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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.09.2003
Aktenzeichen: 4 (8) Sa 686/03
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 55
InsO § 210 InsO
1.Ansprüche des Arbeitnehmers aus einem vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag stellen unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer noch in der Arbeitsphase oder schon in der Freistellungsphase befindet, Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative InsO dar.

2.Arbeitsentgelt im Sinne des Altersteilzeitvertrages ist auch das um die Aufstockungsbeträge erhöhte Arbeitsentgelt.

3. Masseverbindlichkeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen jedenfalls dann keine neue Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 202 Abs. 2 Nr. 2 InsO dar und werden daher von dem Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO erfaßt, wenn die sich aus dem gegenseitigen Vertrag ergebende Leistung des anderen Teils nicht der Masse zugute gekommen ist.


3 Ca 2905/02

Verkündet am 17. September 2003

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Peter als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Siebeck und den ehrenamtlichen Richter Förster

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Berufung und Anschlussberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts O. vom 06.03.2003 werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die insolvenzrechtliche Behandlung von Forderungen aus einem zwischen ihnen vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Altersteilzeitvertrages, insbesondere darüber, ob es sich hierbei um einfache Insolvenzforderungen handelt.

Der Altersteilzeitvertrag zwischen den Parteien wurde am 08.08.2000 abgeschlossen, die vom Kläger danach zu erbringende reduzierte Arbeitszeit (Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit) ist danach so verteilt, dass der Kläger in der Zeit vom 01.09.2000 bis 31.07.2002 mit normaler voller Arbeitszeit arbeitet (Arbeitsphase) und in der Zeit vom 01.08.2002 bis 30.06.2004 freigestellt wird (Freistellungsphase). Das hiernach zu zahlende Entgelt ist unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit zu zahlen.

Am 01.09.2002 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet (Bl. 30 d. A.), in dem Beschluss wurde zugleich Masseunzulänglichkeit festgestellt.

Unter dem 02.09.2002 wurde der Kläger hierüber von der Beklagten unterrichtet, zugleich wurde mitgeteilt, dass der Altersteilzeitvertrag unberührt bliebe, die Ansprüche jedoch aus liquiditäts- und insolvenzrechtlichen Gründen nicht befriedigt werden könnten, der Kläger daher unter Umständen ein Leistungsverweigerungsrecht habe und er vorsorglich aufgefordert werde, Arbeitslosengeld zu beantragen.

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens der Beklagten erfolgte nicht. Seit dem 01.09.2002 erbrachte der Kläger keine Arbeitsleistung mehr für die Beklagte, mit vorliegender Klage nimmt er die Beklagte auf Zahlung der Gehälter ab September 2002 bis Januar 2003, hilfsweise auf Feststellung seiner Forderungen als Masseverbindlichkeit in Anspruch.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klage sei schon deshalb unzulässig, weil - unabhängig von der Qualifizierung der Forderungen als einfache Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeit - das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO greife. Die Unzulänglichkeit der Masse sei auch ordnungsgemäß durch den vorläufigen Insolvenzverwalter angezeigt worden unter dem 26.08.2002 (Anlage B 2, Bl. 133 d. A.); diese ausdrückliche Anzeige habe sich der durch den Eröffnungsbeschluss vom 01.09.2002 bestellte Sachverwalter zu Eigen gemacht.

Unabhängig hiervon sei jedenfalls mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 210 InsO ein Vollstreckungsverbot für Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO eingetreten.

Vorliegend handle es sich auch um keine Ansprüche aus sogenannten Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 2 InsO.

Zumindest seien die Aufstockungsbeträge nicht als Arbeitsentgelt zu qualifizieren, sondern hätten als freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers den Charakter einer Abfindung.

Der Kläger vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass alle Ansprüche, einschließlich der Aufstockungsbeträge Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO seien. Jedenfalls für Ansprüche aus Januar 2003 greife das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO nicht, weil es sich hierbei um Neumasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO handle.

Da eine ordnungsgemäße Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht vorliege - diese setze nach § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus - greife das Vollstreckungsverbot auch nicht für die geltend gemachten Ansprüche bis Dezember 2002.

Der Kläger hat beantragt,

a) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.120,60 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 4.764,92 € sowie abzüglich eines Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 270,65 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2002 zu zahlen,

b) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.784,20 € netto (Aufstockungsleistung) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2002 zu zahlen,

c) die Beklagte zu verurteilen, den Beitrag für die Monate September 2002 bis Januar 2003 in Höhe von 541,30 € an die B. Pensionskasse VvaG zu zahlen,

d) die Beklagte zu verurteilen, an die Einzugsstelle bzw. den Rentenversicherungsträger für die Monate September 2002 bis Januar 2003 den Aufstockungsbeitrag in Höhe von 1.345,10 € zu zahlen

hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger gegen die Beklagte die Forderungen nach den Ziffern a - d des Hauptantrages als Masseansprüche zustehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Ansprüche des Klägers als Masseverbindlichkeiten qualifiziert und dem Anspruch des Klägers für Januar 2003 stattgegeben, im Übrigen die Klage nach § 210 InsO als unzulässig angesehen.

Mit der zulässigen Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter; mit der zulässigen Anschlussberufung nimmt der Kläger die Beklagte auch für die geltend gemachten Beträge bis Dezember 2002 im Wege der Leistungsklage in Anspruch.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten und die zulässige Anschlussberufung des Klägers sind unbegründet.

Dies ergibt sich im Einzelnen aufgrund folgender Erwägungen:

I.

In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht - insoweit wird zugleich auf die angefochtenen Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes Bezug genommen - geht die Kammer entgegen der Auffassung der Beklagten davon aus, dass es sich bei den Ansprüchen des Klägers um Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative InsO handelt.

Danach sind Masseverbindlichkeiten auch Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

1. Höchstrichterlich ist, soweit ersichtlich, diese Frage unter der Geltung der neuen Insolvenzordnung noch nicht entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich in der Entscheidung vom 05.12.2002 - 2 AZR 571/01 - zu II 2 der Entscheidungsgründe ausgeführt, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Freistellungsphase tatsächlich dazu führe, dass die Entgeltanspr üche des Arbeitnehmers nicht wie Schadensersatzansprüche nach § 113 Abs. 1 Satz 3 InsO bloße Insolvenzforderungen seien, sondern trotz der bereits erbrachten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers als Masseforderungen zu behandeln seien, sei nicht zu entscheiden.

2. Die Kammer sieht diese Forderungen auch nach der Konzeption der neuen Insolvenzordnung als Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative InsO aufgrund folgender Erwägungen an:

Aus § 108 InsO folgt zunächst, dass Dienstverhältnisse mit Wirkung für und gegen die Masse fortbestehen und nach Verfahrenseröffnung neu entstehende Ansprüche Masseverbindlichkeiten werden, wie sich aus der Regelung in § 108 Abs. 2 InsO ergibt: Danach können Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem anderen Teil nur als Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden.

Von diesem Ausgangspunkt ausgehend sind aber Arbeitsentgeltansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung vom Insolvenzverwalter entgegen genommen wird oder nicht,

Masseverbindlichkeiten im Sinne dieser Vorschrift (statt aller Andres in Nehrlich/Römermann, § 55 InsO Rdz. 45, Münchener Kommentar, Insolvenzordnung, Hefermehl, 2001, § 55 InsO Rdz. 168). Infrage steht einer Verbindlichkeit der Beklagten aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Der Anspruch entsteht, gerade weil das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt worden ist, jeweils für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung neu.

Soweit die Beklagte demgegenüber darauf verweist, nach dem sogenannten Äquivalenzprinzip könnten nur solche Leistungen Masseverbindlichkeiten auslösen, die der Masse tatsächlich zufließen und sie damit tatsächlich bereichern, überzeugt dies aufgrund der dargelegten Gesetzeskonzeption nicht. Es wäre Sache des Gesetzgebers gewesen, diesem Äquivalenzprinzip im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung durch eine entsprechende Fassung der Vorschriften Rechnung zu tragen. Dies ist aber nicht geschehen.

Die hier vertretene Auffassung wird durch die weitere Überlegung gestützt, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur alten Konkursordnung (vgl. dazu Urteil vom 08.12.1998 - 9 AZR 622/97 - = AP Nr. 9 zu § 60 Konkursordnung) der Anspruch des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug, soweit er nach Eröffnung des Konkursverfahrens fällig wurde, als Masseanspruch nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 Konkursordnung beurteilt wurde (zu II 1 der Entscheidungsgründe). Es ist aber nicht ersichtlich, dass diese Rechtsprechung durch die Fassung der Vorschriften in der neuen Insolvenzordnung beseitigt werden sollte; hierzu ergeben sich aus der Gesetzesbegründung nach Auffassung der Kammer keine greifbaren Anhaltspunkte.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hängt die Beurteilung als Masseverbindlichkeit auch nicht davon ab, ob der Arbeitnehmer sich bei dem hier vorliegenden Altersteilzeitmodell in der Arbeitsphase oder schon in der Freistellungsphase befindet.

Die Kammer folgt hierzu der insbesondere vom Münchener Kommentar (Müller- Glöge § 611 Rdz. 17 sowie Hanau ZIP 2002, 2228) vertretenen Auffassung, wonach die Altersteilzeit auch im Blockmodell nicht die Entgeltstruktur im Arbeitsverhältnis ändert, sondern alleine die Arbeitszeit variiert. Dementsprechend entsteht auch während der Freistellungsphase der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers Monat für Monat sukzessive neu. Der geschlossene Arbeitsvertrag ist allein der Rechtsgrund dafür, dass die Leistungspflichten und damit auch die Entgeltpflichten monatlich neu begründet werden.

Dementsprechend besteht der Regelungsgegenstand des Altersteilzeitvertrages letztlich in der Anpassung der Arbeitszeitstruktur an das gewünschte Blockmodell. Der Altersteilzeitvertrag (§ 4) sowie die hierzu ergangene Betriebsvereinbarung (K.el Nr. 7) legen fest, dass das Entgelt unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit für die Gesamtdauer des Altersteilzeitverhältnisses fortlaufend zu zahlen ist, so dass vor diesem Hintergrund das abgeschlossene Altersteilzeitarbeitsverhältnis ein fortlaufendes Arbeitsverhältnis darstellt, das lediglich die Besonderheit aufweist, dass während der Freistellungsphase eine der Hauptleistungspflichten - die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers - suspendiert wird, ohne dass dadurch der Charakter des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis und damit auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur monatlichen Zahlung des Entgeltes geändert wird.

Zusammenfassend:

Aus § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative InsO lässt sich das von der Beklagten in diese Vorschrift.hineingelesene. Äquivalenzprinzip nicht entnehmen. Hierzu hätte es - erst Recht angesichts der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur alten Konkursordnung - einer entsprechenden positiv gesetzlichen Regelung bedurft, die aber gerade nicht erfolgt ist. Dementsprechend kommt es bei der hier infrage stehenden Beantwortung der Frage, ob eine Masseverbindlichkeit im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, nicht ddarauf an, dass die Masse tatächlich eine entsprechende Gegenleistung erhalten hat.

II.

Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten ist Arbeitsentgelt im Sinne des Altersteilzeitvertrages auch das um die Aufstockungsbeträge erhöhte Arbeitsentgelt, wie sich aus der insoweit eindeutigen Regelung in § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a und § 4 Abs. 1 Ziffer 2 Altersteilzeitgesetz ergibt. Überlegungen der Beklagten unter Bezugnahme auf Leibrock, Altersteilzeitarbeit 2001, Seite 358 und Andresen, Frühpension und Altersteilzeit, 3. Aufl., Rdz. 547 den Aufstockungsbeträgen den Charakter einer Abfindung zuzuerkennen sind, sowohl angesichts des Gesetzestextes als auch des hiermit verfolgten Anliegens, dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine reduzierte Arbeitszeit ein gleichbleibendes Einkommen sowohl der Arbeits- als auch der Freistellungsphase zu garantieren, verfehlt. Dieses gleichbleibende Einkommen ist nichts anderes als das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers.

III.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts geht die Kammer jedoch in Übereinstimmung mit der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung davon aus, dass der erhobenen Leistungsklage des Klägers auch für den Anspruch ab Januar 2003 das Rechtsschutzbedürfnis deshalb fehlt, weil insoweit gleichfalls das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO eingreift.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Anspruch ab Januar 2003 nicht um eine sogenannte Neumasseverbindlichkeit im Sinne des § 202 Abs. 2 Nr. 2 InsO.

1. Nach dieser Vorschrift sind Masseverbindlichkeiten im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 auch solche Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, für die Zeit nach dem ersten Termin, zudem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte.

2. Diese Vorschrift bedarf einer einschränkenden Auslegung nach dem hiermit verfolgten Gesetzeszweck:

Zwar verweist der Kläger zutreffend darauf, dass nach dem Wortlaut dieser Regelung, erfolgt eine Kündigung des Insolvenzverwalters nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Zeit nach dem ersten Termin nicht, die Annahme einer sogenannten Neumasseverbindlichkeit nahe liegt. Hiergegen spricht jedoch, dass dieser Regelung ersichtlich die Konzeption zugrunde liegt, dass - erfolgt eine solche Kündigung nicht - der Insolvenzverwalter aufgrund des dann weiterhin bestehenden Dauerschuldverhältnisses auch die Gegenleistung zur Masse erhält.

Zwar verkennt die Kammer nicht, dass § 209 die Reihenfolge der Befriedigung von Massegläubigern in massearmen Verfahren regelt und damit die alte Regelung in § 60 Konkursordnung ersetzt, weil es Anliegen des Gesetzgebers gewesen war, die als kompliziert und nicht in allen Einzelheiten überzeugend empfundene Rangfolge durch eine einfache und präzise Regelung zu ersetzen (vgl. dazu Westphal in Nehrlich/Römermann, § 209 Rdz. 2 m. w. N.). Dies ändert nach Auffassung der Kammer jedoch nichts daran, dass damit die.alte. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Regelung in § 60 Konkursordnung (vgl. BAG vom 08.12.1998 a. a. O.) nicht überholt wird: Danach war für die konkursrechtliche Behandlung eines Anspruches allein maßgeblich, dass er nicht durch tatsächliche Leistung zur Konkursmasse beigetragen und der damalige Insolvenzverwalter nicht im Interesse der Massegläubiger auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zurückgegriffen hat. Wenn aber in § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO ersichtlich davon ausgegangen wird, dass bei Unterbleiben einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter zwangsläufig die sich aus dem gegenseitigen Vertrag ergebende Leistung des anderen Teils zur Masse gelangt, ist es weiterhin gerechtfertigt, für arbeitsvertragliche Entgeltansprüche auf die Heranziehung zur tatsächlichen Arbeitsleistung abzustellen. Anderenfalls würde der insoweit unveränderte Zweck der gesetzlichen Neukonzeption, wie er auch schon zu der alten Konkursordnung bestanden hat, als während der Insolvenz zu befriedigende Verbindlichkeiten nur solche zu behandeln, bei denen eine Gegenleistung zur Masse erfolgt ist, verfehlt. Damit würde zugleich, müssten Verbindlichkeiten, bei denen eine Gegenleistung nicht zur Masse gelangt ist, auch während des laufenden Insolvenzverfahrens seitens des Insolvenzverwalters befriedigt werden, die Aufrechterhaltung, d. h. Fortführung des insolventen Betriebes, unnötig erschwert.

Unabhängig hiervon war vorliegend eine Kündigung während der Freistellungsphase überhaupt nicht dem Insolvenzverwalter nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 05.12.2002, 2 AZR 571/01) möglich. Aus diesem weiteren Grunde kann es sich daher um keine Neumasseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO handeln, weil insoweit gerade eine Kündigung ausgeschlossen ist.

IV.

Entgegen der Auffassung der Anschlussberufung ist auch vorliegend die Masseunzulänglichkeit ordnungsgemäß angezeigt worden. Es bedurfte hierzu entgegen der Auffassung des Klägers keiner erneuten Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 208 Abs. 1 InsO.

Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit in einem förmlichen Verfahren nach der Insolvenzordnung geregelt ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass vorliegend aufgrund des Gutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters (Anlage B 2) seitens des Insolvenzgerichtes die Masseunzulänglichkeit im Eröffnungsbeschluss festgestellt worden ist und sich die Beklagte die hier festgestellte Masseunzulänglichkeit zu Eigen gemacht hat, als sie es unterließ, diese Anzeige zurückzunehmen. Entscheidend ist allein, dass Masseunzulänglichkeit für alle Beteiligten bekannt gemacht worden ist, so dass kein Zweifel bestehen konnte, dass diese festgestellte Masseunzulänglichkeit fortwirkt. Es wäre eine durch nichts zu rechtfertigende Förmelei, wollte man in Fallgestaltungen vorliegender Art eine erneute Anzeige der Masseunzulänglichkeit trotz bereits zuvor festgestellter Masseunzulänglichkeit im Eröffnungsbeschluss verlangen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt hat die Kammer für beide Parteien die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.



Ende der Entscheidung

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