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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 450/08
Rechtsgebiete: TV-V, ZPO, BetrVG, ArbGG, BetrAVG


Vorschriften:

TV-V § 6 Abs. 5
TV-V § 16
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 257
ZPO § 258
ZPO § 259
ZPO § 495
BetrVG § 5 Abs. 3
ArbGG § 46 Abs. 2 Satz 1
BetrAVG § 1 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 07.02.2008 - 1 Ca 2482/07 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war bei der Beklagten von 1973 bis 1997, zuletzt als Leiter des Rechtsbereichs und Prokurist, beschäftigt. Sein Ausscheiden erfolgte altersbedingt.

Bei der Beklagten gab es eine Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976, in der den Belegschaftsmitgliedern einschließlich der Versorgungsempfänger und deren Hinterbliebenen, ein Preisnachlass in Höhe von 50 % des Rechnungsbetrages der Energiekosten bzw. einer Erstattung der entsprechenden Kosten zugesagt worden war. Wegen ihres näheren Inhalts wird ausdrücklich auf die vorerwähnte Betriebsvereinbarung Bezug genommen.

Im Februar 2001 wurde die Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 durch die Betriebsvereinbarung vom 20.02.2001 abgelöst, nach der den aktiven Beschäftigten eine Stromkostenerstattung in Höhe von max. 511,-- € jährlich, den Versorgungsempfängers in Höhe von max. 358,-- € jährlich, zugesagt worden war. Wegen ihres näheren Inhalts wird ausdrücklich auf die vorerwähnte Betriebsvereinbarung verwiesen.

Am 24.03.2006 wurde eine weitere Vereinbarung zwischen Betriebsrat und der Beklagten geschlossen, wonach die Betriebsvereinbarung vom 20.02.2001 über die Erstattung der Stromkosten nur noch bis einschließlich 31.12.2006 gültig ist und ab 01.01.2007 Stromkostenerstattungen lediglich noch für Jahresverbrauchsabrechnungen mit bis zum 31.12.2006 lautende Verbrauchszeiträume vorgenommen werden. Außerdem haben die Betriebspartner in dieser Vereinbarung in Absatz 3 Satz 1 erklärt, dass im Zusammenhang mit der Einführung des TV-V für die ArbeitnehmerInnen der Beklagten ab 01.01.2007 eine Aufstockung der in § 16 TV-V geregelten Sonderzahlung um 15 v.H. (in Form einer Erfolgsbeteiligung) erfolgt und dass ab 01.01.2008 gemäß § 6 Abs. 5 TV-V Leistungszulagen (angestrebtes Gesamtvolumen = 25 v. H. als zusätzliche Leistung auf der Basis der im Vorjahr insgesamt gezahlten Sonderzahlung von 100 v. H. gemäß § 16 TV-V) vereinbart werden.

Am 20.11.2006 schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Zahlung von Weihnachtsgeld an ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Wegen ihres näheren Inhalts wird auf diese Betriebsvereinbarung Bezug genommen.

Der Kläger wurde ab dem Jahre 2000 entsprechend der jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen hinsichtlich der Energiekosten behandelt.

Mit seiner am 28.11.2007 beim Arbeitsgericht Duisburg eingereichten Klage macht der Kläger geltend, die Beklagte sei verpflichtet, ihm seit dem 01.01.2000 weiterhin die in der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976 vorgesehenen Energiekostenbeihilfen zu zahlen.

Der Kläger hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Abänderungen der Betriebsvereinbarung von 1976 hätten für ihn als ausgeschiedenem Mitarbeiter der Beklagten keine rechtlichen Wirkungen gehabt.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit dem 01.01.2000 weiterhin nach der beigefügten Energieerstattungsbetriebsvereinbarung vom 06.05.1976 die darin festgelegte werktypische Sozialleistung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die sich hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bis zum Jahre 2003 auf Verjährung beruft, hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Der Feststellungsantrag des Klägers sei jedenfalls insoweit unzulässig, als es sich um Ansprüche aus der Vergangenheit handele. Da der Betriebsrat für ausgeschiedene Mitarbeiter auch verschlechternde Regelungen herbeiführen könne, fänden die Betriebsvereinbarungen von 2001 und 2006 auch auf die Ansprüche des Klägers Anwendung.

Mit seinem am 07.02.2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsbegehren des Klägers insoweit stattgegeben, als es die Beklagte für verpflichtet hält, ihm ab dem 01.01.2008 Energiekostenerstattung nach der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat, soweit es der Klage zugesprochen hat, dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die für die Zeit ab dem Jahre 2008 gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsklage sei begründet. Der Kläger, bei dem man mangels irgendwelcher Anhaltspunkte bzw. Parteivortrags nicht davon ausgehen könne, dass er leitender Angestellter i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG sei, unterfalle dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976. Diese sei nicht durch die folgenden Betriebsvereinbarungen zu Lasten des Klägers abgeändert worden. Ablösende Betriebsvereinbarungen würden nicht in die Besitzstände der Pensionäre oder Versorgungsempfänger eingreifen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ablösenden Betriebsvereinbarung bereits im Ruhestand befänden hätten. Durch das Ausscheiden des Arbeitnehmers würde sich die Rechtsgrundlage der zugesagten Leistung in einen schuldrechtlichen und damit weitergeltenden Anspruch verwandeln. Eine abändernde Regelung zwischen dem Kläger und der Beklagten ergebe sich nicht aus einer eventuellen widerspruchslosen Entgegennahme der Leistungen nach der Betriebsvereinbarung 2001. Darüber hinaus folge die fehlende Wirksamkeit der Betriebsvereinbarungen von 2001 und 2006 zum Nachteil des Klägers daraus, dass es sich bei dem verbilligten Bezug von Energie bei Betriebsrentnern um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Der Leistungsanspruch der Betriebsrentner werde durch das Erreichen des Rentenalters und den Eintritt in den Ruhestand ausgelöst und realisiere damit ein biometrisches Risiko. Gründe, wie insbesondere eine wirtschaftliche Notlage, für die Streichung oder Reduzierung der Energiekostenbeihilfe habe die Beklagte nicht in nachvollziehbarem Umfang dargelegt.

Gegen das ihr am 22.02.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem bei Gericht am 19.03.2008 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 22.04.2008 hier eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Wegen der Ablösung der Betriebsvereinbarung 1969 durch die Betriebsvereinbarung 2001 und der sich hieran anschließenden Aufhebung dieser Betriebsvereinbarung durch die Vereinbarung vom 24.03.2006 stehe dem Kläger seit dem 01.01.2000 weder ein Anspruch nach der Betriebsvereinbarung 1969 i. d. F. vom 06.05.1976 zu noch habe der Kläger über den 31.12.2006 hinaus einen Anspruch auf Erstattung seiner Stromkosten. Die Regelungskompetenz des Betriebsrats würde sich nicht nur auf die bestehenden Arbeitsverhältnisse zwischen dem Arbeitgeber als Partei der Betriebsvereinbarung und den betriebszugehörigen Arbeitnehmern beschränken, sondern auch und gerade bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer umfassen. Selbst wenn man diesbezüglich anderer Auffassung wäre, nehme das Bundesarbeitsgericht an, dass Ansprüche von Betriebsrentnern, die nicht erst mit Eintritt in den Ruhestand entstehen würden, sondern auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung ebenfalls bereits aktiven Arbeitnehmern gewährt würden, auch nach dem Eintritt eines Arbeitnehmers in den Ruhestand und der schuldrechtlichen Umwandlung mit dem Vorbehalt einer späteren Änderung der entsprechenden kollektivrechtlichen Regelung für die aktive Belegschaft belastet seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 07.02.2008 - 1 Ca 2482/07 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

Sein ihm gemäß der Betriebsvereinbarung von 1976 zustehendes Stromdeputat habe nicht durch die nachfolgenden Betriebsvereinbarungen zu seinen Lasten abgeändert werden können. Eine Auslegung, wonach in der Betriebsvereinbarung von 1976 eine stillschweigende sog. Jeweiligkeitsklausel hineingelesen werden könnte, würde gegen den Verbotsgrundsatz vertraglicher Gestaltungen zu Lasten Dritter verstoßen. Er habe jährlich sein Stromdeputat, wie aus den von ihm zur Akte gereichten Schreiben folge, ausdrücklich auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976 geltend gemacht und außerdem der Änderung der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976 ausdrücklich mit Schreiben vom 11.01.2007 widersprochen. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung handele es sich bei der mit der Betriebsvereinbarung 1976 vereinbarten verbilligten Lieferung von Strom um eine Leistung der betrieblichen Altersvorsorge mit der Folge, dass nur unter den für das Betriebsrentenrecht geltenden Grundsätzen Eingriffe in die bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geltenden Versorgungsregelungen zulässig seien.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird ausdrücklich auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich.

I. Das in die zweite Instanz gelangte Feststellungsbegehren des Klägers ist, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

1. Rechtsverhältnis i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache (BAG 03.05.2006 - 6 ABR 63/04 - AP Nr. 61 zu § 81 ArbGG 1979; BAG 24.04.2007 - 1 ABR 27/06 - EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 8). Dabei muss sich die Feststellung nicht auf die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses erstrecken. Es genügt, wenn sie einzelne Rechte und Pflichten aus einem Schuldverhältnis, wie vorliegend die streitgegenständliche Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Energiekostenerstattung zu gewähren, erfasst (vgl. BAG 24.04.2007 - 1 ABR 27/06 - a. a. O.).

2. Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (BAG 05.06.2003 - 6 AZR 277/02 - EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 2; BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 14 juris). Das Feststellungsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit zwischen den Parteien insgesamt beseitigt wird (st. Rspr., z. B. BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 15 juris). Im Streitfall ist davon auszugehen, dass bei einer Stattgabe des Feststellungsbegehrens des Klägers der Streit der Parteien, ob die Beklagte entsprechend dem Begehren des Klägers verpflichtet ist, an diesen ab dem 01.01.2008 Energiekostenerstattung nach der Betriebsvereinbarung vom 06.05.1976 zu gewähren, beigelegt ist.

3. Dem Feststellungsantrag steht nicht der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage entgegen. Er gilt nicht für Klagen auf künftige Leistungen nach §§ 257 bis 259 ZPO. Auch eine Aufteilung in einen Leistungsantrag für die bereits fälligen und einen Feststellungsantrag für die noch nicht fälligen Ansprüche ist nicht erforderlich (st. Rspr., zuletzt wieder BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - EzA § 1 BetrAVG Nr. 89 m. w. N.).

II. Das in die zweite Instanz gelangte Feststellungsverlangen des Klägers ist aber unbegründet. Denn entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Beklagte mangels eines Anspruchs des Klägers nicht verpflichtet, ihm ab dem 01.01.2008 Energiekostenerstattung nach § 1 Ziffer 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 zu gewähren.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Betriebspartner durch Betriebsvereinbarung nicht Rechte und Pflichten derjenigen Mitarbeiter begründen oder modifizieren, die bereits aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den Ruhestand eingetreten sind (seit BAG 16.03.1956 - GS 1/55 - BAGE 3, 1; ebenso BAG 13.05.1997 - 1 AZR 75/97 - EzA § 77 BetrVG 1972 Ruhestand Nr. 1; BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - a. a. O.). Ob an dieser im Schrifttum zunehmend kritisierten Auffassung festzuhalten ist, kann hier offenbleiben. Denn selbst wenn die Betriebspartner keine Regelungskompetenz für ausgeschiedene Betriebsrentner mehr haben, sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Rechtsgrundlage ändert und die Betriebsrentner einen der kollektivvertraglichen Zusage entsprechenden schuldrechtlichen Anspruch erwerben, ist damit noch nicht zwingend über das weitere Schicksal dieses Anspruchs entschieden. Es kommt auf den Inhalt des "umgewandelten Individualanspruchs" an (BAG 13.05.1997 - 1 AZR 75/97 - a. a. O.; BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - a. a. O.).

a) Würde die streitbefangene Energiekostenerstattung zur betrieblichen Altersversorgung gehören, würde der umgewandelte Individualanspruch von der Beendigung oder Änderung der ursprünglich anspruchsbegründenden Betriebsvereinbarung völlig unabhängig sein. Denn der Anspruch auf Ruhegeld besteht nach seinem Sinn und Zweck als Daueranspruch auch über die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung hinaus normalerweise bis zum Tode des Ruhegeldempfängers weiter. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich dies aus dem unzweideutigen Wortlaut oder Sinn der Betriebsvereinbarung selbst ergibt, z. B. wenn dieser die Dauer der Zahlung von Ruhegeldbezügen auf eine bestimmte Zeit begrenzt. Ein allgemeiner Vorbehalt späterer Änderungen in der Betriebsvereinbarung genügt jedoch nicht gegenüber den bereits in den Ruhestand getretenen Pensionären (grundlegend BAG 16.03.1956 - GS 1/55 - AP Nr. 1 zu § 57 BetrVG 1952, zu I 3 der Gründe).

b) Bei der streitbefangenen Energiekostenerstattung handelt es sich um keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.

aa) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen mit dem Zweck der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenensicherung zugesagt werden. Anknüpfend an das gesetzliche Rentenversicherungsrecht setzt die betriebliche Altersversorgung die Übernahme bestimmter biometrischer Risiken voraus (BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - a. a. O.; BAG 19.02.2008 - 3 AZR 61/06 - EzA § 1 BetrAVG Betriebliche Übung Nr. 9). Eine Leistung dient der Alterssicherung, wenn der Anspruch vom Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängt. Sie bezweckt die Invaliditätsabsicherung, wenn sie den durch gesundheitlich bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetretenen Einkommensverlust ausgleichen soll. Um Hinterbliebenenversorgung handelt es sich, wenn es um die Absicherung von Ehegatten und Kindern nach dem Tode des Arbeitnehmers geht (BAG 19.09.2006 - 1 ABR 58/05 - EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 16; vgl. auch BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - a. a. O.).

bb) Die dem Kläger ursprünglich nach §§ 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 gewährte Energiekostenerstattung wird nicht allein durch ein biometrisches Risiko, nämlich das Erreichen des Rentenalters und den Eintritt in den Ruhestand, ausgelöst. Dies folgt nicht schon aus dem Umstand, dass auch den aktiven Mitarbeitern nach der vorgenannten Betriebsvereinbarung (§ 1 Nr. 1) Energiekostenerstattung gewährt wurde (vgl. BAG 12.12.2006 - a. a. O.). Vorliegend sollte jedoch die streitbefangene Energiekostenerstattung allenfalls mittelbar den Lebensstandard im Versorgungsfall verbessern. Denn ein Anspruch auf Energiekostenerstattung bestand gemäß § 1 Ziffer 1 Abs. 1, Abs. 2 bzw. § 1 Ziffer 1 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 nur, wenn der Arbeitnehmer bzw. der Betriebsrentner im Versorgungsgebiet der Beklagten seinen Wohnsitz genommen hatte und einen auf seinen Namen bzw. den Namen des Ehegatten lautenden Zähler bzw. eine Messeinrichtung besaß. Gegen die Verbesserung des Lebensstandards im Versorgungsfall und damit gegen die Charakterisierung der streitbefangenen Energiekostenerstattung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG spricht zudem die Regelung in § 3 der Betriebsvereinbarung vom 13.12.1969 i. d. F. vom 06.05.1976. Dort war geregelt, dass, soweit zwei oder mehr Anspruchsberechtigte des in § 1 und 2 der vorgenannten Betriebsvereinbarung genannten Personenkreises in einem Haushalt leben, der Anspruch auf die Energiekostenerstattung nur für einen Berechtigten gilt. Hätte es sich bei der in Rede stehenden Energiekostenerstattung um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung und nicht um eine Sonderzuwendung eigener Art gehandelt, hätten die in § 3 der Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 angesprochenen Anspruchsberechtigten (aktive bzw. ausgeschiedene Arbeitnehmer) jeweils die Energiekostenerstattung beanspruchen können. Dies ist aber gerade durch § 3 der erwähnten Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.

2. Der mit Eintritt in den Ruhestand in einen, wie dargestellt, schuldrechtlichen Individualanspruch umgewandelte kollektivrechtliche Anspruch auf Energiekostenerstattung ist durch die Betriebsvereinbarung vom 24.03.2006 zum 31.12.2006 aufgehoben worden. Der erkennbare Sinn der Betriebsvereinbarung vom 13.02.1969 i. d. F. vom 06.05.1976 bestand, wie aus seinen §§ 1 und 2 folgt, gerade darin, aktive Beschäftigte und Ruheständler bezüglich der Energiekostenerstattung gleichzustellen. Deshalb können die begünstigten Arbeitnehmer auch nach ihrem Ausscheiden nicht auf Dauer damit rechnen, besser als die aktiven Arbeitnehmer behandelt zu werden - aber auch nicht schlechter - (BAG 13.05.1997 - 1 AZR 75/97 - EzA § 77 BetrVG 1972 Ruhestand Nr. 1). Daraus folgt, dass der entsprechende Anspruch - hier: der Anspruch auf Energiekostenerstattung - nach seiner schuldrechtlichen Umwandlung mit dem Vorbehalt einer späteren Änderung der entsprechenden kollektivrechtlichen Regelung für die aktive Belegschaft belastet ist. Insoweit gilt eine sog. Jeweiligkeitsklausel, die nicht ausdrücklich erklärt werden muss (BAG 13.05.1997 - 1 AZR 75/97 - a. a. O.; BAG 12.12.2006 - 3 AZR 476/05 - EzA § 1 BetrAVG Nr. 89). Da es vorliegend um die Abänderung einer schuldrechtlichen Abrede aufgrund einer sog. konkludenten Jeweiligkeitsklausel geht, spielt die Frage, ob die ablösende Betriebsvereinbarung vom 24.03.2006 für den Kläger kollektivrechtlich etwa deshalb nicht galt, weil er, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2008 unter Hinweis auf ein Schreiben der Beklagten vom 01.02.1984 vertreten, leitender Angestellter i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG gewesen sei, keine Rolle.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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