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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.09.2001
Aktenzeichen: 6 Sa 1496/00
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Zu den Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich des Ausschlusses einer anderweitigen zumutbaren (ggf. auch höherwertigen) Beschäftigungsmöglichkeit bei Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers aufgrund unternehmerischer Entscheidung.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1496/00

Verkündet am: 25.09.2001

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25.09.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roden als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Heidorn und den ehrenamtlichen Richter Rademacher

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 24.05.2000 - 3 Ca 303/00 -abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 03.01.2000 zum 31.07.2000 nicht aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung.

Der 1951 geborene Kläger war seit dem 10.06.1981 zunächst bei der Firma Z., einer Dienstleistungsgesellschaft im Unternehmensverband der Beklagten, als Operator beschäftigt. Zum 01.03.1990 wechselte er zur Beklagten und war dort als Operator innerhalb der Hauptabteilung "Einbauküchentechnik" tätig. In der Zeit vom 26.05.1998 bis 16.08.1999 war er wegen eines Rückenleidens arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte beabsichtigte zunächst, das Arbeitsverhältnis zum Kläger wegen seiner langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Nach dem Kläger seine Arbeit wieder aufgenommen hatte, stützte die Beklagte nunmehr die beabsichtigte Kündigung sowohl im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG als auch im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach dem Schwerbehindertengesetz des weiteren auf betriebsbedingte Gründe. In diesem Zusammenhang führte sie an, durch Einführung der Software SAP zum 01.01.2000 entfalle der bisherige Arbeitsplatz des Klägers. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger sei nicht gegeben, da andere vergleichbare Arbeitsplätze nicht vorhanden seien.

Mit Schreiben vom 03.01.2000 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.07.2000 "aus betriebsbedingten Gründen" nach vorausgegangener Zustimmung der Hauptfürsorgestelle mit Bescheid vom 21.12.1999.

Die hiergegen vom Kläger fristgemäß erhobene Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Wuppertal durch Urteil vom 24.05.2000 - 3 Ca 303/00 - im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, infolge der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, der Einführung der SAP-Software, sei der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen; vergleichbare Arbeitsplätze seien bei der Beklagten nicht vorhanden, so dass auch eine Austauschbarkeit unter sozialen Gesichtspunkten nicht in Betracht gekommen sei.

Zur näheren Sachdarstellung und wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er die Sozialwidrigkeit der streitgegenständlichen Kündigung weiterhin geltend macht.

Er rügt insbesondere die Annahmen des Arbeitsgerichts als unzutreffend, wonach die Beklagte zum einen keine vergleichbaren Arbeitnehmer mehr beschäftige und zum anderen, dass die von der Beklagten im Zusammenhang mit der Einführung der SAP-Software neu eingestellten Mitarbeiter von ihrer Qualifikation und dem künftigen Aufgabengebiet als sogenannte Auftragsprüfer mit ihm nicht vergleichbar seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 24.05.2000 - 3 Ca 303/00 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch der Kündigung der Beklagten vom 03.01.2000 zum 31.07.2000 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach der vorliegend gebotenen Anwendung der Regelung des § 543 Abs. 1 ZPO unter Bezugnahme auf den Inhalt der von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 03.01.2000 zum 31.07.2000 nicht aufgelöst worden. Die ordentliche Kündigung kann entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht als sozial gerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG angesehen werden und ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG).

Zwar ist nach dem vorliegend unstreitigen Sachverhalt davon auszugehen, dass infolge der Einführung der SAP-Software im Bereich der Einbauküchenfertigung und -konstruktion bei der Beklagten die vom Kläger inne gehabte Aufgabenstellung als Operator in diesem Bereich weggefallen ist.

Die aus Anlass dieser organisatorischen Maßnahme dem Kläger gegenüber ausgesprochene Kündigung kann aber nur dann als sozial gerechtfertigt - d. h. durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt - angesehen werden, wenn die Beklagte auch keine Möglichkeit hatte, den Kläger anderweitig weiterzubeschäftigen. Dies folgt aus dem "ultima ratio-Grundsatz", dem vor allem bei der betriebsbedingten Kündigung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts maßgebliche Bedeutung zukommt. Danach stellt der Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit für einen Arbeitnehmer noch nicht ohne weiteres ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG für eine ordentliche Kündigung dar. Die Kündigung muss vielmehr wegen der betrieblichen Lage "unvermeidbar" sein. Insofern wird durch das Merkmal der "Dringlichkeit" der betrieblichen Erfordernisse der "ultima ratio-Grundsatz" für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung konkretisiert (BAG, Urteil vom 27.09.1984 - 2 AZR 62/83 - unter B II der Gründe), dessen normative Ausprägung insbesondere in § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 b und S. 3 Kündigungsschutzgesetz enthalten ist. Denn nach dieser normativen Regelung ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz nicht nur in dem selben Betrieb sondern auch in einem Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann.

Eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger war vorliegend auf einem der im Zusammenhang mit der Einführung der SAP-Software im Einbauküchenbereich bei der Beklagten gleichzeitig neu eingerichteten Arbeitsplätzen für vier weitere sogenannte "Auftragsprüfer" gegeben, die von der Beklagten u. a. durch Neueinstellungen von drei externen Bewerbern besetzt worden sind.

Die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung, ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen i. S. d. Schutznorm des § 1 Abs. 2 KSchG setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung ein "freier" Arbeitsplatz vorhanden ist und dass es sich hierbei um einen "vergleichbaren" Arbeitsplatz handelt.

Diese Voraussetzungen sieht die Berufungskammer vorliegend als gegeben an.

Die Beklagte hat im Zusammenhang mit der SAP-Einführung unstreitig vier neue Arbeitsplätze für sogenannte Auftragsprüfer eingerichtet und diese nach ihrem Sachvortrag im Einzelnen bereits zum 01.07., 12.07., 01.10. und 04.10.1999 besetzt, da sie bis zum Praxisstart mit der SAP-Software eine monatelange Einarbeitung der Auftragsprüfer für erforderlich hielt. Zum gleichen Zeitpunkt stützte die Beklagte ihre Kündigungsabsicht im Rahmen der Beteiligung des Betriebsrats sowie der Hauptfürsorgestelle auf betriebsbedingte Gründe, nämlich den Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers infolge der Einführung der SAP-Software zum 01.01.2000. Erfolgen aber - wie vorliegend -die Besetzung der freien Stellen und die Kündigung gleichermaßen aufgrund eines einheitlichen Entschlusses, so sind beide Erklärungen des Arbeitgebers bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 1 KSchG auch als eine Einheit zu würdigen. Der Arbeitgeber kann sich jedenfalls nach § 162 BGB nicht auf den von ihm durch die vorweggenommene Stellenbesetzung selbst verursachten Wegfall der freien Stelle im Kündigungszeitpunkt berufen (BAG, Urteil vom 15.12.1994-2 AZR 320/94 - zu B IM 2 der Gründe).

Das Erfordernis der Vergleichbarkeit des freien Arbeitsplatzes mit den bisherigen Vertragsbedingungen des Arbeitnehmers bei der Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit wird aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgeleitet, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach dem Normzweck des Kündigungsschutzgesetzes nur insoweit konkretisiert sei, als das Arbeitsverhältnis in seinem bisherigen Bestand und Inhalt geschützt werden solle (so BAG, Urteil vom 29.03.1990 - 2 AZR 369/89 -). Trotz dieser einschränkenden Ausdeutung des gesetzlichen Bestandsschutzes - für die sich nach Auffassung der Berufungskammer dem Gesetzeswortlaut zwingende Anhaltspunkte nicht entnehmen lassen - hat das Bundesarbeitsgericht andererseits zuletzt in seiner Entscheidung vom 10.11.1994 - 2 AZR 242/93 - aus dem ultima ratio-Gebot auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung auf einem durch Umstrukturierung geschaffenen höherwertigen Arbeitsplatz abgeleitet, wenn der Arbeitgeber unter Beibehaltung bisheriger Arbeitskapazitäten durch Änderung der Arbeitsabläufe den Arbeitsplatz zu einer Beförderungsstelle umgestaltet. Beispielhaft führt das Bundesarbeitsgericht zur Unterstützung seine Entscheidung aus dem Jahre 1968 an, in der es darum ging, dass ein Flugunternehmen seinen Flugzeugpark von Propellermaschinen auf Jets umgestellt hat, was den Arbeitgeber nicht berechtigt habe, den bisher beschäftigten Piloten "betriebsbedingt" zu kündigen, um sich auf dem freien Arbeitsmarkt nach jüngeren und besser ausgebildeten Piloten umzusehen (BAG, Urteil vom 07.05.1968 -1 AZR 407/67 - BAGE 21, 6).

Daraus folgt, dass der gesetzliche Bestandsschutz auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht keine Einschränkung der zumutbaren Weiterbeschäftigung nur zu gleichwertigen bzw. schlechteren Arbeitsbedingungen gebietet. Im vorliegenden Fall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass mit der Neueinführung der SAP-Software im Einbauküchenbereich bei der Beklagten die bisherigen Arbeitskapazitäten keineswegs abgebaut worden sind, sondern durch Änderung der Arbeitsabläufe sogar neue Arbeitsplätze entstanden sind, wäre deshalb eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem dieser neu geschaffenen Arbeitsplätze auch dann in Betracht zu ziehen, wenn es sich hierbei um eine Weiterbeschäftigung zu besseren Vergütungsbedingungen handeln sollte.

Hierauf kommt es vorliegend aber nicht entscheidungserheblich an, da nach dem Sachvortrag der Parteien davon auszugehen ist, dass der für eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Betracht kommende freie Arbeitsplatz eines Auftragsprüfers" mit seinen bisherigen Arbeitsbedingungen als Operator durchaus vergleichbar ist. Die Darlegungslast für den Ausschluss einer zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und damit auch für eine nicht vorhandene Vergleichbarkeit obliegt insoweit dem Arbeitgeber (§ 1 Abs. 2 S. 4 KSchG).

Das Merkmal des "vergleichbaren" freien Arbeitsplatzes entspricht dem der "Vergleichbarkeit" der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 KSchG. Diese richtet sich in erster Linie nach arbeitsbezogenen Merkmalen und somit nach der bislang ausgeübten Tätigkeit. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion des anderen Arbeitnehmers bzw. die anderweitige Beschäftigung wahrnehmen kann. Das ist nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fähigkeit und Ausbildung die andersartige (gleichwertige) Tätigkeit ohne Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen ausführen kann (BAG, Urteil vom 15.06.1989 -2 AZR 580/88 - zu II der Gründe).

Einer der neuen Arbeitsplätze in der Auftragsprüfung/-erfassung bei der Beklagten hätte dem Kläger ohne Änderung seiner bisherigen Arbeitsbedingungen, d. h. ohne erforderliche Vertragsänderung übertragen werden können, da in seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich die Übertragung einer anderen, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit der Beklagten vorbehalten ist. Soweit dies nur "bei unveränderten Bezügen" geschehen konnte, ist dieser Einschränkung die Bedeutung beizumessen, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt sein sollte, die Vergütungsbedingungen einseitig zu ungunsten des Arbeitnehmers zu ändern.

Die Beklagte macht allerdings geltend, dass die neuen Arbeitsplätze der Auftragsprüfer" schon deshalb mit dem Arbeitsplatz des Klägers nicht vergleichbar seien, weil auf der Grundlage der Stellenbeschreibung für die Auftragsprüfung davon auszugehen sei, dass diese Tätigkeiten in der Gehaltsgruppe K/T 5 des GRA-Metall NRW richtig eingruppiert seien, während die Tätigkeit des Klägers als Operator in die Gehaltsgruppe K 4/4 zutreffend eingruppiert sei. Dementsprechend seien die in der Auftragsbearbeitung beschäftigten langjährigen Mitarbeiter in der Gehaltsgruppe K 5 eingruppiert. Dem ist der Kläger mit substantiierten Einwänden nicht nur hinsichtlich der zutreffenden tariflichen Bewertung seiner bisherigen Tätigkeit, sondern insbesondere auch hinsichtlich der tatsächlichen tariflichen Eingruppierung der auf den freien Arbeitsplätzen neu eingestellten .Auftragsprüfer" entgegengetreten. Die Beklagte hat daraufhin einräumen müssen, dass die neu eingestellten Auftragsprüfer nicht in die Gehaltsgruppe K/T 5 des GRA-Metall NRW, sondern nach dem Einzelhandelstarifvertrag eingruppiert worden sind, ohne die tatsächliche tarifliche Einstufung dieser Mitarbeiter zu konkretisieren. Schon aus diesem Grunde lässt sich vorliegend aus dem Gesichtspunkt einer nicht übereinstimmenden tariflichen Einstufung der in Betracht zu ziehenden Arbeitsplätze - wofür die Darlegungspflicht bei der Beklagten liegt - kein Rückschluss auf eine tatsächlich fehlende Gleichwertigkeit der anderweitigen Beschäftigung ziehen.

Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit des freien Arbeitsplatzes kommt es somit entscheidend darauf an, ob der Kläger von seiner Vorbildung einschließlich des beruflichen Werdegangs, d. h. von seinen Kenntnissen und Fähigkeiten als geeignet anzusehen ist, dem Anforderungsprofil für den freien Arbeitsplatz eines Auftragsprüfers zu entsprechen. Dabei ist nach Auffassung der Berufungskammer nicht auf ein von der Beklagten für die Besetzung der neuen Stellen im Verlauf des Rechtsstreits skizziertes theoretisches Anforderungsprofil abzustellen, sondern auf die Eignungsanforderungen, wie sie bei der tatsächlichen Besetzung der freien Stellen durch die Auswahl der konkreten Personen zutage getreten sind.

Der Kläger macht insoweit geltend, dass er für die neuen Arbeitsplätze in der Abteilung Auftragsprüfung und -erfassung von seinen Kenntnissen und Fähigkeiten gerade auch aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bei der Beklagten und der dabei erworbenen Produktkenntnisse zumindest die gleiche Eignungsqualifikation wie die neu eingestellten Mitarbeiter aufzuweisen habe, so dass es lediglich seiner Einarbeitung bedurft hätte, wie sie auch diesen Mitarbeiter zuteil geworden ist.

Demgegenüber ist das Vorbringen der Beklagten, mit dem sie eine mangelnde Qualifikation des Klägers im Gegensatz zu der Qualifikation der als .Auftragsprüfer" neu eingestellten Mitarbeiter belegen möchte, in sich widersprüchlich und deshalb auch nicht geeignet, die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers auf einem der freien Arbeitsplätze auszuschließen.

So hat die Beklagte nach ihrem eigenen Sachvortrag die vier freien Stellen per 01.07. bzw. 01.10.1999 mit drei externen Bewerbern, Frau K., Herrn W. und Herrn Z. sowie dem bislang seit 1978 in der Küchenmontage beschäftigten Mitarbeiter H. besetzt. Als ausschlaggebende Qualifikationsgesichtspunkte für die Auswahl dieser Mitarbeiter werden von der Beklagten angeführt: Frau K. und W. seien ausgebildete technische Zeichner und verfügten über sehr gute CAD- bzw. SAP- und EDV-Kenntnisse. Herr Z. sei Facharbeiter für Holztechnik im Innenausbau und für sie in den letzten zwei Jahren als freier Küchenfachberater tätig gewesen, er verfüge aber auch über sehr gute Produktkenntnisse durch eine fünfjährige Tätigkeit im V. Küchenverkauf. Bei Herrn H. werden eine fünfzehnjährige Erfahrung in der Küchenmontage, bei Reklamationsabwicklung sowie Planungsänderung und Kenntnisse in der kaufmännischen Abwicklung der Küchenaufträge hervorgehoben. Die Beklagte ist bei diesen Neueinstellungen nach ihrem Sachvortrag davon ausgegangen, dass bis zum Praxisstart mit SAP eine monatelange Einarbeitung der Auftragsprüfer erforderlich sein werde. Die neuen Mitarbeiter seien auch von Anbeginn in die SAP-Bedienung eingearbeitet worden; Voraussetzung für die Einstellung seien jedoch entsprechende Vorkenntnisse für die Aufgabenstellung gewesen, da lange Einarbeitungszeiten unvertretbar gewesen wären.

Auffallend ist bei den angeführten Qualifikationen der einzelnen Mitarbeiter zunächst, dass diese im Hinblick auf die Anforderungen eines einheitlichen Aufgabenfeldes höchst divergieren. Als widersprüchlich und unverständlich stellt sich sodann allerdings die in Anbetracht dieser Qualifikationsangaben von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung dar, der Kläger verfüge als gelernter Schlosser nicht einmal über die erforderlichen CAD-Kenntnisse, geschweige denn Einsatzerfahrungen und Produktkenntnisse und sei deshalb keineswegs in der Lage, die Aufgaben in der Auftragsprüfung unter Einsatz von CAD- und SAP-Technologie innerhalb von drei Monaten zu beherrschen. Hierzu im Einzelnen:

Dass für die Neueinstellung als .Auftragsprüfer" die Berufsausbildung als technischer Zeichner Voraussetzung wäre, hat die Beklagte selbst nicht behauptet. Wie die Angaben zur beruflichen Qualifikation bei den Herrn Z. (Facharbeiter für Holztechnik) und H. ("Kundendiensttechniker" mit den hervorgehobenen Berufserfahrungen) demgegenüber ausweisen, wareine ganz bestimmte berufliche Qualifikation keine Einstellungsvoraussetzung für die Neueinstellungen als Auftragsprüfer. Die Berufsausbildung des Klägers als Schlosser und Feinmechaniker kann deshalb mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auch nicht als Einstellungshindernis für die spezifische Tätigkeit der Auftragsprüfung angesehen werden.

Die von der Beklagten des weiteren vorausgesetzten CAD- und SAP-Vorkenntnisse waren nach ihrer Darstellung auch nur bei den externen Bewerbern K. und W. vorhanden, so dass die Beklagte von dem Erfordernis einer monatelangen speziellen Einarbeitung in die SAP-Bedienung bei den Auftragsprüfern ausgegangen ist. Weshalb gerade der Kläger, der eine zwanzigjährige Berufserfahrung als Operator bei der Beklagten vorweisen kann, mit seinen speziellen EDV-Kenntnissen in diese SAP-Bedienung nicht in kürzester Zeit hätte eingewiesen werden können, lässt sich dem Sachvortrag der Beklagten allerdings nicht entnehmen.

Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die "neuen" Mitarbeiter von Anbeginn, d. h. ihrer Einstellung zum 01.07. bzw. 01.10.1999, eingearbeitet worden seien, bestand auch insoweit kein Hinderungsgrund, diese Einarbeitung in gleicher Weise dem Kläger zuteil werden zu lassen, der nach Behebung seiner gesundheitlichen Beschwerden ab dem 16.08.1999 wieder im Dienst war.

Schließlich macht die Beklagte geltend, dass Einstellungsvoraussetzung jedenfalls "entsprechende Vorkenntnisse für die Aufgabenstellung" gewesen seien, wie beispielsweise die Mitarbeiter H. und Z. spezielle Vorkenntnisse -sowohl Vorwerkproduktkenntnisse als auch kaufmännische Kenntnisse -vorweisen könnten, was beim Kläger nicht der Fall sei. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Einstellungsvoraussetzungen aber auch bei den externen Bewerbern K. und W. nicht vorhanden waren. Der Kläger reklamiert demgegenüber das Vorhandensein einschlägiger Produktkenntnisse, die er aufgrund jahrelanger Berufstätigkeit bei der Beklagten als Operator erfahren hat. Hiervon ist auch auszugehen, da nach der eigenen Kennzeichnung der Beklagten der Kläger als Operator "für die EDV-Überwachung des Produktionsablaufes" zuständig war - eine Funktion von der angenommen werden kann, dass sie einschlägige Produktkenntnisse zumindest vermittelt, wenn sie überhaupt ohne solche wahrgenommen werden kann.

Übrig bleibt der Einwand der Beklagten, eine Einarbeitung des Klägers für den freien Arbeitsplatz sei insbesondere deshalb nicht in Betracht gekommen, weil er die erforderlichen "kommunikativen Fähigkeiten" für die Funktion eines Auftragsprüfers nicht vorzuweisen vermocht habe: Er sei weder in der Lage, Sachverhalte logisch, prägnant und präzise darzustellen, noch spreche er flüssig oder drücke sich klar und treffend aus.

Abgesehen davon, dass diese Behauptungen laut Einlassung der Beklagten im Berufungstermin in dieser krassen Form nicht aufrecht erhalten bleiben sollten, vermochte die Beklagte die angeblichen kommunikativen Defizite beim Kläger auf keinerlei vorausgegangene Leistungsbewertung, geschweige denn auf konkrete, eine solche Negativbewertung rechtfertigende Sachverhaltsablaufe zu stützen. Der unsubstantiierte Einwand war deshalb auch einer Beweiserhebung nicht zugänglich.

In Anbetracht der von der Beklagten sodann im Einzelnen aufgezeigten Einarbeitungs- und Einweisungsmaßnahmen, wie sie den in der Auftragsprüfung neu eingestellten Mitarbeitern zuteil geworden sind, gelangte die Berufungskammer schließlich zu der Erkenntnis, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben sind, den Kläger bei entsprechender Einweisung nicht in gleicherweise auf einem der freien Arbeitsplätze in der Auftragsprüfung weiterbeschäftigen zu können.

Das Urteil des Arbeitsgerichts, das die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung unter dem Gesichtspunkt einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit einer näheren Überprüfung nicht unterzogen hat, war aus diesen Gründen abzuändern und der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zu entsprechen.

Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich gebotener Anlass (vgl. § 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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