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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 287/08
Rechtsgebiete: BAT, sog. Erfüller- und Nichterfüllererlass NRW


Vorschriften:

BAT Vergr. IV a
BAT Vergr. V b
sog. Erfüller- und Nichterfüllererlass NRW
Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes kann vergütungsrechtliche Bestimmungen durch Erlasse regeln und dabei ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die Höhe der Vergütung von einer bestimmten Tätigkeit und vom Vorliegen bestimmter subjektiver, in der Person des Angestellten liegender Voraussetzungen abhängig machen (BAG 06.08.1997 - 2 AZR 638/96 - AP Nr. 61 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG 17.04.2003 - 8 AZR 273/02 - EzBAT §§ 22, 23 BAT M. Nr. 114).
Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 08.01.2008 - 7 Ca 3096/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung des Klägers.

Am 12.10.2001 schloss der Kläger mit dem beklagten Land, vertreten durch das Schulamt für den Kreis Mettmann, einen vom 22.10.2001 bis zum 17.07.2002 befristeten Arbeitsvertrag. Nach § 3 dieses Vertrages richtete sich die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe des BAT nach dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.11.1981 (BASS 21-21 Nr. 53). Dieser Runderlass betrifft die "Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs ohne die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis" - sog. Nichterfüllererlass -; (GA Bl. NW. 1982 S. 7). Der Kläger wurde gemäß Ziffer 2.3 des sog. Nichterfüllererlasses zunächst in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert.

Aufgrund einer Vertragsergänzung vom 25.02.2002 erhielt der Kläger rückwirkend ab dem 20.10.2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT gemäß Ziffer 2.11 des sog. Nichterfüllererlasses. Nach dieser Ziffer 2.11 werden Musikerzieher, die nach einem Studium an einer Musikhochschule oder Musikakademie die künstlerische Abschlussprüfung nach mindestens acht Semestern absolviert haben, vergütet. Das Schulamt für den Kreis Mettmann trug durch diese Vertragsergänzung dem Umstand Rechnung, dass ausweislich des Schreibens vom 04.12.1992 das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen die vom Kläger in Polen absolvierte Prüfung als Diplom-Musiker anerkannt hatte.

Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages vom 12.10.2001 sollte der Kläger in der städtischen Schule für Lernbehinderte "In der C." in W. eingesetzt werden. Unmittelbar nach Abschluss dieses Vertrages wurde verfügt, dass er an der Schule für geistig Behinderte "An der W." in M. tätig werden sollte. Dort unterrichtete der Kläger bis Ende 2002. Er unterbrach sodann seine unterrichtliche Tätigkeit, um sich fortzubilden, und legte am 31.05.2004 die Abschlussprüfung zum Erwerb der Befähigung für die Laufbahn eines Fachlehrers an Sonderschulen gemäß § 62 a Laufbahnverordnung (LVO) ab.

Am 06.09.2004 schloss der Kläger mit dem beklagten Land, vertreten durch das Schulamt für die Stadt S., einen Arbeitsvertrag. Gemäß § 4 dieses Vertrages richtet sich die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe des BAT nach dem Runderlass des damaligen Kultusministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.11.1981 (BASS 21-21-Nr. 52). Dieser betrifft die "Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs mit den fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis -; sog. Erfüllererlass -; (GA Bl. NW. 1982 S. 5). Gemäß Ziffer 4.6 des sog. Erfüllererlasses wurde der Kläger in die Vergütungsgruppe V b BAT eingruppiert (Fachlehrerinnen und Fachlehrer mit der Befähigung zum Fachlehrer an Sonderschulen, § 62 a LVO).

Der Kläger wurde erneut an einer Schule für geistig Behinderte eingesetzt. Ausweislich des von ihm zu den Akten gereichten Stundenplans (Stand 07.11.2007) umfasst die Unterrichtungstätigkeit des Klägers 21 Stunden pro Woche ohne Aufsichten. Hiervon entfallen sechs Stunden auf Musikunterricht und weitere zwei Stunden auf die Einzelförderung "unterstützte Kommunikation". In diesem Unterricht bedient der Kläger in einem Klassenraum, in dem sich dann nur ein einziges Kind befindet, dort existierende Musikgeräte, während das zu betreuende Kind non-;verbal durch die Musik aufgefordert wird, sich seinerseits zu artikulieren, falls möglich auch auf musikalischem Gebiet.

Mit Schreiben vom 26.02.2007 an das Schulamt der Stadt S. bat der Kläger um die Überprüfung, ob ein Änderungsvertrag nach "Nichterfüllererlass" Ziffer 2.11 möglich sei. Dies lehnte das Schulamt der Stadt S. unter dem 06.03.2007 schriftlich ab.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Wuppertal am 10.10.2007 eingereichten Klage verlangt der Kläger festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm für die Zeit ab dem 01.08.2006 Vergütung nach BAT IV a BAT nebst Zinsen zu zahlen.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Das beklagte Land verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, der es verbiete, Lehrkräfte im Bereich des sog. Erfüllererlasses bei gleicher Tätigkeit schlechter zu vergüten als Lehrer im Bereich des sog. Nichterfüllererlasses. Es könne nicht sein, dass er nur aufgrund seiner zusätzlichen beruflichen Qualifikation nunmehr nach dem sog. Erfüllererlass einzugruppieren sei und dadurch schlechter vergütet werde, als zuvor, wo zweifelsfrei die Voraussetzungen der Ziffer 2.11 des sog. Nichterfüllererlasses vorgelegen hätten.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, für die Zeit ab dem 01.08.2006 an ihn Vergütung nach BAT IV a BAT zu zahlen nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus den Nettodifferenzbeträgen für die Zeit ab dem 18.10.2007 zwischen BAT IV a und BAT V b.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Tätigkeit des Klägers an der Schule für geistig Behinderte in S. sei wegen der auf sechs Stunden pro Woche beschränkten Musikerziehung mit seiner früheren Beschäftigung bei dem Schulamt für den Kreis Mettmann nicht vergleichbar. Da lediglich der sog. Erfüllererlass Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden sei, könne er keine Ansprüche im Hinblick auf eine Vergütung nach dem sog. Nichterfüllererlass verlangen.

Mit seinem am 08.01.2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger habe einen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe BAT IV a aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes i. V. m. Ziffer 3.13, 2.11 des sog. Nichterfüllererlasses. Denn es sei sachfremd und grob willkürlich, einen besser qualifizierten Angestellten, der die Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfülle, gegenüber einem geringer qualifizierten Angestellten, der diese Voraussetzungen nicht erfülle, bei gleicher Tätigkeit schlechter zu stellen. Ein sachlicher Grund hierfür könne insbesondere nicht darin gesehen werden, dass der Kläger bei einer Eingruppierung nach dem sog. Erfüllererlass die Chance bzw. Hoffnung auf die Übernahme in ein Beamtenverhältnis habe. Eine derartige Chance habe bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 06.09.2004 in Wirklichkeit nicht bestanden. Zwar unterfalle das Unterrichtsfach Musik dem Mangelfacherlass des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22.12.2000 (121-22/03 Nr. 1050/00), so dass eine Verbeamtung ausnahmsweise auch bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres möglich sei. Der Kläger sei jedoch am 06.09.2004 nur vier Monate von dieser Altersgrenze entfernt gewesen. Er hätte auch bei einer Eingruppierung nach dem sog. Nichterfüllererlass gemäß Ziffer 2.11 als Musikerzieher bei entsprechender Tätigkeit in die Vergütungsgruppe IV a BAT eingruppiert werden müssen. Da sich seine Tätigkeit als "Lehrer an einer Sonderschule" gemäß Ziffer 3 des sog. Nichterfüllererlasses keiner konkreten Fallgruppe zuordnen lasse, werde diese Lehrkraft gemäß Ziffer 3.13 wie die entsprechenden Lehrer an Realschulen eingruppiert. Der Kläger habe seinen Anspruch hinreichend mit Schreiben vom 26.02.2007 gegenüber dem Schulamt für die Stadt S. i. S. von § 70 BAT geltend gemacht.

Gegen das ihm am 16.01.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat das beklagte Land mit einem bei Gericht am 15.02.2008 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese -; nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.04.2008 -; mit einem hier an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das beklagte Land macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Der Kläger sei bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 06.09.2004 im Hinblick auf seine Befähigung zum Fachlehrer an Sonderschulen (§ 62 a LVO) eingruppiert worden. Nach den Regelungen des sog. Nichterfüllererlasses könnte er nur dann vergütet werden, wenn er über diese Befähigung nicht verfügen würde. Unterstelle man Letzteres, wäre er vergütungsrechtlich der Ziffer 3.9 oder 3.10 des sog. Nichterfüllererlasses zuzuordnen gewesen, was unter Geltung des BAT einer Vergütung nach den Vergütungsgruppen V b bzw. V c entsprochen hätte. Dementsprechend könne von einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Rede sein. Das Arbeitsgericht habe bei seiner gegenteiligen Auffassung übersehen, dass der Kläger nicht als Musikerzieher eingestellt worden sei. Das Schreiben des Klägers vom 26.02.2007 an das Schulamt für die Stadt S. könne nicht als Geltendmachung höherer Vergütungsansprüche i. S. von § 70 BAT bewertet werden.

Das beklagte Land beantragt,

auf seine Berufung das Urteil der 7. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 08.01.2008 -; 7 Ca 3096/07 -; abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Sein Feststellungsbegehren sei nach wie vor zulässig. Auch wenn die Bestimmungen des BAT seit dem 01.11.2006 nicht mehr gelten würden, mache es wenig Sinn, den Antrag dahingehend zu modifizieren, dass er für die Zeit ab dem 01.11.2006 so gestellt werden müsse, wie wenn er weiter Vergütung nach BAT IV a erhalten würde. Im Übrigen habe die Vorinstanz zu Recht sein Feststellungsbegehren als begründet angesehen. Er sei zutreffend im Arbeitsvertrag vom 22.10.2001 i. V. m. der Vertragsergänzung vom 25.02.2002 rückwirkend gemäß dem sog. Nichterfüllererlass nach BAT IV a vergütet worden. Seine Fortbildungsmaßnahme könne im Ergebnis nicht dazu führen, dass er gegenüber der eigenen früheren Tätigkeit schlechter gestellt werde. Insoweit sei vorliegend der Gleichbehandlungsgrundsatz massiv verletzt.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist begründet.

I. Die Feststellungsklage des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse nach dieser Vorschrift muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., z. B. BAG 05.06.2003 -; 6 AZR 277/02 -; EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 2; BAG 17.10.2007 -; 4 AZR 1005/06 -; Rz. 14 juris). Das Feststellungsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit zwischen den Parteien insgesamt beseitigt wird (st. Rspr., z. B. BAG 17.10.2007 -; 4 AZR 1005/06 -; Rz. 15 juris). Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (BAG 29.11.2001 -; 4 AZR 757/00 -; BAGE 100, 43, 51; BAG 17.10.2007 -; 4 AZR 1005/06 -; Rz. 15 juris). Dies ist bei einer Eingruppierungsfeststellungsklage jedenfalls dann der Fall, wenn, wie vorliegend, nur die Eingruppierung im engeren Sinne -; die Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen -; zwischen den Parteien streitig ist (vgl. BAG 17.10.2007 -; 4 AZR 1005/06 -; Rz. 15 juris; vgl. auch BAG 08.06.2006 -; 4 AZR 406/04 -; AP Nr. 8 zu § 2 NachwG).

2. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes hat der Umstand, dass seit dem 01.11.2006 der BAT nicht mehr gilt und an seine Stelle der TV-L getreten ist, keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Feststellungsklage des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO. Soweit ersichtlich sind weder der Erfüller- noch der Nichterfüllererlass an diese Rechtslage angepasst worden mit der Folge, dass das beklagte Land weiterhin verpflichtet ist, den Kläger nach der für ihn in Betracht kommenden Vergütungsgruppe des BAT zu entlohnen.

II. Die Klage des Klägers ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz wird der Kläger zu Recht gemäß § 4 des Arbeitsvertrages vom 06.09.2004 nach Ziffer 4.6 des sog. Erfüllererlasses gemäß der Vergütungsgruppe V b BAT vergütet, da er am 31.05.2004 die Befähigung für die Laufbahn zum Fachlehrer an Sonderschulen (§ 62 a LVO) erworben hat. Ein Anspruch auf Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe IV a BAT nach Ziffer 3.13, 2.11 des sog. Nichterfüllererlasses ergibt sich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

1. Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, hat ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern gleichzubehandeln, wenn sie sich in einer vergleichbaren Lage befinden. Es ist ihm verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen, soweit hierfür keine sachlichen Gründe vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (st. Rspr., z. B. BAG 12.12.2002 - 8 AZR 37/02 - AP Nr. 96 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG 24.06.2004 - 8 AZR 357/03 - ZTR 2005, 92, 94).

2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet grundsätzlich auch hinsichtlich der Arbeitsvergütung Anwendung. Zwar hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Arbeitsentgelte, nicht jedoch dann, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt, in dem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 12.12.2002 - 8 AZR 37/02 - a. a. O.; BAG 24.06.2004 - 8 AZR 357/03 - a. a. O.).

3. Vorliegend ist das beklagte Land zwar bei der Ermittlung der dem Kläger zustehenden Vergütung an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Denn es regelt die vergütungsrechtlichen Bestimmungen für die bei ihm beschäftigten Lehrer und Lehrerinnen nach Erlassen. Das beklagte Land, vertreten seinerzeit durch das Schulamt für die Stadt S., hat jedoch nicht durch die im Arbeitsvertrag des Klägers vom 06.09.2004 vereinbarte Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT i. V. m. Ziffer 4.6 des sog. Erfüllererlasses gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, kann ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der, wie das beklagte Land, vergütungsrechtliche Bestimmungen nach einem generalisierenden Prinzip in Erlassen regelt, die Höhe der Vergütung von einer bestimmten Tätigkeit und vom Vorliegen bestimmter subjektiver, in der Person des Angestellten liegender Voraussetzungen abhängig machen (z. B. BAG 06.08.1997 -; 2 AZR 638/96 -; AP Nr. 61 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG 17.04.2003 -; 8 AZR 273/02 -; EzBAT §§ 22, 23 BAT M. Nr. 114). Damit kann auch das beklagte Land als Erlassgeber für die Eingruppierung einen bestimmten Schulabschluss und eine nachfolgende Weiterbildung durch Studium an einer Fach- oder wissenschaftlichen Hochschule mit Abschlussprüfung zur Voraussetzung erheben. Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil damit für die auszuübende Tätigkeit eine wissenschaftliche Grundlage besteht und somit eine bessere inhaltliche Gestaltung, Umsetzung und Durchdringung der Arbeit berücksichtigt wird. Eine rein tätigkeitsbezogene Eingruppierung würde demgegenüber dazu führen, dass die Ausbildungsqualifikation vernachlässigt und umgangen werden könnte (BAG 30.11.1988 -; 4 AZR 412/88 -; ZTR 1989, 110; BAG 06.08.1997 -; 10 AZR 638/96 -; AP Nr. 61 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG 17.04.2003 -; 8 AZR 273/02 -; a. a. O.). Ferner soll mit der höheren Vergütung auch der durch die längere Ausbildungsdauer und den späteren Berufseintritt verursachte niedrigere Gesamtverdienst in der Lebensberufszeit ausgeglichen werden (BAG 06.08.1997 -; 10 AZR 638/96 -; a. a. O.; BAG 17.04.2003 -; 8 AZR 273/02 -; a. a. O.). Schließlich soll mit der Eingruppierung auch einer im allgemeinen vielseitigeren Verwendbarkeit Rechnung getragen werden (BAG 06.08.1997 -; 10 AZR 638/96 -; a. a. O.; BAG 17.04.2003 -; 8 AZR 273/02 -; a. a. O.).

b) Steht damit fest, dass die hier in Rede stehenden Erlasse (sog. Nichterfüllererlass und sog. Erfüllererlass) dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechen, kann der Kläger keinesfalls unter Hinweis auf seine für seine Lehrtätigkeit bei dem Schulamt für den Kreis Mettmann zuletzt bezogene Vergütung nunmehr für seine Lehrtätigkeit bei dem Schulamt der Stadt S. Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT verlangen. Selbst wenn die Situation für den Kläger unbefriedigend ist, dass er vor Erwerb der Befähigung für die Laufbahn eines Fachlehrers an Sonderschulen gemäß § 62 a LVO höher vergütet wurde als nach Erwerb dieser Qualifikation, kann er keinesfalls von dem beklagten Land in seiner jetzigen Position unter Berufung auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Vergütung nach dem sog. Nichterfüllererlass verlangen. Der Kläger übersieht hierbei, dass das beklagte Land die Vergütung der bei ihm beschäftigten Lehrer und Lehrerinnen nach einem generalisierenden Prinzip (sog. Nichterfüller- und Erfüllererlass) vornimmt und eine Abweichung hiervon allein aufgrund einer von ihm früher bei dem beklagten Land erbrachten Lehrtätigkeit sachwidrig wäre.

c) Auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT könnte sich der Kläger allenfalls berufen, wenn mit ihm vergleichbare Lehrer oder Lehrerinnen mit der Befähigung für die Laufbahn eines Fachlehrers an Sonderschulen gemäß § 62 a LVO nach dieser Vergütungsgruppe vergütet würden. Hierfür fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte, zumal der Kläger diesbezüglich auch nichts vorgetragen hat.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die erkennende Kammer hat die Revision für den Kläger zugelassen, weil sie das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht hat, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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