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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 01.02.2002
Aktenzeichen: 10 Sa 1628/01
Rechtsgebiete: LPVG NW


Vorschriften:

LPVG NW § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
1. Anträge des öffentlichen Arbeitgebers an den Personalrat (hier: Antrag auf Zustimmung zu einer befristeten Einstellung) unterliegen der Auslegung nach § 133 BGB.

2. Hat ein Personalrat nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW die Zustimmung zu einer Befristung erteilt, ist die Befristung nicht deshalb unwirksam, weil ein falsches Eintrittsdatum (hier: 19.02.2001 statt 16.02.2001) genannt wurde (Abgrenzung zu BAG Urteil vom 08.07.1998 - 7 ABR 308/97 - BB 1998, 2419-2420 = DB 1998, 2121 = NZA 1998, 1296-1297)


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 Sa 1628/01

Verkündet am: 01.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 01.02.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Kudella und den ehrenamtlichen Richter Flack für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 26.09.2001 - 3 Ca 2578/01 - abgegeändert und die Klage auf Kosten der Klägerin abgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 04.07.2001.

Die Klägerin ist ausgebildete Lehrerin für das Lehramt an Primarstufen.

Das beklagte Land stellte die Klägerin zunächst befristet als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit 20 Unterrichtsstunden je Woche für die Zeit vom 27.11.2000 bis 21.12.2000 ein. Die Befristung erfolgte wegen des vorübergehenden Ausfalls (Mutterschutzfrist) der Lehrkraft S.. Am 15.12.2001 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit bis zum 15.02.2001 mit der gleichen Begründung.

Am 01.02.2001 vereinbarten die Parteien einen dritten befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 16.02.2001 längstens bis zum 04.07.2001, wobei als Befristungsgrund der Erziehungsurlaub der Lehrkraft S. angegeben war. Der Personalrat war zuvor unter dem 24.01.2001 mit folgender Begründung zur erneuten befristeten Einstellung beteiligt worden:

-Ersatzeinstellung für Erziehungsurlaub;

hier: Lehrerin i.A. S. M.

Sehr geehrter Herr Dr. W., Frau E. S., Lehrerin an der GG P.schule F.- in V., wurde antragsentsprechend für die Zeit vom 19.02.2001 bis einschließlich 19.08.2001 gemäß § 2 Erziehungsurlaubsverordnung beurlaubt. Es ist beabsichtigt, Frau S. M.für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Frau S. mit 20 Std. wöchentlich bis einschl. 04.07.2001 einzusetzen. Sie hat bereits die Vertretung während der Mutterschutzfrist übernommen. Im Rahmen einer kontinuierlichen Arbeit bittet die Lehrerin der Parkschule F. um Weiterbeschäftigung der Frau M.. Frau M. ist mit dem Einsatz einverstanden.

Ich bitte um Kenntnis- und Stellungnahme.-

Der Personalrat stimmte auch dieser befristeten Einstellung zu.

Auf die befristeten Arbeitsverträge der Parteien findet kraft Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag einschließlich der Sonderregelungen nach der Anlage 2 y BAT Anwendung.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Wesel am 23.07.2001 eingereichten Klage hat die Klägerin u.a. geltend gemacht, die letzte Befristung sei nicht rechtens, da kein Befristungsgrund vereinbart worden sei. Auch sei der zuständige Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, da er nur zu einer Befristung vom 19.02.2001 bis zum 04.07.2001 angehört worden sei.

Die Klägerin hat deshalb - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Befristung mit Ablauf des 04.07.2001 geendet hat, 2. das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis mit einer Unterrichtsverpflichtung von 20 Wochenstunden bei Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III über den 04.07.2001 weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass das Kind der vertretenen Lehrerin nicht am vorausberechneten Geburtstermin, dem 21.12.2000, sondern 3 Tage später am 24.12.2000 zur Welt gekommen sei. Damit habe sich das Ende der Mutterschutzfrist bzw. der Beginn des Erziehungsurlaubs entsprechend um 3 Tage verschoben. Im Rahmen einer im allseitigen Interesse beabsichtigten kontinuierlichen Beschäftigung habe man den hier in Rede stehenden befristeten Arbeitsvertrag bereits mit dem 16.02.2001 beginnen lassen, obwohl der eigentliche Beginn des Erziehungsurlaubs erst am 19.02.2001 gelegen habe. Diese Verfahrensweise habe auch im vollen Umfang dem Willen des Personalrats entsprochen, der im Kern eindeutig darauf gerichtet gewesen sei, zwei unmittelbar hintereinander geschalteten befristeten Arbeitsverträge zuzustimmen.

Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen mit der Begründung stattgegeben, die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses sei unwirksam, weil sie unter Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW zu Stande gekommen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Das beklagte Land meint, die Befristung sei nicht wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrats unwirksam. Demgegenüber verteidigt die Klägerin die angefochtene Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist rechtswirksam am 04.07.2001 beendet worden.

I.

Der Personalrat ist ordnungsgemäß nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW beteiligt worden; der Personalrat hat auch der Befristung zugestimmt.

1. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW hat der Personalrat bei der Befristung mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bezieht sich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses und schränkt in zulässiger Weise die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ein (BAG Urteil vom 08.07.1998 - 7 AZR 308/97 - BB 1998, 2419-2420 = DB 1998, 2121 = NZA 1998, 1296-1297).

2. Das beklagte Land hat dem zuständigen Personalrat ordnungsgemäß für eine Befristung für die Zeit vom 16.02.20001 bis zum 04.07.2001 beteiligt. Die erkennende Kammer vermag sich nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Klägerin anzuschließen, die Beteiligung sei nur erfolgt für einen befristeten Vertrag ab 19.02.2001 bis zum 04.07.2001.

Zwar wird in dem Antrag an der Personalrat vom 24.01.2001 davon gesprochen, dass die zu vertretene Lehrerin S. gemäß § 2 Erziehungsurlaubsverordnung für die Zeit vom 19.02.2001 bis zum 19.08.2001 beurlaubt ist und beabsichtigt sei, die Klägerin für die Dauer des Erziehungsurlaubs von Frau S. mit 20 Stunden wöchentlich bis einschließlich 04.07.2001 einzusetzen. Dieses spricht auf den ersten Blick dafür, dass die Klägerin auch nur für die Zeit vom 19.02.2001 bis zum 04.07.2001 beschäftigt werden sollte.

Dieser Antrag bedarf allerdings der Auslegung gemäß § 133 BGB. Denn ausweislich dieses Antrages an den Personalrat sollte die Klägerin nach Beendigung das bis zum 15.02.2001 bestandenen Arbeitsvertrages weiterbeschäftigt- werden. Da dem Personalrat aus seiner früheren Beteiligung zum befristeten Arbeitsvertrag ab dem 15.12.2000 bis zum 15.02.2001 bekannt war, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien am 15.02.2001 endet wird und zudem eine kontinuierliche Weiterarbeit der Klägerin auch im Interesse eines geordneten Schulbetriebes notwendig war, konnte der Personalrat den Antrag des Arbeitgebers nur dahin verstehen, dass die Klägerin über den 15.02.2001 und damit ab dem 16.02.2001 und nicht erst ab dem 19.02.2001 weiterbeschäftigt werden sollte, wobei als Befristungsgrund für die Zeit vom 16.02.2001 bis einschließlich 18.02.2001 konkludent die Mutterschutzfrist angegeben wurde.

3. Doch selbst wenn man entgegen der Auffassung der erkennenden Kammer dieser Auslegung nicht folgen würde, wäre die Befristung rechtens.

a. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 08.07.1998 a.a.O.) ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts unwirksam, wenn die Vertragsparteien entgegen der vom Personalrat erteilten Zustimmung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW einen Zeitvertrag von kürzerer Vertragsdauer abschließen. In dem vom BAG zu entscheidenden Rechtsstreit lag das Beendigungsdatum der vereinbarten Befristung vor dem Enddatum, zu dem der Personalrat seine Zustimmung erteilt hatte.

b. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es jedoch nicht um das Beendigungsdatum, dem der Personalrat die Zustimmung erteilt hatte. Dieses stimmt mit dem Befristungsende in dem Arbeitsvertrag der Parteien überein. Die Parteien streiten nur darum, ob dem Personalrat das richtige Eintrittsdatum mitgeteilt wurde.

aa. Nach ganz h.M. (vgl. statt aller BAG Beschluss vom 28.06.1994 - 1 ABR 59/93 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 123 m.w.N.) ist zwischen einer Einstellung eines Arbeitnehmers und der Befristung des Arbeitsvertrages zu unterscheiden. Der Personalrat hat zwar der Einstellung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW zuzustimmen und der Arbeitgeber verhält sich gesetzeswidrig, wenn er nicht die dafür erforderliche Zustimmung einholt. Da es bei der Einstellung eines Arbeitnehmer um seine Eingliederung in den Betrieb oder Dienststelle geht, kann eine fehlerhafte Beteiligung des Personalrats nicht dazu führen, dass damit auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam ist. Folgte man der Auffassung des Arbeitsgerichts wäre die tarifliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres (§ 60 BAT) und damit die dortige Altersgrenzenregelung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW unwirksam, wenn der Personalrat bei einer Einstellung nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde, weil z.B. ein falsches Eintrittsdatum genannt wurde.

bb. Eine solche Betrachtungsweise würde aber dem Sinn und Zweck der Zustimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW zu einer Befristung nicht gerecht. Auf Grund dieses Mitbestimmungsrechts ist der Personalrat berechtigt zu prüfen, ob die beabsichtigte Befristung den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle genügt und damit wirksam ist. Darüber hinaus soll der Personalrat nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung des Arbeitsverhältnisses abgesehen werden kann und ein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird (BAG Urteil vom 08.07.1998 a.a.O.; auch Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann/Klein, LPVG NW § 72 Rdn. 67). Gerade weil es aber bei der Befristung des Arbeitsverhältnisses um die Beendigung des Vertrages geht, soll der Personalrat prüfen können, ob hierfür, mithin für das Ausscheiden zu diesem Zeitpunkt und mit dieser Begründung ein ausreichender Sachgrund vorliegt oder ob stattdessen ein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden sollte. Geht es aber bei diesem Mitbestimmungsrecht des Personalrats nur um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, haben Fehler des Arbeitgebers bei der Einstellung des Arbeitnehmer wie z.B. die falsche Nennung des Eintrittsdatums keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit der Befristung.

II.

Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien hält im Übrigen der Befristungskontrolle stand, § 14 Abs. 1 TzBfG. Die Klägerin wurde ab dem 16.02.2001 bis zum 04.07.2001 befristet für die in Erziehungsurlaub befindliche Lehrkraft S. eingestellt. Dass der Erziehungsurlaub erst ab 19.02.2001 begann, ist unschädlich. Die Klägerin war bereits in dem vorherigen befristeten Arbeitsverhältnis auf Grund des Mutterschutzes von Frau S. eingestellt worden. Das beklagte Land hat mit der Klägerin für den bereits ab dem 16.02.2001 begonnenen Arbeitsvertrag konkludent den gleichen Befristungsgrund vereinbart; dieser lag unstreitig vor. Im Übrigen ist die Schriftform der Nr. 2 SR 2y BAT gewahrt.

III.

Da die Befristung rechtens ist, mußte auch die Klage der Klägerin auf Weiterbeschäftigung unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen werden.

IV.

Die Kammer hatte über die von der Klägerin noch im ersten Rechtszug gestellten Hilfsanträge nicht zu befinden, da die Klägerin diese Anträge auf Nachfragen im zweiten Rechtszug nicht hilfsweise gestellt hat.

Da die Berufung erfolgreich war, waren der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO aufzuerlegen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat noch von einer Entscheidung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abgewichen wird. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

Ende der Entscheidung

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