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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 11 (18) Sa 308/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 145 ff.
Die Bindungswirkung einer Gesamtzusage, die einem bestimmten Arbeitnehmerkreis sowohl durch ein Schriftstück wie durch die Hinterlegung im firmeneigenen Intranet bekannt gegeben wird, kann nicht durch die bloße Herausnahme der Gesamtzusage aus dem Intranet beseitigt werden. Das in ihr enthaltene Vertragsangebot kann deshalb von dem begünstigten Personenkreis auch noch nach Entfernung aus dem Intranet angenommen werden.
11 (18) Sa 308/03

Verkündet am 11. September 2003

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Remmel und den ehrenamtlichen Richter Flack

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.02.2003 - 4 Ca 9634/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung.

Die am 20.04.1973 geborene Klägerin ist seit dem 12.04.1996 bei der Beklagten, die ein Lufttransport-Unternehmen betreibt, als Flugbegleiterin beschäftigt.

Durch den "Versorgungstarifvertrag für die Beschäftigten der M" vom 20.12.1979 (künftig: VTV 1979) führte die Beklagte rückwirkend zum 01.01.1979 für ihre Angehörigen des Bord- und Bodenpersonals eine Gruppenversicherung ein. In § 8 dieses Tarifvertrages heißt es:

"1. Angehörige des Kabinenpersonals erhalten bei Ablauf des Kalendermonats, in dem sie das 30. Lebensjahr vollenden, das Wahlrecht,

a) aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der M. gegen Zahlung einer Abfindung auszuscheiden oder

b) zu diesem Zeitpunkt in die Gruppenversicherung aufgenommen zu werden.

2. Im Falle der Ziffer 1 a. haben die Angehörigen des Kabinenpersonals dieses der M. spätestens 6 Monate vor Ablauf des Kalendermonats, in dem sie das 30. Lebensjahr vollenden, schriftlich anzuzeigen. Daraufhin ist zwischen dem betreffenden Angehörigen des Kabinenpersonals und der M. die einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses zum betreffenden Termin gegen Zahlung einer Abfindung zu vereinbaren. Diese Abfindung wird gemäß §§ 9, 10 KSchG i. V. m. § 3 Abs. 9 EStG zum Ausgleich für den Wegfall des sozialen Besitzstandes gezahlt.

3. Als Abfindung wird für jedes vollendete Beschäftigungsjahr eine Monatsvergütung und für jeden Beschäftigungsmonat 1/12 der Monatsvergütung gezahlt.

4. Berechnungsgrundlage der Monatsvergütung ist der Durchschnitt der Vergütungen - ausschließlich Weihnachts bzw. Urlaubsgeld - der letzten 3 Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bzw. vor Beginn der Mutterschutzfrist im Falle der Anwendbarkeit des Mutterschutzgesetzes.

5. Mit der Auszahlung der Abfindung sind alle Ansprüche aus diesem Versorgungstarifvertrag abgegolten." Mit Schreiben vom 07.01.1985 teilte die Beklagte der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) unter der Überschrift "§ 8 Versorgungstarifvertrag" folgendes mit:

"Wir bestätigen Ihnen hierdurch vereinbarungsgemäß, dass wir nach Streichung obiger Regelung im Versorgungstarifvertrag weiterhin im Sinne dieser Regelung verfahren werden, d. h. das Ausscheiden aus der M. bei Vollendung des 30. Lebensjahres auf Verlangen des Mitarbeiters so zu regeln, dass im Sinne des Gesetzes Abfindungen steuerfrei gezahlt werden können".

In ihrer Antwort vom 21.01.1985 bat die DAG die Beklagte darum, ihr in Form eines Briefes die komplette Regelung des § 8 (sc. VTV 1979) schriftlich zu bestätigen, damit auch die Höhe der Abfindung in einer für beide Seiten verbindlichen Form vereinbart worden sei. Mit Schreiben vom 25.01.1985 bestätigte die Beklagte der DAG, dass sie "nach Streichung des § 8 im Versorgungstarifvertrag" weiterhin die dort enthaltene Regelung, wie sie sie in einer Anlage zu diesem Schreiben wörtlich wiedergab, anwenden werde.

Der am 09.08.1990 geschlossene "Versorgungstarifvertrag Nr. 2" (künftig: VTV Nr. 2) sieht rückwirkend zum 01.01.1990 für die Arbeitnehmer des Bord- und Bodenpersonals der Beklagten ausschließlich eine betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Form einer Kapitalversicherung (Gruppenversicherung) vor. Eine Regelung, wonach die Beschäftigten gegen eine Abfindung bei Vollendung des 30. Lebensjahres aus dem Unternehmen der Beklagten ausscheiden können, sieht der VTV Nr. 2 nicht vor.

Eine "Interne Mitteilung" der Personalabteilung der Beklagten an die Mitglieder des Kabinen-Personals vom 24.09.1993 enthält die Mitteilung, dass diese nochmals die Möglichkeit erhalten sollen, aus dem Beschäftigungsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung per 30.04.1994 nach Maßgabe der dort näher aufgeführten Bestimmungen auszuscheiden. Diese sahen u. a. vor, dass die Mitarbeiter bis spätestens zum 31.12.1993 mitteilen sollten, ob sie aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden wollten.

In einer von Herrn Dr. O., dem damaligen Personaldirektor der Beklagten, verfassten "Veröffentlichung" der Abteilung "Human Resources" heißt es:

"Abfindungsregelung für Flugbegleiter bei Vollendung des 30. Lebensjahres

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten Sie an dieser Stelle nochmals auf die bestehende Sonderregelung für Angehörige des Kabinenpersonals hinweisen, die das 30. Lebensjahr vollenden:

Nach § 8 des Versorgungstarifvertrages erhalten Angehörige des Kabinenpersonals zu dem Zeitpunkt, zu dem sie das 30. Lebensjahr vollenden, das Wahlrecht

a) aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der M. gegen Zahlung einer Abfindung auszuscheiden oder

b) zu diesem Zeitpunkt in die Gruppenversicherung aufgenommen zu werden.

Als Abfindung wird für jedes vollendete Beschäftigungsjahr eine Monatsvergütung (Durchschnitt des Gehaltes in den letzten drei Monaten vor Beendigung ausschließlich Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld) gezahlt.

Interessierte Kolleginnen und Kollegen, die gegen Zahlung einer Abfindung ausscheiden möchten, können sich in der Personalabteilung bei Herrn I. melden."

Eine gleichlautende "Interne Mitteilung" war bis April oder Mai 2002 im Intranet der Beklagten "Crew Forum" hinterlegt.

Am 04.09.2002 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass sie beabsichtige, von der vorstehenden Abfindungsregelung Gebrauch zu machen und zum 31.05.2002 aus dem V. auszuscheiden. In ihrem Antwortschreiben wies die Beklagte einen Tag später die Klägerin darauf hin, dass die Geschäftsführung bereits vor einiger Zeit beschlossen habe, bis auf weiteres davon Abstand zu nehmen, Abfindungsangebote für Mitarbeiter zu unterbreiten, die mit Vollendung des 30. Lebensjahres ausscheiden möchten. Die derzeit wirtschaftliche Lage gebe ihr keinen Spielraum für derartige Kostenpositionen.

Mit Schreiben vom 24.09.2002 teilte die Klägerin der Beklagten nochmals mit, dass sie mit Vollendung ihres 30. Lebensjahres gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden wolle, da, obwohl § 8 VTV 1979 gestrichen worden sei, diese Regelung dennoch weiterhin angewandt werde. Unter dem 02.10.2002 bat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf den Antrag ihrer Mandantin erneut um Mitteilung bis zum 11.10.2002, dass entsprechend ihrem Antrag bei ihrem Ausscheiden zum 30. Lebensjahr die fällige Abfindung geleistet werde. Dies lehnte die Beklagte unter dem 07.10.2002 ab.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 12.11.2002 eingereichten und der Beklagten am 22.11.2002 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Die von ihr reklamierte Abfindungsregelung beruhe nicht nur auf der zwischen der Beklagten und der DAG im Jahre 1985 getroffenen Vereinbarung. Vielmehr ergebe sie sich auch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung, dass die Beklagte seit wenigstens 20 Jahren allen Mitarbeitern des Kabinenpersonals, die mit dem 30. Lebensjahr ein Ausscheiden aus dem V. wünschen würden, die Abfindung zahle.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, mit ihr einen Aufhebungsvertrag in entsprechender Anwendung des § 8 des VTV in der Fassung vom 01.01.1979 mit Wirkung zum 30.04.2003 abzuschließen und die sich aus § 8 Ziffer 2 bis 4 ergebende Abfindung an sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin könne weder aus einem Tarifvertrag noch aus den Schreiben von 1993 und 1999 einen Anspruch herleiten. Diese Schreiben würden in unmittelbarem Widerspruch zu der seit 1990 geltenden tariflichen Regelung stehen.

Aus dem Schreiben von 1999 sei zudem ihr Wille, sich unwiderruflich für die Zukunft zu binden, nicht ersichtlich. Die Hinterlegung des Schreibens von 1999 im Intranet sei zudem nicht unter der hierfür vorgesehen Rubrik "Human Resources", sondern - unstreitig - im "Crew Forum" erfolgt. Dieser Bereich werde - unstreitig - nicht von der für Personal- und Versorgungsfragen zuständigen Personalabteilung, sondern von normalen Mitarbeitern betreut. Sie habe das Schreiben, nachdem dieses der Personalverwaltung bekannt geworden sei, im April 2002 unmittelbar aus dem "Crew Forum" entfernt.

Soweit sie anderen Flugbegleitern Abfindungen gezahlt habe, habe dieses auf Individualvereinbarungen beruht. Durch sein am 05.02.2003 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Abfindung sei die im Schreiben der Beklagten vom 03.12.1999 gegenüber ihren Mitarbeitern des Kabinenpersonals enthaltene Gesamtzusage. Der Bindung der Beklagten an das hierin liegende Vertragsangebot stehe nicht die "Veröffentlichung" bzw. die "Interne Mitteilung" im "Crew Forum" entgegen. Die von dem Direktor Personal Dr. O. abgegebene Erklärung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Das in der Gesamtzusage enthaltene Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung habe die Klägerin mit Schreiben vom 02.09.2002 innerhalb der Ankündigungsfrist von sechs Monaten angenommen.

Gegen das ihr am 11.02.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Landesarbeitsgericht am 11.03.2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.05.2003 - mit einem an diesem Tag bei Gericht eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz gebe es keine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin. Zunächst könne diese sich nicht auf das Schreiben vom 03.12.1999 berufen. Dieses beruhe auf einem offenkundigen Irrtum des zwischenzeitlich bei ihr ausgeschiedenen Dr. O..

Dieser sei zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 03.12.1999 irrig der Auffassung gewesen, dass nach wie vor die Regelung gemäß § 8 VTV 1979 gelte.

Dieser Irrtum sei für die betroffenen Mitarbeiter offenkundig gewesen. Alle Tarifverträge würden bei ihr zum einen im Personalbüro bereitgehalten, außerdem in ihrem firmeninternen Intranet veröffentlicht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei dem Schreiben vom 03.12.1999 kein Erklärungswille zu entnehmen, ungeachtet eines etwaigen tarifvertraglichen Anspruchs weitergehende Ansprüche zu regeln. Herr Dr. O. habe sich nämlich ausdrücklich auf § 8 VTV 1979 bezogen. Des Weiteren könne auch ihr Schreiben an die DAG aus dem Jahre 1985 keinerlei Anspruch zugunsten der Klägerin auf Zahlung einer Abfindung begründen. Diese Erklärung habe sie vor dem Hintergrund abgegeben, dass die Tarifvertragsparteien § 8 VTV 1979 im Jahre 1985 wegen beiderseits bestehender Wirksamkeitsbedenken entfernt hätten, bis zum Abschluss eines neuen Versorgungstarifvertrages diese Regelung jedoch tatsächlich weiter angewendet werden sollte. Spätestens mit Inkrafttreten des VTV Nr. 2 zum 01.01.1990 könnten sich ihre Mitarbeiter weder auf tarifvertragliche Ansprüche noch auf Ansprüche aus dem Schriftverkehr aus dem Jahre 1985 stützen.

Schließlich könne der von der Klägerin begehrte Anspruch nicht mit den Grundsätzen einer betrieblichen Übung begründet werden. Seit Inkrafttreten des VTV Nr. 2 schließe sie nur in Einzelfällen, wenn es personalplanerisch vertretbar sei, Aufhebungsverträge ab. Genau hierauf beziehe sich ihr Schreiben vom 24.09.1993, das mit der Regelung in § 8 VTV 1979 nichts gemein habe. In den beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gewesenen Rechtsstreiten des Stewards T.-1Ca2023/92 und ihrer früheren Stewardess X. - 2 Ca 2024/02 -, habe sie dem Verlangen der dortigen Kläger nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Abfindungszahlung im Hinblick darauf entsprochen, dass zum Zeitpunkt, als die beiden Kläger ihr Ausscheiden verlangt hätten, das Schreiben vom 03.12.1999 noch in ihrem Intranet eingebracht gewesen sei. Nachdem sie die Fehlerhaftigkeit dieses Schreibens erkannt habe, habe sie umgehend am 14.05.2002 seine Entfernung aus dem "Crew Forum" veranlasst.

Die Beklagte beantragt,

die Klage in Abänderung des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.02.2003 - 4 Ca 9634/02 - abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Selbst wenn das Schreiben von Herrn Dr. O. vom 03.12.1999 auf einem Irrtum beruht habe, müsse sich die Beklagte an der Rechtsfolge dieser von ihrem damaligen Personalchef erstellten Mitteilung festhalten lassen. Auch von der Veröffentlichung der "Internen Mitteilung" im Crew Forum gehe eine rechtliche Bindungswirkung aus. Im Übrigen habe Herr Dr. O. in dem Schreiben vom 03.12.1999 zutreffenderweise Bezug genommen auf § 8 VTV 1979. Ihm sei nämlich die rechtliche Bedeutung der zwischen den Tarifvertragsparteien im Jahre 1985 getroffenen Regelung bewusst gewesen, als er erneut mit Schreiben vom 03.12.1999 auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Abfindungsregelung hingewiesen habe. Im Übrigen bleibe es dabei, dass der von ihr geltend gemachte Anspruch sich aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung ergebe. Es seien regelmäßig noch nach dem 01.01.1990 Mitarbeiter abgefunden worden auf der Basis des § 8 VTV 1979. Schließlich habe die Beklagte selbst mit ihrem an sie - die Klägerin - gerichteten Schreiben vom 05.09.2002 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer - zumindest bis zur anderweitigen Entscheidung der Geschäftsführung - bestehenden Abfindungsregelung ausgegangen sei und lediglich aus finanziellen Gründen "bis auf weiteres" von der bestehenden Regelung habe Abstand nehmen wollen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Zu Recht hat die Vorinstanz der Klage stattgegeben.

An dieser Feststellung vermögen die Angriffe der Berufung nichts zu ändern.

I. Der Erfolg der Klage hängt davon ab, ob die Beklagte der Klägerin zugesagt hat, entsprechend § 8 VTV 1979 aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer in dieser Tarifvorschrift der Höhe nach näher geregelten Abfindung auszuscheiden. Dies setzt nach den Grundsätzen des allgemeinen Vertragsrechts voraus, dass die Beklagte der Klägerin ein entsprechendes Angebot unterbreitet und diese dieses angenommen hat.

II. Im Streitfall hat die Beklagte der Klägerin durch das von Herrn Dr. O., ihrem damaligen Personalchef, verfasste Schreiben vom 03.12.1999 angeboten, das in diesem Schreiben genannte, dem Wortlaut des § 8 Nr. 1 VTV 1979 entsprechende Wahlrecht ausüben zu können. Dieses sah als eine Alternative das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer der Höhe nach in § 8 VTV 1979 näher geregelten Abfindung vor. Dieses Angebot hat die Klägerin durch ihr Schreiben vom 04.09.2002 angenommen.

1. Zutreffend hat die Vorinstanz die "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 als Gesamtzusage qualifiziert und diese als Vertragsangebot angesehen.

a) Von einer Gesamtzusage ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, sofern er die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, bestimmte Leistungen gewährt (MünchHdb- ArbR/Richardi, 2. Aufl. 2000, § 12 Rz. 38, vgl. auch BAG 10.12.2002 - AZR 92/02 - EzA § 1 BetrVG Ablösung Nr. 37). Bei ihr handelt es sich um eine "Willenserklärung" des Arbeitgebers, durch die dieser sich verpflichtet, seinen Arbeitnehmern nach Maßgabe der aufgestellten Ordnung die vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG 12.03.1963 - 3 AZR 266/62 - AP Nr. 90 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Nach h. M. wird in der Gesamtzusage ein Vertragsangebot an jeden einzelnen Arbeitnehmer gesehen (z. B. Preis, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2003, S. 167, vgl. auch BAG 10.12.2002 - 3 AZR 92/02 - a.a.O.).

b) Die "Veröffentlichung" der Beklagten vom 03.12.1999 enthielt eine konkrete, annahmefähige Gesamtzusage.

aa) Zunächst gehört die Klägerin zu dem in § 8 Nr. 1 VTV 1979 und in der "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 genannten Personenkreis, der das tarifliche Wahlrecht ausüben durfte. Sie ist nämlich Angehörige des Kabinenpersonals.

Außerdem hatte sie am 20.04.2003 das 30. Lebensjahr vollendet und erwarb damit nach § 8 Nr. 1 VTV 1979 i. V. m. der "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 am 30.04.2003 das hier in Rede stehende Wahlrecht.

bb) Der Qualifizierung der "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 als Gesamtzusage und damit als ein Angebot an die Klägerin, aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung nach Vollendung des 30. Lebensjahres auszuscheiden, steht nicht entgegen, dass diese Gesamtzusage vorwiegend auf der in § 8 VTV 1979 enthaltenen Regelung beruhte, diese tarifliche Vorschrift aber bereits am 31.12.1989 nach Inkrafttreten des VTV Nr. 2 am 01.01.1990 außer Kraft getreten war. Zum einen hindert es die Parteien eines Arbeitsvertrages nicht, eine nicht mehr geltende Tarifvorschrift einzelvertraglich zu vereinbaren, wenn diese für den Arbeitnehmer eine günstigere Regelung darstellt, als die Regelungen in dem zurzeit geltenden Tarifvertrag (vgl. § 4 Abs. 5 TVG). Zum anderen hatte die Beklagte selbst im Jahre 1985 einer Partei des VTV 1979, nämlich der DAG, ausweislich des im Januar 1985 gewechselten Schriftverkehrs zugesagt, trotz "Streichung" des § 8 Nr. 1 VTV 1979 - beide Tarifvertragsparteien waren übereingekommen, diese Regelung wegen Wirksamkeitsbedenken als gegenstandslos zu betrachten . die in ihm enthaltene Regelung weiter anzuwenden.

cc) Der annahmefähigen Gesamtzusage in ihrer "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 kann die Beklagte nicht entgegen halten, diese habe auf einem Irrtum ihres damaligen Personalchefs Dr. O. beruht, da dieser übersehen habe, dass die Regelung in § 8 VTV 1979 bereits mit Wirkung vom 01.01.1990 durch den VTV Nr. 2 abgelöst worden war.

(1.) Gegen diesen Irrtum spricht zunächst, dass Herr Dr. O. als damaliger Personalchef und damit zumindest Mitverantwortlicher für die Personalpolitik der Beklagten eine am 03.12.1999 fast zehn Jahre nicht mehr geltende Tarifregelung zum Gegenstand einer Gesamtzusage gemacht hat. Darüber hinaus ist die Beklagte zumindest zeitweise selbst von der Verbindlichkeit dieser im Jahre 1999 gemachten Gesamtzusage ausgegangen. Denn sie hat der Klägerin in ihrem Schreiben vom 05.09.2002 mitgeteilt, dass die Geschäftsführung "bereits vor einiger Zeit" beschlossen habe, "bis auf Weiteres" davon Abstand zu nehmen, Abfindungsangebote für Mitarbeiter zu unterbreiten, die mit Vollendung des 30. Lebensjahres beabsichtigen würden, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden.

(2.) Mit diesem Beschluss kann nicht die Aufhebung des § 8 VTV 1979 gemeint sein. Dies ist durch die Parteien des VTV Nr. 2 mit Wirkung vom 01.01.1990 geschehen. Der im Schreiben der Beklagten vom 05.09.2002 erwähnte Beschluss kann aber auch nicht das in der "Internen Mitteilung" vom 24.09.1993 enthaltene Ausscheidungsangebot gegen Zahlung einer Abfindung zum Gegenstand gehabt haben. Dieses Angebot richtete sich nämlich an alle Angehörigen des Kabinen-Personals, unabhängig davon, ob sie das 30. Lebensjahr vollendet hatten. Im Übrigen konnte der vorerwähnte Personenkreis dieses Angebot auch nur bis zum 31.12.1993 annehmen.

(3.) Damit konnte aber der im Schreiben der Beklagten vom 05.09.2002 angesprochene Beschluss der Geschäftsführung nur ein Abfindungsangebot an Mitarbeiter, die mit Vollendung des 30. Lebensjahres ausscheiden wollten, betreffen, das zum Zeitpunkt dieser Beschlussfassung noch rechtsverbindlich und damit annahmefähig war. Dies konnte aber in Ermangelung sonstiger Anhaltspunkte nur die in der "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 enthaltene Gesamtzusage sein. Hätte diese tatsächlich auf einem Irrtum von Herrn Dr. O. beruht, wäre es ein leichtes für die Beklagte gewesen, hierauf bereits in ihrem Schreiben vom 05.09.2002 hinzuweisen. Dies ist jedoch gerade nicht geschehen.

dd) Der Bindungswirkung der in der "Veröffentlichung" der Beklagten vom 03.12.1999 enthaltenen Erklärung steht nicht entgegen, dass diese als "Interne Mitteilung" nur bis April bzw. Mai 2002 im firmeninternen Intranet und dort im "Crew-Forum" stand, die Klägerin aber erst am 04.09.2002 mitgeteilt hat, dass sie von dem Angebot, mit Vollendung ihres 30. Lebensjahres gegen Zahlung einer Abfindung das Arbeitsverhältnis zu beenden, Gebrauch machen wolle.

Durch die Herausnahme dieser Erklärung aus ihrem Intranet konnte die Beklagte die Bindungswirkung des in der Gesamtzusage vom 03.12.1999 enthaltenen Angebots nicht beseitigen. Denn diese Gesamtzusage war nicht nur Gegenstand der im Intranet befindlichen "Internen Mitteilung" vom 03.12.1999, sondern auch Gegenstand der "Veröffentlichung" vom gleichen Tag außerhalb des Intranets.

Damit war aber die Beklagte an ihr in der Gesamtzusage vom 03.12.1999 enthaltenen Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 145 BGB gebunden. Diese Bindung hätte sie, wie aus der vorstehenden Vorschrift zu entnehmen ist, nur dadurch verhindern können, dass sie jegliche Gebundenheit an ihre Gesamtzusage, z. B. durch einen Hinweis auf deren Freiwilligkeit i. S. eines fehlenden Rechtsbindungswillens (vgl. BAG 22.01.2003 - 10 AZR 395/02 - EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 1) oder durch einen Widerrufsvorbehalt (BAG 26.05.1992 - 9 AZR 174/91 - EzA § TVG Tariflohnerhöhung Nr.21; BAG 23.10.2002 - 10 AZR 48/02 - EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 168), ausgeschlossen hätte. Dies hat die Beklagte jedoch unterlassen.

2. Die Klägerin hat das Angebot der Beklagten auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung zum 30.04.2003 durch ihr Schreiben vom 04.09.2002 angenommen. Denn zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens bei der Beklagten war deren Angebot auf Abschluss eines derartigen Aufhebungsvertrages noch nicht erloschen.

a) Nach § 146 BGB erlischt ein Angebot, wenn es dem Anbietenden gegen über abgelehnt oder wenn es diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 BGB nicht rechtzeitig angenommen wird. Da die Beklagte anders als in ihrer "Internen Mitteilung" vom 24.09.1993 ihr Angebot auf Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vom 03.12.1999 nicht befristet hatte (vgl. § 148 BGB), konnte die Klägerin dieses in ihrer Abwesenheit gemachte Angebot der Beklagten nur bis zu dem Zeitpunkt annehmen, in welchem die Beklagte den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte (§ 147 Abs. 2 BGB).

b) Die gesetzliche Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Vertragsangebots an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit und aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Anbietenden. Die Überlegungsfrist bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots. Nach seinem Inhalt ist zu beurteilen, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf oder ob er damit rechnen muss, dass der Angebotsempfänger "sich Zeit lässt" (BAG 06.02.2003 - 2 AZR 674/01 - EzA § 2 KSchG Nr. 47).

c) Im Streitfall erstreckte sich die Überlegungsfrist bei Anwendung des § 8 Nr. 2 Satz 1 VTV 1979 i. V. m. der "Veröffentlichung" vom 03.12.1999 jedenfalls bis Oktober 2002, da die Klägerin nach dieser Regelung der Beklagten spätestens sechs Monate vor Ablauf des Kalendermonats, in dem sie das 30. Lebensjahr vollendete, schriftlich anzuzeigen hatte, dass sie das Angebot der Beklagten, das Beschäftigungsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzuheben, annehmen würde. Da die Klägerin am 20.04.2003 ihr 30. Lebensjahr vollendete, konnte sie noch bis zum 31.10.2002 das vorgenannte Angebot der Beklagten annehmen. Dem ist die Klägerin rechtzeitig durch ihr Schreiben vom 04.09.2002 nachgekommen.

B.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Beklagten als der unterlegenen Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG aufzuerlegen.

Das Gericht hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision für die Beklagte nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.



Ende der Entscheidung

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