Nach § 7 Nr. 7.5.4 MTV muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitsnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

b) Soweit der Kläger für das Jahr 2001 den Bestand von 21 Urlaubstagen reklamiert, ist dem entgegen zu halten, dass dieser spätestens nach der vorstehenden tariflichen Regelung, die der gesetzlichen entspricht (§ 7 Abs. 3 Satz 1 ­ 3 BUrlG), am 31.03.2002 erloschen war. Dementsprechend ist der vom Kläger geltend gemachte Resturlaubsanspruch für 2002 in Höhe von 14 Arbeitstagen spätestens am 31.03.2003 erloschen.

2. Der hilfsweise geltend gemachte Leistungsantrag des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 2), seinen Resturlaub für 2001 und 2002 auf das Jahr 2003 zu übertragen, ist unzulässig, da es ihm bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Wenn ein gesetzlicher (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ) bzw. ein tarifvertraglicher (vgl. § 7 Nr. 7.5.4 Satz 2 MTV) Übertragungsgrund vorliegt, bedarf es zum Übergang des Urlaubsanspruchs nicht noch einer besonderen Handlung des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers. Vielmehr wird der Urlaub in diesem Fall automatisch kraft gesetzlicher bzw. tarifvertraglicher Regelung übertragen (vgl. nur BAG 23.06.1992 ­ 9 AZR 57/91 ­ EzA § 7 BUrlG Nr. 85).

c) Der erstmals in der Berufungsinstanz zulässigerweise gemäß § 263 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG hilfsweise anhängig gemachte Abgeltungsanspruch für 25 Urlaubstage ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG, der in Ermangelung eines tarifvertraglichen Urlaubsabgeltungsanspruchs die einzige Anspruchsgrundlage darstellt, unbegründet. Denn nach der vorstehend zitierten gesetzlichen Vorschrift ist ein Urlaubsanspruch, sofern er überhaupt noch besteht (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 BUrlG bzw. § 7 Nr. 7.5.4 Satz 1 und 2 MTV) nur abzugelten, wenn in Folge Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub nicht mehr durch bezahlte Freistellung gewährt werden kann. Im Streitfall ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) aber nicht beendet.

B.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Kläger als der unterlegenen Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG aufzuerlegen.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision für den Kläger nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.



Ende der Entscheidung

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