Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 11 (13) Sa 1611/00
Rechtsgebiete: BGB, BUrlG


Vorschriften:

BGB § 242
BUrlG § 7 Abs. 4
BUrlG § 11 Nr. 3 Abs. 2
BUrlG § 12 Nr. 3 Abs. 2
1. Weder aus § 11 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW vom 29.02.1988 i. d. F. des Änderungstarifvertrages vom 23.10.1997 noch aus § 12 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW in seiner aufgrund des vorgenannten Änderungstarifvertrages ab dem 01.01.1998 geltenden Fassung ergibt sich eine Abweichung von den nach § 7 Abs. 4 BUrlG maßgeblichen Urlaubsabgeltungsregeln.

2. Die von der st. Rspr. des BAG (z. B. BAG 05.12.1995 - 9 AZR 871/94 - AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung) als Voraussetzung für das Bestehen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG geforderte Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs bei unterstelltem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses liegt auch bei nur teilweiser Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw. bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) nicht vor (im Anschluss an BAG 29.01.1992 - 5 AZR 37/91 - EzA § 74 SGB V Nr. 1).

3. Dem Arbeitgeber ist es nicht nach § 242 BGB versagt, sich im Hinblick darauf, dass die über das Ende des Urlaubsjahres bzw. den Ablauf des Übertragungszeitraums fortdauernde Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeits- bzw. Wegeunfall entstanden ist, auf das Erlöschen des Urlaubsabgeltungsanspruchs am 31.12. des Urlaubsjahres bzw. am 31.03. des Folgejahres zu berufen.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 (13) Sa 1611/00

Verkündet am: 28.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 28.02.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Janz und den ehrenamtlichen Richter Eckwert

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.07.2000 6 Ca 2887/00 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen für die Jahre 1998 und 1999 verlangen kann.

Der Kläger, der anerkannter Schwerbehinderter ist, war bei der Beklagten, einem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, als Betriebselektriker im Schaltschrank- und Maschinenbau tätig und erzielte zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von DM 4.417,-- brutto. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand u. a. der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein- Westfalen (MTV-Metall NRW) in seiner jeweiligen Fassung Anwendung. In den urlaubsrechtlichen Vorschriften des MTV-Metall NRW vom 29.02.1988 i. d. F. des Änderungstarifvertrages vom 23.10.1997 ist u. a. bestimmt:

§ 11 Grundsätze der Urlaubsgewährung

...

3. Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Ausbildungsverhältnisses noch Urlaubsansprüche bestehen.

Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer durch eigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen worden ist, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, oder das Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt.

Die hiernach verwirkte Urlaubsvergütung ist im Einvernehmen mit dem Betriebsrat einer betrieblichen Unterstützungseinrichtung zuzuführen oder sonst zugunsten der Arbeitnehmer zu verwenden. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuführung der Verwendung ist nach § 24 zu verfahren.

...

§ 12 Allgemeine Urlaubsbestimmungen

1. Der Zeitpunkt des Urlaubs richtet sich nach dem aufgestellten Urlaubsplan. Soweit kein Urlaubsplan besteht, kann der Urlaubsanspruch, abgesehen vom Eintrittsjahr, ab 1. April in voller Höhe geltend gemacht werden.

2. Im Ein- und Austrittsjahr hat der Arbeitnehmer/Auszubildende gegen den alten und neuen Arbeitgeber/Ausbildungsbetrieb auf so viele Zwölftel des ihm zustehenden Urlaubs Anspruch, als er Monate bei ihnen gearbeitet hat (Beschäftigungsmonate) / ausgebildet wurde (Ausbildungsmonate). Ein angefangener Monat wird voll gerechnet, wenn die Beschäftigung/Ausbildung mindestens zehn Kalendertage bestanden hat. Für eine Beschäftigung/ Ausbildung bis zu zwei Wochen besteht kein Urlaubsanspruch. Dieser Anspruch kann bei Eintritt bis zum 31. Mai nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit, bei Eintritt nach dem 31. Mai ab 1. Dezember geltend gemacht werden.

3. In den auf das Eintrittsjahr folgenden Kalenderjahren ist der volle Jahresurlaub zu gewähren, wenn das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nach dem 1. April beendet wird. Bis 31. Dezember 1997 gilt folgender Abs. 2: Arbeitnehmer, die wegen Erhalts einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus dem Betrieb ausscheiden, haben unabhängig vom Termin ihres Ausscheidens Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, wenn sie im Austrittsjahr bis zum 31. Januar tatsächlich gearbeitet haben. Ab 1. Januar 1998 gilt folgender Abs. 2: Für Arbeitnehmer, die wegen Erhalts einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus dem Betrieb ausscheiden, gilt § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV. ... 7. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.

Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs. 1.

...

§ 13 Urlaubsdauer

...

3. Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte regelt sich nach dem Schwerbehindertengesetz.

...

Der Kläger war seit dem 19.04.1999 durchgehend erkrankt. Gemäß dem Rentenbescheid der LVA Rheinprovinz vom 09.06.2000 erhielt der Kläger auf seinen Antrag vom 23.11.1999 mit Wirkung vom 16.03.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zuvor hatte der Kläger mit Schreiben vom 19.05.2000 sein Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente- gekündigt.

Mit seiner am 05.07.2000 bei dem Arbeitsgericht Wuppertal eingereichten und der Beklagten zwei Tage später zugestellten Klage macht der Kläger die Abgeltung von insgesamt 57 Urlaubstagen auf der Basis der Berechnungsregelung in § 14 Nr. 1 lit. b MTV-Metall NRW in einer Gesamthöhe von DM 17.294,37 brutto geltend.

Der Kläger hat hierzu im Wesentlichen geltend gemacht:

Er habe im Jahre 1998 aus betriebsbedingten Gründen den ihm zustehenden Urlaub nicht vollständig nehmen können. Die deswegen noch offenen 22 Urlaubstage habe er nach einer Vereinbarung mit der Beklagten ab dem 19.04.1999 nehmen sollen. Seinen Urlaubsanspruch für 1999 (35 Tage) habe er wegen seiner Erkrankung ebenfalls nicht realisieren können. Seine noch offenen Urlaubsansprüche habe er während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses monatelang vergeblich in Gesprächen mit der Geschäftsleitung angemahnt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 17.294,13 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 02.07.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vor allem geltend gemacht, dass dem Kläger wegen seiner nach wie vor bestehenden Arbeitsunfähigkeit nach den Regelungen im MTV-Metall NRW kein Urlaubsabgeltungsanspruch zustehe.

Mit seinem am 20.07.2000 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass ihm zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2000 noch Urlaub aus den Vorjahren zugestanden hätte, führe dies jedenfalls zurzeit nicht zu einer Abgeltungsverpflichtung der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setze ein Urlaubsabgeltungsanspruch immer die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs voraus. Der hierfür darlegungspflichtige Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welchem Umfang er nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zur Ausübung seiner bisherigen oder einer anderen, von der Beklagten als vertragsgemäß anzunehmenden Arbeitsleistung in der Lage gewesen sei. An der für den Kläger ungünstigen Rechtslage habe auch nichts die zum 01.01.1998 in Kraft getretene Neufassung des § 12 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW geändert. Diese Neufassung beschäftige sich nur mit der Frage, in welcher Höhe ein aus dem Erwerbsleben ausscheidender Arbeitnehmer Urlaubsansprüche im Austrittsjahr erwerben könne, befasse sich jedoch nicht mit der Frage, ob der Urlaubsanspruch erfüllt und abgegolten werden könne. Ebenso wenig könne der Kläger aus der Übertragungsvorschrift des § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW günstiges für sich herleiten. Zwar würden nach dieser Norm Urlaubsansprüche, die wegen Krankheit nicht hätten genommen werden können, später als andere Urlaubsansprüche verfallen. Aus dieser zeitlichen- Privilegierung könne jedoch nicht entnommen werden, dies setze - anders als in § 7 Abs. 4 BUrlG geregelt - nicht die Erfüllbarkeit des übertragenen Urlaubs voraus.

Gegen das ihm am 25.10.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 22.11.2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 20.12.2000 eingereichten Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer erwerbsunfähig, aber zugleich dennoch arbeitsfähig sei. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei insoweit erfüllbar, weil er in der Zeit zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2000 und dem Erlöschen des Urlaubsanspruchs am 31.03.2001 arbeitsfähig gewesen sei. Zwar habe er am 07.04.1999 einen Arbeitsunfall mit einer knöchernen Verletzung am rechten Fuß, die in der Folgezeit zu einem Charcot- Fuß- geführt habe und auf dem die Erwerbsunfähigkeitsrente beruhe, erlitten. Jedoch habe er bereits vor diesem Arbeitsunfall mit dem Auftreten des Charcot- Fußes nicht mehr alle Arbeiten ausführen können und sei in der Werkstatt in sitzender Tätigkeit und nicht im Maschinenbau auf Leitern tätig gewesen. Er habe bereits vor dem Arbeitsunfall überwiegend in sitzender Tätigkeit Schaltpläne korrigiert und Material vorbereitet, was er ohne weiteres auch künftig im Rahmen einer sitzenden Tätigkeit ausführen könne. Insoweit könne von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit keine Rede sein. Aber selbst wenn man von einer weiterbestehenden Arbeitsunfähigkeit ausginge, würde ihm der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zustehen. Es würde nämlich dem Treuund Glauben-Grundsatz des § 242 BGB und der daraus resultierenden Treuepflicht des Arbeitgebers widersprechen, wenn die Beklagte auf die Nichterfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit verweise, obwohl diese aus einem Arbeitsunfall resultiere. Des Weiteren stelle die seit dem 01.01.1998 geltende Fassung des § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV nicht mehr darauf ab, ob der Arbeitnehmer tatsächlich- gearbeitet habe, sondern es komme nur auf die Beschäftigungsmonate- an, d. h. ein Beschäftigungsverhältnis. Damit sei bei Erhalt einer Rente, wie bei ihm, der offene Urlaub auf jeden Fall abzugelten. Schließlich sei aus § 11 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW zu seinen Gunsten der Umkehrschluss herzuleiten, dass die Urlaubsabgeltung auf jeden Fall dann zu erfolgen habe, wenn der Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen (Wegeunfall) seine Urlaubsansprüche nicht mehr wahrnehmen könne und auf eine Urlaubsabgeltung angewiesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.07.2000 (Az. 6 Ca 2887/00) abzuändern und nach den Schlussanträgen in erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

Der Kläger selbst habe auf Nachfrage vor dem Arbeitsgericht Wuppertal zu seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit angegeben, zur Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr im Stande zu sein. Eine rein sitzende Tätigkeit, wie etwa bei Fließbandarbeitern, würde in ihrem Betrieb nicht ausgeführt. Es würden nur circa 3 % Tätigkeiten verbleiben, die gegebenenfalls auch im Sitzen ausgeführt werden könnten, wie Klemmleisten bestücken und beschriften, in Teilstückzahl die Verdrahtung fertigen sowie Bezeichnungsschilder gravieren. Diese Tätigkeiten würden nur sehr sporadisch und in sehr geringem Umfang anfallen und nicht genügen, einen Teilzeit- oder gar Vollzeitarbeitsplatz auszufüllen. Arbeitsfähigkeit liege nur vor, wenn der Arbeitnehmer zu seiner bisherigen oder einer anderen, vom Arbeitgeber als vertragsgemäß anzunehmenden Arbeitsleistung im Stande sei. Dies bedeute, dass der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Ausübung einer Tätigkeit fähig sein müsse, die als vertragsgemäß anzuerkennen sei. Dies könne nur der Fall sein bei solchen Tätigkeiten, die sie - die Beklagte - im Rahmen ihres Direktionsrechts dem Kläger auferlegen könnte.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat durch Beschluss vom 17.05.2001 ein medizinisches Gutachten eingeholt zu der Frage, ob der Kläger nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit (16.03.2000) noch zur Ausführung sitzender Arbeiten in der Lage war (über den 30.06.2000 hinaus). Auf das unter dem 07.12.2001 durch den Arzt für Arbeitsmedizin, Herrn Dr. med.., erstellte arbeitsmedizinische Gutachten wird ausdrücklich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Die Beklagte ist nämlich, wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, nicht verpflichtet, urlaubsrechtliche Ansprüche des Klägers für die Jahre 1998 und 1999 abzugelten.

I. Der Kläger hat weder Anspruch auf Abgeltung der von ihm für 1998 begehrten 22 Urlaubstagen - zu seinen Gunsten unterstellt, diese seien entsprechend der von ihm behaupteten Vereinbarung zwischen den Parteien auf das Jahr 1999 übertragen worden - noch auf die von ihm für 1999 beanspruchten 30 Urlaubstage (ohne Zusatzurlaub nach § 47 SchwbG) nach § 11 Nr. 1, § 13 Nr. 1 MTV-Metall NRW noch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG, der in den Jahren 1998 und 1999 jeweils 24 Werktage betrug.

1. Zunächst wird die Beklagte nicht durch § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW verpflichtet, den für die Jahre 1998 und 1999 nicht gewährten tariflichen Urlaub abzugelten.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, ist die in § 7 Abs. 4 BUrlG getroffene gesetzliche Abgeltungsregelung auch für tarifliche Urlaubsansprüche maßgeblich, soweit die Tarifvertragsparteien keine zu Gunsten der Arbeitnehmer abweichende Sonderregelung getroffen haben (z. B. BAG 03.05.1994 - 9 AZR 522/92 - AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 112). Denn die gesetzliche Regelung der ersatzweisen Abgeltung von nicht erfüllten Urlaubsansprüchen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch für die Tarifvertragsparteien unabdingbar i. S. von § 13 Satz 1 BUrlG (vgl. BAG 05.12.1995 - 9 AZR 871/94 - AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung), weil sie insoweit keine Regelung treffen können, durch die die gesetzlichen Urlaubsansprüche verkürzt werden.

b) Ob in § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW die Tarifvertragsparteien überhaupt eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Abgeltung von Urlaubsansprüchen regeln wollten, ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung zweifelhaft. Danach ist eine Abgeltung nur zulässig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ... noch Urlaubsansprüche bestehen-. Die gesetzliche Abgeltungsverpflichtung des Arbeitgebers wird danach vorausgesetzt und auf den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses begrenzt (BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Denn wie bereits der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts zu der identischen Regelung in § 9 Nr. 3 Satz 1 des MTV-Metall NRW vom 30.04.1980 ausgeführt hat, ist nicht zugunsten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Abgeltungsregelungen abgewichen worden (BAG 07.11.1985 - 6 AZR 202/83 - AP Nr. 24 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

c) Eine Abweichung von den gesetzlichen Urlaubsabgeltungsregeln kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 11 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW entnommen werden. Diese Vorschrift enthält eine zu Lasten der Arbeitnehmer in Fällen grober Verletzung der Treuepflicht getroffene Sonderregelung. Sie kann den gesetzlichen Abgeltungsanspruch nur für den Teil des Urlaubs ausschließen, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt (vgl. BAG 30.11.1977 - 5 AZR 667/76 - AP Nr. 4 zu § 13 BUrlG Unabdingbarkeit). Aus dieser einschränkenden Vorschrift kann nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, in allen sonstigen Fällen, wie z. B. im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Wegeunfall, sei im Verhältnis zur gesetzlichen Regelung eine Ausweitung beabsichtigt (BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.).

d) Eine von den Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG abweichende Regelungsabsicht ergibt sich schließlich nicht aus § 12 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW in seiner ab dem 01.01.1998 geltenden Fassung. Diese Vorschrift befasst sich, wie ihre Vorgängerregelung, nur mit der Frage, in welcher Höhe ein aus dem Erwerbsleben ausscheidender Arbeitnehmer Urlaubsansprüche erwerben kann. Während die bis zum 31.12.1997 geltende Fassung des § 12 Nr. 2 Abs. 2 MTV-Metall NRW für diesen Fall eine Abweichung von dem in § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV-Metall NRW geregelten Zwölftelungsprinzip enthielt, gilt seit dem 01.01.1998 aufgrund der seitdem geltenden Verweisung in § 12 Nr. 2 Abs. 2 MTV-Metall NRW n. F. auf § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV-Metall NRW für einen aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Arbeitnehmer auch das Zwölftelungsprinzip. Eine Antwort auf die Frage, ob der Urlaubsanspruch erfüllt und abgegolten werden kann, enthielt weder § 12 Nr. 2 Abs. 2 MTV-Metall NRW a. F. (so BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.) noch die seit dem 01.01.1998 geltende Fassung, zumal diese entgegen der Ansicht des Klägers auch Arbeit- des Arbeitnehmers im fraglichen Zeitraum voraussetzt ( ... als er Monate bei ihnen gearbeitet hat...-).

2. Der Kläger hat nach § 7 Abs. 4 BUrlG keinen gesetzlichen Anspruch auf Abgeltung des nicht gewährten tariflichen oder gesetzlichen Urlaubs.

a) Der gesetzliche Abgeltungsanspruch ist als Ersatz für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht an die für den Urlaubsanspruch geltenden Voraussetzung gebunden. Sein Bestand setzt somit voraus, dass der Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erloschen ist und bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses noch erfüllt werden konnte (st. Rspr., z. B. BAG 03.05.1994 - 9 AZR 522/92 - AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG 05.12.1995 - 9 AZR 871/94 - AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

b) Spätestens mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2000 ist der bis dahin noch nicht erfüllte Anspruch des Klägers auf tariflichen (Grund-)Urlaub von Gesetzes wegen in den Anspruch auf Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) umgewandelt worden (vgl. BAG AP Nr. 66 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Unerheblich ist, dass der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Krankheit arbeitsunfähig war (BAG AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Der entstandene Abgeltungsanspruch ist jedenfalls mit Ablauf des 31.03.2001 erloschen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Lage gewesen wäre, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung bis dahin zu erbringen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2000 war der aufgrund der wegen angeblicher betrieblicher Gründe nicht genommene Urlaub aus dem Urlaubsjahr 1998 aufgrund der vom Kläger behaupteten, zu seinen Gunsten unterstellten Vereinbarung über eine Übertragung des Urlaubs dem Anspruch aus dem Urlaubsjahr 1999 hinzugetreten. Der so übertragene Urlaub hätte bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis drei Monate nach Ablauf des folgenden Kalenderjahres 2000 gewährt werden müssen. Eine weitere Übertragung scheidet aus.

c) Die Rechtsfolge des Erlöschens von nicht erfüllten Urlaubsansprüchen ist in § 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW ausdrücklich geregelt. Das Erfordernis der Erfüllbarkeit wird auch nicht sinnlos, wenn der Arbeitnehmer nach Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Begriff Erwerbsunfähigkeit in § 44 Abs. 2 SGB VI setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann. Er ist schon dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer gesehen keiner Erwerbstätigkeit in einem Umfang nachgehen kann, die zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht. Die Befreiung des erwerbsunfähigen Arbeitnehmers von der vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht kann dann in Betracht kommen, wenn er zumindest für die Dauer des Urlaubs noch eine ihm aus dem Arbeitsverhältnis obliegende Arbeitsleistung erbringen kann (vgl. BAG 08.02.1994 - 9 AZR 332/92 - AP Nr. 17 zu § 47 BAT; BAG AP Nr. 48 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

d) Der Arbeitnehmer trägt für die Erfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs die Darlegungs- und Beweislast (BAG 20.04.1989 - 8 AZR 621/87 -; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Der Kläger ist seiner Darlegungspflicht nicht nachgekommen.

aa) Arbeitsunfähig ist der Arbeitnehmer, der außer Stande ist, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder der die Arbeit nur unter der Gefahr aufnehmen oder fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 - 5 AZR 37/91 - EzA § 74 SGB V Nr. 1). Dabei bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer durch seine Krankheit ganz oder teilweise arbeitsunfähig ist. Auch der vermindert arbeitsfähige ist arbeitsunfähig, eben weil er seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht voll erfüllen kann (BAG 29.01.1992 - 5 AZR 37/91 - a. a. O.).

bb) Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabes ist der Kläger selbst dann noch arbeitsunfähig nach dem 30.06.2000 gewesen, wenn er bei der Beklagten in einem gewissen zeitlichen Umfang körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Gehen sowie kürzerem Stehen (nicht länger als 5 bis 10 Minuten) mit Heben und Tragen von Gewichten bis maximal 5 kg hätte verrichten können (vgl. hierzu arbeitsmedizinisches Gutachten von Dr. med. W.l vom 07.12.2001, Seite 23) und diese Tätigkeiten vom Kläger zumindest teilweise arbeitsvertraglich geschuldet waren. Die damit verbundene generelle Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten hätte - abgesehen davon, dass der Gutachter auch eine tägliche Arbeitszeit von maximal 4 Stunden empfohlen hat (Gutachten, Seite 23) - den Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geändert mit der Folge, dass der Kläger auf Dauer gehindert war, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als Betriebselektriker zu erbringen (vgl. BAG 29.01.1997 - 2 AZR 9/96 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 42).

3. Der Kläger ist auch nicht berechtigt, die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu verlangen. Ebenso wie der tarifliche Urlaubsanspruch für 1998 und 1999, sofern ersterer überhaupt noch bestanden haben sollte, nicht erfüllbar.

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die geforderten fünf Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 47 Satz 1 SchwbG (in Kraft bis 30.06.2001) abzugelten.

1. Aus dem Wortlaut des § 13 Nr. 3 MTV-Metall NRW folgt, dass sich Entstehung, Bestand und Erlöschen des Zusatzurlaubs nach dem Gesetz richten. Die tarifliche Bestimmung enthält nämlich keine eigenständige Regelung, sondern verweist auf das Schwerbehindertengesetz.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, erlischt der gesetzliche Zusatzurlaub für Schwerbehinderte in gleicher Weise wie der Erholungsurlaub (BAG 25.06.1996 - 9 AZR 182/95 - AP Nr. 11 zu § 47 SchwbG 1986; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich werdende Anspruch auf Arbeitsbefreiung wird nach dem Schwerbehindertenrecht nicht abgefunden, sondern nach dem allgemeinen Urlaubsrecht in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser Abgeltungsanspruch ist als befristeter Anspruch ebenso wie der Anspruch auf Abgeltung des Erholungsurlaubs spätestens mit dem Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums untergegangen (BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.).

III. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es der Beklagten nicht nach § 242 BGB versagt, sich wegen des vom Kläger behaupteten Arbeits- bzw. Wegeunfalls auf das Erlöschen der hier in Rede stehenden Urlaubsabgeltungsansprüche zu berufen. Zum einen kommt es für die Feststellung des Erlöschens des Urlaubsabgeltungsanspruches nach gesetzlichem (31.03. des Folgejahres) bzw. tariflichem (§ 12 Abs. 2 MTV-Metall NW) Fristablauf nicht auf den Grund für die Verhinderung des Arbeitnehmers an, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Zum anderen zeigt der Gesetzgeber selbst an (vgl. im Zeitraum vom 01.10.1996 bis zum 31.12.1998 § 4 Abs. 1 Satz 2 EFZG i. d. F. des Art. 3 Nr. 2 lit. a des ArbBeschFG vom 25.09.1996, BGBl. I S. 1476), wenn er einen Arbeitsunfall als anspruchsbegünstigenden Tatbestand ansieht. Das ist im Bundesurlaubsgesetz gerade nicht der Fall.

B.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG dem Kläger aufzuerlegen.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und somit die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück