Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.06.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 100/05
Rechtsgebiete: TzBfG, HdaVÄndG, HRG 2002, HRG 2000, HRG 2004


Vorschriften:

TzBfG § 14
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 8
TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 8
TzBfG § 17
HdaVÄndG § 53
HdaVÄndG § 57 a Abs. 1
HdaVÄndG § 57 b Abs. 1
HdaVÄndG § 57 b Abs. 1 S. 2
HdaVÄndG § 57 b Abs. 3
HdaVÄndG § 57 f Abs. 1
HRG 2002 § 53
HRG 2002 §§ 57 ff.
HRG 2002 §§ 57 a ff.
HRG 2002 § 57 b
HRG 2002 § 57 b Abs. 1 S. 2
HRG 2002 § 57 f
HRG 2000 § 57 b
HRG 2000 § 57 b Abs. 5
HRG 2000 § 57 b Abs. 5 2. Hs.
HRG 2004 § 57 f Abs. 1
1) Aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 27.07.2004 - 2 BvF 2/02 - sind arbeitsvertragliche Befristungen nach dem Hochschulrahmengesetz 2002 unwirksam; sie sind nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG wirksam.

2) Die unwirksamen Befristungen sind rueckwirkend nach § 57 f Abs. 1 HdaVAendG vom 27.12.2004 (BGBl. I 3835) wirksam geworden; verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 100/05

Verkündet am 06. Juni 2005

In Sachen

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 06.06.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Mußmann und den ehrenamtlichen Richter Frauenschlager

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.12.2004 - 4 Ca 7743/04 - wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit 2002 zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Düsseldorf tätig. Nach seiner Promotion am 22.05.2003 beschäftigte ihn das beklagte Land als wissenschaftlichen Mitarbeiter in Teilzeit weiter. Die monatliche Bruttovergütung betrug 1.909,87 €. Der letzte Vertrag vom 13.10.2003 war auf die Zeit vom 03.11.2003 bis zum 31.12.2004 befristet. § 2 des Arbeitsvertrages sieht vor, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen bestimmt.

Die Befristungsabrede in § 1 Ziff. 2. und 4. des Vertrags vom 13.10.2003 lautet wie folgt:

Herr F. L. wird ab dem 03.11.2003 eingestellt als nichtvollbeschäftigter Mitarbeiter mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten auf bestimmte Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach § 57a ff. HRG in der Fassung vom 08.08.2002 nach § 57b Abs. 1 S. 2 HRG nach Abschluss der Promotion für die Zeit bis zum 31.12.2004.

Datum der Promotion: 22.05.2003

Mit Urteil vom 27.07.2004 erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG - 2 BvF 2/02, NJW 2004, S. 2803 ff.) die Neuregelung des HRG im Rahmen des 5. Änderungsgesetzes vom 16.02.2002 in der Fassung vom 08.08.2002 insgesamt von Anfang an für nichtig. Die Wirkung der Nichtigkeit umfasst auch die §§ 57a ff. HRG 2002, auf welchen die Befristung des Vertrages beruhte.

Der Kläger hat sich mit seiner beim Arbeitsgericht am 18.10.2004 eingegangenen Klage gegen die Befristung aus dem Vertrag vom 13.10.2003 gewandt und behauptet, die Betreuung der Praktikanten habe die überwiegende Beschäftigung dargestellt, da die Praktika ganztags laufen würden; von Beginn des Arbeitsverhältnisses seien ihm vier Praktikanten zugeordnet worden, eine weitere Praktikantin sei in Jahr 2004 hinzugekommen. Die Tätigkeiten an dem Projekt "Molekularbiologie der Tardigraden" und weitere Tätigkeiten für den Institutsleiter seien vom Zeitumfang her zurückgetreten. Insbesondere sei er gerade zur Betreuung der Praktika eingestellt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Partein auf Grund des Arbeitsvertrages vom 13.10.2003 nicht mit dem 31.12.2004 beendet wird.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat den Klageabweisungsantrag damit begründet, der Kläger habe durch seine Tätigkeiten in der Industrie verschiedene Methoden erlernt und angewendet, welche er nun in das begonnene Projekt "Molekularbiologie der Tardigraden" eingebracht habe. Damit seien die bisherigen Arbeiten des beklagten Landes auf diesem Gebiet ergänzt und bereichert worden.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 15.12.2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Befristung sei durch das Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Da die Befristung nach der zum Zeitpunkt des Vertragschlusses auf einer damals geltenden gesetzlichen Regelung beruhte, deren Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, liege insofern ein ungeschriebener Rechtsgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG vor. Des weiteren werde dieses Ergebnis durch den Vergleich mit den Fällen des § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 8 TzBfG gestützt. Wenn bereits die Mitwirkung des Gerichts an einem Vergleich für einen sachlichen Grund ausreiche, müsse dies auch für herrschendes Recht zum Zeitpunkt des Vertragschlusses gelten, da dieses ebenso wie das Gericht eine Paritätsstörung bei Vertragschluss verhindere.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen diese Entscheidung. Er meint, entgegen der Begründung des Arbeitsgerichts sei ein Rückgriff auf die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 TzBfG nicht gerechtfertigt, da das Vertrauen auf die Gültigkeit einer gesetzlichen Regelung keinen Befristungsgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG darstelle. Die Befristung könne nicht auf unwirksame Normen gestützt werden, wie dies hier im Fall des von Anfang an nichtigen HRG 2002 getan werde. Dies führe zu einer Umgehung des Urteils des BVerfG, wenn letztendlich die erfüllten Voraussetzungen eines inzwischen nichtigen Gesetzes als ungeschriebener Sachgrund anerkannt würden. Ebenso sei der Hinweis auf gerichtliche Vergleiche fehlerhaft, da die Unterzeichnung einer Befristungsabrede im Arbeitsvertrag durch den Arbeitnehmer nicht dessen Wunsch nach dieser zu entnehmen sei. Deshalb sei der Vergleich mit § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 8 TzBfG nicht zulässig.

Am 11.02.2005 schlossen die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag ab dem 02.05.2005 bis zum 29.02.2008 ab. Die Befristung dieses Arbeitsvertrages bezieht sich auf das HRG in der aktuellen Fassung vom 27.12.2004 (HRG 2004 BGBl I 3835).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. 12.2004 - 4 Ca 7743/04 - abzuändern und nach dem Antrag erster Instanz zu entscheiden.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land behauptet, der neue Arbeitsvertrag vom 11.02.2005 sei vorbehaltlos abgeschlossen worden. Sie meint, dass die Befristung des bisher streitigen Arbeitsvertrages nicht mehr zu prüfen sei, da nun allein der neue Arbeitsvertrag maßgebend sei. Zudem verweist es auf das HdaVÄndG vom 27.12.2004.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis richtig entschieden.

I.

Die Berufung ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil die Parteien am 11.02.2005 einen neuen befristeten Arbeitsvertrag abschlossen.

1. Bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen unterliegt zwar grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages der Befristungskontrolle. Mit Abschluss eines neuen unbefristeten Vertrages geben die Parteien zu erkennen, dass künftig nur der neue Vertrag für die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgeblich sein soll. Denn des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die vorhergehende Befristung unwirksam und das Arbeitsverhältnis deshalb unbefristet ist. Andernfalls könnte die Situation entstehen, dass sowohl ein befristeter als auch ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit gleichem Inhalt nebeneinander bestehen. Diese schließen sich jedoch gegenseitig aus. Dieses Ergebnis lässt sich nur vermeiden, wenn der neue Arbeitsvertrag einen Vorbehalt hinsichtlich der noch nicht geklärten Befristung enthält (BAG Urteil vom 30.10.1987 - 7 AZR 115/87 - NZA 1988, S. 734).

2. Einen derartigen Vorbehalt haben die Parteien bei Abschluss des Vertrages vom 11.02.2005 ausdrücklich nicht erklärt. Schließen die Parteien jedoch nach Rechtshängigkeit einer auf Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung gerichteten Klage nach § 17 TzBfG einen neuen Arbeitsvertrag, so ist die streitige Befristung zu überprüfen. Der Arbeitgeber muss aufgrund der ihm zugestellten Befristungskontrollklage damit rechnen, dass der Arbeitsnehmer bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht. Schließen die Parteien in dieser Situation einen weiteren befristeten Vertrag, so darf der Arbeitnehmer diesem Angebot die ausdrückliche Erklärung entnehmen, dass dieser Vertrag nur gelten solle, sofern nicht bereits der der gerichtlichen Kontrolle übergebene Vertrag für das Arbeitsverhältnis maßgebend ist (BAG Urteil vom 13.10.2004 - 7 AZR 218/04, II. 2. a. der Gründe, NZA 2005 S. 410). Daher durfte der Kläger das Angebot des beklagten Landes vom 11.02.2005 nur unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der Befristung vom 13.10.2002 verstehen.

II.

Die Befristung des streitigen Vertrages vom 13.10.2003 ist entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts nicht bereits nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtswirksam, insbesondere liegt keine vergleichbare Rechtslage wie bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG vor.

1. Das Arbeitsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass die Auflistung der Sachgründe in § 14 Abs. 1 TzBfG nicht abschließend vom Gesetzgeber geregelt wurde. Dies folgt aus der Formulierung "insbesondere", wonach die in § 14 Abs. 1 genannten Gründe stets eine Befristung tragen aber weitere Gründe möglich sind (KR-Lipke, 7.Auflage, § 14 TzBfG Rn. 243; BAG Urteil vom 13.10.2004, 7 AZR 218/04, III. 2. b. aa. der Gründe, NZA 2005 S. 401). Es ist nicht erkennbar, dass die Befristung des Klägers auf Grund eines dauernden, aber zeitlich begrenzten Projekts, zur Überbrückung im Interesse des wissenschaftlichen Mitarbeiters, zur wissenschaftlichen Qualifizierung, auf Grund Drittmittelfinanzierung oder zur Vertretung erfolgte. Aber auch ein ungeschriebener Sachgrund liegt nicht vor. Insbesondere kann kein ungeschriebener Sachgrund daraus geschlossen werden, dass die Parteien bei Vertragsschluss von einem gültigen Gesetz ausgegangen sind und dessen Voraussetzungen auch erfüllt haben. Das BVerfG hat das gesamte HRG für nichtig erklärt. Eine Berufung auf die fehlende materielle Nichtigkeit der Befristungsregelungen und der Hinweis auf den Vertrauensschutz des Arbeitgebers als ungeschriebener Sachgrund i.S. des § 14 Abs. 1 TzBfG durch die erste Instanz bedeuten eine Umgehung der vom BVerfG erklärten Nichtigkeit des HRG 2002. Das berechtigte Vertrauen der Parteien bei Vertragsschluss in die damals geltenden gesetzlichen Regelungen ist kein Fall der ungeschriebenen Sachgründe der § 14 TzBfG, sondern betrifft allenfalls die Geschäftsgrundlage der Befristung.

2. Auch die von der ersten Instanz angeführte Analogie zum Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs kann nicht überzeugen, da dieser Sachgrund auf einem gegenseitigen Nachgeben der Parteien unter Mitwirkung des Gerichts beruht. Im gerichtlichen Vergleich besteht bereits ein Arbeitsverhältnis, über dessen Befristung gestritten wird. Insoweit ist die Situation anders und es besteht ein geringeres Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers als bei Eingehung eines Arbeitsverhältnisses. Dort besteht in der Regel das Risiko, den Arbeitsplatz ohne Annahme der Befristung nicht zu erhalten. Im Prozess ist er bereits Arbeitnehmer und kann über die bestehenden Rechtspositionen im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses frei einen Vergleich schließen. Durch die Mitwirkung des Gerichts wird ein mögliches Übergewicht und eine Übervorteilung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber vermieden (BT-Drucks. 14/4374 S.19). Eine solche Situation besteht bei Abschluss des Vertrages gerade nicht. Hier besteht, auch wenn der Arbeitgeber sich im Rahmen der Befristungsgesetze bewegt, für den Arbeitnehmer das Risiko, den Arbeitsplatz nicht zu erhalten, während er vor Abschluss des gerichtlichen Vergleichs bereits den Arbeitsplatz hatte. Auch ein gegenseitiges Nachgeben wird auf Grund der Stärke des Arbeitgebers bei der Vergabe des Arbeitsplatzes in der Regel nicht gegeben sein. Damit verbietet sich ein Vergleich mit dem Sachgrund des Nr.8 von vornherein.

3. Die vom Kläger gerügte Verletzung der europarechtlichen Richtlinie 1999/70/EG bei der Auslegung von § 14 Abs. 1 TzBfG war von der erkennenden Kammer nicht zu prüfen, da die Wirksamkeit der Befristung nicht auf § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt werden kann. Im übrigen steht die EG-Richtlinie der Annahme weiterer Sachgründe nicht entgegen. Die Richtlinie und die Rahmenvereinbarung verlangen von den Mitgliedstaaten nur Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge. Durch die Regelung in § 14 Abs. 1 TzBfG hat sich der Gesetzgeber entsprechend der Rahmenvereinbarung für das Erfordernis sachlicher Gründe entschieden. Weder aus der Richtlinie noch aus der Rahmenvereinbarung ergibt sich, dass die sachlichen Gründe abschließend genannt sein müssen (BAG Urteil vom 13.10.2004 - 7 AZR 218/04, III. 2.b.aa. der Gründe, NZA 2005 S. 401).

III.

Die Befristung ist nicht rechtens nach § 57 b HRG 2000. Mit der vom BVerfG erklärten Nichtigkeit des HRG 2002 wurde auch die Aufhebung des HRG 2000 nichtig. Dies hat zur Folge, dass das HRG 2000 weiter gilt und damit die nach HRG 2002 abgeschlossenen Befristungen nach dem HRG 2000 zu beurteilen sind. Die Befristungsabrede des Arbeitsvertrages vom 13.10.2003 ist bereits deshalb nach dem HRG 2000 unwirksam, da das beklagte Land das Zitiergebot des § 57b Abs. 5 HRG 2000 nicht eingehalten hatte. Eine einfache Paragraphenverweisung und Bezugnahme auf das HRG 2002 wie in diesem Fall erfüllen dieses Erfordernis nicht. Nach § 57 b Abs. 5 2. Hs. HRG 2000 kann der Arbeitgeber die Befristung nur auf die in Abs. 2 bis 4 angegebenen Gründe stützen. Diese müssen im Vertrag genannt werden. Der in dem Vertrag unter Ziffer 4. vorgenommene Verweis auf die Vorschriften des HRG 2002 ist als Angabe des Grundes für eine Befristung nach HRG 2000 nicht ausreichend, da sich der sachliche Grund hieraus nicht ergibt.

IV.

Die Kammer brauchte nicht zu entscheiden, ob wegen Nichtigkeit des im Arbeitsvertrag vom 13.10.2003 in Bezug genommen HRG 2002 die Geschäftsgrundlage für die vereinbarte Befristung entfallen ist und deshalb das beklagte Land sich ausdrücklich oder konkludent vom Kläger durch Kündigung getrennt hat (vgl. hierzu Löwisch NZA 2004, 1065, 1068, offenlassend: Preis NJW 2004, 2782, 2786). Denn durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich (HdaVÄndG) vom 27.12.2004 (BGBl. I 3835) sind die vom BVerfG für unwirksam erklärten §§ 53, 57a bis 57 b HRG 2002 wieder in zulässiger Weise gemäß § 57 f rückwirkend für alle seit dem 23.2.2002 abgeschlossenen und damit auch für den streitigen Arbeitsvertrag zwischen den Parteien in Kraft gesetzt worden. Die Befristung des streitigen Vertrages zwischen den Parteien ist rückwirkend wieder wirksam geworden.

1. Die befristete Anstellung in dem Arbeitsvertrag vom 13.10.2003 des Klägers bei dem beklagten Land nach §§ 57a Abs. 1, 57 b Abs. 1 und 3, 53 HdaVÄndG ist rückwirkend wirksam. Der Kläger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne von § 53 HdaVÄndG. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ist nach dessen Promotion am 22.05.2003 nach § 57 b Abs. 1 S.2 HdaVÄndG für einen Zeitraum von 6 Jahren möglich. Die vereinbarten 14 Monate der befristeten Anstellung sind mithin zulässig. Weiterhin wurden auch das Zitiergebot und das Schriftformgebot der Befristung nach § 57 b Abs. 3 HdaVÄndG eingehalten. Die Befristung beruht auf dem HRG. Der Arbeitsvertrag fixiert unter Abs. 1 Ziffer 4. die Dauer der Befristung bis zum 31.12.2004 und nimmt außerdem Bezug auf § 57 b Abs. 1 S.2 HRG, der durch das HdaVÄndG wieder rückwirkend in Kraft gesetzt wurde.

2. Die in § 57 f Abs. 1 HdaVÄndG erklärte Rückwirkung ist zulässig.

a. Bei der Bestimmung des verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs der Rückwirkung kommt es maßgeblich darauf an, ob eine echte (retroaktive) Rückwirkung oder eine unechte (retrospektive) Rückwirkung vorliegt. Die echte Rückwirkung regelt einen bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt (BVerfGE. 72, S. 200, 241 ff; BVerfGE 97, S. 67, 78, 79) und ist grundsätzlich ausgeschlossen (Badura, Staatsrecht, 3. Auflage, D Rn. 53). Die echte Rückwirkung bedarf wegen der im Rechtstaatsprinzip wurzelnden Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer besonderen Rechtsfertigung (BVerfGE. 97, S. 67, 78, 79). Das berechtigte Vertrauen des Bürgers muss bei der echten Rückwirkung nur überragenden oder zwingenden Belangen des Gemeinwohls weichen (BVerfG Beschluss vom 19.12.1961 - 2 BvL 6/59, NJW 1962 S. 291; BVerfGE. 97, S. 67, 79,80; Rensmann, JZ 1999 S. 168, 169). Das Rückwirkungsverbot findet sowohl seinen Grund als auch seine Grenze im Vertrauensschutz des Bürgers. Konnte sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden, so gibt es auch kein schützenswertes Vertrauen. Das ist insbesondere der Fall, wenn im Zeitpunkt auf den sich die Rückwirkung bezieht, nicht mit dem Fortbestand der Regelungen zu rechnen war (BVerfG Beschluss vom 25.05.1993 - 1 BvR 1509,1648/91, DtZ 1993, 275, 276).

b. Die Rückwirkung des § 57 f Abs. 1 HRG 2004 stellt einen solchen Fall der echten Rückwirkung dar, indem sie die Anwendung des HdaVÄndG auf alle seit dem 23.02.2002 abgeschlossenen Verträge anordnet. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien am 13.10.2003 war die vom Bundesverfassungsgericht am 24.07.2004 festgestellte Nichtigkeit des HRG nicht voraussehbar. Die rückwirkende Einführung inhaltsgleicher Regelungen durch das HdaVÄndG zerstört kein Vertrauen der Vertragsparteien. Erst mit der Entscheidung vom 24.07.2004 entfiel das Vertrauen auf die gesetzliche Regelung (vgl. Löwisch, NZA 2005, S. 321). Das beklagte Land hatte bis zur Entscheidung des BVerfG ein berechtigtes Vertrauen in den rechtsgültigen Bestand der im HRG geregelten Befristungstatbestände. Vom Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 13.10.2003 bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts konnte der Kläger nicht auf eine mögliche Nichtigkeit des Gesetzes vertrauen. Für die Zeit nach dem 24.07.2004 ist nicht erkennbar, dass der Kläger Verfügungen im Vertrauen auf die Nichtigkeit des HRG 2002 getroffen hat; er musste vielmehr damit rechnen, dass der Gesetzgeber unverzüglich die frühere Rechtslage wieder herstellen wird und damit den für die Bundesländer untragbaren Rechtszustand bereinigte. Zudem ist das HdaVÄndG noch vor Auslaufen des befristeten Arbeitsvertrages des Klägers mit dem beklagten Land und zwar am 30.12.2004 in Kraft getreten, so dass auch deshalb der Kläger nicht davon ausgehen konnte, noch nach dem 31.12.2004 von dem beklagten Land weiterbeschäftigt zu werden.

c. Die Regelungen im HdaVÄndG verstoßen nicht gegen das Grundgesetz; die erkennende Kammer sah deshalb keine Veranlassung, den Rechtsstreit nach Art. 100 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen.

aa. Das BVerfG erklärte in seiner Entscheidung vom 24.07.2004 die Neuordnung der Personalstruktur an den Hochschulen durch die Einführung der Juniorprofessur und die Änderung des Berufungsverfahrens unter Verzicht auf die Habilitation wegen Verstoßes gegen Art. 75 GG für unwirksam. Die Befristungsregelungen im HRG 2002 wurden in dieser Entscheidung nur deshalb für grundgesetzwidrig und damit unwirksam erklärt, weil sie mit der personellen Umstrukturierung durch das HRG 2002 unmittelbar sachlich zusammenhängen und die Einführung der Juniorprofessur durch personelle und organisatorische Maßnamen ergänzen. Es heißt dann in dieser Entscheidung weiter: "Die Veränderung der Personalstruktur im Fünften Änderungsgesetz stellt eine einheitliche Gesamtkonzeption dar, die eine geltungserhaltende Aufteilung in einzelne Regelungsbereiche nicht zulässt." Und später: "Die Neuordnung befristeter Beschäftigungsverhältnisse in den §§ 57 a ff HRG steht im engen Zusammenhang mit der Einführung der Juniorprofessur. Sie bildet eine "teleologische Sinneinheit" mit der neuen Personalkategorie des Juniorprofessors. Die §§ 57a ff. HRG normieren Höchstfristen für Arbeitsverhältnisse vor und nach der Promotion. Sie verfolgen das Ziel, die Qualifizierungsphase vor einer dauerhaften Beschäftigung an der Hochschule möglichst kurz zu halten (Knopp/Gutheil, NJW 2002, S. 2828, 2833). Damit soll erreicht werden, dass auch das Erstberufungsalter der Juniorprofessoren sinkt und der Qualifikationsweg für Hochschullehrer verkürzt wird. Darüber hinaus sichern die Zeitvertragsregeln der §§ 57a ff. HRG ab, dass der Qualifikationsweg von Juniorprofessoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern innerhalb des gleichen zeitlichen Rahmens erfolgen kann (vgl. BTDrucks 14/6853, S. 33)."

bb. Ausgehend von der Entscheidung des BVerfG regelt das HdaVÄndG nicht mehr die Neuordnung der Personalstruktur an den Hochschulen durch die Einführung der Juniorprofessur, sondern im wesentlichen die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen im Hochschulbereich. Solche arbeitsrechtlichen Regelungen werden aber von der arbeitsrechtlichen Kompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG erfasst, ohne dass die Länder von dem ihnen durch dieses Gesetz eingeräumten Rahmen Gebrauch machen müssen (Löwisch NZA 2005, 321, 322). Dass im übrigen der Bundesgesetzgeber die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen im Hochschulbereich regeln kann und er damit weder Art. 9 Abs. 3 GG verstößt noch gegen seine Gesetzeskompetenz verstößt, ist vom BVerfG anerkannt worden (BVerfG Beschluss vom 24.4.1996 - 1 BvR 712/86, NZA 1996, 1157 f). Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf diese Entscheidung verwiesen.

V.

Die Befristungsregelung im Arbeitsvertrag zwischen den Parteien verstößt auch nicht gegen tarifliche Regelungen.

1. Nach Nr. 2 Abs. 1 der - kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbaren - Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y BAT) ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Eine ausdrückliche Regelung, welche der genannten tariflichen Formen der Befristung des Arbeitsverhältnisses vorliegen soll, enthält der Arbeitsvertrag nicht.

2. Dies führt aber gleichwohl nicht zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung, weil sich aus dem im Arbeitsvertrag angegebenen Befristungsgrund mit der erforderlichen Eindeutigkeit ergibt, dass der Kläger als Zeitangestellter i. S. der Nr. 1 Buchst. a und der Nr. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 SR 2y BAT vom beklagten Land angestellt worden ist. In § 1 des Arbeitsvertrages wird der Befristungsgrund dahin gekennzeichnet, dass der Kläger "auf bestimmte Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach § 57 a ff HRG ..." eingestellt wird. Damit haben die Arbeitsvertragsparteien klargestellt, dass die dem Kläger übertragene Stelle nur befristet zur Verfügung stand und nicht das Vorliegen eines Aushilfstatbestandes den Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrages darstellen soll. Im Arbeitsvertrag des Klägers war daher gemäß Nr. 2 Abs. 2 SR 2y BAT an sich nur die Frist anzugeben, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis enden sollte. Das ist in § 1 des Arbeitsvertrages durch die Angabe des Befristungsendes (31. 12. 2004) geschehen

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück