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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 240/08
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 615
BGB § 626 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1)Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 13.12.2007 - 1 Ca 1469/07 v - wird zurückgewiesen.

2)Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

3)Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

4)Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Der am 01.10.1975 geborene verheiratete Kläger ist dem 01.11.2004 bei der Beklagten als Maschinenarbeiter beschäftigt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 2.000,-- €. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung.

Die Beklagte hat das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis am 12.02.2007 aus betrieblichen Gründen gekündigt. Der hiergegen erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Wuppertal - 1 Ca 471/07 v - am 10.05.2007 statt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 14.05.2007 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis erneut, und zwar nunmehr fristlos und hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin.

Mit seiner am 23.05.2007 beim Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gemachten Klage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit beider Kündigungen geltend gemacht und die Zahlung von Vergütung für die Monate April bis November 2007 begehrt.

Der Kläger hat beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 14.05.2007 nicht aufgelöst worden ist.

2. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 14.05.2007 nicht zum 30.07.2007 aufgelöst worden ist.

3. die Beklagte wird verurteilt, an ihn 1.644,30 € brutto nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2007 zu zahlen abzüglich auf die Agentur für Arbeit aufgrund Bezugs von Arbeitslosengeld übergegangener Ansprüche.

4. für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu 1. und 2. wird die Beklagte ferner verurteilt, für die Monate Mai bis einschließlich November 2007 an den Kläger am letzten Tag des Monats 1.644,30 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem jeweils ersten Tag des Folgemonats zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, sie habe nach der Gerichtsverhandlung am 10.05.2007 von dem Zeugen U. erfahren, dass der Kläger in der Vergangenheit massive Drohungen ausgesprochen hätte. So habe der Kläger Mitte Februar 2007 unter anderem erklärt, wenn ich entlassen werde, dann bringe ich alle um. Der Kläger hätte die Mitarbeiter ferner gefragt, ob sie schwimmen könnten und ob sie auch in Blut schwimmen könnten. Die Beklagte hat ferner behauptet, der Kläger hätte geäußert, ganz Deutschland werde brennen. Er hätte zudem angekündigt, eine Bombe bauen zu wollen. Schließlich hätte der Zeuge C. gesehen, dass der Kläger einen Verpackungsbehälter mit großer Wucht auf die Brust des Mitarbeiters E. geworfen hätte.

Die Beklagte hat darüber hinaus auf eine Ermahnung vom 12.12.2006 verwiesen, die folgenden Wortlaut hat:

Sehr geehrter Herr A.,

wir haben Sie als aufrichtigen und fleißigen Mitarbeiter kennengelernt. Trotzdem ist in letzter Zeit einiges aufgefallen, welches wir zu verbessern bzw. zu unterlassen bitten. Nachstehend führen wir diese Punkte im Einzelnen auf:

1.) Häufiges Fehlen durch Krankmeldungen/Urlaub mit verspäteter Entschuldigung (ist seit Sept. 3 x vorgekommen)

2.) Unkonzentriertes Arbeiten mit Folgen: 2 St. Räumwerkzeuge sind zerbrochen, Schaden: ca. 2.500,-- €

Verletzung an Hand mit Krankschreibung

3.) Störung des Betriebsfriedens durch Äußerungen innerbetrieblich wie: "hier fliegt alles in die Luft"

Mehrere Kollegen haben sich beschwert, weil sie Angst hatten.

4.) Frauenfeindliche Äußerungen bei Kunden J., Zeuge:

Betriebsleiter: S. J.

5.) Vorgeschriebene Pausen müssen eingehalten werden

6.) Keine privaten Telefongespräche per Handy im Damen-Umkleideraum während der Arbeitszeiten. Zeuge: H.

H. + S. J.

Wir sind sicher, dass Sie vorgenannte Punkte verbessern werden und hoffen künftig auf eine störungsfreie Zusammenarbeit.

Die Beklagte hat schließlich behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten hätten sich am 11.05.2007 geweigert, mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten. Sie hätten angedroht, die Arbeit niederzulegen und sich draußen auf den Hof zu stellen, wenn der Kläger seine Arbeit im Betrieb wieder aufnehmen würde.

Der Kläger hat bestritten, die ihm vorgeworfenen Äußerungen getätigt zu haben. Er hat darauf verwiesen, dass kein Mitarbeiter sich bedroht oder sonstwie gefährdet gesehen hätte. Die Beklagte würde seine "Sprücheklopferei" maßlos übertrieben darstellen, um die gescheiterte vorherige Kündigung zu reparieren.

Mit Urteil vom 13.12.2007 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal - 1 Ca 1469/07 v - dem Klagebegehren entsprochen. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, entgegen der Darstellung des Beklagten sei nicht von ernst gemeinten Drohungen des Klägers auszugehen, die die verhaltensbedingten Kündigungen rechtfertigen könnten. Auch einen tätlichen Angriff auf einen anderen Mitarbeiter habe die Beklagte nicht substantiiert darstellen können. Sofern deshalb überhaupt ein Fehlverhalten des Klägers vorliege, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, eine Abmahnung auszusprechen.

Die Voraussetzungen für eine so genannte Druckkündigung lägen darüber hinaus ebenfalls nicht vor. Es sei insoweit nicht erkennbar geworden, dass die anderen Mitarbeiter der Beklagten tatsächlich mit schwerwiegenden Reaktionen gedroht hätten, die zu schweren Nachteilen im Betrieb hätten führen können. Auch habe es die Beklagte versäumt, sich schützend vor den Kläger zu stellen und gegebenenfalls Schlichtungsversuche zu unternehmen.

Die Beklagte hat gegen das ihr 24.01.2008 zugestellte Urteil mit einem am 01.02.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 28.02.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie wiederholt ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und erneuert ihre Behauptung, dass der Kläger in der Vergangenheit wiederholt Drohungen ausgesprochen hätte, die bei den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Angst verursacht hätten. Die Beklagte hat hierzu auf entsprechende schriftliche Erklärungen verschiedener Mitarbeiter verwiesen (Bl. 124 bis 133 d. A.) und konkret behauptet, der Kläger hätte Mitte Februar 2007 mit den Worten gedroht "wenn ich entlassen werde, dann bringe ich alle um". Er hätte am 29.11.2006 damit gedroht, eine Bombe zu bauen und angekündigt, "dass hier alles in die Luft fliegen würde". Zudem hätte er gegenüber dem Zeugen C. erklärt, er solle bloß auf seine Familie aufpassen. Auf dem Velberter Marktplatz werde das Blut nur so spritzen und er, der Kläger, werde alle umbringen.

Die Beklagte begehrt darüber hinaus hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und verweist darauf, dass die übrigen Mitarbeiter der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten, weil sie nicht bereit wären, sein Fehlverhalten zu akzeptieren. Sie hätten vor dem Kläger Angst. Insgesamt sei der Betriebsfrieden aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers zerstört, die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit könne nicht wiederhergestellt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 13.12.2007 wird geändert, die Klage wird abgewiesen,

hilfsweise, das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus der ersten Instanz. Er verweist darauf, dass keine seiner Äußerungen, die er im Übrigen bestreite, von den Kollegen ernst genommen worden wäre. Insofern hätte sich auch niemand geweigert, mit ihm weiter zusammenzuarbeiten oder sich sonstwie beschwert.

Das Landesarbeitsgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 24.06.2008 Beweis erhoben über die Behauptungen der Beklagten zu den Drohungen des Klägers durch Vernehmung der Zeugen C., U. und H.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.08.2008 verwiesen (Bl. 169 bis 178 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 14.05.2007 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 31.03.2007 beendet worden, weil die Kündigung weder durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB noch durch im Verhalten des Klägers liegende Gründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war.

1. Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist für die Beklagte nicht ersichtlich.

Nach der vorbezeichneten Norm kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts ist im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB zu prüfen, ob der Kündigungssachverhalt unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. Alsdann sind - in einer zweiten Stufe - bei der erforderlichen Interessenabwägung alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles darauf zu überprüfen, ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen (BAG, 20.11.1997 - 2 AZR 805/96 - n. v.; BAG, 20.01.1994 - 2 AZR 521/93 - AP Nr. 115 zu § 626 BGB). Nach übereinstimmender Meinung in Literatur und Rechtsprechung sind danach Tätlichkeiten, Bedrohungen oder grobe Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten und Arbeitskollegen grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben. Die Bedrohung auch eines Arbeitskollegens ist, wenn sie nachhaltig und ernsthaft erfolgt, eine derart schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, dass sie regelmäßig auch ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung berechtigen kann (LAG Düsseldorf, 16.07.2003 - 12 Sa 690/03 - LAGE § 280 BGB 2002 Nr. 1).

Wer eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, ist darlegungs- und beweisbelastet für die Umstände, die als wichtige Gründe geeignet sein können. Der Kündigende muss somit die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in vollem Umfang darlegen und beweisen. Kündigt also der Arbeitgeber, so ist er es, der alle Umstände, die den Vorwurf begründen, der Arbeitnehmer habe vertragswidrig und schuldhaft gehandelt, darlegen und gegebenenfalls beweisen muss (LAG Düsseldorf, 16.07.2003, a. a. O.; vgl. auch: BAG, 19.12.1991 - 2 AZR 367/91 - n. v.).

2. Der Beklagten ist es auch nach Durchführung einer Beweisaufnahme im zweiten Rechtszug nicht gelungen, die von ihr dem Kläger zur Last gelegten Drohungen zu beweisen. Die Aussagen der im Termin vom 21.08.2008 vernommenen Zeugen waren insgesamt bereits unergiebig und damit nicht geeignet, das Vorbringen der Beklagten zu stützen.

2.1 Soweit die Beklagte dem Kläger zum Vorwurf macht, er hätte Mitte Februar 2007 mit den Worten gedroht, er würde alle umbringen, wenn er entlassen würde, ist genau diese Äußerung durch den Zeugen U. nicht bestätigt worden.

Der Zeuge konnte in seiner Vernehmung zu dem konkreten, unter Beweis gestellten Vorfall im Zusammenhang mit dem Ausspruch der vorhergehenden Kündigung überhaupt keine Erklärung abgeben. Der Zeuge U. war nur in der Lage, sich konkret an einen Vorfall aus dem Jahre 2006 zu erinnern. In diesem Zusammenhang bestätigte er, dass der Kläger dem Zeugen C. gesagt haben sollte, er solle aufpassen, dass sein (des Zeugen C.) Hund nicht dessen Familie beiße.

Die erkennende Kammer hatte bereits Schwierigkeiten, in diesen Hinweisen des Klägers eine ernsthafte Bedrohung des Zeugen U. oder des Zeugen C. zu sehen. Alle weiteren, vom Zeugen U. in seiner zu den Akten gereichten Erklärung vom 25.03.2008 dargestellten Bedrohungen konnten von ihm nur vage und zeitlich ungeordnet bestätigt werden. Insgesamt musste der Zeuge dann am Schluss seiner Vernehmung einräumen, dass er sich durch die Äußerungen des Klägers "nicht direkt bedroht" gefühlt hätte, dass er dagegen nicht vorgegangen und schon gar nicht bei der Polizei erschienen wäre. Eine Begründung für dieses Verhalten war er - trotz mehrmaliger Nachfragen des Gerichts und der Prozessbevollmächtigten - nicht in der Lage zu liefern.

2.2 Auch die Aussage des Zeugen C. bleibt letztlich unergiebig. Er schilderte in seiner Vernehmung zunächst den Vorfall mit dem Hund und vermochte insoweit noch den Eindruck zu vermitteln, dass die Äußerungen des Klägers wegen des sich ändernden Tonfalls durchaus bedrohlich gewirkt haben könnten. Auch der Zeuge C. musste allerdings auf wiederholte Nachfragen einräumen, dass er es unterlassen hätte, zur Polizei zu gehen oder sich zeitnah bei der Geschäftsleitung zu beschweren.

Darüber hinaus musste auch der Zeuge C. einräumen, dass er die in seiner Erklärung vom 25.03.2008 zusammengefassten Angaben im polizeilichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger nicht hatte bestätigen können. Auch er war nicht in der Lage, die Diskrepanz in seinen Aussagen zu erklären und konkrete Angaben über die genauen Vorfälle zu machen.

2.3 Auch die Aussage des Zeugen H. ist letztlich unergiebig geblieben. Der Zeuge H. konnte sich konkret an einen Vorfall von Ende November 2006 erinnern. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Kläger Äußerungen über "Geister in der Maschine" getätigt haben. Der Zeuge bestätigte weiter, dass der Kläger in der Vergangenheit einen Verpackungsbehälter auf einen Kollegen geworfen hätte.

Der Zeuge H. bestätigte außerdem zunächst, dass seine - ebenfalls in einer Erklärung vom 25.03.2008 zusammengefassten - Bekundungen zu vielfältigen terroristischen Äußerungen des Klägers so richtig waren.

Alsdann musste er allerdings auf nachhaltiges Befragen der Kammer und der Prozessbevollmächtigten eingestehen, dass er die von ihm bestätigten terroristischen Äußerungen so nicht gehört hätte. Er räumte schließlich auch ein, über Details seiner Aussage und der der anderen Zeugen einen Tag vor der Gerichtsverhandlung mit dem Geschäftsführer der Beklagten gesprochen zu haben.

2.4 Muss nach dem oben unter 2.1 bis 2.3 zusammengefassten davon ausgegangen werden, dass die vernommenen Zeugen nicht in der Lage waren, die im Beweisbeschluss wiedergegebenen Drohungen des Klägers zu bestätigen, so kommt hinzu, dass ihre Aussagen auch überwiegend unglaubhaft und sie selbst damit unglaubwürdig gewesen sind. Alle drei Zeugen hatten zunächst konkret einen bestimmten Vorfall, an den sie sich offensichtlich auch erinnern konnten, geschildert. Dabei bleibt auffällig, dass die jeweils zugeordnete Beweisfrage von ihnen aber gerade nicht konkret beantwortet werden konnte. Alle Zeugen mussten dann im Verlaufe ihrer Vernehmung einräumen, dass die zunächst schriftlich niedergelegten Äußerungen in dem angegebenen Umfang von ihnen nicht bestätigt werden konnten. Hinzu kommt bei den Zeugen U. und C., dass sie zumindest insoweit die Unwahrheit gesagt haben, als es um die vorhergehende Absprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten ging. Die erkennende Berufungskammer hatte jedenfalls insgesamt den Eindruck, dass die Aussagen der Zeugen in Teilbereichen abgesprochen waren und jedenfalls nicht in vollem Umfang den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach.

2.5 Darüber hinaus bleibt in materieller Hinsicht aber auch festzuhalten, dass keiner der Zeugen in der Lage gewesen ist, ernsthafte Bedrohungen des Klägers darzustellen, die die außerordentliche Kündigung begründen könnten. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist zum einen überhaupt nicht erkennbar geworden, welches (vorwerfbare) Verhalten des Klägers vorgelegen haben könnte, das nicht bereits in der Ermahnung vom 12.12.2006 angesprochen worden war. Die ihm zur Last gelegte Äußerung vom 12.02.2007 konnte keiner der Zeugen konkret bestätigen. Demnach verbleibt allenfalls der vom Zeugen C. bestätigte Vorfall vom 13.12.2006. Der angesprochene Vorfall mit dem Hund des Zeugen ist indessen sicherlich nicht geeignet, als nachhaltige und ernsthafte Bedrohung angesehen zu werden.

Dem entspricht im Übrigen insgesamt das Verhalten der vernommenen Zeugen. Sie waren zwar durchaus bereit, die Ernsthaftigkeit der Äußerungen des Klägers zu betonen. Keiner konnte allerdings erklären, weshalb sie bis zum Mai 2007 zuwarteten, um die Vorfälle aus dem Jahr 2006 bei der Geschäftsführung bekannt zu machen. Hätten sie sich wirklich bedroht gefühlt oder Angst gehabt, hätten sie sicherlich auch entsprechende Konsequenzen gezogen und sich an die Geschäftsführung oder gegebenenfalls die Polizei gewendet. Da sie dies nicht taten, kann von einer ernsthaften Bedrohung und damit von einem an sich geeigneten Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht ausgegangen werden.

3. Die ordentliche fristgerechte Kündigung vom 14.05.2007 ist sozial ungerechtfertigt und damit ebenfalls rechtsunwirksam, § 1 Abs. 2 KSchG.

3.1 Der Beklagten ist es nicht gelungen, Gründe substantiiert darzulegen und unter Beweis zu stellen, die die ordentliche Kündigung rechtfertigen könnten.

3.1.1 Für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung genügen solche, im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien zumindest die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts- oder vertragswidrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist; die Leistungsstörung muss dem Arbeitnehmer vorwerfbar sein. Es genügt insgesamt ein Vorfall, der einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen kann (BAG, 17.01.2008 - 2 AZR 536/06 - NZA 2008, 693).

3.1.2 Wie bereits oben unter Ziffer 2 umfänglich dargestellt, ist auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht erkennbar geworden, dass der Kläger seine Kolleginnen und Kollegen ernsthaft bedroht haben könnte. Fehlt es demnach schon an einem Sachverhalt, der sich als rechts- oder vertragswidrige Pflichtverletzung eignen könnte, musste auch die ordentliche fristgerechte Kündigung vom 14.05.2007 als unbegründet bezeichnet werden.

3.2 Dies gilt gleichermaßen, soweit sich die Beklagte auf eine von ihr geschilderte Drucksituation beruft.

3.2.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine als Kündigungsgrund angeführte Drucksituation alternativ unter den Gesichtspunkten verhaltens- bzw. personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung geprüft werden. Eine Druckkündigung liegt demnach vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangten. Dabei sind grundsätzlich zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen in dessen Person liegenden Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht, wobei das bloße Verlangen Dritter, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen, nicht ohne weiteres geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. In diesem Fall hat sich der Arbeitgeber schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen und alles ihm zumutbare zu versuchen, um Dritte von deren Drohung abzubringen. Nur dann, wenn diese Versuche des Arbeitgebers keinen Erfolg haben, die Belegschaft also beispielsweise ernsthaft die Zusammenarbeit mit dem betroffenen Arbeitnehmer verweigert, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein (BAG, 31.01.1996 - 2 AZR 158/95 - AP Nr. 13 zu § 626 BGB; BAG, 19.06.1986 - 2 AZR 563/85 - AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

3.2.2 Hiernach kann weder von einer ernsthaften Ablehnung der Zusammenarbeit mit dem Kläger gesprochen werden noch von entsprechenden Schutzmaßnahmen der Beklagten. Sie hat zwar auch im Berufungsrechtszug unter Hinweis auf die Befragung der Mitarbeiter am 25.03.2008 vorgetragen, dass sämtliche Mitarbeiter eine Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten. Schon aus den oben dargestellten Zeugenaussagen der Mitarbeiter U., C. und H. ergibt sich aber, dass sie zu einem großen Teil die dort zusammengefassten Erklärungen gar nicht abgegeben hatten oder diese nicht der Wahrheit entsprachen. Dann aber kann schon von einer ernsthaften Ablehnung aller Mitarbeiter und damit verbundenen schweren Nachteilen der Beklagten nicht ausgegangen werden.

Die Beklagte hat es darüber hinaus aber vor allen Dingen unterlassen, sich schützend vor den Kläger zu stellen. Sie hat in keiner Weise deutlich gemacht, inwieweit sie versucht hat, nach dem 11.05.2007 zwischen den beteiligten Arbeitnehmern zu schlichten und zu versuchen, zu einer gedeihlichen weiteren Zusammenarbeit zurückzukehren. Dann aber ist es ihr verwehrt, sich auf die behauptete Drucksituation zur Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung zu berufen.

4. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.

4.1 Stellt das Gericht in einem Kündigungsrechtsstreit fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst worden ist, hat es nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine Sozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetz ist damit vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Dieser Grundsatz wird durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass - bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers - eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen allerdings nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG, 23.06.2005 - 2 AZR 256/04 - AP Nr. 52 zu § 9 KSchG 1969; BAG, 07.03.2002 - 2 AZR 158/01 - AP Nr. 42 zu § 9 KSchG 1969).

4.2 Hiernach ist ein Auflösungsgrund zu Gunsten der Beklagten nicht ersichtlich. Die Beklagte hat sich in der Berufungsbegründung allein auf die Störung des Betriebsfriedens aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers berufen. Sie hat ohne nähere Konkretisierung vorgetragen, dass die übrigen Mitarbeiter der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten und vor dem Kläger Angst hätten. Bereits oben unter Ziffer 3.2.2 ist aber aufgezeigt worden, dass schon dieser pauschale Sachvortrag nicht stimmen kann und vor allen Dingen nicht aufzeigt, wie ernsthaft die angedrohten Sanktionen der namentlich nicht genannten Mitarbeiter gemeint sind. Dann aber ist auch nicht erkennbar, weshalb eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist. Auch in diesem Zusammenhang wäre die Beklagte gut beraten gewesen, Schlichtungsversuche zu unternehmen, um die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Da dies nicht geschehen ist, konnte der Auflösungsantrag keinen Erfolg haben.

5. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 14.05.2007 hinaus fortbesteht, war die Beklagte gemäß §§ 611, 615 BGB verpflichtet, die dem Kläger zustehende Vergütung zu zahlen. Auf die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil wird insoweit verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 72 ArbGG zuzulassen. Die Kammer hat geprüft, ob Gründe im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen, die eine Zulassung der Revision bedingt hätten. Das Vorliegen derartiger Zulassungsgründe ist insgesamt zu verneinen gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a Abs. 1 ArbGG verwiesen.



Ende der Entscheidung

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