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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: 11 Sa 1180/00
Rechtsgebiete: MVG-EKD


Vorschriften:

MVG-EKD § 4
MVG-EKD § 44
MVG-EKD § 45
1. Werden einem mit der Geschäftsführung beauftragten Arbeitnehmer, der gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD auch zur Dienststellenleitung gehört (§ 4 Abs. 1 MVG-EKD) und bei dessen außerordentlicher Kündigung deshalb die Mitarbeitervertretung nach § 44 Satz 1 MVG-EKD nicht gemäß §§ 45 Abs. 1, 46 lit. b MVG-EKD zu beteiligen ist, die für den Ausschluss dieses Beteiligungsrechts maßgeblichen Aufgaben (Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern) entzogen, entfällt der Grund für diesen Auschluss.

2. Eine nach Entzug dieser Aufgaben gegenüber einem ehemals mit der Geschäftsführung beauftragten Arbeitnehmer ausgesprochene außerordentliche Kündigung, an der die Mitarbeitervertretung entgegen §§ 45 Abs. 1, 46 lit. b MVG-EKD nicht beteiligt worden ist, ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD unwirksam.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 1180/00

Verkündet am: 30.11.2000

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30.11.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Winkels und den ehrenamtlichen Richter Hinterleitner für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.05.2000 ­ 1 Ca 162/00 ­ abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 18.01.2000 noch durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom gleichen Tag noch durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.01.2000 noch durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom gleichen Tag aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der am 16.01.1941 geborene, verheiratete Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.12.1970 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis basierte zuletzt auf dem Anstellungsvertrag vom 15.11.1988 sowie der zu dessen Konkretisierung vereinbarten Dienstanweisung vom gleichen Tag.

Der Anstellungsvertrag vom 15.11.1988 lautet:

§ 1 Herr Diakon E.ben, geb. am 16.06.1941, evgl. Konfession, ist seit dem 01.12.1970 beschäftigt und seit dem 01.04.1971 als Heim- und Verwaltungsleiter beim Alten- und Pflegeheim Haus A.bendfrieden", Dieckerstr. 65 200 Oberhausen", angestellt. Diese Tätigkeit wird von Herrn Diakon E.ben weiterhin ausgeübt. § 2 Für das Arbeitsverhältnis gelten: 1. Die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der Evgl. Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung (BAT-KF). 2. Die sonstigen für die Angestellten im Bereich der Evgl. Kirche im Rheinland beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie sie aufgrund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsregelungsgesetz-ARRG) vom 19.01.1979 (KABL. S. 223) und seine Änderungen geregelt sind.

§ 3 Die Aufgaben von Herrn Diakon E.ben werden in einer besonderen Dienstanweisung festgelegt. § 4 1. Herr Diakon E.ben ist in die Vergütungsgruppe BAT-KF II a eingruppiert. 2. Der Heimleiter hat Residenzpflicht und das Recht, eine Wohnung zu beanspruchen. 3. Ferner ist für Herrn Diakon E.ben eine Krankenhauskostenzusatzversicherung und zusätzliche Unfallversicherung abgeschlossen. 4. Für die Benutzung des privaten PKW des Herrn Diakon E.ben zu Dienstzwecken wird die jeweils steuerlich gültige Km-Pauschale gewährt. Es ist ein Fahrtenbuch zu führen.

§ 5

Nebenbeschäftigungen Während der Dauer des Anstellungsverhältnisses ist jede entgeltliche oder das Anstellungsverhältnis beeinträchtigende Nebenbeschäftigung nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig.

§ 6

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet.

§ 7

Nebenabreden und Vertragsänderungen Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform."

In der Dienstanweisung vom 15.11.1988 heißt es in dem Abschnitt Personalfragen":

Dem Heimleiter wird die Befugnis erteilt, Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen, mit Ausnahme von Mitarbeitern mit leitender Funktion, insbesondere a) Pflegedienstleiter und dessen Stellvertreter, b) stellvertretender Heimleiter,

c) 1. Koch. Hiefür ist vorher die Zustimmung des Vorstandes einzuholen. Bei Einstellungen und Entlassungen hat er vorher die Mitarbeitervertretung umfassend zu informieren und gegebenenfalls ihre Zustimmung einzuholen. Der Arbeitsvertrag wird vom Heimleiter unterschrieben. Er ist gehalten, sich beruflich weiterzubilden und ist ferner verantwortlich für die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter (-innen). Der Heimleiter ist verantwortlich für den Stellenplan, den er nach den Anforderungen des Hauses und den jeweiligen Richtzahlen des Diakonischen Werkes erstellt und dem Vorstand zur Genehmigung vorlegt. Der Heimleiter ist ebenfalls grundsätzlich für den Dienst- und Urlaubsplan verantwortlich."

Der Kläger erzielte zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von DM 9.957,81 sowie ein 13. Monatsgehalt in Höhe von ca. DM 6.500,--. Auf der Basis eines Jahreseinkommens in Höhe von ca. DM 125.839,72 ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen zugunsten des Klägers einschließlich aller Verdienstbestandteile in Höhe von ca. DM 10.486,--.

In einer an den Kläger gerichteten Dienstanweisung des Beklagten vom 28.10.1999 heißt es:

Der Vorstand des Evangelischen Vereins für Altenpflege Haus A.ben ried hat verfügt, dass es Ihnen mit sofortiger Wirkung nicht mehr erlaubt ist, im Namen oder im Auftrag des Vereins Verpflichtungen gegenüber Firmen, Privatpersonen oder Institutionen einzugehen oder Zusagen zu machen, ohne diese vorher mit einem geschäftsführenden Vorstandsmitglied (Herren L.oos, H.ol oder S.chmermbe) abzustimmen. Außerdem ist es Ihnen untersagt, im Namen des Vereins irgendwelche Zusagen zu machen oder Erklärungen gegenüber Behörden, Institutionen etc. abzugeben. Auch in diesen Fällen ist vorher die Zustimmung eines der vorstehenden Vorstandsmitglieder einzuholen. Ebenfalls zustimmungspflichtig sind Personaldispositionen."

Noch am gleichen Tag bat der Beklagte die Stadtsparkasse O.berhaus, Abteilung Kontoführung, um Vormerkung, dass die Einzelverfügungsberechtigung des Klägers mit sofortiger Wirkung abgehoben werde. Der Kläger sei nur noch zusammen mit einem Vorstandsmitglied über die bei ihr ­ der Stadtsparkasse O.berhaus ­ geführten Konten verfügungsberechtigt. Dieses teilte der Beklagte auch der Bank für Kirchen und Diakonie e.G. mit Schreiben vom gleichen Tag mit.

Gegen die in der Dienstanweisung des Beklagten vom 28.10.1999 enthaltenen Anordnungen sowie gegen den Entzug der Einzelverfügungsberechtigung über die Konten des Beklagten bei der Stadtsparkasse O.berhaus und der Bank für Kirche und Diakonie e.G. wandte sich der Kläger mit einer beim Arbeitsgericht Oberhausen am 29.11.1999 eingereichten einstweiligen Verfügung. Dieses Verfahren endete mit einem am 07.12.1999 vor dem Arbeitsgericht Oberhausen ­ 3 Ga 31/99 ­ geschlossenen Vergleich, in dem es heißt:

1. Das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien endet auf Veranlassung des Antragsgegners aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 30.06.2001. 2. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Antragsteller unter Fortzahlung seiner arbeitsvertraglichen Vergütung unwiderruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung bis zum Ausscheidenszeitpunkt freigestellt. Es ist ihm gestattet, seine Arbeitskraft anderweitig einzusetzen; anderweitiger Verdienst wird nicht angerechnet. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung bestehender Urlaubsansprüche und eventuellen Freizeitguthaben.

3. Der Antragsgegner zahlt an den Antragsteller eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG i. V. m. § 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von 160.000,00 (einhundertsechzigtausend), zu versteuern nach den einschlägigen steuerlichen Bestimmungen. DM 80.000,00 (achtzigtausend) sind zur Abrechnung und Zahlung fällig am 31.01.2000, weitere DM 80.000,00 (achtzigtausend) sind zur Abrechnung und Zahlung fällig am 31.01.2001. Der Anspruch auf Abfindungszahlung ist bereits entstanden und vererblich.

4. Der Antragsgegner verpflichtet sich, dem Antragsteller ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zum 31.12.1999 zu erteilen auf der Basis eines vom Antragsteller vorgelegten Entwurfes, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass dieses Zeugnis zumindest die Note gut" in der Leistungsbewertung enthalten wird. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, ein entsprechendes Schlusszeugnis mit Datum vom 30.06.2001 nach der vorgenannten Maßgabe zu erteilen.

5. Damit ist der Rechtsstreit erledigt."

Mit Schreiben vom 17.01.2000 beantragte der Beklagte beim Landschaftsverband Rheinland die Zustimmung, das bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen begangener Straftat, vorsorglich wegen des Verdachts einer Straftat, jeweils zu seinem Nachteil und zum Nachteil des Hauses A.bendfried, außerordentlich und fristlos, vorsorglich fristgerecht zum 30.08.2000 zu kündigen. Einen Tag später richtete der Beklagte an den Kläger folgendes Schreiben:

Hiermit kündigen wir Ihnen das bestehende Arbeitsverhältnis wegen begangener Straftaten zum Nachteil des Evangelischen Vereins für Alterspflege e.V. und des Hauses A.bendfried außerordentlich und fristlos, vorsorglich fristgerecht zum 30.08.2000. Ferner fechten wird den vor dem Arbeitsgericht in Oberhausen am 07.12.1999 zum AZ: 3 Ga 31/99 geschlossenen Vergleich aus den vorbezeichneten Gründen wegen Irrtums und Täuschung an, hilfsweise berufen wir uns auf Unwirksamkeit des am 07.12.1999 vor dem Arbeitsgericht in Oberhausen zum AZ: 3 Ga 31/99 geschlossenen Vergleichs. Vorsorglich klären wir bereits jetzt äußerst hilfsweise gegenüber der Vergleichsforderung die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus unerlaubter Handlung und positiver Vertragsverletzung."

Mit seiner beim Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten und dem Beklagten am 27.01.2000 zugestellten Klage ­ 1 Ca 162/00 ­ macht der Kläger die Unwirksamkeit dieser Kündigungen geltend.

Nachdem der Landschaftsverband Rheinland ­ Hauptfürsorgestelle ­ am 27.01.2000 dem Antrag des Beklagten vom 17.01.2000 stattgegeben und damit die Zustimmung zu den beabsichtigten Kündigungen erteilt hatte, kündigte der Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 28.01.2000 außerordentlich und fristlos, vorsorglich fristgerecht zum 30.08.2000. Zugleich wurde die bereits mit Schreiben vom 18.01.2000 erfolgte Anfechtung sowie die vorsorgliche Aufrechnungserklärung wiederholt.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten und dem Beklagten am 07.02.2000 zugestellten Klage ­ 4 Ca 279/99 ­ macht der Kläger die Unwirksamkeit auch dieser Kündigungen geltend. Durch Beschluss vom 18.05.2000 hat das Arbeitsgericht Oberhausen die beiden Rechtsstreite zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden, wobei der Rechtsstreit 1 Ca 162/00 federführend blieb.

Der Kläger hat u. a. geltend gemacht:

Die Kündigung vom 18.01.2000 sei bereits gem. § 15 SchwbG unwirksam. Zwar sei derzeit lediglich ein Grad der Behinderung von 40 % festgestellt. Gegen diesen Bescheid habe er jedoch Widerspruch eingelegt. Darüber hinaus seien die Kündigungen vom 18.01.2000, ebenso wie die Kündigungen vom 28.01.2000, unwirksam, weil der Beklagte die Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt habe. Zwar sei gem. § 44 MVG-EKD die Mitarbeitervertretung nicht zu beteiligen, wenn es um Maßnahmen gehe, die gegenüber Personen durchgeführt würden, die mit der Geschäftsführung betraut seien. Hierzu habe er jedoch spätestens seit Entzug seiner Geschäftsführungsbefugnisse im Oktober 1999 nicht mehr gehört.

Des Weiteren hat der Kläger die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt und darauf hingewiesen, dass er nach § 53 Abs. 4 BAT KF ordentlich unkündbar sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 18. Januar 2000, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 18. Januar 2000, zugegangen am selben Tage, nicht zum 30.08.2000 aufgelöst wird, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 18. Januar 2000 hinaus bis zum 30.06.2001 fortbesteht;

4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28. Januar 2000, zugegangen am 31. Januar 2000, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht;

5. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 28. Januar 2000, zugegangen am 31. Januar 2000, nicht zum 30.08.2000 aufgelöst wird, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht;

6. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31. Januar 2000 hinaus bis zum 30.06.2001 fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Als Heimleiter sei der Kläger selbstverständlich Dienststellenleiter gewesen, weshalb eine Beteiligung der Mitarbeitervertretung nicht notwendig gewesen sei.

Zur Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB hat der Beklagte vorgetragen:

Es treffe zu, dass im Herbst 1999 eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Jahresabschluss 1998 geprüft habe. Zu diesem Zeitpunkt seien noch keine Unregelmäßigkeiten des Klägers bekannt gewesen. Herr B.ergma habe lediglich im Dezember 1999 einen Anfangsverdacht gehabt, weil nunmehr die Abrechnungen um mehrere 1000 DM geringer gewesen seien als zuvor. Sein ­ des Beklagten ­ Vorstand sei daraufhin am 05.01.2000 informiert worden. In den Tagen danach sei eine Beschlussfassung erfolgt, die dazu geführt habe, die Prüfungsgesellschaft für Kirche und Diakonie im Rheinland mbH am 13.01.2000 mit der Überprüfung der von Herrn B.ergma vermuteten Unregelmäßigkeiten zu beauftragen. Diese haben ­ unstreitig ­ unter dem 28.01.2000 einen Bericht zu den Unregelmäßigkeiten im Zuständigkeitsbereich des bisherigen Heimleiters, des Klägers, erstellt.

Mit Urteil vom 18.05.2000 hat das Arbeitsgericht Oberhausen die Klage abgewiesen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund fristloser Kündigung seitens des Beklagten am 18.01.2000 sein Ende gefunden habe. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die fristlose Kündigung vom 18.01.2000 sei nicht gem. § 15 SchwbG unwirksam, da zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs lediglich eine Schwerbehinderung von 40 % vorgelegen habe und der Kläger auch nicht einem Schwerbehinderten gleichgestellt gewesen sei. Im Übrigen habe die Beklagte vorsorglich die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle eingeholt und nach Erteilung dieser Zustimmung vorsorglich sodann nochmals am 28.01.2000 gekündigt. Der Vergleich vom 07.12.1999 habe den Beklagten nicht am Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 18.01.2000 gehindert, da die Parteien nicht bereits vor Abschluss dieses Vergleiches auch über die im jetzigen Kündigungsschutzprozess aufgestellten Behauptungen gestritten hätten. Des weiteren sei die vorgenannte Kündigung auch nicht mangels Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Das Mitarbeitergesetz greife bezüglich des Klägers nicht, da dieser unzweifelhaft als Heim- und Verwaltungsleiter mit der Geschäftsführung beauftragt gewesen sei. Zwar sei ihm diese Geschäftsführung entzogen worden. Er sei jedoch nicht degradiert worden und nunmehr zu einem mit anderen Aufgaben betrauten Arbeitnehmer gemacht worden. Vielmehr sei er auch während seiner Freistellung in seiner bisherigen Position verblieben. Damit sei er aber weiterhin leitender ­ freigestellter ­ Mitarbeiter gewesen, für den sich eine Beteiligungsbefugnis der Mitarbeitervertretung nicht ergeben hätte. Im Übrigen sei die Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB begründet, da wichtige Gründe vorlägen, die es dem Beklagten unzumutbar machen würden, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Kündigungsfrist weiter fortzusetzen. Es sei unstreitig, dass der Kläger Personen als Teilzeitbeschäftigte gegenüber der Abrechnungsstelle angegeben habe, die eine solche Aushilfstätigkeit nicht gemacht und die auch das entsprechende Geld nicht erhalten hätten. Der Kläger habe sich bewusst auf das Konto von der Abrechnungsstelle Beträge auszahlen lassen, die er nicht wie ausgewiesen weitergeleitet habe. Selbst wenn der Kläger sich nicht persönlich bereichert hätte, wäre sein Verhalten als nicht mehr entschuldbar im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anzusehen. So hätte dem Kläger u. a. bekannt sein müssen, dass er den Beklagten in sen, dass er den Beklagten in immense Schwierigkeiten bezüglich der steuerrechtlichen Behandlung bringen würde. Der Einwand des Klägers, der Beklagte habe stets über den Umgang mit den von ihm ­ dem Kläger ­ kassierten Gelder gewusst, sei zu unbestimmt, um hierüber überhaupt eine Zeugenvernehmung durchzuführen. Im Übrigen könne dahinstehen, ob auch die anderen gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe berechtigt seien. Sein Verhalten bezüglich der schwarzen Kassen sei derart gravierend, dass auch bezüglich der langen Beschäftigungszeit des Klägers die Interessenabwägung eindeutig zugunsten der Beklagten ausfallen müsse. Allein die Bildung dieser Schwarzkasse mit der Befürchtung erheblicher Konsequenzen für den Verein selbst lasse ein weiteres Aufrechterhalten des Arbeitsverhältnisses nicht zu. Die vorsorglich von dem Beklagten ausgesprochenen weiteren Kündigungen, die auf demselben Sachverhalt basieren, seien aufgrund der Wirksamkeit der Kündigung zum 18.01.2000 nicht mehr zu überprüfen.

Am 06.07.2000 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Oberhausen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums - 3 Ga 5/00 - einen Vergleich, in dem in Ziffer 2 heißt:

Für den Fall, dass das Verfahren 1 Ca 162/00 rechtskräftig zum Nachteil des Antragstellers ausgehen sollte (und damit die fristlose Kündigung vom 18.01.2000 bzw. 28.01.2000 bei Bestand bleiben sollte) sind sich die Parteien darüber einig, dass der Vergleich vom 07.12.1999 gegenstandslos ist und dem Antragsteller jedenfalls ab dem Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der vorgenannten Kündigung(en) keinerlei Zahlungsansprüche auf das monatliche Gehalt oder die Abfindung gegenüber dem Antragsgegner mehr zustehen, so insbesondere auch nicht die im Vergleich vereinbarte Abfindung und das Verfahren 3 Ga 5/00 damit endgültig gegenstandslos ist."

Gegen das ihm am 18.07.2000 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.05.2000 hat der Kläger mit einem am 16.08.2000 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese ­ nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.10.2000 ­ mit einem am 05.10.2000 bei Gericht eingereichten Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend:

Vor Ausspruch der Kündigungen hätte der Beklagte die Mitarbeitervertretung, wie es §§ 45, 46 MVG-EKD vorsähen, beteiligen müssen. Er sei nämlich bereits seit der Dienstanweisung vom 28.10.1999 nicht mehr aktiv mit der Geschäftsführung betraut gewesen. Sie seien ihm vielmehr in dieser Dienstanweisung untersagt worden. Auch aufgrund des Schreibens des Beklagten an ihn vom 25.11.1999, worin ihm mitgeteilt worden sein, nunmehr sei Herr B.ergma ausschließlich mit der Geschäftsführung des Beklagten beauftragt, stehe fest, dass er zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung tatsächlich nicht mehr mit der Geschäftsführung beauftragt gewesen sei. Des weiteren seien die außerordentlichen Kündigungen des Beklagten bereits wegen Nichteinhaltung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Er habe erstinstanzlich ausführlich dazu vorgetragen, dass er den Vorstand des Beklagten regelmäßig wöchentlich im sog. Donnerstagskreis über alle Vorkommnisse, insbesondere über alle Fragen der Abrechnung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen unterrichtet habe. Im Rahmen der regelmäßigen wöchentlichen Sitzungen habe er den Beklagten stets aktuell unterrichtet. Daher habe der Beklagte auch Kenntnis hinsichtlich aller Abrechnungen betreffend der geringfügig beschäftigten Mitarbeiter gehabt. Schließlich sei kein wichtiger Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentlichen Kündigungen vorhanden. Zum einen habe der Beklagte ausschließlich eine Kündigung wegen begangener Straftat, nicht aber eine Verdachtskündigung ausgesprochen, so dass die Frage, ob ein dringender Tatverdacht bestehe, nicht zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden könne. Zum anderen habe er keinerlei Vorteile zu seinen eigenen Gunsten gezogen, sondern alle Gelder aus der Schwarzkasse immer für das Haus A.bendfried verwandt. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien abgeschlossen. Eine strafrechtliche Verurteilung zu seinen Lasten sei im Übrigen bislang nicht erfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.05.2000, Aktenzeichen: 1 Ca 162/00 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz festzustellen,

1. dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 18.01.2000, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht,

2. dass das Arbeitsverhältnis durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 18.01.2000, zugegangen am selben Tage, nicht zum 30.08.2000 aufgelöst wird, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht,

3. dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.01.2000, zugegangen am 31.01.2000, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht,

4. dass das Arbeitsverhältnis durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 28.01.2000, zugegangen am 31.01.2000, nicht zum 30.08.2000 aufgelöst wird, sondern bis zum 30.06.2001 fortbesteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Nach § 44 MVG-EKD i. V. m. § 4 Abs. 1 und 2 MVG-EKD sei die Mitarbeitervertretung nicht vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 18.01.2000 zu beteiligen gewesen. Der Kläger sei sowohl nach § 4 Abs. 1 MVG-EKD als Diakon und Heimleiter als auch nach § 4 Abs. 2 MVG-EKD mit der Geschäftsführung beauftragte Person der Dienststellenleitung" i. S. der genannten Vorschrift zugehörig. Die Dienstanweisung vom 28.10.1999 könne der Klägerin nicht für eine Beendigung der Dienststellenleitung heranziehen. Zum einen habe es sich bei ihr nicht um eine statusverändernde Maßnahme gehandelt. Zum anderen habe sie lediglich seine Stellvertretungsbefugnis im Außenverhältnis eingeschränkt. Der Kläger sei weiterhin mit der Heimleitung beauftragt und auch in der Funktion als Diakon und Heimleiter für ihn ­ den Beklagten ­ beschäftigt gewesen. Gleiches gelte für die Anweisung vom 25.11.1999. Der Kläger sei in ihr ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich um eine kommissarische Geschäftsführung gehandelt habe. Darüber hinaus habe er auch nach dem 25.11.1999 noch Aufgaben als Heimleiter für ihn wahrgenommen. Unabhängig von der Geschäftsführung sei der Kläger jedenfalls immer noch Dienststellenleiter i. S. von § 4 Abs. 1 MVG-EKD gewesen, da er weiterhin als Diakon und Heimleiter im Arbeitsverhältnis gestanden habe und entsprechend § 4 Nr. 1 des Anstellungsvertrages vom 15.11.1988 nach der Vergütungsgruppe BAT-KF II a vergütet worden sei. Ein Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB sei gegeben. Insofern nehme er auch Bezug auf den mit der Berufungserwiderung vorgelegten Abschlussbericht des Polizeipräsidiums O.berhausevom 24.07.2000. Die dort festgestellten Straftaten zu seinem Nachteil würden unstreitig einen solchen Kündigungsgrund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eindeutig eingehalten worden. Wie bereits erstinstanzlich vorgetragen habe er erst zu diesem Zeitpunkt die strafrechtlich relevanten Vorgänge, die hier Streitgegenstand der außerordentlichen Kündigung seien, erkennen können.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und der ihnen beigefügten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.05.2000 ist begründet. Denn sämtliche Kündigungen des Beklagten sind unwirksam mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem im Vergleich vom 07.12.1999 vereinbarten Ende am 30.06.2001 aufgelöst wird.

I. Zunächst ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 18.01.2000 unwirksam.

Die Unwirksamkeit dieser Kündigung ergibt sich bereits aus § 45 Abs. 2 Satz 1 MVG- EKD. Danach ist eine der Mitberatung unterliegende Maßnahme unwirksam, wenn die Mitarbeitervertretung nicht nach Abs. 1 beteiligt worden ist.

a) Gemäß § 46 lit. b MVG-EKD hat die Mitarbeitervertretung u. a. ein Mitberatungsrecht bei außerordentlichen Kündigungen. Allerdings ist nach § 44 Satz 1 MVG- EKD eine Beteiligung in Personalangelegenheiten des in § 4 MVG-EKD genannten Personenkreises entbehrlich, es sei denn, es handele sich um ein von der Mitarbeitervertretung nach Gesetz oder Satzung in leitende Organe entsandtes Mitglied. Zu den Personen des § 4 MVG-EKD zählen solche, die Dienststellenleitungen angehören. Gemäß § 4 Abs. 1 sind Dienststellenleitungen die nach Verfassung, Gesetz oder Satzung leitenden Organe oder Personen der Dienststellen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG- EKD gehören zur Dienststellenleitung auch die mit der Geschäftsführung beauftragten Personen und ihre ständigen Vertreter oder Vertreterinnen.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten gehörte der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs der außerordentlichen Kündigung vom 18.01.2000 nicht (mehr) zu den Dienstleitungen i. S. von § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD.

aa) Zunächst hat der Beklagte nicht näher dargelegt, geschweige denn Beweis dafür angetreten, dass der Kläger zu dem Personenkreis gehörte, der zu einer Dienstleitung i. S. von § 4 Abs. 1 zählt. Der Kläger könnte als Diakon und Heimleiter nur dann zu diesem Personenkreis gezählt haben, wenn er nach der Satzung des Beklagten ein leitendes Organ oder Person der Dienststelle gewesen wäre. Nach § 6 Abs. 1 der Satzung des Beklagten besteht der Vorstand aus dem ersten Vorsitzenden, dem zweiten stellvertretenden Vorsitzenden, dem dritten stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schriftführer, dem Kassenführer sowie bis zu fünf weiteren Vorstandsmitgliedern. Zu diesem Personenkreis zählt der Kläger unstreitig nicht. Für ihn kommt allein eine Vorstandsstellung nach § 6 Abs. 2 der Satzung in Betracht. Danach s o l l e n zum Kreis der Vorstandsmitglieder der Direktor des T.heod-F.liedn-Werkes in M.ülheim/RuhS.elbe und der Evangelische Geistliche gewählt werden, dem die seelsorgerische Betreuung des Haus A.bendfri" obliegt, sowie nach Möglichkeit sachkundige Gemeindemitglieder und Mitglieder eines Presbyteriums. Für den Kläger kommt allein seine Stellung als Diakon und damit seelsorgerischer Betreuer des Haus A.endfri" in Betracht. Der Beklagte hat es jedoch versäumt, näher darzulegen, ob und wann der Kläger tatsächlich aufgrund dieser Stellung gemäß § 6 Abs. 2 der Satzung zum Vorstandsmitglied gewählt worden ist.

bb) Zwar gehörte der Kläger aufgrund seiner Stellung als Heimleiter zu den mit der Geschäftsführung beauftragten Personen i. S. von § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD. Diese Position hatte er jedoch nicht mehr, als der Beklagte die außerordentliche Kündigung vom 18.01.2000 aussprach. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger nämlich nicht mehr diese Position inne. Zum einen hatte der Beklagte ihm bereits mit Dienstanweisung vom 28.10.1999 mit sofortiger Wirkung wichtige Aufgaben untersagt, die einem Heimleiter unterliegen. Dazu gehörten u. a. die im Rahmen der Dienstanweisung vom 15.11.1988 erlaubten Personaldispositionen ohne Zustimmung des Vorstandes des Beklagten. Laut Dienstanweisung vom 28.10.1999 waren mit sofortiger Wirkung sämtliche Personaldispositionen zustimmungspflichtig. Damit war aber dem Kläger genau die Aufgabe entzogen worden, die gerade nach § 44 Satz 1 MVG-EKD der Grund dafür ist, dass bei Personalangelegenheiten der Personen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD die Mitarbeitervertretung nicht zu beteiligen ist. Denn zur Geschäftsführung i. S. von § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD gehören gerade Personaldispositionen, so dass die mit der Geschäftsführung betraute Person eines unter den Geltungsbereich des MVG-EKD fallenden Arbeitgebers der Mitarbeitervertretung als Repräsentant dieses Arbeitgebers gegenübertritt und in dessen Lager steht. Wird die ehemals mit der Geschäftsführung beauftragte Person dieser Stellung beraubt, besteht kein Grund mehr, die Mitarbeitervertretung bei Personalangelegenheiten dieser Person nicht zu beteiligen.

2. Auch die außerordentliche Kündigung vom 28.01.2000 ist unwirksam. Das ergibt sich zunächst ebenfalls aus § 45 Abs. 2 Satz 2 MVG-EKD, da sich an der Stellung des Klägers zum Zeitpunkt des Ausspruches dieser Kündigung nichts geändert hatte. Er war weiterhin von der Position des Heimleiters abberufen. Die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 28.01.2000 ergibt sich aber auch - insofern von der Vorinstanz nicht geprüft, obwohl der Kläger dies ausdrücklich gerügt hat - wegen der Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

a) Die außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen (§ 626 Abs. 2 Satz 1 BGB). Bei dieser 2-Wochen-Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die eine verfassungsgemäße Konkretisierung des Verwirkungstatbestandes darstellt (BAG 09.01.1986 ­ 2 ABR 24/85 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 98; BAG 25.03.1996 ­ 2 AZR 455/95 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 10). Nach ihrem Ablauf gilt die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, dass auch ein möglicherweise erheblicher wichtiger Grund nicht mehr geeignet ist, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen (BAG 08.06.1972 - 2 AZR 336/71 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 12; BAG 17.08.1972 ­ 2 AZR 359/71 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 16). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen (BAG 28.10.1971 ­ 2 AZR 32/71 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 8; K. Dörner, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 1. Aufl. 2000, § 626 BGB Rz. 122 m. w. N.).

b) Gem. § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Kündigungsberechtigter ist derjenige, der befugt ist, im konkreten Fall die Kündigung auszusprechen (BAG 06.07.1972 ­ 2 AZR 386/71 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 15). Bei juristischen Personen ist dabei zunächst auf die Kenntnis des gesetzlich zuständigen Organs abzustellen (BAG 18.05.1994 ­ 2 AZR 930/93 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 6; BAG 25.02.1998 ­ 2 AZR 279/97 ­ EzA § 620 BGB Kündigung Nr. 1; BGH 15.06.1998 ­ II ZR 318/96 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 12).

c) Da die in § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB normierte zeitliche Begrenzung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung nicht zu hektischer Eile bei der Kündigung antreiben oder den Kündigungsberechtigten veranlassen soll, ohne genügende Vorprüfung voreilig zu kündigen (BAG 11.03.1976 ­ 2 AZR 29/75 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 46), kommt es für die Kenntniserlangung in § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB auf die sichere und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen an. Selbst grobe fahrlässige Unkenntnis genügt nicht (BAG 31.03.1993 ­ 2 AZR 492/92 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 5; BAG 15.11.1995 ­ 2 AZR 974/94 ­ EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 89). Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des Vorfalles", der einen wichtigen Grund darstellen könnte. Dem Kündigungsberechtigten muss vielmehr eine Gesamtwürdigung möglich sein. Dabei setzt eine auf die Pflichtverletzung selbst gestützte außerordentliche Kündigung voraus, dass der Arbeitgeber nach seiner Überzeugung Kenntnis nicht nur von Verdachtsmomenten hat, die eine Verdachtskündigung begründen können, sondern so sichere Kenntnis der die Pflichtverletzung selbst begründenden Umstände, dass er seiner Behauptungs- und Beweislast im Prozess auch nachkommen kann (BAG 29.07.1993 ­ 2 AZR 90/93 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 4; BAG 15.11.1995 ­ 2 AZR 974/94 ­ a. a. O.). Aus diesem Grund ist der Beginn der Ausschlussfrist gehemmt, solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen mit der gebotenen Eile durchführt (BAG 10.06.1988 ­ 2 AZR 25/88 ­ EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 2).

d) Eine Regelfrist für die Durchführung der Ermittlungen gibt es nicht, es sei denn, der Arbeitgeber will den Arbeitnehmer vor einer abschließenden Würdigung aller Umstände anhören. In diesem Fall muss die Anhörung innerhalb einer kurz zu bemessenden Frist, die im Allgemeinen nicht länger als eine Woche (Regelfrist) sein darf, erfolgen (BAG 10.06.1988 ­ 2 AZR 25/88 ­ a. a. O.). Hält der Arbeitgeber einen bestimmten Kenntnisstand für ausreichend, muss er binnen zwei Wochen kündigen, nachdem er diesen Kenntnisstand erlangt hat (BAG 28.04.1994 ­ 2 AZR 730/93 ­ EzA § 37 GmbHG Nr. 1).

e) Der Kündigende muss die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen (BAG 17.08.1972 ­ 2 AZR 415/71 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 22; BAG 28.03.1985 ­ 2 AZR 113/84 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 96). Dazu gehört insbesondere der Tag ebenso wie die Art der Kenntniserlangung. Diese Verteilung der Beweislast ist folgerichtig, weil § 626 Abs. 2 BGB sachlich in den Bereich der Zumutbarkeitserwägungen eingreift und auch sonst der Kündigende die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit darlegen und beweisen muss (K. Dörner, a. a. O., § 626 BGB Rz. 168; Staudinger/Preis, BGB, 13. Bearbeitung 1995, § 626 Rz. 295). Da die Darlegungslast sich auch auf die Tatsachen erstreckt, aus denen sich eine Hemmung des Beginns der Ausschlussfrist ergeben soll, bedarf es genauer Angaben, weshalb noch weitere Ermittlungen notwenig waren und welche Nachforschungen angestellt worden sind (BAG 30.05.1974 ­ 2 AZR 253/73 ­ in der Fachpresse unveröffentlicht; 31.07.1975 ­ 2 AZR 233/74 ­ in der Fachpresse unveröffentlicht; K. Dörner, a. a. O., § 626 BGB Rz. 170).

f) Für die Berechnung der Ausschlussfrist gelten § 187 ff BGB. Die Kündigungserklärung muss innerhalb der 2-Wochen-Frist dem Kündigungsempfänger nach den allgemeinen Regeln zugegangen sein. Nicht ausreichend ist es, dass die Kündigungserklärung den Machtbereich des Erklärenden innerhalb der genannten Frist verlassen hat (BAG 09.03.1978 ­ 2 AZR 529/76 ­ EzA § 626 BGB n. F. Nr. 63).

g) Im Streitfall hatte es der Beklagte versäumt, substantiiert unter Beweisantritt darzulegen, dass er die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen mit der gebotenen Eile durchgeführt hat. Er hat bereits erstinstanzlich behauptet, von Herrn B.ergma am 05.01.2000 aufgrund eines im Dezember 1999 entstandenen Anfangsverdachts über die von diesem angestellten Ermittlungen unterrichtet worden zu sein. Was diese Ermittlungen im Einzelnen ergeben haben, insbesondere ob sie nur den von Herrn B.ergma gehegten Anfangsverdacht erhärtet oder aber zu einer aus seiner Sicht erwiesenen Straftat geführt haben, hat der Beklagte nicht näher dargelegt. Diese Unterscheidung wäre aber, wie dargelegt, für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB im Hinblick darauf, ob der Beklagte eine außerordentliche Verdachts- oder Tatkündigung aussprechen wollte, von erheblicher Bedeutung gewesen. Es dauerte dann nach dem 05.01.2000 noch weitere acht Tage, bis die Prüfungsgesellschaft für Kirche und Diakonie im Rheinland mbH den Auftrag am 13.01.2000 bekam, die von Herrn B.ergma vermuteten Unregelmäßigkeiten des Klägers zu überprüfen. Die Prüfungsgesellschaft ihrerseits benötigte dann noch weitere fünfzehn Tage, um den Prüfungsbericht vom 28.01.2000 anzufertigen. In diesem Zusammenhang wäre von entscheidender Bedeutung gewesen, ob und in welchem Umfang sich der Kenntnisstand des Beklagten durch den Prüfungsbericht vom 28.01.2000 gegenüber demjenigen am 05.01.2000 geändert hat.

3. Die beiden hilfsweise mit Schreiben vom 18.01. und 28.01.2000 ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen konnten schon deshalb nicht das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30.08.2000 auflösen, weil diese sich durch den im einstweiligen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums ­ 3 Ga 31/99 ­ vor dem Arbeitsgericht Oberhausen am 07.12.1999 geschlossenen Vergleich auf eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2001 verständigt hatten. Damit haben sie nämlich zugleich das ordentliche Kündigungsrecht zulässigerweise (vgl. nur BAG 22.07.1992 ­ 2 AZR 84/92 ­ EzA § 626 BGB Nr. 141; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 7. Aufl. 1999, Rz. 201 m. w. N.) ausgeschlossen. Der Vergleich vom 07.12.1999 ist nicht etwa durch die von dem Beklagten mit Schreiben vom 18.01. und 28.01.2000 ausgesprochenen Anfechtungen gem. § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig. In einem zweiten Vergleich, den die Parteien in einem weiteren zwischen ihnen anhängigen einstweiligen Verfügungsverfahren am 06.07.2000 vor dem Arbeitsgericht Oberhausen geschlossen haben, haben sie sich nämlich durch die im Tatbestand wiedergegebene Regelung in Ziffer 2 dieses Vergleiches dahin verständigt, dass der erste Vergleich vom 07.12.1999 nur dann gegenstandslos werden sollte, wenn die fristlosen Kündigungen vom 18.01. bzw. 28.01.2000 Bestand haben sollten. Diese Fallkonstellation ist aber nicht eingetreten, da beide fristlosen Kündigungen, wie weiter oben näher begründet, unwirksam waren und somit nicht das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 30.06.2001 auflösen konnten.

III.

Da der Beklagte in beiden Rechtszügen unterlegen ist, hat er die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zu tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat der Rechtssache im Hinblick auf die Frage der Notwendigkeit einer Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach Entzug wesentlicher Aufgaben einer mit der Geschäftsführung beauftragten Person (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 MVG-EKD) grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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