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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.12.2005
Aktenzeichen: 12 Sa 1195/05
Rechtsgebiete: TzBvG, TVG, MTV - dba


Vorschriften:

TzBvG § 8
TzBvG § 22
TVG § 1
MTV - dba § 30
1. In einem tariflichen Teilzeitmodell kann wirksam vorgesehen werden, dass die - kontingentierten - Teilzeitstellen allein nach "Seniorität" der Bewerber vergeben werden.

2. Die Tarifvertragsparteien können nicht die Ausschöpfung des Teilzeitstellenkontingents als Ablehnungsgrund i. S. v. § 8 Abs. 4 S. 3 TzBfG festlegen.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 Sa 1195/05

Verkündet am 14. Dezember 2005

In Sachen

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Horst und den ehrenamtlichen Richter Alsdorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.02.2005 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, einer Herabsetzung ihrer Arbeitszeit auf 50 % einer Vollzeitstelle bei einer Verteilung der Arbeitszeit gemäß dem bei der Beklagten bestehenden Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zuzustimmen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/8 und die Beklagte zu 3/8.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob aufgrund wirksamer Befristung zum 31.03.2005 die Teilzeittätigkeit der Klägerin geendet hat. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zur Verringerung der Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit.

Die Klägerin, 32 Jahre alt, verheiratet, eine Tochter (am 23.02.2001 geboren), Purser, trat gemäß Arbeitsvertrag für Bordpersonal vom 10./12.12.1997 als vollzeitbeschäftigte Flugbegleiterin zum 12.01.1998 in die Dienste der Beklagten, einem in N. ansässigen Luftfahrtunternehmen. Für die Zeit vom 01.01.2002 bis 29.02.2004 nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Auf die Bewerbung der Klägerin um eine Teilzeitstelle mit 50 % der Vollbeschäftigung vereinbarten die Parteien unter dem 26.02.2004 eine entsprechende, auf den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.03.2005 befristete Teilzeittätigkeit. Der Vereinbarung vom 26.02.2004 liegt zugrunde, dass die Beklagte nach dem "Manteltarifvertrag Deutsche C." vom 22.05.2001 und einer am 12.12.2001 mit der Personalvertretung geschlossenen "Betriebsvereinbarung Nr. 18 Teilzeitbeschäftigung für das Kabinenpersonal" 30 % aller Stellen zur Teilzeitbeschäftigung anbietet. Danach entfallen 5 % der Stellen auf Teilzeit in Elternzeit. Die restlichen 25 % werden (ab dem Jahr 2003) jeweils auf form- und fristgerechte Bewerbungen der Mitarbeiter nur für 12 Monate befristet zu bestimmten Einstiegsterminen (Beginn des Sommer- oder Winterflugplans) und Arbeitszeiten (50 % oder 75 %) vergeben. Übersteigt die Zahl der Bewerbungen die verfügbaren Teilzeitstellen, erfolgt die Auswahl nach Seniorität als alleiniges Kriterium. Weiterhin ist in § 35 MTV wörtlich bestimmt:

§ 35 Betriebliche Versagungsgründe i. S. v. § 8 Abs. 4 TzBfG

(1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass das in diesem Tarifvertrag geregelte Teilzeitmodell die betrieblichen Möglichkeiten hinsichtlich Organisation, Arbeitsablauf und Sicherheit im Betrieb ausschöpft. Weitere Teilzeitstellen verursachen insbesondere unverhältnismäßige Kosten und führen zu wesentlichen Beeinträchtigungen von Organisation, Arbeitablauf und Sicherheit im Betrieb der DBA. Sie können daher aus betrieblichen Gründen abgelehnt werden, wenn die jeweilige Quote gemäß § 31 Abs. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 4 erfüllt ist oder Teilzeit zu anderen Bedingungen als den in diesem Vertrag vereinbarten beantragt wird.

(2) Arbeitnehmer, die Teilzeitbeschäftigung aufgrund des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge ohne Erfüllung der Voraussetzungen nach diesem Tarifvertrag durchsetzen, sind auf die Teilzeitquote von 25 % (§ 31 Abs. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 4) anzurechnen.

Mit Schreiben vom 23.02.2005 machte die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des Teilzeitvertrages vom 26.02.2004 geltend. Unter dem 24.03.2005 verteidigte die Beklagte die Befristung mit Hinweis auf die im MTV festgelegte Teilzeitquote und den Umstand, dass zum 01.04.2005 mehr Bewerbungen als Teilzeitstellen vorlägen und die Klägerin nach dem Senioritätsprinzip nicht zum Zuge käme. Mit Schreiben vom 11.04.2005 beantragte die Klägerin hilfsweise nach § 8 TzBfG die Arbeitszeitverringerung auf 50 %.

Im April 2004 hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf Klage mit den Anträgen erhoben,

1. festzustellen, dass die seit 01.04.2004 zwischen den Parteien vereinbarte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin auf einer 50 %-Teilzeitstelle aufgrund der Befristung nicht zum 31.03.2005 beendet worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.03.2005 hinaus zu unveränderten Bedingungen mit Teilzeitbeschäftigung zu 50 % fortbesteht;

3. die Beklagte zu verurteilen, sie über den 31.03.2005 hinaus zu unveränderten Bedingungen in Teilzeit auf einer 50%-Teilzeit-stelle weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat zur Begründung der Klageanträge geltend gemacht, dass die unter dem 26.02.2004 getroffene Befristungsabrede mangels Sachgrundes unwirksam sei. Das bei der Beklagten angewandte Teilzeitmodell mit der befristeten Vergabe kontingentierter Teilzeitstellen nach dem Senioritätsprinzip sei unbillig und sachwidrig, weil es Mitarbeiter mit langer Betriebzugehörigkeit bevorzuge gegenüber anderen, insbes. jüngeren Mitarbeitern, die aus familiären Gründen (Kinderbetreuung) besonders auf eine Weiterbeschäftigung (nur) in Teilzeit angewiesen seien. Aus denselben Erwägungen sei - bezogen auf das Arbeitszeitverringerungsverlangen nach § 8 TzBfG - es zu beanstanden, wenn die Tarifregelung die Ausschöpfung des Teilzeitkontingents zum Ablehnungsgrund erhebe.

Die Beklagte hat für das tarifliche Teilzeitmodell mit der Sachnähe und Kompetenz der Tarifvertragsparteien argumentiert, die durch das Teilzeitstellenkontingent und die Verteilung nach dem Senioritätsprinzip einfache und klare Kriterien und damit eine ausgewogene Regelung unter Berücksichtigung der konkreten Bedürfnisse und der Verträglichkeit bei der Beklagten geschaffen hätten. Da zum Stichtag 01.11.2005 die Zahl der Bewerber die Teilzeitstellen ungefähr um das Doppelte überstiegen habe, sei die Klägerin aufgrund des Senioritätsprinzips abermals nicht zum Zuge gekommen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06.07.2005 die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin das Urteil, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, im wesentlichen mit Rechtsausführungen unter Weiterverfolgung ihrer erstinstanzlichen Klageanträge an.

Sie beantragt mit den zuletzt gestellten Anträgen,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.07.2005 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien als Teilzeitarbeitsverhältnis mit einem Umfang von 50 % eines Vollzeitarbeitsverhältnisses gemäß dem Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) unbefristet über den 31.03.2005 hinaus fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in Teilzeit auf einer 50 %-Teilzeitstelle im Rahmen des Modells 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zu beschäftigen;

3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, einer Herabsetzung ihrer Arbeitszeit auf 50 % einer Vollzeitstelle bei einer Verteilung der Arbeitszeit gemäß dem bei der Beklagten bestehenden Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zuzustimmen.

Die Beklagte sieht in dem Antrag zu 4) eine Klageänderung, der sie die Zustimmung versagt. Im übrigen beantragt sie,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt mit ergänzendem Vortrag das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze mit den dazu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristungsabrede vom 26.02.2004 geltend macht und die Weiterbeschäftigung in Teilzeit über den 31.03.2005 hinaus verlangt. Die Kammer macht sich die insoweit zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils zu eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG), wonach die Befristung sachlich gerechtfertigt gewesen ist. Hingegen hat die Klägerin mit dem zuletzt formulierten, auf § 8 TzBfG gestützten Hilfsantrag auf Arbeitszeitverringerung Erfolg.

II. Nach zutreffender Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14.01.2004, 7 AZR 213/03, AP Nr. 10 zu § 14 TzBfG) bedarf es auch nach Inkrafttreten des TzBfG am 01.01.2001 eines Sachgrunds, wenn durch die Befristung einer Arbeitsbedingung (i.c. Dauer der Arbeitszeit) der gesetzliche Änderungskündigungsschutz umgangen werden kann. § 14 Abs. 1 TzBfG findet auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen keine Anwendung.

Die Befristung der Teilzeittätigkeit vom 01.04.2004 bis 31.03.2005 ist nicht zu beanstanden. Die Parteien haben die Befristungsvereinbarung vom 26.02.2004 auf der Grundlage der §§ 30 MTV und der Betriebsvereinbarung Nr. 18 getroffen. Danach ergibt sich der sachliche Befristungsgrund aus § 31 Abs. 5 MTV i.V.m. § 4 Abs. 1 Betriebsvereinbarung Nr. 18.

1. Die §§ 30 ff. MTV verweisen nicht nur auf die - den Mitarbeitern eingeräumte - Möglichkeit der 12-monatigen Absenkung des Beschäftigungsumfangs, sondern enthalten für den Fall, dass der Mitarbeiter einen Teilzeitantrag stellt, dem nach dem Senioritätsprinzip zu entsprechen ist, eine eigenständige Regelung der entsprechend vorzunehmenden Vertragsänderung. Damit treffen die Parteien keine eigenständige Befristungsabrede, die nach § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle unterläge (vgl. BAG, Urteil vom 27.07.2005, 7 AZR 486/04, z.V.v.), sondern bewegen sich im Rahmen des tariflichen Teilzeitmodells und vollziehen insbesondere die Vorgabe des § 31 Abs. 5 MTV ("Die Befristungsdauer der Teilzeit beträgt in allen Fällen ein Jahr ...."). Diese Tarifnorm ist - wegen § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB - keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2, §§ 308, 309 BGB unterworfen (BAG, Urteil vom 23.09.2004, 6 AZR 442/03, AP Nr. 1 zu § 27 BMT-G II).

2. Ob tariflichen Befristungsregelungen eine materielle Richtigkeitsgewähr zukommt, die eine richterliche Inhaltskontrolle ausschließt oder auf die Kontrolle, ob zwingendes Gesetzesrecht umgangen oder gegen die verfassungsrechtliche Werteordnung verstoßen wird, einschränkt, und ob es sich bei den Grundsätzen der Befristungskontrolle letztlich um tarifdispositives Richterrecht handelt, bedarf im Streitfall keiner Klärung (vgl. BAG, Urteil vom 12.02.1992, 7 AZR 100/91, AP Nr. 5 zu § 620 BGB Altersgrenze, Urteil vom 29. 01.1987, 2 AZR 109/86, AP Nr. 1 zu § 620 BGB Saisonarbeit, Urteil vom 31.07.2002, 7 AZR 140/01, AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftfahrt). Denn auch unter der Prämisse, dass tarifliche Befristungsregelungen einer uneingeschränkten Befristungskontrolle unterliegen, ist § 31 Abs. 5 MTV rechtswirksam. Die Tarifregelung greift nicht in den kündigungsschutzgesetzlich geschützten Bestand des (Vollzeit-) Arbeitsverhältnisses ein, sondern eröffnet lediglich den Arbeitnehmern die Option, vorübergehend für ein Jahr zu verringerter Arbeitszeit zu arbeiten. Dass die Tarifvertragsparteien die Anzahl der Teilzeitstellen auf 25 % (ohne Elternteilzeit) beschränken und die Dauer der Teilzeitbeschäftigung auf ein Jahr festlegen, unterliegt ihrer freien Entscheidung. Sie sind durch nichts gehalten, eine höhere oder unbeschränkte Anzahl der Teilzeitstellen oder (auch) eine unbefristete Teilzeitbeschäftigung vorzusehen. Des weiteren handeln sie im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen, wenn sie für den Fall, dass die Zahl der Bewerber die der Teilzeitstellen übersteigt, die Dauer der Betriebszugehörigkeit (Seniorität) als Auswahlkriterium festlegen (vgl. Hess. LAG, Urteil vom 08.01.2001, NZA-RR 2001, 236). Das Kriterium stellt, wenn es um die Gewährung von Vergünstigungen (hier: Inanspruchnahme der Absenkung der Arbeitszeit), einen anerkannten sachlichen Differenzierungsgrund dar (vgl. Kammerurteil vom 25.08.2004 DB 2004, 2588). Während es sich beim Lebensalter und den Unterhaltspflichten um der Privatsphäre zuzurechnende Umstände handelt, hat die Betriebszugehörigkeit einen unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis. Indem mit zunehmender Betriebszugehörigkeit im allgemeinen sich nicht nur der Beitrag, den der Arbeitnehmer zum Wert des Unternehmens leistet, erhöht, sondern auch Verschleisserscheinungen zunehmen, ist es wegen der entsprechend gesteigerten Fürsorge- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers sachgerecht, länger beschäftigten Mitarbeitern den ersten Zugriff auf verfügbare Teilzeitstellen zu geben. Entgegen der Meinung der Klägerin muss die Tarifregelung nicht Verteilungsgerechtigkeit durch ein Rotationsprinzip herstellen (vgl. BAG, Urteil vom 24.02.1988, 7 AZR 454/87, AP Nr. 3 zu § 1 BeschFG 1985).

III. Der Hilfsantrag der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, einer Herabsetzung der Arbeitszeit der Klägerin auf 50 % einer Vollzeitstelle bei Verteilung der Arbeitszeit gemäß dem bei der Beklagten bestehenden 'Modell 2' (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zuzustimmen.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in dem zuletzt gestellten Hilfsantrag keine Klageänderung zu sehen (§ 264 Nr. 2 ZPO). Der "Hilfsantrag" ist lediglich die klarstellende Formulierung des durch Schriftsatz vom 20.04.2005 eingeführten Anspruchs auf Arbeitszeitverringerung nach § 8 TzBfG und jedenfalls durch den ursprünglichen Klageantrag zu 3) miterfasst gewesen. Das erstinstanzliche Urteil hat die Klage entsprechend ausgelegt (zu 2) der Entscheidungsgründe). Die Beklagte selbst verteidigt in der Berufungsbeantwortung vom 21.11.2005 (zu I 1, II 7 ff.) das Urteil auch in diesem Punkt.

2. Läge in dem Hilfsantrag eine Klageänderung, wird diese vom Gericht für sachdienlich gehalten. Der Antrag ist auf Tatsachen gestützt, die das Gericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat (§ 533 ZPO).

3. Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 8 TzBfG lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin vor. Das Arbeitsverhältnis bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Die Klägerin stellte den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit fristgerecht iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, nämlich unter dem 11.04.2005. Sie teilte auch den Umfang der gewünschten Verringerung mit. Da die Beklagte unter dem 14.04.2005 den Antrag ablehnte, ist deren Zustimmung auch nicht kraft Fiktion ersetzt (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).

4. Die Beklagte beruft sich für die Ablehnung des Arbeitszeitverringerungsantrags allein auf § 35 Abs. 1 MTV und die (unstreitige) Erfüllung der Teilzeitquote nach § 31 Abs. 3 u. 4 MTV.

a) Nach § 8 Abs. 4 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.

b) Beide Parteien gehen zwar in ihrer rechtlichen Diskussion von der Anwendbarkeit des MTV aus. Dem Arbeitsvertrag vom 10./12.12.1997 mit seiner in § 20 enthaltenen doppelten Schriftformklausel sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte auf die Tarifoffenheit der Vertragsklauseln zu entnehmen. Indessen kann die Kammer zugunsten der Beklagten unterstellen, dass mit der nicht tarifgebundenen Klägerin die Anwendung des § 35 MTV vereinbart wurde. Denn die Beklagte beruft sich in der Sache ohne Erfolg auf den tariflich statuierten Ablehnungsgrund. Die Tarifregelung ist gemäß § 22 Abs. 1 TzBfG nichtig.

c) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der in § 8 Abs. 4 TzBfG geregelte Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung zwingend und bindet auch die Tarifvertragsparteien (§ 22 Abs. 1 TzBfG). Daher sind tarifliche Regelungen unwirksam, die dem gesetzlichen Verringerungsanspruch widersprechen. Hingegen bleiben für den Arbeitnehmer günstigere Vereinbarungen statthaft (BAG, Urteil vom 18.03.2003, 9 AZR 126/02, AP Nr. 3 zu § 8 TzBfG, vgl. Urteil vom 27.04.2004, 9 AZR 522/03, AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG).

So verhält es sich im Streitfall. Das tarifliche Teilzeitmodell weicht vom gesetzlichen Standard vor allem dadurch ab, dass es generell die Arbeitszeitverringerung befristet und kontingentiert. Damit verschlechtert es zu Lasten der Mitarbeiter der Beklagten deren Rechtsposition nach § 8 TzBfG.

d) § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG eröffnet zwar die Möglichkeit, Ablehnungsgründe durch Tarifverträge festzulegen. Sowohl nach der Systematik als auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ist damit jedoch gerade und nur die Konkretisierung der "betrieblichen Gründe" und die Bestimmung ihrer Maßgeblichkeit gemeint. Hingegen verbietet sich nach § 22 Abs. 1 TzBfG eine Auslegung von § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG, die entweder rechtlich den Ausschluss des gesetzlichen Anspruchs auf Arbeitszeitverringerung bedeutet (vgl. Rolfs RdA 2001, 139) oder aus tatsächlichen Gründen darauf hinausläuft, dass der Anspruch ins Leere geht. So verhält es sich im Streitfall.

Vorliegend hat das tarifliche Modell befristeter Teilzeit in der (bei der Beklagten zum Normalfall gewordenen) Konstellation, dass die Zahl der Bewerber die der Teilzeitstellen übersteigt, nach § 35 Abs. 1 MTV zur Konsequenz, dass die Beklagte zur Ablehnung von Arbeitszeitverringerungsanträgen nach § 8 Abs. 4 TzBfG berechtigt ist. Dabei liegt nach § 35 Abs. 1 Satz 1 u. 2, Abs. 2 MTV die generelle Ablehnung dieser Anträge in der tariflichen Regelungsintention. Demgegenüber ist Abs. 1 Satz 3, wonach die Teilzeitquote übersteigende oder von den tariflichen Arbeitszeitbedingungen abweichende Arbeitszeitverringerungsanträge abgelehnt werden "können", nicht so zu verstehen, dass Abs. 1 Satz 1 u. 2 nur unverbindlicher Programmsatz ist und es der Beklagten überlassen bleibt, über die erfüllte Teilzeitquote des MTV hinaus und trotz vorhandenen Ablehnungsgrundes Anträgen auf Arbeitszeitverringerung nach Belieben zu entsprechen. Die tarifliche Eröffnung solcher Entscheidungsfreiräume wäre mit der gesetzlich zwingenden Ausgestaltung des Arbeitszeitverringerungsanspruchs auch unvereinbar.

Schließlich findet in § 31 Abs. 1 Satz 1 u. 2 MTV keine (zulässige) tarifliche Festlegung von Ablehnungsgründen i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG statt, sondern die (unzulässige) Fiktion, dass mit Erfüllung der Teilzeitquote betriebliche Gründe weiteren Arbeitszeitverringerungsansprüchen entgegen stehen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits sind nach § 92 ZPO zu verteilen.

III. Die Kammer hat dem vorliegenden Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für beide Parteien die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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