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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 03.08.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 112/07
Rechtsgebiete: TzBfG, BetrVG


Vorschriften:

TzBfG § 9
BetrVG § 78 S. 2
Auch ein teilzeitbeschäftigtes, freigestelltes Betriebsratsmitglied kann nach § 9 TzBfG die Verlängerung seiner Arbeitszeit verlangen. Kommen für die Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes i.S.v. § 9 TzBfG mehrere Arbeitnehmer in Betracht, dürfen bei der Auswahlentscheidung Unterschiede in den Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbildern der jeweiligen Bewerber grundsätzlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nicht durch die Betriebsratstätigkeit, insbesondere nicht durch die Freistellung entstanden sind. Anderenfalls träte eine Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes nach § 78 Satz 2 BetrVG ein. Hat das Betriebsratsmitglied sich wegen seiner Freistellung nach einem Umstrukturierungsprozess noch nicht in die neuen Arbeits- und Produktionsstrukturen des Arbeitgebers einarbeiten können, kann daraus seine geringere Eignung für die Aufgabenerledigung nicht abgeleitet werden. Seiner vorrangigen Berücksichtigung steht auch eine weitere Freistellung nicht entgegen. Eine andere Beurteilung würde gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.12.2006 - 1 Ca 5377/06 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Verlängerung der Arbeitszeit von 25 Wochenstunden auf 39 Wochenstunden zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen ab dem 01.10.2006 anzunehmen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin die Differenzvergütung zwischen der Vergütung einer 39-Stunden-Kraft und einer 25-Stunden-Kraft ab dem 01.10.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin zu erhöhen.

Die Klägerin wurde am 02.12.1993 von der E. World Wide Express GmbH (im Folgenden: E. WWE) in deren Niederlassung in C. eingestellt. Anfang 2005 wurde das Unternehmen auf die Deutsche Post Express (DPE), die Beklagte, verschmolzen, die im Anschluss umfirmierte. Geschäftsgegenstand der E. WWE waren die internationalen Sendungen, Geschäftsgegenstand der DPE die nationalen Sendungen.

Die Klägerin ist seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses teilzeitbeschäftigt. Sie war im Bereich Umschlag (OPS; bei der Beklagten: Terminal Handling) zunächst als OPS Clerk und seit dem 01.04.1996 als Senior OPS Clerk tätig. Seit 1998 ist sie Mitglied des Betriebsrats. Zur Anpassung ihrer persönlichen Entwicklung an die betriebsübliche Entwicklung erteilte die E. WWE ihr unter dem 11.07.2002 folgende Zusage:

1.Mit Wirkung vom 01.07.02 erhälst Du rückwirkend eine Aufstockung

Deines Stundenkontingents um 1,5 Stunden pro Tag. Deine Wochenarbeitszeit beträgt somit ab 01.07.02 insgesamt 25,0 Stunden.

2. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt in Deinem direkten Tätigkeitsbereich ein weiteres Stundenvolumen zur Ausschreibung kommen, das sinnvoll an Deine bevorstehende Arbeitszeit angehangen werden kann, wird Deine Bewerbung zuvorderst berücksichtigt.

3. Mit Wirkung vom 01.07.02 wirst Du rückwirkend in die Position Team Experte (LI), Tarifgruppe T 3, versetzt. Dein Gehalt wird um 5 % angepasst und beträgt mit Wirkung ab 01.07.02 € 1.740,84.

4. Mit Wirkung vom 01.01.03 wirst Du in die Position Teamleader (LI) Services (OPS), Tarifgruppe 5 versetzt. Dein Gehalt wird abermals um 5 % angepasst und beträgt mit Wirkung vom 01.01.2003 € 1.827,88.

...

Eine tatsächliche Ausübung der Funktion Teamleader (LI) ist zunächst nicht vorgesehen... .

Die Klägerin wurde zum 01.01.03 in die Position Teamleader (Gruppenleiter bei der Beklagten: Shiftleader) (LI) Services (OPS) versetzt und erhält seitdem Vergütung nach der Tarifgruppe 5. Ob sie die Aufgaben in der Folgezeit tatsächlich wahrgenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Seit Juni 2005 ist die Klägerin für Aufgaben im Gesamtbetriebsrat in vollem Umfang von der Arbeitsleistung freigestellt.

Die Klägerin bemüht sich seit längerer Zeit um eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf Vollzeit. Im Jahre 2006 schrieb die Beklagte im Service-Center C. vier in Vollzeit zu besetzende Stellen aus:

- am 02.02.2006 1 Shiftleader im Bereich Pick-up und Delivery/PUD (Disposition) zum 01.03.2006

- am 06.06.2006 1 Team Manager Terminal Handling zum 01.07.2006

- am 07.09.2006 2 Shiftleader im Bereich Terminal Handling zum 01.10.2006 .

Die Bewerbungen der Klägerin blieben erfolglos. Die am 06.06.2006 ausgeschriebene Stelle besetzte die Beklagte zum 01.08.2006 mit dem Bewerber V.. Die am 02.02.2006 ausgeschriebene Stelle beabsichtigte sie, dem Bewerber S. und die am 07.09.2006 ausgeschriebenen Stellen den Bewerbern O. und T. zu übertragen. Den beabsichtigten Stellenbesetzungen hat der Betriebsrat widersprochen. Die Beklagte hat entsprechende Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingeleitet und die Stellen vorläufig besetzt.

Mit ihrer am 28.08.2006 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Übertragung einer Vollzeitstelle weiter.

Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Die Beklagte sei aufgrund der Zusage vom 11.07.2002 aber auch gemäß § 9 TzBfG verpflichtet, dem Abschluss eines Vollzeitarbeitsverhältnisses zuzustimmen. Die am 02.02.2006 ausgeschriebene Stelle entspreche von der Wertigkeit und vom Aufgabenbereich der Stelle, die sie als Teilzeitstelle innegehabt habe. Sie sei bei der E. WWE als Gruppenleiterin tätig gewesen und habe als solche neben Aufgaben im Umschlag auch Dispositionsaufgaben wahrgenommen. Da sie das Umschlagsgeschäft bestens kenne, sei sie für die am 06.06.2006 ausgeschriebene Stelle mindestens genauso geeignet wie der Bewerber V.. Auch für die am 22.09.2006 ausgeschriebenen Stellen sei sie qualifiziert. Die Beklagte dürfe sie wegen ihrer Freistellung nicht benachteiligen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot auf Verlängerung der Arbeitszeit von bisher 25 Stunden auf 39 Wochenstunden zu den bisherigen Arbeitsbedingungen anzunehmen, und zwar seit dem 01.03.2006;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie Differenzvergütung ab dem 01.03.2006 zwischen der Vergütung einer 39 Stundenkraft und einer 25 Stundenkraft zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat insbesondere ausgeführt:

Sie sei nicht verpflichtet, die Klägerin bei den Stellenbesetzungen zu berücksichtigen. Der Mitbewerber S. sei für die am 02.02.2006 ausgeschriebene Stelle besser geeignet. Der Aufgabenbereich setze umfangreiche Kenntnisse aus der KEP-Branche im Bereich Disposition E.-National voraus. Der Mitbewerber sei in der Zeit vom 31.01.2006 bis zum 31.03.2006 im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses als Disponent bei ihr eingesetzt gewesen. Er verfüge über eine langjährige Berufserfahrung in der KEP-Branche, im Besonderen in dem Bereich Disposition mit dem Schwerpunkt E.-National. Die Klägerin habe nicht in der Disposition gearbeitet und sei tatsächlich auch noch nicht in der Funktion einer Gruppenleiterin tätig gewesen. Ihre Kenntnisse würden nur auf dem internationalen E.-Bereich Umschlag der E. WWE beruhen. Der am 06.06.2006 ausgeschriebene Aufgabenbereich sei ohnehin höherwertig, die Vergütung außertariflich. Auch für die am 22.09.2006 ausgeschriebenen Tätigkeiten seien die Mitbewerber besser geeignet.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat mit seinem am 15.12.2006 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben und die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beklagte sei nach § 9 TzBfG verpflichtet, die Arbeitszeit der Klägerin ab dem 01.03.2006 auf die Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Arbeitnehmerin zu erhöhen, und schulde die entsprechende Differenzlohnzahlung. Der Bewerber S. sei für die am 02.02.2006 ausgeschriebene Stelle nicht besser geeignet. Dem Begehren der Klägerin stehe nicht entgegen, dass sie angesichts ihrer Freistellung die Stelle tatsächlich nicht ausüben werde. § 9 TzBfG setze die Ausübung der Tätigkeit nicht voraus. Auch dürfe die Klägerin nach § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Betriebsratstätigkeit nicht benachteiligt werden.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 10.01.2007 zugestellte Urteil mit einem am 24.01.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.04.2007 - mit einem hier am 10.04.2007 eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen vor:

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Tatbestand des § 9 TzBfG nicht erfüllt. Die Klägerin verfüge nicht über die fachlichen Voraussetzungen für die am 02.02.2006 ausgeschriebene Stelle. Die Disposition habe andere Aufgaben als bei der E. WWE. Die E. WWE habe überwiegend eigene Kurierfahrer eingesetzt. Die Aufgabe der Disposition habe seinerzeit in der Zusammenstellung der Touren und deren Überwachung bestanden. Sie habe den Bereich mit der Verschmelzung unternehmensweit outgesourct. Am E. WWE Standort C. sei dies bereits zum 17.05.2005 vollzogen worden. Ab diesem Zeitpunkt seien sowohl die nationalen als auch die internationalen Sendungen von den Servicepartnern ausgeliefert worden und zwar unter Einsatz einer einheitlichen von der DPE entwickelten Software und Hardware. Ein Schwerpunkt der jetzigen Aufgaben der Disponenten stelle die kaufmännische Abwicklung des Einsatzes der Servicepartner dar. Es handele sich dabei um die klassische Tätigkeit von Speditions- und Logistikkaufleuten. Die Klägerin habe weder eine Berufsausbildung zum Speditions- oder KPE-Kaufmann noch langjährige Berufserfahrung in der Disposition. Auch habe sie tatsächlich allenfalls als Teamexpertin gearbeitet. Sie habe keine Erfahrungen mit den neuen Arbeits- und Prozessstrukturen der DPE. Der Mitbewerber S. sei bis zu seinem Wechsel zu ihr rund 13 Jahre als Disponent bei der Firma D. Express, einem ihrer Service-Partner, tätig gewesen und habe Kurierfahrten europaweit disponiert. Ab 1999 habe er die Kommunikation und Abrechnung mit ihr für den Servicepartner erledigt.

Auch die weiteren Stellen kämen für die Klägerin nicht in Betracht. Als Team Manager Terminal Handling sei dem seit Jahren als Gruppenleiter OPS tätigen Bewerber V. der Vorzug zu geben gewesen. Trotz ihrer formalen Position fehle es der Klägerin auch an der erforderlichen Eignung für die Tätigkeit eines Shiftleaders für das Terminal Handling. Sie habe nie als Gruppenleiterin gearbeitet und kenne weder die neuen Arbeits- und Produktionsstrukturen noch die derzeit verwendeten EDV-Systeme. Die Bewerberin O. habe nach langjähriger Tätigkeit im Umschlag der E. WWE seit Juni 2006 die Position kommissarisch inne und ihre Eignung und Befähigung auch in der schwierigen Phase der Zusammenlegung der E. WWE und DPE Betriebe unter Beweis gestellt. Bei Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung müsse sie wegen ihrer Sozialdaten mit einer Änderungskündigung auf eine Teilzeitstelle (maximal 20 Stunden/Woche) rechnen. Auch der Bewerber T. weise eine langjährige Berufstätigkeit im Bereich des Umschlags auf. Er sei Teilzeitkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden, habe eine Reduzierung der Arbeitszeit aber erst im Zusammenhang mit der Verschmelzung der Unternehmen erfahren und den Wunsch geäußert, seine wöchentliche Arbeitszeit wieder zu verlängern.

Der Verlängerung der Arbeitszeit der Klägerin ständen auch dringende betriebliche Gründe entgegen. Die Klägerin habe wiederholt erklärt, freigestelltes Betriebsratsmitglied bleiben zu wollen. Es müsste deshalb eine zusätzliche Vollzeitstelle eingerichtet werden, damit die Leitungsfunktion tatsächlich besetzt werden könne. Zur Schaffung neuer Stellen könne sie aber nicht verpflichtet werden.

Die Klägerin könne einen Anspruch auf Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auch nicht aus der Zusage aus dem Jahre 2002 herleiten. Ziffer 2 der Vereinbarung stelle auf ihren damaligen Tätigkeitsbereich als Teamexperten ab. Diese Position sei in den normalen Terminal-Handlingstellen aufgegangen, bei denen es sich im Service Center C. ausschließlich um Teilzeitstellen mit regelmäßig 20 Stunden handele. Ziffer 2 der Vereinbarung sehe im Übrigen vor, dass ein Stundenvolumen an die bestehende Arbeitszeit angehangen werden könne. Die Klägerin begehre aber die Besetzung einer anderen Vollzeitstelle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.12.2006 - 1 Ca 5377/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht ergänzend vor Allem geltend:

Nach der Zusammenführung der E. WWE und DPE sei im Laufe der Zeit an den verschiedenen Standorten eine Parallelstruktur international/national aufgebaut worden. Software und Ablaufstrukturen sowie technische Gegebenheiten kämen parallel zur Anwendung. Am Standort C. hätten erst im Jahre 2006 auch die nationalen Verkehre zureichend betreut werden können. Die Mitarbeiter hätten nach und nach die beiden Parallelstrukturen erlernen können. Sie seien entsprechend geschult worden. Auch seien die Unterschiede nicht so gravierend, als dass sie nicht in kurzer Zeit von den Mitarbeitern hätten umgesetzt werden können. Insofern komme es nicht darauf an, ob die Kuriere früher vom eigenen Personal gestellt worden seien oder nunmehr durch sog. Servicepartner. Die Disposition sei unabhängig von der steuernden Software, die allerdings ähnlich sei, die gleiche. Als Mitglied des Technikausschusses kenne sie die verschiedenen Systeme. Auch wenn sie nicht in der Disposition gearbeitet habe, könne sie die dortigen Aufgaben als Gruppenleiterin nach kurzer Einweisung übernehmen. Dem Gruppenleiter oblägen im Wesentlichen Führungs- und Organisationsaufgaben. Bis 2002 sei sie wiederholt als Gruppenleiterin eingesetzt worden. Bei der E. WWE sei der Zuständigkeitsbereich der Teamleader Service auch umfassender gewesen. Die Aufgaben des Kassenwesens seien z.B. im Bereich der OPS angesiedelt gewesen, heute fielen sie in die Zuständigkeit der Disposition. Zudem gebe es eine Reihe von überschneidenden Aufgaben. Auch der Mitarbeiter S. verfüge über keine einschlägige Berufsausbildung, vielmehr habe er früher Musik unterrichtet.

Die Mitarbeiterin O. werde nach Tarifgruppe 3 vergütet. Sie sei seinerzeit von ihr eingearbeitet worden. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern sie über höhere praktische Kenntnisse verfügen könne. Der Mitarbeiter T. sei in I. als sog. Teamexperte tätig gewesen. Er werde nach Tarifgruppe 4 vergütet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ausdrücklich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden ab dem 01.10.2006. Ab diesem Zeitpunkt schuldet die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges die Zahlung der Differenzvergütung zwischen der Vergütung einer 39-Stundenkraft und einer 25-Stundenkraft. Die darüber hinausgehende Klage war als unbegründet abzuweisen, die weitergehende Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

I.

Der Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 01.10.2006 rechtfertigt sich aus § 9 TzBfG. Die Beklagte ist daher verpflichtet, den Wunsch der Klägerin auf Verlängerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit in der Weise zu berücksichtigen, dass sie deren Vertragsänderungsangebot rückwirkend zu diesem Zeitpunkt annimmt. Denn § 9 TzBfG verpflichtet den Arbeitgeber, einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer dem entgegenstehen.

1. Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Klägerin die Zustimmung zur Erhöhung ihrer Arbeitszeit rückwirkend verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311 a BGB ist klargestellt, dass auch die Verurteilung zur rückwirkenden Annahme eines Vertragsangebots nicht ausgeschlossen ist. Ein Vertrag ist danach selbst dann nicht nichtig, sofern er hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht mehr durchgeführt werden könnte (vgl. BAG 27. 4. 2004 - 9 AZR 522/03 - AP TzBfG § 8 Nr. 12; BAG 12. 9. 2006 - 9 AZR 686/05 - DB 2007, 525).

2. Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 9 TzBfG sind erfüllt. Die Klägerin gehört zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Sie ist bei der Beklagten teilzeitbeschäftigt im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 25 Wochenstunden ist kürzer als die regelmäßig geltende tarifliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden. Sie hat der Beklagten in der Vergangenheit wiederholt angezeigt, dass sie eine Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit auf Vollzeit wünsche.

3. § 9 TzBfG begründet - wenn sich keine besser geeigneten Konkurrenten bewerben - einen einklagbaren Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Verlängerung seiner Arbeitszeit durch Vertragsänderung. § 8 und § 9 TzBfG bezwecken die Flexibilisierung der individuellen Arbeitszeit innerhalb des im Übrigen unverändert bestehenden Arbeitsverhältnisses. Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn der Arbeitnehmer einen durchsetzbaren Anspruch gegen den Arbeitgeber auf vertragliche Verlängerung seiner Arbeitszeit hat (BAG 15.08.2006 - 9 AZR 8/06 - AP TzBfG § 9 Nr. 1; BAG 08.05.2007 - 9 AZR 874/06 - DB 2007, 2207).

4. Die erkennende Berufungskammer ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts der Meinung, dass die Beklagte nur gehalten war, der Klägerin eine der zum 01.10.2006 im Servicecenter C. ausgeschriebenen Stellen für einen Shiftleader im Bereich Terminal Handling anzubieten.

a) Bei der am 02.02.2006 ausgeschriebenen Stelle für einen Shiftleader Pickup und Delivery/PUD (Disposition) erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich um einen entsprechenden Arbeitsplatz handelt.

aa) Der Anspruch nach § 9 TzBfG setzt voraus, dass ein entsprechender Arbeitsplatz zu besetzen ist. Dieser muss dem Arbeitsplatz entsprechen, auf dem der Arbeitnehmer, der den Verlängerungswunsch angezeigt hat, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ausübt. Damit wird eine Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze vorausgesetzt. Diese liegt nach § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG vor, wenn die Tätigkeit gleich oder zumindest ähnlich ist. Eine ausreichende Vergleichbarkeit ist nur dann gegeben, wenn beide Tätigkeiten die gleichen Anforderungen an die Eignung der Arbeitnehmer stellen (BAG 08.05.2007 - 9 AZR 874/06 - DB 2007, 2207). Anhaltspunkt ist insofern, ob der Arbeitgeber den Arbeitsplatz dem betroffenen Arbeitnehmer auch im Wege des Direktionsrechts zuweisen könnte (Rolfs, TzBfG, § 9 Rn. 3; Sievers, TzBfG, § 9 Rn. 9; LAG Berlin vom 02.12.2003 - 3 Ca 1041/03 - AuR 2004, 468 ff.; a.A. Boewer, TzBfG, § 9 Rn. 26). Ist eine solche Versetzung nur im Wege der Änderungskündigung möglich, liegt kein entsprechender Arbeitsplatz im Sinne von § 9 TzBfG vor (vgl. Meinel/Heyn/Herms, § 9, Rdz. 20; a.A. Buschmann/ Dieball/Stevens-Bartol, TzA, § 9 TzBfG, Rdz. 19).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen spricht einiges dafür, dass der ausgeschriebene Arbeitsplatz dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereich der Klägerin nicht entspricht. Die Klägerin war seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Bereich OPS/Umschlag beschäftigt und wurde mit Wirkung vom 01.01.2003 in die Position des Teamleaders Services (OPS) versetzt. Ihr vertraglich vereinbarter Tätigkeitsbereich ist demzufolge der einer Gruppenleiterin im Bereich Umschlag. Unabhängig davon, inwieweit sie aufgrund ihrer Tätigkeit Einblicke in den Bereich der Disposition erhalten hat, und unabhängig davon, ob sie die dort anfallenden Aufgaben kennt, war sie jedenfalls zu keinem Zeitpunkt dem Bereich Disposition zugeordnet. Dies legt nahe, dass ein Einsatz in diesem Bereich nur durch Änderung der arbeitsvertraglich getroffenen Vereinbarungen möglich wäre. Einer abschließenden Klärung bedurfte dies indes nicht.

b. Eine bevorzugte Berücksichtigung der Klägerin nach § 9 TzBfG kommt nur bei gleicher Eignung im Verhältnis zu den übrigen Bewerbern in Betracht. Der Mitbewerber S. ist aber nach Auffassung der Berufungskammer für die am 02.02.2006 ausgeschriebene Aufgabe besser geeignet als die Klägerin.

aa) Die Arbeitnehmer, die um den Arbeitsplatz konkurrieren, müssen für diesen geeignet sein. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz mit einem ungeeigneten Bewerber zu besetzen, besteht nicht. Maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer das vom Arbeitgeber zu bestimmende Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes auszufüllen vermag (vgl. Sievers, TzBfG, § 9 Rn. 10; ErfK/Preis § 9 TzBfG Rn. 7). Bei der Feststellung der Eignung steht dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. ErfK/Preis § 9 TzBfG Rn. 7). Weist ein Bewerber eine nur geringfügig, aber dennoch objektiv feststellbar bessere Qualifikation auf als der Arbeitnehmer, der die Verlängerung begehrt, liegt keine gleiche Eignung vor (LAG Berlin 02.12.2003 - 3 Sa 1041/03 - AuR 2004, 468 ff, 469).

§ 9 TzBfG stellt auf eine gleiche Eignung und nicht auf eine im Wesentlichen gleiche Eignung ab (vgl. Hanau NZA 2001, 1168 ff, 1174).

bb) Die zugunsten des Mitbewerbers S. getroffene Auswahlentscheidung ist danach nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte dem Mitbewerber einen Eignungsvorsprung einräumt, hat sie sich im Rahmen des ihr zustehenden Ermessenspielraums gehalten. Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich die Anforderungen im Bereich der Disposition nach der Verschmelzung der E. WWE und der DPE wegen der Auslagerung der Kurierfahrten erheblich geändert hätten, und dass nunmehr die kaufmännische Abwicklung des Einsatzes der Servicepartner im Vordergrund stehe. Zu den Aufgaben gehörten die Kommunikation und die Abrechnung mit den Servicepartnern, die Sendungsüberwachung mittels hauseigener Software, das Kostenmanagement, die Reklamationsbearbeitung und die Disposition von Adhoc-Fahrten. Aus diesem Grund ist es ihr wichtig, dass der Stelleninhaber über kaufmännische Fähigkeiten und Kenntnisse bzw. eine entsprechende Berufserfahrung verfügt. Dementsprechend sind in der Stellenausschreibung als fachliche und persönliche Voraussetzungen genannt: Speditions- oder KEP-Kaufmann bzw. langjährige Berufserfahrung in der Disposition; EDV-Kenntnisse, Englischkenntnisse in Wort und Schrift, Produktkenntnisse und hohe Belastbarkeit in Stresssituationen. Auch wenn die Klägerin meint, die Aufgaben hätten sich nicht wesentlich verändert, die Disposition sei unabhängig von der steuernden Software, die allerdings ähnlich sei, die gleiche, es handele sich um eine Tätigkeit, die sie nach kurzer Einarbeitungszeit übernehmen könne, ist zu bedenken, dass es Sache des Arbeitgebers ist, das Anforderungsprofil festzulegen. Es ist ihm unbenommen, andere Anforderungen als in der Vergangenheit zu stellen, um damit die Qualität der Aufgabenerfüllung in der Zukunft zu steigern und veränderten Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Solange - wie im Streitfall - keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die in dem Anforderungsprofil genannten Voraussetzungen nur vorgeschoben sind, bleiben sie maßgebend für die Eignungsbeurteilung der Bewerber. Danach kommt dem externen Mitbewerber S. aber ein deutlicher Vorsprung zu. Er verfügt zwar nicht über eine kaufmännische Berufsausbildung. Er war aber rund 13 Jahre als Disponent bei der Firma D. Express GmbH beschäftigt, die als Subunternehmerin für die Beklagte tätig gewesen ist. Er hat Kurierfahrten europaweit disponiert und auch die Kommunikation und Abrechnung mit der Beklagten für den Servicepartner erledigt. Davon ist jedenfalls auszugehen, nachdem die Klägerin dem entsprechenden Sachvortrag der Beklagten nicht entgegengetreten ist. Seine zweimonatige Tätigkeit als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten kommt hinzu. Der Bewerber S. verfügt mithin über die geforderte langjährige Berufserfahrung in der Disposition. Die Klägerin kann entsprechendes nicht vorweisen. Sie hat weder eine kaufmännische Berufsausbildung noch langjährige Berufserfahrung in der Disposition. Sie hat zwar behauptet, die Aufgaben in der Disposition hätten sich durch die Auslagerung der Kurierfahrten nicht wesentlich geändert, sie kenne das Geschäft und könne die Aufgaben nach kurzer Einarbeitungszeit übernehmen. In der Disposition eingesetzt war die Klägerin indes noch nicht. Sie war bislang im Bereich Umschlag/OPS tätig. Der Bereich befasst sich mit dem Sortieren der Sendungen und der Bearbeitung standardisierter Frachtpapiervorgänge nebst Dateneingabe. Unabhängig von ihrer Freistellung als Betriebsratsmitglied und ungeachtet des Umstandes, dass sie in den neuen Arbeits- und Prozessabläufen noch zu keinem Zeitpunkt tätig gewesen ist, erfüllt die Klägerin mithin schon aus diesem Grund das Anforderungsprofil in dem ganz entscheidenden Punkt nicht und hat deshalb in der Konkurrenz mit dem Bewerber S. das Nachsehen. Inwieweit sie auch erforderliche Englisch- und EDV-Kenntnisse vermissen lässt, wie die Beklagte behauptet, mag danach dahingestellt bleiben.

c) Die Beklagte ist auch nicht gehalten, der Klägerin die unter dem 06.06.2006 ausgeschriebene Stelle für einen Team Manager anzubieten. Es handelt sich insoweit nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz . Da die Beklagte den Mitbewerber V. bereits befördert hat, ist der Arbeitsplatz schon nicht mehr frei. Abgesehen davon, fehlt es aber auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit des Arbeitsplatzes mit dem der Klägerin. Eine solche liegt nur vor, wenn der Arbeitsplatz dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers, seiner Eignung, Qualifikation und Leistung entspricht (vgl. BAG vom 08.05.2007 - 9 AZR 874/06 - DB 2007, 2207). Ein Anspruch auf Beförderung besteht nicht (vgl. Rolfs, TzBfG, § 9 Rn. 3; Boewer, TzBfG, § 9 Rn. 28 ff.; Sievers, TzBfG, § 9 Rn. 9). Der Team Manager Terminal Handling wird außertariflich vergütet. Er ist Vorgesetzter der Gruppenleiter/Shiftleader. Die Klägerin ist Gruppenleiterin und in Tarifgruppe 5 eingruppiert. Die Übertragung dieser Aufgabe wäre mithin für sie eine Beförderung.

d) Die Klägerin kann sich zur Rechtfertigung ihres Verlängerungsbegehrens aber auf die beiden zum 01.10.2006 ausgeschriebenen Stellen für einen Shiftleader für das Terminal Handling berufen. Hierbei handelt es sich um entsprechende freie Stellen, für die die Klägerin gleich geeignet ist und bei der sie bevorzugt zu berücksichtigen ist. Ihre Freistellung steht dem nicht entgegen.

aa) Die Beklagte hat die Stellen wegen der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates zunächst nur vorläufig mit den Mitbewerbern O. und T. besetzt. Da die Maßnahmen noch rückgängig gemacht werden können, stehen die Arbeitsplätze für eine Besetzung zur Verfügung.

bb) Es handelt sich um entsprechende Arbeitsplätze. Die Klägerin wurde zum 01.01.2003 in die Position Teamleader Services (OPS) versetzt. Die Position entspricht bei der Beklagten der des Shiftleaders für das Terminal Handling. Bei den ausgeschriebenen Stellen handelt es sich mithin um genau den Aufgabenbereich, der der Klägerin arbeitsvertraglich übertragen ist.

cc) Auch angesichts des Sachvortrages der Beklagten in beiden Rechtszügen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitbewerber O. und T. geeigneter sind als die Klägerin.

(1) Nach der Stellenausschreibung sollen die Bewerber folgende fachliche/ persönliche Voraussetzungen erfüllen:

- Speditions- oder KEP-Kaufmann oder langjährige Berufserfahrung

- Kenntnisse Standard und DPE eigener Software

- Englisch in Wort und Schrift;

- logisches Denken, Problemlösung;

- Bereitschaft zu Zusatz- und Sonderaufgaben

(2) Hinsichtlich der Anforderungen Englisch in Wort und Schrift; logisches Denken, Problemlösung; Bereitschaft zu Zusatz- und Sonderaufgaben bestehen zwischen den Kandidaten keine erheblichen Unterschiede, jedenfalls hat die Beklagte dies selbst nicht behauptet.

(3) Die weiteren fachlichen Voraussetzungen erfüllen die Bewerber ebenfalls in gleichem Maße. Die Mitarbeiterin O., die in die Tarifgruppe 3 eingruppiert ist, hat langjährige Berufserfahrung im Bereich Umschlag/OPS. Sie nimmt seit Juni 2006 die Aufgaben einer Shiftleaderin kommissarisch wahr und hat sich nach dem Sachvortrag der Beklagten in dieser Position bewährt. Sie arbeitet in den Arbeits- und Produktionsstrukturen der Beklagten und kennt deren EDV-System. Der Bewerber T., der in die Tarifgruppe 4 eingruppiert ist, verfügt ebenfalls über eine langjährige Berufstätigkeit im Bereich des Umschlags. Auch er hat bereits in den Arbeits- und Produktionsstrukturen der Beklagten gearbeitet und kennt deren EDV-System. Die Klägerin hat den gleichen beruflichen Hintergrund, hat viele Jahre im Bereich des Umschlags gearbeitet und damit langjährige Berufserfahrung. Sie ist bereits nach den arbeitvertraglichen Vereinbarungen Shiftleader, anders als ihre Mitbewerber, die diese Beförderungsposition noch nicht erreicht haben, und hat damit einen gewissen Vorsprung. Unabhängig davon, ob sie in der Vergangenheit schon als Gruppenleiter tätig geworden ist - nach den vorgelegten Unterlagen scheint sich dies auf Vertretungseinsätze beschränkt zu haben - hat sie im Unterschied zu den Mitbewerbern allerdings noch nicht in den Arbeits- und Produktionsstrukturen der Beklagten und mit deren EDV gearbeitet. Während des Umstrukturierungsprozesses war sie bereits für Betriebsratsaufgaben von der Arbeitsleistung freigestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann daraus eine geringere Eignung der Klägerin für die Aufgaben aber nicht abgeleitet werden. Der Klägerin diese Defizite vorzuhalten, hieße sie nur wegen ihrer Freistellung bei der Auswahlentscheidung zu benachteiligen.

(a) Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrates wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Benachteiligungsverbot wegen der Amtstätigkeit. Deshalb dürfen Unterschiede in den Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbildern der jeweiligen Bewerber grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn sie nicht durch die Betriebsratstätigkeit und insbesondere die Freistellung entstanden sind, weil anderenfalls eine Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds aufgrund des Betriebsratsamtes einträte (vgl. BAG 26.09.1990 - 7 AZR 208/89 - AP BPersVG § 8 Nr. 4 zu §§ 8, 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG). Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus § 38 Abs. 4 BetrVG. Diese Vorschrift stellt eine besondere Ausprägung des allgemeinen Benachteiligungsverbots dar und ist neben § 78 Satz 2 BetrVG anwendbar. Sie will freigestellten Betriebsratsmitgliedern eine möglichst schnelle und an die betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer angepasste Wiedereingliederung in das Berufsleben nach Beendigung der Freistellung ermöglichen. Aus diesem Grund dürfen freigestellte Betriebsratsmitglieder, obwohl sie von ihrer beruflichen Tätigkeit entbunden sind, auch während der Zeit ihrer Freistellung von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden (vgl. Fitting/Kaiser/Heither, BetrVG, § 38 Rn. 97). Etwas Anderes gilt, wenn freigestellte Betriebsratsmitglieder nicht an angebotenen Fortbildungsveranstaltungen haben teilnehmen können, etwa weil dies wegen der Inanspruchnahme durch die Betriebsratsaufgaben nicht möglich war. In diesem Fall ist ihnen innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung bevorzugt die Möglichkeit zu geben, an betrieblichen und außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen teilzunehmen, um eine wegen der Freistellung unterbliebene berufliche Entwicklung nachzuholen. Der Anspruch dient nur der tatsächlichen Nachholung der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung (vgl. Fitting/Kaiser/Heither, BetrVG, § 38 Rn. 99). § 38 Abs. 4 BetrVG soll die Durchsetzung des Benachteiligungsverbotes erleichtern, die Rechte des Betriebsratsmitgliedes aber nicht einschränken.

(b) Der Unterschied in dem Eignungsbild der Klägerin zu dem der Mitbewerber ist allein durch deren Betriebsratstätigkeit und die Freistellung entstanden. Ohne ihre Tätigkeit als Betriebsratsmitglied und ohne ihre Freistellung hätte die Klägerin die von der Beklagten angeführten fehlenden Kenntnisse erworben. Sie hätte in der Umstrukturierungsphase gearbeitet und wie die anderen Arbeitnehmer nach und nach die veränderten Arbeits- und Produktionsstrukturen sowie die EDV der Beklagten kennen gelernt und ggfs. entsprechende Schulungen erhalten. Die Klägerin hat deshalb gem. § 38 Abs. 4 BetrVG im Rahmen der Möglichkeiten auch einen Anspruch darauf, jedenfalls nach Beendigung ihrer Freistellung die Einarbeitung in die neue Strukturen nachzuholen. Die zusätzlichen Kenntnisse wird sich die Klägerin wie alle anderen Arbeitnehmer auch in einem überschaubaren Zeitraum aneignen können. Es handelt sich nicht um besondere Qualifikationen, spezifische Fachkenntnisse, um ein neues, besonders anspruchsvolles Aufgabengebiet, sondern nur um die Einarbeitung in veränderte Arbeitsstrukturen und in eine neue Hard- und Software, die allen anderen Arbeitnehmern auch gelungen ist. Es besteht deshalb kein Zweifel daran, dass auch der Klägerin die Einarbeitung gelingen wird und sie damit für die Aufgaben in gleichem Maße geeignet ist wie die Mitbewerber.

dd) Die Klägerin ist bei der Stellenbesetzung bevorzugt zu berücksichtigen. Weder betriebliche Gründe noch die Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer stehen dem entgegen.

(1) Nach § 9 TzBfG dürfen der vorrangigen Berücksichtigung des die Verlängerung wünschenden Arbeitnehmers keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Die negative Anspruchsvoraussetzung des Nichtentgegenstehens bezieht sich regelmäßig nur auf die personelle Auswahl für die Besetzung des freien Arbeitsplatzes. Denn der Anspruch auf Arbeitszeitverlängerung setzt schon voraus, dass der Arbeitgeber in freier Entscheidung die Besetzung des freien Vollzeitarbeitsplatzes für sinnvoll hält. Wenn ein entsprechender Arbeitsplatz nach dem Willen des Arbeitgebers besetzt werden soll, können betriebliche Ablehnungsgründe sich nur im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung ergeben, z.B. ob der Teilzeitbeschäftigte auch persönlich in der Lage ist, die längere Arbeitszeit zu verrichten. Ebenso kann der vorrangigen Auswahl des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dass er zum dringend betrieblich notwendigen Zeitpunkt der Besetzung der Vollzeitarbeitsplatzes noch nicht zur Verfügung steht (vgl. BAG 08.05.2007 - 9 AZR 874/06 - DB 2007, 2207ff, 2209).

(2) Die Beklagte kann indes nicht einwenden, die Klägerin stehe für die Vollzeittätigkeit angesichts ihrer Freistellung nicht zur Verfügung. Wenn sie mit diesem Einwand gehört würde, würde dies zu einer Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Betriebsratstätigkeit führen. Die Nichtübernahme eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedes in eine Vollzeitbeschäftigung ist eine Benachteiligung, wenn sie wegen der Betriebsratstätigkeit erfolgt (vgl. Fitting/Kaiser/Heither, BetrVG, § 78 Rdn. 19 m.w.N.; APS/Künzl § 78 BetrVG Rn. 47). Eine solche ist gemäß § 78 Satz 2 BetrVG untersagt. Die Beklagte kann auch nicht darauf verweisen, die Besetzung des Arbeitsplatzes mit der Klägerin führe im Ergebnis zu einer Doppelung des Arbeitsplatzes. Dabei übersieht die Beklagte, dass die Klägerin schon heute die Stelle eines Shiftleaders innehat. Richtig ist indes, dass im Falle der weiteren Freistellung der Klägerin die Arbeit von einem anderen Mitarbeiter erledigt werden müsste. Das bringt eine Freistellung stets mit sich und wird vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.

(3) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie müsse der Bewerberin O. eine Änderungskündigung aussprechen, falls deren Weiterbeschäftigung auf dem Arbeitsplatz des Shiftleaders nicht möglich sei. Für die Mitbewerberin O. handelt es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um eine Beförderungsstelle. Sie hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf dieser Stelle. Die Erwägungen der Beklagten sind deshalb im Rahmen des § 9 TzBfG unbeachtlich.

(4) Die Beklagte ist nicht berechtigt, dem Bewerber T. den Vorzug vor der Klägerin zu geben, weil auch er Teilzeitkraft ist und den Wunsch geäußert hat, seine Arbeitszeit zu verlängern. Die Auswahl zwischen mehreren Teilzeitkräften erfolgt nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB (Rolfs, TzBfG, § 9 Rn.7, Sievers, TzBfG, § 9 Rn. 15). Die Beklagte will dem Mitbewerber den Vorzug geben, weil er über mehr praktische Erfahrung verfügt als die Klägerin. Diese Erwägung ist schon nicht unproblematisch, weil sie die Klägerin wegen ihrer Freistellung benachteiligt. Entscheidend ist aber, dass die Beklagte der Klägerin die bevorzugte Berücksichtigung bei der Ausschreibung von Vollzeitstellen in ihrem Tätigkeitsbereich mit der Vereinbarung vom 11.07.2002 zugesagt hat und deshalb gehalten ist, ihr den Vorzug zu geben. Dabei mag die Beklagte seinerzeit an die Position des Teamexperten als tatsächliches Einsatzgebiet der Klägerin gedacht haben. Die Ausübung der Funktion des Teamleaders durch die Klägerin war anfangs nämlich nicht vorgesehen, im weiteren aber durchaus - wie sich aus dem Hinweis zunächst nicht vorgesehen ergibt. Die Zusage enthält aber keine Beschränkung auf nur dieses Einsatzgebiet. Auch soweit die Beklagte darauf hinweist, dass zusätzliche Voraussetzung für die Zusage ist, dass das weitere Stundenvolumen sinnvoll an...bestehende Arbeitszeit angehangen werden kann , kann sie damit einen Anspruch der Klägerin nicht abwenden. Aus der einschränkenden Regelung lässt sich nicht entnehmen, dass die Zusage bei der Ausschreibung einer Vollzeitstelle nicht gelten soll. Wenn die Beklagte die Zusage unter diese Voraussetzung hätte stellen wollen, hätte sie dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Klägerin konnte die Zusage allgemeiner verstehen.

II.

Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit schon ab dem 01.03.2006 ergibt sich auch nicht aus der Zusage vom 11.07.2002. Voraussetzung für die Aufstockung der Arbeitszeit sollte danach die Ausschreibung eines weiteren Stundenvolumens im direkten Tätigkeitsbereich der Klägerin sein. Diese Voraussetzung erfüllen die am 02.02. und 06.06.2006 ausgeschriebenen Aufgabenbereiche nicht.

III.

Die Feststellungsklage der Klägerin, die die Vorinstanz zu Recht nach § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 1 Satz 1 ArbGG für zulässig erachtet hat, ist begründet, soweit sie den Zeitraum ab dem 01.10.2006 betrifft. Der Klägerin steht insoweit ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Differenzvergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gemäß § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 1 BGB zu. Vorliegend reichte nach § 295 Satz 1 2.Alt. BGB ein wörtliches Angebot der Klägerin, nämlich ihr Angebot auf Verlängerung der Arbeitszeit, aus, um die Beklagte in Annahmeverzug zu setzen. Denn diese hätte das Vertragsangebot der Klägerin nach den Ausführungen unter I. zum 01.10.2006 annehmen müssen, um deren Anspruch nach § 9 TzBfG zu erfüllen.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht besteht ein gesetzlicher Grund (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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