Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.06.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 502/07
Rechtsgebiete: TV über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II, Protokollnotiz


Vorschriften:

TV über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II Anlage I-B-1 (Sozial- und Erziehungsdienst)
Protokollnotiz Nr. 12
Ein Sozialarbeiter, der in einem sozialtherapeutischen Wohnheim Alkoholkranke betreut, übt schwierige Tätigkeiten im Sinne der Vergütungsgruppe IV b Fg 16 BMT-AW II aus. Die begleitende Fürsorge der Suchtmittelabhängigen erfüllt das Beispiel c) der Protokollnotiz Nr. 12. Es bedarf dafür nicht zugleich auch einer nachgehenden Fürsorge für ehemalige Heimbewohner. Jedenfalls ist der allgemeine Begriff erfüllt, weil der Sozialarbeiter mit Personen umzugehen hat, die typischerweise vielgestaltige oder umfangreiche nicht nur soziale Probleme mitbringen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 502/07

Verkündet am 29. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.06.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Stricker und den ehrenamtlichen Richter Masson

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.02.2007 - 4 Ca 2029/06 - abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.12.2006 wird aufgehoben.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen,

2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen,

3. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 01.07. bis zum 20.07.2006 weitere 80,57 € brutto zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen der Vergütung Anspruch auf Zahlung einer Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 7,5 % der Anfangsgrundvergütungsstufe I der Vergütungsgruppe IV b des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt II hat.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6 mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Klägers entstanden sind. Diese trägt der Kläger allein.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine monatliche Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 1 der Vergütungsgruppe IV b des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundes-Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II) Anlage Teil I - B - 1 (Sozial- und Erziehungsdienst) zu zahlen.

Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter und steht als solcher seit dem 01.05.2002 in einem Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten. Dieses richtet sich gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 13.05.2002 nach den Tarifverträgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt.

Der Kläger ist im sozialtherapeutischen Wohnheim für Suchtkranke "S.-I.-Haus" im N. tätig. Es handelt sich um eine Einrichtung, in der in wohnlicher Umgebung chronisch - mehrfach geschädigte - alkoholabhängige Frauen und Männer auf dem Weg in die Abstinenz begleitet werden. Aufgenommen werden Personen, die unter einer langjährigen Alkoholproblematik, verbunden mit körperlicher, psychischer oder sozialer Beeinträchtigung leiden. In der Einrichtung leben ausschließlich "trockene Alkoholiker", die einen Entzug in einer Klinik hinter sich haben. Die Einrichtung hält 20 Wohnheimplätze vor. Sie verfügt über zwei Wohngruppen sowie eine zusätzliche Trainingswohngruppe, die die Bewohner auf ein selbständiges Leben außerhalb der Einrichtung vorbereitet. Die Betreuung wird durch vier Sozialarbeiter / Sozialwissenschafter und einen Einrichtungsleiter gewährleistet.

Der Kläger ist einer der Betreuer. Zu seinen Aufgaben gehört z.B. Begleitung beim Einkaufen, Unterstützung bei der Zubereitung von Mahlzeiten, Begleitung und Beratung bei Ämtergängen, Unterstützung in Antragsverfahren, Hilfestellung bei der Erarbeitung persönlicher Interessen, Unterstützung bei der Freizeitgestaltung, Motivation, regelmäßige Einzelgespräche.

Der Kläger erhält seit seiner Einstellung Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BMT- AW II. Einer bestimmten Fallgruppe ist seine Tätigkeit im Arbeitsvertrag nicht zugeordnet. Unter Anrechung seiner Vordienstzeiten beim Landschaftsverband Rheinland vom 01.04.1992 bis zum 31.01.2002 hat der Beklagte den Kläger in Fg. 17 eingruppiert.

Der Kläger ist seit dem 08.06.2006 arbeitsunfähig erkrankt. Der Beklagte leistete bis zum 20.07.2006 Entgeltfortzahlung.

Mit seiner am 03.07.2006 beim Arbeitsgericht Wesel eingegangenen Klage hat der Kläger im wesentlichen geltend gemacht, dass er in die Vergütungsgruppe IV b Fg. 16 BMT- AW II eingruppiert sei und ihm kraft 4jähriger Bewährung ein Anspruch auf die tarifliche Vergütungsgruppenzulage zustehe.

Dies hat der Kläger vor allem wie folgt begründet:

Seine Tätigkeit sei schwierig. Nach der Protokollnotiz Nr. 12 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II Anlage Teil I - B - 1 (Sozial- und Erziehungsdienst) sei u.a. die Beratung von Suchtmittelabhängigen sowie die begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner schwierig. Genau diese Tätigkeiten übe er aus. Bei dem S.-I.-Haus handele es sich auch um ein Heim im Sinne des Tarifvertrages. Dies zeige sich schon daran, dass der Beklagte ihm die tariflich vorgesehene Heimzulage gewähre.

Der Kläger hat angekündigt zu beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, ihm ab Juli 2006 monatlich 120,85 € brutto zu zahlen bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses;

4. festzustellen, dass er Anspruch auf Zahlung einer Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 7,5 % der Anfangsgrundvergütungsstufe I der Vergütungsgruppe IV b des Bundes - Manteltarifvertrags Arbeiterwohlfahrt II hat.

Der Beklagte hat angekündigt zu beantragen,

die Klage abzuweisen.

Im Kammertermin vom 06.12.2006 ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen. Gegen das ihm am 12.12.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.12.2006, eingegangen beim Arbeitsgericht am selben Tag, Einspruch eingelegt.

Der Kläger hat nunmehr beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 06.12.2006 nach den angekündigten Klageanträgen zu erkennen.

Der Beklagte hat beantragt,

den Einspruch zurückzuweisen.

Er hat vor allem vorgebracht:

Der Klagevortrag sei nicht schlüssig. Der Kläger verrichte keine schwierigen Tätigkeiten im tariflichen Sinne. Weder berate er Suchtmittelabhängige noch leiste er nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner. Auch sei das S.-I.-Haus kein Heim im tariflichen Sinne. Dazu zählten nur Heime, in denen Menschen zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege untergebracht seien. Im S.-I.-Haus finde weder Erziehung, noch Ausbildung noch Pflege statt.

Das Arbeitsgericht Wesel hat mit seinem am 07.02.2007 verkündeten Urteil das Versäumnisurteil vom 06.12.2006 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Bei der Tätigkeit des Klägers handele es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Der Kläger übe keine schwierigen Tätigkeiten im Sinne der Fallgruppe 16 der Vergütungsgruppe IV b aus. Die in der Protokollnotiz Nr. 12 genannten Beispiele seien nicht erfüllt. Die Beratung von Suchtmittelabhängigen ziele auf die Hilfestellung im Hinblick auf die Sucht. Diese Aufgabe habe der Kläger nicht. Begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner leiste er schon deshalb nicht, weil er jedenfalls keine nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner erbringe. Die Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen. Bei der Auslegung des allgemeinen Begriffs "schwierige Tätigkeit" sei die in den Beispielen zum Ausdruck kommende Wertung zu berücksichtigen. Danach reiche allein die begleitende Fürsorge für Suchtabhängige nicht aus.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel ist dem Kläger am 28.02.2007 zugestellt worden. Mit einem beim Landesarbeitsgericht am 26.03.2007 eingegangenen Schriftsatz hat er Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor allem geltend:

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handele es sich bei der Tätigkeit eines Sozialarbeiters nicht um einen einheitlichen Arbeitsvorgang, sondern um mehrere. Die Tätigkeit sei vielschichtig. Bei der Prüfung, ob sie schwierig sei, sei insgesamt nicht ausreichend gewürdigt worden, dass es sich bei den in der Protokollnotiz Nr. 12 genannten Fällen nur um beispielhafte Aufzählungen handele.

Bei der Protokollnotiz Nr. 12 a) (Beratung von Suchtmittelabhängigen) gehe es nicht ausschließlich um Suchtberatung im klassischen Sinne. Erfasst würden auch weitergehende Tätigkeiten. Seine Aufgabe gehe über die reine Suchtberatung hinaus. Sie sei noch schwieriger. Gefragt sei eine ganzheitliche Beratung der suchtmittelabhängigen Person hinsichtlich der Lebensgestaltung und der sich aus der Sucht ergebenden Probleme bei der Lebensführung. Zu seinen Aufgaben gehöre zudem, Krisenintervention zu leisten, z.B. wenn ein Bewohner rückfällig geworden sei. Solche Rückfälle kämen in der Praxis täglich vor. Die Arbeit erschwere der Umstand, dass Suchtmittelabhängige in den meisten Fällen zunächst keine Einsicht in ihre Krankheit hätten.

Auch die Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 12 c) seien erfüllt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien sowohl die begleitende Fürsorge für Heimbewohner als auch die nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner jeweils für sich schwierige Tätigkeiten. Die begleitende Fürsorge der Heimbewohner sei sogar der schwierigere Teil. Es müsse insbesondere zunächst einmal die Einsicht in die eigene Krankheit hergestellt werden und dem Heimbewohner gleichzeitig vermittelt werden, wie er zukünftig sein Leben zu gestalten habe. Bei der nachgehenden Fürsorge habe man es überwiegend mit einer einsichtigen Klientel zu tun, deren wesentliche Defizite im Rahmen der begleitenden Fürsorge behandelt und behoben seien. Selbst wenn die von den Tarifvertragsparteien genannten Beispiele aber nicht einschlägig seien, hätte das Arbeitsgericht jedenfalls aufgrund der durch die Beispiele zum Ausdruck gekommenen Wertung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass seine Tätigkeit wegen der außerordentlich problematischen Klientel schwierig sei.

Der Kläger beantragt unter Klagerücknahme im Übrigen,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.02.2007 - 4 Ca 2029/06 - abzuändern, das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.12.2006 aufzuheben und

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 120,85 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2006 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 01.07. bis zum 20.07.2006 weitere 80,57 € brutto zu zahlen;

4. festzustellen, dass er im Rahmen der Vergütung Anspruch auf Zahlung einer Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 7,5 % der Anfangsgrundvergütungsstufe I der Vergütungsgruppe IV b des Bundes - Manteltarifvertrags Arbeiterwohlfahrt II hat.

Der Beklagte beantragt unter Einwilligung in die teilweise Klagerücknahme,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt in der Berufungserwiderung in erster Linie das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf den Sachvortrag in der ersten Instanz.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ausdrücklich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.02.2007, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist begründet.

I.

Der Einspruch vom 19.12.2006 gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.12.2006 ist an sich statthaft und form- und fristgelegt eingelegt worden (§§ 341 Abs. 1 Satz 1, 338 Satz 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; § 59 Satz 1, 2 ArbGG). In der Sache führt er zur Aufhebung des Versäumnisurteils (§ 343 Satz 2 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

II.

Die Klage mit den zuletzt gestellten Anträgen ist zulässig und begründet.

1.

Das für den Feststellungsantrag zu Ziff. 4 erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) ist gegeben. Ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO besteht grundsätzlich nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. § 256 Rn. 7). Da der Beklagte eine Verpflichtung zur Zahlung der tariflichen Vergütungsgruppenzulage in Abrede stellt, besteht Klärungsbedarf. Es ist auch zu erwarten, dass der Beklagte bei Feststellung der Leistungspflicht im Urteil zur Leistung bereit sein wird, sodass die Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt.

2.

In der Sache stehen dem Kläger die titulierten - der Höhe nach unstreitigen -Ansprüche auf Zahlung der Vergütungsgruppenzulage für die Zeit vom 01.05 bis zum 20.07.2006 nach Fußnote 1 der Vergütungsgruppe IV b des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II Anlage Teil I - B - 1 (Sozial- und Erziehungsdienst), für den Entgeltfortzahlungszeitraum vom 08.06. bis zum 20.07.2006 i.V.m. § 31 Abs. 1, 6 BMT-AW II, zu.

Nach der Fußnote 1 der Vergütungsgruppe IV b des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II Anlage Teil I - B - 1 (Sozial- und Erziehungsdienst) erhalten Angestellte nach vierjähriger Bewährung eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 7,5 % der Anfangsgrundvergütung (Stufe 1) der Vergütungsgruppe IV b. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass der Kläger sich während seiner Beschäftigungszeit bewährt hat. Entscheidend ist mithin, ob die Fußnote auch für den Kläger gilt. Die Fußnote gilt nur für die Fallgruppen der Vergütungsgruppe IV b, die auf die Fußnote Bezug nehmen. Auf die Fußnote Bezug genommen wird in der Fallgruppe 16, nicht in der Fallgruppe 17. Für den Kläger kommt die Fußnote zur Anwendung. Entgegen der Auffassung der Beklagten und entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist der Kläger in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BMT-AW II eingruppiert.

a.

Nach § 22 Abs. 1 BMT-AW II ist ein Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale in die Vergütungs- bzw. Lohngruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten, von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht gemäß § 22 Abs. 2 BMT-AW II den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. Lohngruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe bzw. Lohngruppe erfüllen.

b.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BMT-AW II entspricht.

aa.

Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BMT-AW II sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Arbeitnehmers, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorganges, Erstellen eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Diese Definition steht im Einklang mit dem von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum BAT entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs (vgl. nur BAG v. 26.03.1997 - 4 AZR 622/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 35; BAG v. 18.06.1997 - 4 AZR 764/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 38). Auf die hierzu ergangene Rechtsprechung kann deshalb zur weiteren Konkretisierung zurückgegriffen werden. Danach ist es rechtlich möglich, dass die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. BAG v. 30.01.1985 - 4 AZR 184/83 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 101; BAG v. 23.02.1983 - 4 AZR 220/80 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 70). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (BAG v. 20.10.1993 - 4 AZR 45/93 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 172; BAG v. 20.03.1991 - 4 AZR 471/90 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 156).

bb.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die von dem Kläger ausgeübte Tätigkeit in dem sozialtherapeutischen Wohnheim für Suchtkranke als einen Arbeitsvorgang angesehen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden.

Das Bundesarbeitsgericht hat in Eingruppierungsstreitigkeiten von Sozialarbeitern regelmäßig angenommen, dass die gesamte einem Sozialarbeiter übertragene Tätigkeit als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen sei. Die Tätigkeit eines Sozialarbeiters sei auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die Betreuung des ihm zugewiesenen Personenkreises gerichtet. Demgemäß habe seine Tätigkeit Funktionscharakter. Die einzelnen von ihm ausgeübten Tätigkeiten seien tatsächlich nicht trennbar und tariflich einheitlich zu bewerten. Einen einheitlichen großen Arbeitsvorgang hat das Bundesarbeitsgericht beispielsweise bei einem Sozialarbeiter im Sachgebiet "Sozialdienst für Nichtsesshafte und Haftentlassene" der Abteilung "Gefährdungshilfe" (BAG v. 04.05.1988 - 4 AZR 728/87 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 143), einer Sozialarbeiterin im Sachgebiet "Erziehungsbeistandshilfen in der Familientherapie" (BAG v. 06.02.1991 - 4 AZR 343/90 - ZTR 1991, 379), eines für die "Organisation von therapeutischen Wohngemeinschaften und deren Beratung" zuständigen Diplom-Sozialarbeiters (BAG v. 29.09.1993 - 4 AZR 690/92 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 7), einer Sozialarbeiterin in der "Behindertenbetreuung" (BAG v. 09.03.1994 - 4 AZR 288/93 - n.v.), eines Diplom-Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe (BAG v. 14.12.1994 - 4 AZR 950/93 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 10), eines Sozialarbeiters in der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung (BAG v. 26.03.1997 - 4 AZR 622/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 35) angenommen.

Das gilt ebenso für die Tätigkeit eines Sozialarbeiters in einem sozialtherapeutischen Wohnheim für Suchtkranke. Auch die gesamte einem Sozialarbeiter in einem sozialtherapeutischen Wohnheim für Suchtkranke übertragene Tätigkeit ist auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die intensive Einzelbetreuung mit den mit ihr einhergehenden Aufgaben gerichtet, bei der das Arbeitsergebnis die Betreuung von Suchtkranken ist. Es handelt sich um einen Arbeitsvorgang.

Alle Einzelaufgaben des Klägers dienen einem Arbeitsergebnis und sind deshalb nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar. Diese Tätigkeiten kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht in einzelne Arbeitsvorgänge, etwa die Betreuung eines bestimmten Suchtkranken aufgegliedert werden. Es geht nicht um die entscheidungsreife Bearbeitung eines einzelnen Antrages, z.B. auf Gewährung von Leistungen, sondern um die auf lange Zeit angelegte intensive sozialtherapeutische Einzelbetreuung mehrerer Personen, die sich aus zahlreichen, zeitlich auseinander liegenden unterschiedliche Personen betreffenden Einzeltätigkeiten bezogen auf die unterschiedlichsten Vorgänge zusammensetzt, was für eine funktional zusammengehörende Tätigkeit spricht. Für das Vorliegen eines Arbeitsvorgangs spricht auch der bei den Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst des Tarifvertrages vom 01.11.1977 zum Ausdruck gekommene Wille der Tarifvertragsparteien. Dort wird die Betreuung bestimmter näher bezeichneter Personengruppen insgesamt genannt, um schwierige Tätigkeiten des Sozialarbeiters zu kennzeichnen (Protokollerklärung Nr. 12 zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16). Eine hiervon ausgehende Bewertung der Tätigkeiten des Sozialarbeiters muss notwendigerweise die für den entsprechenden Personenkreis zu erledigenden Tätigkeiten zu einem Arbeitsvorgang zusammenfassen. Entsprechendes gilt auch für einen Sozialarbeiter in einem sozialtherapeutischen Wohnheim für Suchtkranke.

c.

Für die Eingruppierung des Klägers sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage I - B - 1 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

Vergütungsgruppe V b ...

10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben (Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

Vergütungsgruppe IV b ...

16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben mit schwierigen Tätigkeiten (Fußnote 1) (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 12) 17. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 10 (Fußnote 2) (Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

Die Protokollnotiz Nr. 12) lautet:

Schwierige Tätigkeiten sind z.B. die

a) Beratung von Suchtmittelabhängigen

b) Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen

c) begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner

d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene

e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter, mindestens der Vergütungsgruppe V b

f) Tätigkeiten, für deren Ausübung eine Zusatzqualifikation i.d.R. erforderlich ist

g) Arbeiten in Aufnahme-(Beobachtungs-) Gruppen oder in heilpädagogischen Gruppen

d.

Die vom Kläger in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 setzen die Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 10 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst voraus.

aa.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 10. Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung. Seine Tätigkeit entspricht auch dem Berufsbild eines Sozialarbeiters. Der Kläger betreut Suchtkranke in einer sozialtherapeutischen Einrichtung. Er soll den ihm anvertrauten Alkoholikern Hilfe zur besseren Lebensbewältigung in ihrer besonderen Situation leisten und auf diese Weise mit dazu beitragen, dass diese im Rahmen des Möglichen ihre Sucht überwinden, zur Entfaltung ihre Persönlichkeit gelangen und in Zukunft ein suchtfreies Leben in der Gesellschaft führen können. Die Betreuung von Suchtkranken gehört zu den typischen Sozialarbeitertätigkeiten (vgl. BAG v. 14.06.1995 - 4 AZR 246/94 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 202; BAG v. 08.10.1997 - 4 AZR 680/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 43).

bb.

Der Kläger erfüllt mit dem Arbeitsvorgang sozialtherapeutische Betreuung von Suchtkranken auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BMT-AW II, da er schwierige Tätigkeiten i.S. dieser Vergütungs- und Fallgruppe ausübt.

Das Merkmal der schwierigen Tätigkeit i.S. der Fallgruppe 16 der Vergütungsgruppe IV b BMT-AW II haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dann, wenn eines dieser Tätigkeitsbeispiele zutrifft, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (BAG v. 10.07.1996 - 4 AZR 139/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 29, m.w.N.). Wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen, wobei dann aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispieltatbestände aus zu erfolgen hat; die Tarifvertragsparteien haben mit den Beispielen Maß und Bedeutung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (BAG v. 10.07.1996 - 4 AZR 139/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 29; BAG v. 25.03.1998 - 4 AZR 666/96 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 46).

Bei den vom Kläger zu betreuenden Alkoholkranken handelt es sich um Angehörige der in der Protokollnotiz Nr. 12 a) aufgeführten Problemgruppe. Seine Tätigkeit hebt sich insoweit aus der Normal- oder Grundtätigkeit eines Sozialarbeiters dadurch heraus, dass sie sich auf Menschen bezieht, die nicht nur allgemeine Sozialisationsdefizite aufweisen, sondern in erster Linie besondere Probleme, wie z.B. das Leben mit ihrer Krankheit, zu bewältigen haben. Die Tarifvertragsparteien haben deshalb die Arbeit mit Angehörigen der Problemgruppe Suchtmittel-Abhängige als schwierig angesehen. Dies gilt aber nach dem Wortlaut der Protokollnotiz nur für die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen, und nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Drogenentwöhnungsbehandlung (BAG v. 18.06.1997 - 4 AZR 764/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 38, BAG v. 14.06.1995 - 4 AZR 246/94 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 202).

Die Bewohner der Einrichtung, die der Kläger betreut und begleitet, unterziehen sich indes keiner besonderen Drogenentwöhnungsbehandlung. Es kann mit dem Arbeitsgericht auch nicht davon ausgegangen werden, dass Aufgabe des Klägers gerade die Beratung der Suchtmittelabhängigen ist. Seine Tätigkeit umfasst zwar auch Elemente der Beratung im Hinblick auf die Alkoholkrankheit, etwa im Falle eines Rückfalls, im Kern handelt es sich aber vorrangig um eine allgemeine Hilfe bei der täglichen Lebensführung, zu der das Heranführen an ein normales Leben ohne Alkohol, die Unterstützung im Umgang mit Behörden, die Durchführung von Freizeitaktivitäten, das Führen von Gesprächen usw. gehört. Diese Tätigkeiten fallen sämtlich unter den allgemeinen Begriff der Fürsorge (vgl. BAG v. 01.03.1995 - 4 AZR 8/94 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 19). Die begleitende Fürsorge von Suchtmittelabhängigen ist aber nicht ausdrücklich in der Protokollnotiz erwähnt.

Der Kläger erfüllt aber das Beispiel c) der Protokollerklärung Nr. 12 "begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner". Er erbringt zwar keine nachgehende Fürsorge für ehemalige Bewohner des S.-I.-Hauses. Mit der begleitenden Fürsorge für die Bewohner der Einrichtung erfüllt er aber das Beispiel. Entgegen der Auffassung des Beklagten und entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts setzt der Tatbestand nicht voraus, dass der Sozialarbeiter sowohl begleitende Fürsorge für Heimbewohner als auch nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner erbringt. Den in der Protokollnotiz Nr. 12 a) - d) genannten Fällen ist gemeinsam, dass der Sozialarbeiter mit Personen umzugehen hat, die typischerweise vielgestaltige oder umfangreiche nicht nur soziale Probleme mitbringen (BAG v. 20.03.1996 - 4 AZR 967/94 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 24). Aufgeführt sind Suchtmittelabhängige, HIV-Infizierte oder an Aids erkrankte Personen, Heimbewohner, ehemalige Heimbewohner, Strafgefangene oder ehemalige Strafgefangene. Die Tarifvertragsparteien haben die Arbeit deshalb als schwierig angesehen, weil der Sozialarbeiter mit Problemgruppen beschäftigt ist, die besondere Schwierigkeiten zu bewältigen haben. Ausgehend davon, kann es aber für die Frage, ob die Tätigkeit schwierig ist, nicht darauf ankommen, ob die betreuten Personen nur während ihres Heimaufenthaltes oder auch noch nach Verlassen der Einrichtung begleitet werden. Eine andere Beurteilung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn gerade die nachgehende Fürsorge ehemaliger Heimbewohner als besonders schwierig einzustufen wäre oder wenn die begleitende Fürsorge während des Heimaufenthaltes schwieriger wäre im Falle auch nachgehender Fürsorge. Für diese Annahme haben die Parteien indes nichts vorgetragen und es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die diese Einschätzung rechtfertigen könnten. Auch das Bundesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass allein die begleitende Fürsorge für Heimbewohner zur Annahme einer schwierigen Tätigkeit ausreicht (vgl. BAG v. 09.07.1997 - 4 AZR 780/95 - AP BAT §§ 22,23 Sozialarbeiter Nr. 39).

Dagegen kann der Beklagte auch nicht einwenden, bei der Einrichtung "S.-I.-Haus" handele es sich nicht um ein Heim im Sinne des Tarifvertrages. In der Protokollnotiz Nr. 1 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum BMT-AW II Anlage Teil I - B - 1 heißt es wie folgt:

"Der Angestellte - ausgenommen der Angestellte bzw. Meister im handwerklichen Sozial- und Erziehungsdienst - erhält für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine Zulage in Höhe von 120,-DM monatlich, wenn in dem Heim überwiegend Behinderte im Sinne des § 39 BSHG oder Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind; sind nicht überwiegend solche Personen untergebracht, beträgt die Zulage 60,- DM monatlich."

Danach erfordert der Heimbegriff nicht, dass die Unterbringung zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege erfolgt. In diesem Fall kann nur der Anspruch auf die höhere Zulage gegeben sein. Voraussetzung für die Einordnung als Heim ist nur eine einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder Jugendwohnheim vergleichbare Einrichtung. Danach bestehen angesichts des anderen Kontextes in der Protokollnotiz Nr. 12 keine Bedenken auch die Einrichtung, in der der Kläger arbeitet, als Heim anzuerkennen. Offensichtlich hat der Beklagte dies in der Vergangenheit selbst so gesehen, da er dem Kläger eine Heimzulage gewährt.

Selbst wenn aber entgegen den obigen Darlegungen davon ausgegangen würde, das Beispiel c) sei auch nicht erfüllt, kann die Tätigkeit des Klägers jedenfalls ihrer Wertigkeit nach mit der begleitenden Fürsorge für Heimbewohner verglichen und unter das allgemeine Tätigkeitsmerkmal subsumiert werden. Die Betreuung und Begleitung von Suchtkranken in einer Wohneinrichtung bringt ebenso vielfältige Probleme mit sich wie etwa die Erziehung von Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten in einem Heim. Schwierig wird die Arbeit dadurch, dass sie sich jeweils auf Menschen bezieht, die besondere Probleme zu bewältigen haben. Die Tarifvertragsparteien haben Suchtmittelabhängige selbst ausdrücklich als Problemgruppe erwähnt. Die Frage, ob es sich bei dem S.-I.-Haus um ein Heim im tariflichen Sinne handelt oder nur um eine ähnliche Einrichtung, beeinflusst den Grad der Schwierigkeit der Betreuungstätigkeit nicht.

3.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB.

4.

Der Feststellungsantrag zu Ziff. 4 ist den obigen Ausführungen folgend ebenfalls begründet.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 344 ZPO i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG. Der Kläger hat den überwiegenden Teil der Kosten zu tragen, nachdem er seine Klage auf künftige Leistung zurückgenommen hat.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht besteht ein gesetzlicher Grund (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da es um die Auslegung einer tarifvertraglichen Norm geht.

Ende der Entscheidung

Zurück