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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 1959/04
Rechtsgebiete: TV TM vom 18.05.2001, ETV vom 18.05.2001


Vorschriften:

TV TM vom 18.05.2001
ETV vom 18.05.2001 zwischen Int. Bund, Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e. V. und der Gewerkschaft ÖTV (heute: ver.di)
1. Die in der Protokollnotiz des Abschnitts III der Anlage 2 zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale (TV TM) vom 18.05.2001 für Lehrerinnen genannten Abschlüsse müssen in der Bundesrepublik Deutschland erworben sein.

2. Die Anrechnung von Berufserfahrung nach Maßgabe des § 4 ETV ist nur bei der Ermittlung der Entgeltstufe, nicht aber für die Entgeltgruppe von Bedeutung.

3. Soweit in § 2 Abs. 4 des Änderungs-Tarifvertrages zum ETV i. d. F. der Niederschrift der Tarifverhandlungen vom 28.02.2002 von einer "Höhergruppierung um mehr als eine Entgeltgruppe" die Rede ist, ist hiermit lediglich eine Höhergruppierung um eine Entgeltgruppe innerhalb eines bestimmten "Tätigkeitsmerkmals" gemeint.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 1959/04

Verkündet am 10. März 2005

In Sachen

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10.03.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie die ehrenamtliche Richterin Köttnitz und die ehrenamtliche Richterin Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 29.09.2004 - 2 Ca 1991/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Bezahlung der Klägerin.

Die am 04.10.1950 in Polen geborene, gewerkschaftlich gebundene Klägerin war zunächst seit dem 01.09.1994 bei dem Beklagten als Sozialberaterin im Bildungszentrum W. beschäftigt. Der Beklagte ist freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit mit Sitz in Frankfurt/M. Er unterhält bundesweit 600 Einrichtungen. Zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di (vormals ÖTV) sind Haustarifverträge vereinbart.

Zu Beginn ihrer Tätigkeit für den Beklagten wurde die Klägerin unter dem Tätigkeitsmerkmal: Sozialberaterin, Gehalt/Lohngruppe: V c, Fallgruppe 12, 2, Lebensaltersstufe 43, wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden eingruppiert. Am 01.02.2001 traten der Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale (TV TM) vom 18.05.2001 sowie der Entgelt-Tarifvertrag (ETV) vom 18.05.2001, jeweils geschlossen zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ÖTV, in Kraft. Daraufhin erfolgte eine neue Eingruppierung der Klägerin auf der Grundlage des Tätigkeitsmerkmals B 11, Entgeltgruppe IV, Entgeltstufe: 5, wöchentliche Arbeitszeit: 38,5 Stunden.

Ab 01.08.2001 wurde die Klägerin als Lehrerin im Bildungszentrum W. im Bereich "BV (BBE) verschiedene Metallberufe und Haustechnik" eingesetzt. Aufgrund einer fehlenden Stellenausschreibung, die erst in der Folgezeit erfolgte, blieb diese Tätigkeit zunächst bis zum 31.12.2001 befristet.

Aufgrund ihrer Tätigkeit als Lehrerin beabsichtigte der Beklagte, die Klägerin gemäß dem Tätigkeitsmerkmal B 10/Lehrerin, Entgeltgruppe: 6 i. V. mit der Anlage 2, Nr. 6 TV TM, Entgeltstufe: 3, Arbeitszeit 38,5 Stunden zu vergüten. Zu dieser Absicht hörte der Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 25.10.2001 an. Dieser widersprach der geplanten Eingruppierung, da sie nicht der vorhandenen Qualifikation und Berufserfahrung der Klägerin entspreche.

Mit Schreiben vom 29.11.2001 wandte sich die Klägerin an Herrn I., einen Mitarbeiter der Beklagten, und beantragte rückwirkend für die Zeit ab dem 01.08.2001 eine Eingruppierung in die ihr nach ihrer Ansicht zustehende Entgeltgruppe 7, Stufe 5. Der Beklagte führte daraufhin eine Stellenausschreibung durch. Dabei entschied er sich, die Klägerin als am besten geeignete Bewerberin ab dem 01.01.2002 unbefristet als Lehrerin einzusetzen. Das Tätigkeitsmerkmal B 10/Lehrerin blieb bestehen, ebenso die Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 3, Arbeitszeit 38,5 Stunden.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.01.2002 forderte die Klägerin den Beklagten nochmals zur Neugruppierung auf. Diese wurde mit Schreiben vom 24.04.2002 abgelehnt unter Hinweis auf den formell fehlenden deutschen Hochschulabschluss der Klägerin, die ihre Abschlüsse in Polen erworben hatte. Gleichzeitig wurde eine Kulanzentscheidung in Aussicht gestellt. Der Beklagte sieht sich aber wegen des fehlenden deutschen Hochschulabschlusses daran gehindert, die Klägerin in die Entgeltgruppe 7 einzugruppieren. Er zahlt inzwischen ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und auf Widerruf eine sog. personenbezogene Zulage an die Klägerin in Höhe von 110,-- € ab dem 01.05.2003.

Mit ihrer am 24.05.2004 beim Arbeitsgericht Wesel eingereichten und dem Beklagten am 28.05.2004 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf tarifgerechte Bezahlung weiter.

Die Klägerin hat geltend gemacht:

Sie habe gemäß der Anlage 1 zum TV TM Anspruch auf Vergütung nach dem Tätigkeitsmerkmal B 10/Lehrerin, Entgeltgruppe 7 und zwar gemäß § 2 Satz 1 ETV in der Altersstufe 4. Unabhängig von der Eingruppierung in die zu niedrige Entgeltgruppe 6 sei sie in die zu niedrige Entgeltstufe 3 eingestuft worden, obwohl ihr richtigerweise die Entgeltstufe 4 zugestanden habe. Folgerichtig müsse, was den Klageantrag zu 2 betreffe, eine Höherstufung von Entgeltstufe 4 nach Entgeltstufe 5 gemäß Anlage 1 zu § 2 TV TM i. V. m. § 2 Satz 1 ETV nach dreijähriger Tätigkeit in der entsprechenden vorhergehenden Stufe erfolgen. Da der Beklagte nur nach der Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 3 vergüte, ergebe sich eine entsprechende Gehaltsdifferenz, die sie im Klageantrag zu Ziffer 3 in ihrer Klageschrift mit 14.667,67 € berechnet habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass sie vom 01.09.2001 bis zum 31.01.2004 unter das Tätigkeitsmerkmal B 10 "Lehrer/in" sowie in die Entgeltgruppe 7, Altersstufe 4 gemäß Anlage 1 zu § 2 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale in Verbindung mit § 2 S. 1 des Entgelt-Tarifvertrages vom 18.05.2001 einzuordnen ist;

2. festzustellen, dass sie ab dem 01.02.2004 unter das Tätigkeitsmerkmal B 10 "Lehrer/in" sowie in die Entgeltgruppe 7, Altersstufe 5 gemäß Anlage 1 zu § 2 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale in Verbindung mit § 2 S. 1 des Entgelt-Tarifvertrages vom 18.05.2001 einzuordnen ist;

3. den Beklagten zu verurteilen, 14.667,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 28.05.2004 an sie zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Die Abschlüsse der Klägerin in Polen würden nicht den Vorgaben der Protokollnotiz Nr. 10 im Abschnitt III der Anlage 2 zum TV TM entsprechen und seien auch nicht als gleichartig oder höherwertig zu den dort genannten Abschlüssen zu werten. Da die Klägerin die formalen Voraussetzungen nicht erfülle, sei sie in die Entgeltgruppe 6 einzugruppieren bzw. dieser Entgeltgruppe zuzuordnen. Außerdem habe sich für die Klägerin der Aufstieg in die nächsthöhere Entgeltstufe aufgrund des Tätigkeitswechsels dahingehend verschoben, dass als Beginn der Dreijahresfrist der 01.09.2001 anzusehen sei. Das System des "Stufensprungs" des Tarifvertrages setze Berufserfahrung in der jeweils auszuübenden Funktion, hier Lehrerin, voraus. Im Übrigen würde dem Klagebegehren der Klägerin die in § 9 des Arbeitsvertrages geregelte Ausschlussfrist entgegenstehen. Ihre Vergütungsansprüche habe die Klägerin jedenfalls erstmalig mit der Klage geltend gemacht. Im Übrigen habe sie bei der Berechnung der Zahlungsansprüche die ihr gewährte Zulage in Höhe von 110,-- € monatlich nicht mit einbezogen. Diese Zulage werde - unstreitig - auch über den 30.04.2004 hinaus gewährt.

Mit seinem am 29.10.2004 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin erfülle nicht die formalen Voraussetzungen für die Zuordnung in die Entgeltgruppe 7. Von einer Gleichstellung könne aufgrund der Ablehnung des Antrags durch die Bezirksregierung nicht ausgegangen werden. Es sei nicht ermessensfehlerhaft unter Berücksichtigung der in § 315 BGB normierten Grundsätze, dass der Beklagte sich auf den formalen Standpunkt der fehlenden Gleichstellung mit deutschen Lehrerinnen zurückgezogen und eine entsprechende Höhergruppierung der Klägerin nicht vorgenommen habe. Die Klägerin hätte ohne Weiteres einen neuen Antrag auf Gleichstellung bei der zuständigen Behörde stellen können, den sie nunmehr auch gestellt habe. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin entsprechend richtig nach dem geltenden Tarifvertrag bezahlt werde, jedenfalls habe sie keinen Anspruch auf Vergütung nach B 10 Entgeltgruppe 7 Stufe 4. Da sie die Voraussetzungen dieser Stufe nicht für einen entsprechenden Zeitraum erfüllt habe, könne sie folgerichtig auch keinen Anspruch auf Höherstufung in Altersstufe 5 der entsprechenden Entgeltgruppe 7 haben. Da die Feststellungsanträge zu Ziffer 1 und 2 unbegründet seien, sei auch der Zahlungsantrag zu Ziffer 3 unbegründet. Allerdings könne im Einzelnen nicht festgestellt werden, ob Teile des mit diesem Antrag geltend gemachten Betrages möglicherweise berechtigt seien, soweit die Klägerin eventuell die Voraussetzungen zumindest der Entgeltgruppe 6, Altersstufe 5 erfüllen würde. Insoweit sei es Aufgabe der Klägerin gewesen, im Einzelnen darzulegen, welchen Anspruch sie für diesen Fall habe und welcher rechnerische Betrag sich daraus ergeben könne.

Gegen das ihr am 17.11.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem bei Gericht am 16.12.2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 17.01.2005 bei Gericht eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend:

Der Beklagte habe sich in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob ihr Studienabschluss das Tätigkeitsmerkmal B 10 "Lehrer/in" erfülle bzw. eine Gleichstellung ihrerseits deshalb zu erfolgen habe, weil aufgrund der erworbenen Berufserfahrung der Studienabschluss als gleich- oder gleichwertig anzusehen sei. Die Protokollnotiz Nr. 10 sehe nicht vor, dass ein entsprechender Ausbildungs- /Berufsabschluss an einer deutschen Universität bzw. Hochschule erworben sein müsste. Bei dem in Polen erworbenen Studienabschluss handele es sich um einen akademischen Grad, der sie zur Ausübung des Lehrerberufs befähige und berechtige. Entgegen § 4 ETV habe der Beklagte zudem nicht berücksichtigt, dass sie über eine langjährige Berufserfahrung bei anderen Arbeitgebern i. S. dieser Vorschrift verfüge. Bei der nach § 4 ETV zu treffenden Ermessensentscheidung habe sich das von dem Beklagten auszuübende Ermessen allein schon aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit für ihn "auf Null" reduziert. Gemäß den Regelungen im Änderungs-Tarifvertrag zum ETV, wie er sich aus der Niederschrift der Tarifverhandlungen vom 10./11.04.2002 ergebe, hätte sie mindestens in Entgeltgruppe 6, Entgeltstufe 4 eingestuft werden müssen. Daraus errechne sich, wie bereits erstinstanzlich in ihrer Klageschrift und nunmehr in ihrer Berufungsschrift dargestellt, eine Differenz für den Zeitraum vom 01.09.2001 bis zum 31.12.2003 in Höhe von 14.667,67 € brutto.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass sie vom 01.09.2001 bis zum 31.01.2004 unter das Tätigkeitsmerkmal B 10 "Lehrer/in" sowie in die Entgeltgruppe 7, Altersstufe 4 gemäß Anlage 1 zu § 2 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale in Verbindung mit § 2 S. 1 des Entgelt-Tarifvertrages vom 18.05.2001 einzuordnen ist;

2. festzustellen, dass sie ab dem 01.02.2004 unter das Tätigkeitsmerkmal B 10 "Lehrer/in" sowie in die Entgeltgruppe 7, Altersstufe 5 gemäß Anlage 1 zu § 2 des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale in Verbindung mit § 2 S. 1 des Entgelt-Tarifvertrages vom 18.05.2001 einzuordnen ist;

3. den Beklagten zu verurteilen, 14.667,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 28.05.2004 an sie zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Die Klägerin könne keinen der in Protokollnotiz Nr. 10 der Anlage 2 zum TV TM aufgeführten Ausbildungs-/Berufsabschlüsse nachweisen. Der Nachweis der Hochschulreife durch die Bescheinigung des Regierungspräsidenten Düsseldorf vom 18.12.1989 könne die erforderlichen Ausbildungs-/Berufsabschlüsse nicht ersetzen. Auch das Magisterdiplom der Physik der Universität Katowice entspreche nicht den Anforderungen der Protokollnotiz Nr. 10. Die Voraussetzungen dieser Protokollnotiz wäre nur dann erfüllt, wenn zuvor die Gleichwertigkeit der in Polen erlangten Ausbildungs-/Berufsabschlüsse mit denen in Deutschland festgestellt worden wäre. Dies sei jedoch bisher nicht der Fall. Er sei auch nicht verpflichtet, die Berufserfahrung der Klägerin zum Anlass zu nehmen, sie entsprechend ihrem Begehren einzustufen. Den hierfür nach § 4 Abs. 1 ETV notwendigen Antrag habe die Klägerin zu keiner Zeit gestellt. Im Übrigen würde es die in § 9 des Arbeitsvertrages mit ihr vereinbarte Ausschlussfrist verbieten, dass sie aus § 4 ETV nunmehr Rechte herleite. Davon abgesehen, habe die Klägerin aber auch in keiner Weise vorgetragen, dass sie einschlägige Berufserfahrung im Lehrerberuf habe sammeln können, die der Lehrertätigkeit bei ihm entsprechen würde. Schließlich sei auch der Zahlungsanspruch nicht begründet, da er ebenfalls aufgrund der in § 9 des Arbeitsvertrages enthaltenen Ausschlussfrist verfallen sei.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Klägerin, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet.

I. Zunächst ist die Berufung erfolglos, soweit sie sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags zu 1) durch die Vorinstanz richtet. Dieses Feststellungsbegehren ist jedenfalls unbegründet.

1. Unstreitig richtet sich die Vergütung der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum zunächst nach dem TV TM. In diesem heißt es in § 2 "Tätigkeitsmerkmale":

"Das für die Eingruppierung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen maßgebliche Tätigkeitsmerkmal richtet sich nach der nicht nur vorübergehend überwiegend ausgeübten Tätigkeit und wird der als Anlage 1 beigefügten Liste der Tätigkeitsmerkmale zum TV TM in Verbindung mit den zugehörigen Protokollnotizen aus Anlage 2 entnommen."

Gemäß der Anlage 1 zum TV TM, Abschnitt B "Jugend-, Sozial- und Bildungstätigkeiten (pädagogische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen) werden Arbeitnehmer/innen mit dem Tätigkeitsmerkmal "Lehrer/in oder Fachtheorielehrer/in" nach der Vergütungsgruppe B 10, Entgeltgruppe 7 vergütet. Für dieses Tätigkeitsmerkmal bestimmt die Protokollnotiz Nr. 10 der Anlage 2 zum TV TM u. a.:

"Der/Die Arbeitnehmer/in muss einen der folgenden Ausbildungs-/Berufsabschlüsse nachweisen:

- Erstes Staatsexamen für Lehrer/Lehrerin

- Magister Artium

- Diplom-Pädagoge/Diplom-Pädagogin mit Examen an einer wissenschaftlichen Hochschule

- Ingenieur/in (grad.) oder Diplom-Ingenieur/Diplom-Ingenieurin (FH)

- Betriebswirt/Betriebswirtin (grad.) oder Diplom-Betriebswirt/Diplom/Betriebswirtin (FH)

Ingenieure und Betriebswirte müssen zusätzlich die Voraussetzungen nach §§2 oder 6 Ausbildereignungsverordnung (AEVO) in jedem Fall erfüllen."

Im Abschnitt I "Allgemeine Regelungen" der Anlage 2 zum TV TM heißt es in Nr. 6:

"Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, welche die in den Protokollnotizen festgelegten Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen, werden jeweils eine Entgeltgruppe unter der für das jeweilige Tätigkeitsmerkmal vorgesehene Entgeltgruppe eingruppiert."

Schließlich heißt es u. a. im ETV:

§ 2 Entgelttabelle

"(1)

Das den Tätigkeitsmerkmalen des TV TM zugeordnete Entgelt ergibt sich aus den als Anlagen 1 a und 1 b beigefügten Entgelttabellen dieses Entgelt-Tarifvertrages in der jeweils aktuellen Fassung unter Berücksichtigung der dort aufgeführten Anrechnungsvorschriften für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltstufe.

(2)

Der Aufstieg von Entgeltstufe zu Entgeltstufe erfolgt nach drei Jahren.

...

§ 4 Berufserfahrung

(1) Berufserfahrung bei anderen Arbeitgebern kann auf Antrag angerechnet werden, soweit sie gleich oder gleichwertig ist. (2) Eine beim IB nach dem 31.01.2001 erworbene einschlägige Berufserfahrung wird bei Wiedereinstellung berücksichtigt."

§ 2 (Entgelttabelle) ist durch den Änderungs-Tarifvertrag zum ETV i. d. F. der Niederschrift der Tarifverhandlungen vom 28.02.2002 um die Absätze 3 bis 6 ergänzt worden. In Absatz 4 heißt es:

"Bei einer Höhergruppierung um mehr als eine Entgeltgruppe wird in diejenige Entgeltstufe der neuen Entgeltgruppe eingestuft, durch die das Entgelt mindestens erreicht wird, das bei Höhergruppierung um nur eine Gruppe und Beibehaltung der bisherigen Entgeltstufe erzielt worden wäre."

2. Zu Recht hat die Vorinstanz erkannt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der vorstehenden tariflichen Bestimmungen in der Zeit vom 01.09.2001 bis zum 31.01.2004 keinen Anspruch hatte, innerhalb des von ihr erfüllten Tätigkeitsmerkmals B 10 "Lehrer/in" in die Entgeltgruppe 7, Altersstufe 4 gemäß der Anlage 1 zum TV TM i. V. m. § 2 Satz 1 ETV vergütet zu werden.

a) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es entgegen der Auffassung der Klägerin für die in der Protokollnotiz des Abschnitts III der Anlage 2 zum TV TM für Lehrerinnen genannten Abschlüsse darauf ankommt, dass diese in der Bundesrepublik Deutschland erworben sind. Zum einen handelt es sich dabei ("Erstes Staatsexamen für Lehrer/Lehrerin", "Magister, Artium" sowie "Diplom- Pädagoge/Diplom-Pädagogin mit Examen an einer wissenschaftlichen Hochschule") um solche, die in der Bundesrepublik Deutschland geläufig sind. Zum anderen wäre, wenn die in Protokollnotiz 10 genannten Abschlüsse auch im Ausland erworben werden könnten, nicht sichergestellt, dass diese dem deutschen Qualitätserfordernis entsprächen.

b) Zwar kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie gemäß den Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts aufgrund der in Polen erworbenen Befähigung als Lehrerin in den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Anerkennung dieser Befähigung mit vergleichbaren Lehrämtern - im Land Nordrhein-Westfalen mit dem Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen - und auch mit dem Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule - Studienschwerpunkt Haupt-, Real und Gesamtschule - hat (vgl. das Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg vom 25.10.2004). Voraussetzung hierfür ist jedoch nach § 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 der VO des Landes NW zur Umsetzung der EU-Richtlinie 89/48/EWG i. d. F. vom 16.10.2002 (SGV.NW.223), dass im Verfahren der Anerkennung der Nachweis der deutschen Sprachkompetenz durch das vorgeschriebene Verfahren erbracht wird. Dieses Erfordernis steht in Einklang mit dem Protokoll des Rates zur Richtlinie 89/48/EWG. Danach können eine in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften - Polen ist seit dem 01.05.2004 - Mitglied der Europäischen Gemeinschaft - erworbene oder anerkannte Befähigung für einen Lehrberuf hinsichtlich vergütungsrechtlicher Gleichbehandlung mit einer deutschen Lehrkraft nach innerstaatlichem Recht von einem verwaltungsrechtlichen Gleichstellungsverfahren abhängig gemacht werden (vgl. näher BAG 07.07.1999 - 10 AZR 571/98 - AP Nr. 79 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG 12.12.2002 - 8 AZR 37/02 - AP Nr. 96 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Den vorstehenden Sprachnachweis hat die Klägerin jedoch bisher nicht erbracht. Demzufolge hat der Beklagte die Klägerin zutreffend gemäß der Regelung in Nr. 6 des Abschnitts I der Anlage 2 zum TV TM in Entgeltgruppe 6 eingruppiert.

c) Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis ergibt sich nicht aus der Regelung in § 4 ETV. Die dort vorgesehene Anrechnung von Berufserfahrung bei anderen Arbeitgebern kann zwar auf Antrag angerechnet werden, soweit sie gleich oder gleichwertig ist. Abgesehen davon, dass ein ausdrücklicher Antrag von der Klägerin mangels Vorlage durch sie in der Vergangenheit nicht gestellt worden ist, ist die Anrechnung von Berufserfahrung, wie der Zusammenhang des § 4 mit § 2 ETV ergibt, nur bei der Ermittlung der Entgeltstufe, nicht aber für die Entgeltgruppe von Bedeutung.

d) Die Klägerin kann aber aufgrund der in § 4 ETV vorgesehenen Anrechnungsvorschrift auch nicht wenigstens eine Vergütung nach der Entgeltstufe 4 (von ihr als "Altersstufe 4" bezeichnet) verlangen. Als Lehrerin hat sie bei dem Beklagten erst am 01.08.2001 begonnen, sodass sie zunächst zutreffend in die Entgeltstufe 3 eingeordnet worden ist. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Anrechnung von Berufserfahrung gemäß § 4 ETV steht zunächst ein fehlender Antrag, wie von dieser Vorschrift gefordert, entgegen. Des weiteren ist, worauf bereits die erste Instanz zu Recht hingewiesen hat, darauf aufmerksam zu machen, dass es sich um eine "Kann-"Vorschrift handelt. Eine Ermessensschrumpfung "auf Null" kann vorliegend nicht angenommen werden. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass die Klägerin als insoweit darlegungspflichtige Partei im Einzelnen vorgetragen hätte, wieso ihre über 20jährige Berufserfahrung als Lehrerin in Polen zumindest überwiegend aus der gleichen Tätigkeit herrührt, wie sie sie bei dem Beklagten als Lehrerin verrichtet. Dies hat die Klägerin jedoch unterlassen. Sie hat in ihrer Berufungsbegründungsschrift bloß auf ihre einzelnen Stationen als Lehrerin in Polen hingewiesen. Daraus ist nicht erkennbar, dass zu ihrer Lehrertätigkeit in Polen auch der Aufgabenbereich gehörte, den sie seit dem 01.08.2001 bei dem Beklagten abdeckt.

II. Die Berufung ist weiterhin erfolglos, soweit sie sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags zu 2) durch die Vorinstanz richtet. Auch dieses Feststellungsbegehren ist unbegründet.

1. Da die Klägerin ab dem 01.09.2001, wie dargestellt, keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 7, Altersstufe 4 innerhalb des Tätigkeitsmerkmals B 10 "Lehrer/in" hatte, konnte sie nicht zum 01.02.2004 die Einordnung in die Entgeltstufe 5 verlangen. Zudem war zu diesem Zeitpunkt noch nicht der in § 1 Satz 2 des Abschnitts III des ETV vorgesehene Drei-Jahres- Zeitraum abgelaufen. Dies wäre erst am 01.09.2004 gewesen.

2. Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Regelung in § 2 Abs. 4 des Änderungs-Tarifvertrages zum ETV vom 18.05.2001 i. d. F. der Niederschrift der Tarifverhandlungen vom 28.02.2002. Soweit hier von einer "Höhergruppierung um mehr als eine Entgeltgruppe" die Rede ist, ist hiermit nach Auffassung der Kammer lediglich eine Höhergruppierung um eine Entgeltgruppe innerhalb eines bestimmten "Tätigkeitsmerkmals" (hier: B 10 Lehrer/in oder Fachtheorie-Lehrer/in) gemeint. Die Klägerin will jedoch die von ihr beanspruchte Entgeltstufe 4 bzw. 5 aus einem Wechsel des "Tätigkeitsmerkmals", nämlich von B 11 "Sozialpädagoge/Sozialpädagogin, Sozialarbeiter/in" zu B 10 "Lehrer/in oder Fachtheorie-Lehrer/in" herleiten.

III. Schließlich ist auch die Berufung erfolglos, soweit sie sich gegen die Abweisung des Zahlungsantrags zu 3) durch die Vorinstanz richtet. Dies ergibt sich ohne weiteres aus den Ausführungen zu I. und II. Im Übrigen wäre ein etwa zugunsten der Klägerin bestehender Anspruch gemäß § 611 Abs. 1 BGB für den Zeitraum vom 01.09.2001 bis 31.10.2003 jedenfalls durch Versäumung der in § 9 des Arbeitsvertrages enthaltenen Ausschlussfrist von sechs Monaten erloschen. Denn die Klägerin hat ihr Zahlungsverlangen erstmals mit ihrer dem Beklagten am 28.05.2004 zugestellten Klageschrift näher beziffert. Letzteres wäre aber Voraussetzung für eine Geltendmachung eines Leistungsanspruchs i. S. einer einzelvertraglichen Verfallfrist gewesen (vgl. für tarifvertragliche Verfallfristen z. B. BAG 30.03.1989 - 6 AZR 769/85 - EzA § 4 TVG Ausschlussfrist Nr. 79).

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für die Klägerin zugelassen.

Ende der Entscheidung

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