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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 967/07
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 5
Für die Frage, in welchem Umfang der familienbezogene Anteil am Ortszuschlag nach dem BAT bei der Überleitung in den TVöD in das Vergleichsentgelt gemäß § 5 TVÜ-VKA einfliesst, wenn das Arbeitsverhältnis des Ehegatten ebenfalls in den TVöD übergeleitet wird, kommt es nicht darauf an, ob der Ehegatte zum Zeitpunkt der Überleitung bzw. im Stichtagsmonat September 2005 Bezüge erhalten hat oder nicht. Auch wenn dies dazu führt, dass der Arbeitnehmer ein gegenüber dem Geltungsbereich des BAT verringertes Entgelt erhält, kann die bestehende Regelungslücke in dem TVÜ-VKA nicht durch eine ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, da zur Lückenschließung verschiedene Lösungsmöglichkeiten in Betracht kommen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

17 Sa 967/07

Verkündet am 24. September 2007

In dem Rechtsstreit

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24.09.2007 durch den Richter am Arbeitsgericht Barth als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Rodeck und den ehrenamtlichen Richter Dick

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 04.04.2007 - AZ: 5 Ca 280/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Parteien streiten über die Berechnung des Vergleichsentgelts bei der Überleitung des Klägers vom Anwendungsbereich des BAT zum TVöD.

Der Kläger ist Angestellter der beklagten Stadt und die Ehefrau des Klägers Angestellte der Sparkasse E.. Auf beide Arbeitsverhältnisse fand bis einschließlich 30.09.2005 der BAT Anwendung.

Die Ehefrau des Klägers befand sich in der Zeit vom 04.09.2005 bis mindestens zum 16.05.2007 in Elternzeit. Mit Schreiben vom 19.08.2005 teilte die beklagte Stadt dem Kläger folgendes mit:

"Sie beziehen z.Z. den Ortszuschlag der Stufe 1+1/2, da Ihre Ehefrau als Angestellte bei der Sparkasse E. beschäftigt ist.

Während der Zeit vom 04.09.2005 bis 16.05.2007 befindet sie sich jedoch in Elternzeit.

Daher besteht bei Ihnen ab 01.09.2005 ein Anspruch auf Zahlung des Ortszuschlages der Stufe 2.

..."

§ 29 BAT enthält hinsichtlich des Ortszuschlages folgende Regelung:

"...

B. Stufen des Ortszuschlages

(1) Zur Stufe 1 gehören die ledigen ... Angestellten ...

(2) Zur Stufe 2 gehören 1. verheiratete Angestellte ...

(5) Steht der Ehegatte eines Angestellten als Angestellter ...

im öffentlichen Dienst ... und stünde ihm ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 ... zu, erhält der Angestellte den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlags zur Hälfte; ..."

Der Kläger erhielt im Monat September 2005 einen Ortszuschlag der Stufe 2. Zum 01.10.2005 wurden sowohl das Arbeitsverhältnis des Klägers als auch das seiner Ehefrau in den TVöD überführt. Die Überführung in den Entgeltbereich des TVöD erfolgte auf der Grundlage des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13.09.2005. Dieser Tarifvertrag enthält u.a. folgende Regelung:

" § 5

Vergleichsentgelt

(1) Für die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TVöD wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge gemäß den Absätzen 2 bis 7 gebildet.

(2) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen setzt sich das Vergleichsentgelt aus der Grundvergütung, der allgemeinen Zulage und dem Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen. Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird nur die Stufe 1 zugrunde gelegt; findet der TVöD am 1. Oktober 2005 auch für die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages in das Vergleichsentgelt ein. ...

...

(6) Für Beschäftigte, die nicht für alle Tage im September 2005 oder für keinen Tag dieses Monats Bezüge erhalten, wird das Vergleichsentgelt so bestimmt, als hätten sie für alle Tage dieses Monats Bezüge erhalten; ..."

Nach Abschluss des TVÜ-VKA verhandelten die Tarifpartner über strittige Fragen. In der Verhandlungskommission wurde unter dem Datum des 26.10.2006 eine grundsätzliche Einigkeit erzielt. Hierzu teilte die Gewerkschaft ver.di ihren Mitgliedern in einem Informationsschreiben u.a. folgendes mit:

"Tarifverträge zur Überleitung verbessert

... Wenn beide Ehepartner in den TVöD übergeleitet wurden und bei einem der beiden das Arbeitsverhältnis seit September 2005 geruht hat, wird der sogenannte "Ehegattenanteil" ab 1. Oktober 2006 dem anderen Beschäftigten als abschmelzende Besitzstandszulage gezahlt."

Die Arbeitgeberseite weigerte sich anschließend, einen entsprechenden Tarifvertrag zu unterzeichnen.

Das dem Kläger ab Oktober 2005 gezahlte Entgelt wurde unter Einbeziehung eines Ortszuschlages der Stufe 1 1/2 berechnet. Wegen der Einzelheiten der Berechnung dieses Vergleichsentgelts wird auf das Schreiben der Beklagten vom 09.12.2005, Bl. 5 - 7 d.A., Bezug genommen.

Erstmals mit Schreiben vom 15.12.2005 forderte der Kläger die beklagte Stadt auf, ihm einen Ortszuschlag der Stufe 2 in Höhe von 106,90 € zuzuordnen und das Entgelt entsprechend neu festzusetzen. Mit der Klage vom 09.02.2007, die der Beklagten am 15.02.2007 zugestellt worden ist, hat der Kläger ausgehend von einem monatlichen Differenzbetrag in Höhe von 53,45 € für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 einen Betrag in Höhe von insgesamt 641,40 € und für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.01.2007 einen Betrag in Höhe von 213,80 € geltend gemacht.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hätte bei der Überleitung einen Ortszuschlag der Stufe 2 berücksichtigen müssen, da seine Ehefrau im Monat September 2005 ohne Bezüge beurlaubt gewesen sei. Es sei Grundlage des Tarifvertrages gewesen, dass Beschäftigte nicht schlechter stehen dürften als bei Fortbestehen des alten Tarifrechts. Er verweist zur Unterstützung seiner Auffassung auf eine von der Gewerkschaft ver.di erstellte Übersicht über das Ergebnis der Nachverhandlungen, wegen deren Einzelheiten auf die "Restantenliste - Verhandlungsergebnis vom 26. Oktober 2006/ 5.00 Uhr", Bl. 87 - 101 d.A., Bezug genommen wird. Außerdem hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Schreiben der beklagten Stadt vom 19.08.2005 ergebe sich eine Zusage hinsichtlich des Ortszuschlages der Stufe 2.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 641,40 EUR brutto sowie weitere 213,80 EUR brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, § 5 Abs.2 TVÜ-VKA stelle hinsichtlich der Zugrundelegung eines Ortzuschlages der Stufe 1 1/2 nur darauf ab, ob auch der Ehegatte unter den TVöD falle. Eine Regelung, dass im Fall einer Beurlaubung des Ehegatten im Stichtagszeitpunkt eine Überleitung mit der Stufe 2 stattfinde, gebe es nicht. Dem vom Kläger überreichten Verhandlungsstandspapier lasse sich deutlich entnehmen, dass auch die Gewerkschaft ver.di den TVÜ-VKA so verstehe.

Die Beklagte behauptet, die kommunalen Arbeitgeber hätten sich deshalb geweigert, die vom Kläger mit der "Restantenliste" wiedergegebene Einigung umzusetzen, da die Gewerkschaft ver.di ihrerseits eine Zusage zur Verlängerung der tariflichen Arbeitszeit nicht eingehalten habe.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat mit Urteil vom 04.04.2007 - 5 Ca 280/07 - die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Seine Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Wortlaut des § 5 Abs.2 S.2 Halbsatz 2 TVÜ-VKA sei eindeutig dahin zu verstehen, dass ein Ortzuschlag der Stufe 1 1/2 zugrunde zu legen sei, wenn beide Ehegatten zum TVöD übergeleitet würden. Für eine ergänzende Tarifvertragsauslegung gebe es keinen Raum, da für die Schließung einer etwaigen Lücke mehrere Möglichkeiten bestünden und es wegen der Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben müsse, für welche Lösungsmöglichkeit sie sich entscheiden wollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 04.04.2007, Bl. 228 - 237 d.A., Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, welches dem Kläger am 27.04.2007 zugestellt worden ist, hat er mit einem am 29.05.2007 - dem Dienstag nach Pfingsten - beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.07.2007 - mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger stützt die Berufung darauf, dass nach seiner Ansicht § 5 Abs.2 TVÜ-VKA anders auszulegen sei, als es in der angefochtenen Entscheidung geschehen sei. Wenn ein Ehegatte im Monat September 2005 wegen Elternzeit keinen Ortszuschlag erhalten habe, dürfe dieser bei der Berechnung des Vergleichsentgelts auch nicht berücksichtigt werden. Es gelte dann im Ergebnis nichts anderes, als wenn der Ehegatte in der Privatwirtschaft beschäftigt sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 04.04.2007, AZ. 5 Ca 280/07, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 855,20 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie vertritt die Ansicht, für die Auffassung des Klägers gebe es im Wortlaut des § 5 TVÜ-VKA keinen Anhaltspunkt. Die tarifvertragliche Regelung sei insgesamt sachgerecht. Wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde, dann würde er ab dem Zeitpunkt, an dem die Elternzeit seiner Ehefrau ende, besser gestellt als nach der bisherigen tariflichen Regelung. Dies hätten die Tarifvertragsparteien sicher nicht gewollt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs.1, 64 Abs.6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs.1 sowie Abs.2 Ziff. a) und b) ArbGG.

II. In der Sache hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen.

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Differenzlohnes in Höhe eines zusätzlichen halben Ortszuschlages aus § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA zu.

a) Diese Regelung kann nicht im Sinne des Klägers dahin ausgelegt werden, dass der Ortszuschlag Stufe 2 zugrunde zu legen ist, wenn der Ehegatte zwar unter den TVöD fällt, aber im Monat September 2005 wegen Elternzeit keinen Ortszuschlag erhalten hat.

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (vgl. nur BAG v. 22.10.2003 - 10 AZR 152/03 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG Rückwirkung; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 578/01 - AP Nr. 3 zu § 1 Tarifverträge: Wohnungswirtschaft). Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG v. 22.10.2003 - 10 AZR 152/03 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG Rückwirkung; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 578/01 - AP Nr. 3 zu § 1 Tarifverträge: Wohnungswirtschaft).

Schon der Wortlaut spricht gegen die Auffassung des Klägers. § 5 Abs. 2 S.2 Halbsatz 2 TVÜ - VKA stellt - anders als Halbsatz 1 - nicht darauf ab, ob der Ehegatte ortszuschlagsberechtigt ist, sondern allein darauf, ob auf dessen Arbeitsverhältnis ab dem 01.10.2005 der TVöD Anwendung findet (ebenso Clemenz/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, Kommentar, Loseblatt, Stand: Juni 2007, Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn.46).

Auch der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung spricht nicht dafür, das Vergleichsentgelt höher zu bemessen, wenn der Ehegatte zwar ebenfalls unter den TVöD fällt, aber im Monat September 2005 keinen Ortszuschlag erhalten hat. Durch § 5 TVÜ-VKA sollen die bisherigen familiären Umstände dauerhaft in das Vergleichsentgelt einfließen. Hierdurch soll grundsätzlich verhindert werden, dass sich das Familieneinkommen gegenüber den bisherigen Verhältnissen vermindert (Vgl. Bepler/Böhle/Martin/Stöhr, TVöD, Kommentar, Loseblatt (Stand: Juni 2007). Anders als der BAT kennt der TVöD nämlich keine familienbezogenen Entgeltbestandteile mehr (vgl. hierzu Clemenz/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn.45). Eine Erhöhung des Familieneinkommens soll aber durch die Regelungen des § 5 TVÜ-VKA vermieden werden (vgl. LAG Hamm v. 04.01.2007 - 17 Sa 1275/06 -). Genau hierzu würde aber die Auffassung des Klägers führen. Nach den Regelungen des BAT war es nämlich so, dass neben dem jedermann zustehenden Ortszuschlag der Stufe 1 die Erhöhung auf Stufe 2 davon abhing, ob ein Arbeitnehmer verheiratet ist. Fiel der Ehegatte ebenfalls unter den BAT, so wurde der familienbezogene Teil des Ortszuschlages jeweils zur Hälfte auf beide Ehegatten aufgeteilt. Dies sollte in das Vergleichsentgelt des § 5 TVÜ-VKA einfließen. Würde man hingegen im Sinne des Klägers berücksichtigen, dass ein Ehepartner im Monat September 2005 zwar unter den BAT fiel, aber - aus welchen Gründen auch immer - keine Bezüge erhielt, so würde eine daraus resultierende Erhöhung des Ortszuschlages auf Stufe 2 dauerhaft in das Vergleichsentgelt einfließen. Wenn der Ehegatte dann seinerseits wieder ein Entgelt bezöge, wäre das Gesamteinkommen beider Ehegatten gegenüber früher verbessert, denn eine nachträgliche Reduzierung des einmal festgesetzten Vergleichsentgelts sieht der TVöD nicht vor.

Die Auffassung des Klägers widerspricht zudem der Systematik des § 5 TVÜ-VKA. Dessen Absatz 6 regelt nämlich, dass für Beschäftigte, die nicht alle Tage im September 2005 Bezüge erhalten, das Vergleichsentgelt so bestimmt wird, als wären diese gezahlt worden. Hiervon wird u.a. die Ehefrau des Klägers nach Beendigung ihrer Elternzeit profitieren. Dann wäre es aber widersinnig, bei der Frage, in welcher Höhe der Ortszuschlag des Ehegatten zu berücksichtigen ist, von der abstrakten Berechnung auf die konkrete Zahlung im Monat September 2005 abzustellen.

Schließlich entspricht die hier vertretene Auffassung dem Verständnis beider Tarifvertragsparteien.

Für die Arbeitgeberseite lässt sich dies dem Rundschreiben der VKA v. 06.10.2005 - R 342/2005 - (abgedruckt bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn.47) entnehmen. Dort heißt es u.a.:

"7. ...

Wird die andere ortszuschlagsberechtigte Person ebenfalls in den TVöD übergeleitet, ist hiernach der Ortszuschlag mit dem individuell zustehenden Anteil am Ehegattenanteil in das Vergleichsentgelt einzubeziehen, andernfalls der Ortszuschlag der Stufe 1. 8. Für die/den in den TVöD überzuleitenden Angestellten, bei der/dem die andere Person keine Bezüge erhalten hat und bei der entsprechend der vorstehenden Ziffer 7 der Ortszuschlag mit dem individuell zustehenden Anteil am Ehegattenanteil in das Vergleichsentgelt einbezogen wird, fließt nicht der im September tatsächlich gezahlte Ortszuschlag der Stufe 2, sondern der Ortszuschlag mit dem individuell zustehenden Ehegattenanteil in das Vergleichsentgelt ein. ...

Dies führt allerdings bei am 1. Oktober 2005 andauerndem Erziehungsurlaub, Sonderurlaub oder den anderen Gründen, die die Nichtzahlung von Entgelt zur Folge haben, dazu, dass die/der Angestellte im Oktober 2005 im Vergleich zum September 2005 ein geringeres Entgelt erhält, nämlich im Regelfall den um den halben Ehegattenanteil verringerten Ortszuschlag im Vergleichsentgelt. ..."

Soweit sodann ausgeführt wird, es bestünden keine Bedenken dagegen, den weiteren halben Ehegattenanteil weiterzuzahlen, bis der andere Ehegatte die Arbeit wieder aufgenommen habe, handelt es sich lediglich um eine nicht bindende Empfehlung.

Die Gewerkschaft ver.di hat ihrerseits in dem vom Kläger überreichten Informationsschreiben zu dem - später nicht umgesetzten - Verhandlungsergebnis vom 26.10.2006 zum Ausdruck gebracht, dass sie für die hier vorliegende Fallkonstellation nach dem bisherigen Tarifvertrag nicht von einem Anspruch auf Zahlung des halben Ehegattenanteils beim Ortszuschlag ausgeht. In dem Schreiben wurde nämlich mitgeteilt, es sei für den Fall, dass beide Ehepartner in den TöVD übergeleitet wurden, das Arbeitsverhältnis eines der beiden Ehegatten aber im September 2005 ruhte, als Verbesserung erreicht worden, dass nunmehr der Ehegattenanteil als abschmelzende Besitzstandszulage gezahlt werde. Eine erreichte Verbesserung setzt aber zwingend voraus, dass zuvor eine für die Arbeitnehmer ungünstigere Regelung bestand.

b) Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass eine ergänzende Tarifauslegung hier nicht in Betracht kommt.

Tarifliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung zugänglich, wenn eine unbewusste Regelungslücke vorliegt und sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (vgl. BAG v. 20.05.1999 - 6 AZR 451/97 - AP Nr.9 zu § 611 BGB Arbeitszeit; BAG v. 03.11.1998 - 3 AZR 432/97 - AP Nr. 41 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; BAG v. 24.02.1988 - 4 AZR 614/87 - AP Nr.2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Schuhindustrie; BAG v. 10.12.1986 - 5 AZR 517/85 - AP Nr.41 zu § 2 MTB II; LAG Hamm v. 04.01.2007 - 17 Sa 1275/06 - n.v.). Fehlt es hieran, kommt eine Lückenschließung nur in Betracht, wenn eine bestimmte Regelung nach objektiver Betrachtung zwingend geboten ist (BAG v. 03.11.1998 aaO). Eine Lückenschließung scheidet aus, wenn verschiedene Möglichkeiten bestehen und es deshalb aufgrund der bestehenden Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben muss, für welche Lösungsmöglichkeit sie sich entscheiden wollen (vgl. BAG v. 20.05.1999 aaO; BAG v. 03.11.1998 aaO; BAG v. 10.12.1986 aaO; LAG Hamm v. 04.01.2007 aaO).

Es kann dahingestellt bleiben, ob hier überhaupt eine unbewusste Regelungslücke vorliegt. Jedenfalls scheidet eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus, da verschiedene Möglichkeiten hierfür bestehen.

Folgende denkbare Alternativen kommen hier in Betracht:

- Die Tarifvertragsparteien könnten darauf verzichten, den betroffenen Arbeitnehmern einen zusätzlichen Anspruch zu gewähren. Hierfür spricht, dass auch § 5 Absatz 6 TVÜ - VKA lediglich auf den abstrakten Verdienst des Monats September 2005 abstellt. Eine Berücksichtigung von Elternzeiten u.ä. in dem vorgenannten Monat wäre jedenfalls aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend geboten, da auch eine Elternzeit ab Oktober 2005 an der einmal vorgenommen Berechnung des Vergleichsentgelts nichts mehr ändern würde.

- Die Tarifvertragsparteien könnten umgekehrt regeln, dass einem Arbeitnehmer der volle Ortszuschlag der Stufe 2 zusteht, wenn sein Ehepartner im Monat September 2005 keine Bezüge erhält.

- Möglich wäre auch, dass die vorgenannte Variante damit verbunden wird, dass spätere Entgeltsteigerungen hierauf angerechnet werden, wie es dem von ver.di wiedergegebenen Ergebnis der Nachverhandlungen vom 26.10.2006 entsprochen haben soll.

- Weiter könnte eine befristete oder widerrufliche Zulage in Höhe des halben Ortszuschlags gezahlt werden.

- Denkbar wäre schließlich, den Ehegattenanteil zwar nicht in voller Höhe, dafür aber dauerhaft in das Vergleichsentgelt miteinzurechnen.

Der Tarifvertrag gibt keinen sicheren Anhaltspunkt, welche Lösung die Tarifvertragsparteien gewählt hätten. Es kann insbesondere nicht einfach auf das Ergebnis der Nachverhandlungen abgestellt werden. Zum einen könnte insoweit allenfalls auf den mutmaßlichen Willen der Gewerkschaft ver.di geschlossen werden, da das Verhandlungsergebnis von der Arbeitgeberseite gerade nicht durch Unterzeichnung eines Tarifvertrages umgesetzt wurde. Zum anderen erscheint es durchaus möglich, dass es sich hierbei lediglich um einen Gesamtkompromiss handelte, der ohne die anderen Regelungen dieses Verhandlungspakets nicht in die ursprüngliche Vereinbarung des TVÜ-VKA übernommen worden wäre.

2. Ein Anspruch des Klägers kann schließlich nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.08.2005 hergeleitet werden.

Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplanes gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel wollen sie nur die vorhandenen Normen vollziehen (vgl. nur BAG v. 11.10.1995 - 5 AZR 802/94 - AP Nr.9 zu § 611 BGB Arbeitszeit; BAG v. 16.01.1985 - 7 AZR 270/82 - AP Nr. 9 zu § 44 BAT). Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist (BAG v. 11.10.1995 aaO).

Das Schreiben vom 19.08.2005 enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dem Kläger eine Zusage unabhängig vom Bestehen tarifvertraglicher Verpflichtungen machen wollte. Es gibt vielmehr die damalige Rechtslage nach dem BAT zutreffend wieder. Dem Kläger musste klar sein, dass hierdurch keine Zusage für den Fall des Inkrafttretens des - zum damaligen Zeitpunkt noch nicht unterzeichneten - TVÜ-VKA bzw. des TVöD getätigt werden sollte.

B.

I. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

II. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG zugelassen, da eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage betroffen ist, die im Hinblick auf die Geltung des bundesweit anwendbaren TVÜ-VKA Auswirkungen auf einen größeren Teil der Allgemeinheit hat.

Ende der Entscheidung

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