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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.11.1998
Aktenzeichen: 12 Sa 1342/98
Rechtsgebiete: MuSchG


Vorschriften:

MuSchG § 11
Bei dem Anspruch auf Mutterschutzlohn sind arbeitsvertraglich vorgesehene bzw. angelegte Änderungen der Arbeitsbedingungen, die nach Ablauf des Referenzzeitraums eintreten, nicht nur zu berücksichtigen, wenn sie zu einer dauerhaften Verdiensterhöhung (vgl. BAG, Urteil vom 08.08.1990, 5 AZR 584/89, AP Nr. 13 zu § 11 MuSchG 1968), sondern auch wenn sie zu einer Verdienstminderung führen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 12 Sa 1342/98

Verkündet am: 04.11.1998

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 04.11.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Focks und den ehrenamtlichen Richter Schoog

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 14.05.1998 wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechnung des Mutterschutzlohns für Stillzeiten sowie, hiervon abhängig, über die Höhe von Kranken- und Urlaubsvergütung und von Weihnachtsgeld.

Die Klägerin war von 1989 bis 1998 bei der Beklagten angestellt und als Ärztin in deren Krankenhaus in E.ss beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritas-Verbandes" (AVR) Anwendung. Entsprechend den Vorgaben der Anlage 5 AVR hatte die Beklagte Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst der ärztlichen Mitarbeiter in einer Dienstzeitregelung vom 09.02.1993" (Bl. 75 ff. der Gerichtsakte) festgelegt. Unter Geltung dieser Regelung leistete die Klägerin in den Monaten Mai, Juni und Juli 1996 23 Bereitschaftsdienste und erhielt hierfür eine zusätzliche Vergütung von DM 11.830,47 brutto.

Im August 1996 wurde die Klägerin schwanger, unterrichtete hiervon die Beklagte und wurde seitdem nicht mehr zum Bereitschaftsdienst herangezogen.

Zum 01.01.1997 setzte die Beklagte mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung die Dienstzeitregelung vom 02.01.1997" in Kraft (Bl. 43 ff.). Die neue Dienstzeitregelung senkte u.a. die Bereitschaftsdienstvergütung von bisher Stufe D auf nunmehr Stufe C herab, verstärkte die Abgeltung von Bereitschaftsdienstzeiten durch Freizeitgewährung und führte damit im Ergebnis bei den ärztlichen Mitarbeitern zu einem geringeren Anfall von Bereitschaftsdienstvergütung.

In der Zeit vom 24.03.1997 bis 10.07.1997 setzte die Klägerin wegen der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG mit der Arbeit aus. Vom 11.07. bis 27.07.1997 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Vom 28.07. bis 24.08.1997 nahm sie Erholungsurlaub. Seit dem 25.08.1997 wurde sie wieder vollzeitig beschäftigt, jedoch - wegen Stillens des Kindes - nicht zum Bereitschaftsdienst herangezogen.

Bei der Berechnung der Kranken-, Urlaubsvergütung, der Vergütung des Arbeitsentgeltes für die Zeit ab dem 25.08.1997 sowie des Weihnachtsgeldes ermittelte die Beklagte zur Abgeltung der Bereitschaftsdienstzeiten einen täglichen Aufschlag von DM 70,50, indem sie die neue Dienstzeitregelung auf die von der Klägerin im Mai, Juni und Juli 1996 geleisteten Bereitschaftsdienste anwandte. Danach zahlte die Beklagte auf die streitbefangenen Ansprüche rechnerisch richtig DM 7.027,57 brutto.

Die Klägerin sieht in der Berechnungsmethode der Beklagten einen Verstoß gegen § 11 MuSchG und begehrt als Vergütung für die Zeit vom 25.08.1997 bis 31.01.1998 den in den Monaten Mai, Juni und Juli 1996 erzielten Durchschnittsverdienst, insbesondere die Weitergewährung der Bereitschaftsdienstvergütung. Danach errechnet sie für die Zeit vom 25.08.1997 bis 31.01.1998 einen Betrag von DM 20.617,48 brutto und - unter Ansatz eines täglichen Aufschlags von DM 179,25 - als restliche Krankenvergütung DM 1.971,75 brutto, als Urlaubsvergütung DM 3.405,75 brutto und als Weihnachtsgeld DM 3.943,50 brutto.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 22.910,91 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 13.02.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 14.05.1998 hat das Arbeitsgericht Essen der Klage stattgegeben. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Beklagte das Urteil in rechtlicher Hinsicht an und begehrt weiter die Klageabweisung.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist begründet. Die Beklagte hat den Mutterschutzlohn für die Stillzeit, die Kranken- und Urlaubsvergütung sowie das Weihnachtsgeld zutreffend errechnet. Daher ist - unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils - die Klage abzuweisen.

1. Die Parteien streiten allein darüber, ob die Ansprüche der Klägerin auf der Grundlage der Dienstzeitregelung vom 02.01.1997" zu berechnen sind, oder ob wegen des mutterschutzgesetzlichen Referenzprinzips die im Bezugszeitraum erzielte Bereitschaftsvergütung gemäß § 11, § 7 f. MuSchG fortzuzahlen ist und entsprechend in die Kranken-, Urlaubsvergütung und das Weihnachtsgeld einzufließen hat. Im übrigen ist die Rechtswirksamkeit der neuen Dienstzeitregelung und ihre Verbindlichkeit für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien außer Streit. Die Dienstzeitregelung folgt den Vorgaben der AVR, namentlich § 7, § 9 Anlage 5. Die Mitarbeitervertretung hat ihr zugestimmt (§ 36 Nr. 1, § 38 Abs. 1 Nr. 1 MAVO). Ebensowenig steht - ausgehend von dem jeweiligen Rechtsstandpunkt der Parteien - die ermittelte (Mindest-)Höhe der eingeklagten Ansprüche bzw. die Höhe der darauf geleisteten Zahlungen rechnerisch in Frage.

Danach kommt es streitentscheidend darauf an, ob die zum 01.01.1997 erfolgte Änderung der vertraglichen Arbeitsbedingungen durch die neue Dienstzeitregelung auf den Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin nach § 11 Abs. 1 MuSchG durchschlägt, oder ob der unabdingbare gesetzliche Mutterschutzlohnanspruch die einschränkungslose Fortzahlung der im Bezugszeitraum erzielten Durchschnittsvergütung beinhaltet.

2. Die Vorinstanz hat die Auffassung vertreten, daß der im Bezugszeitraum erzielte Durchschnittsverdienst eine Konstante sei, die nach unten nicht mehr veränderlich sei. Dafür spreche schon der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG. Der Arbeitgeber habe den nach der Referenzmethode ermittelten Durchschnittsverdienst mindestens" weiterzugewähren. Darüber hinaus wolle das Gesetz der Arbeitnehmerin gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 MuSchG eine dauerhafte Verdiensterhöhung zugute kommen lassen, während die Berücksichtigung einer dauerhaften Verdienstkürzung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 11 MuSchG, nämlich der Arbeitnehmerin den bisherigen Lebensstandard zu erhalten.

Für die vom Arbeitsgericht vertretene Auffassung sprechen beachtliche Gründe. Gleichwohl ist die Kammer mit der herrschenden Meinung in der Literatur (Buchner/Becker, MuSchG, 6. Aufl., § 11 Rz. 123, Gröninger/Thomas, MuSchG, 19. Lfg., § 11 Rz. 28, Zmarzlik/Zipperer/Viethen, MuSchG, 7. Aufl., § 11 MuSchG Rz. 59, Meisel/Sowka, Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 4. Aufl., § 11 MuSchG Rz. 80 f., Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 171, II Nr. 15, Kasseler Handbuch/ Klempt, 3.4, Rz. 172) nicht dieser Auffassung. Die besseren Gründe sprechen dafür, daß sich eine arbeitsvertraglich vorgesehene bzw. angelegte Änderung der Arbeitsbedingungen auf den Mutterschutzlohnanspruch auswirkt und dadurch bedingte Verdienstkürzungen, die nach Ablauf des Bezugszeitraums eintreten, durch § 11 MuSchG nicht ausgeglichen werden, es sei denn, daß die Verdienstkürzungen durch die mutterschutzrechtlichen Verbote bedingt sind oder eine objektiv funktionswidrige Umgehung des Gesetzes vorliegt.

3. Auf der einen Seite will § 11 MuSchG den Anreiz beseitigen, daß die Frau aus wirtschaftlichen Gründen entgegen einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot in der Stillzeit die Arbeit fortsetzt, Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit leistet und dadurch nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch das Kind in seiner gesundheitlichen Entwicklung gefährdet. Deshalb sichert das Gesetz der Frau das Arbeitseinkommen zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards (BAG, Urteil vom 05.07.1995, 5 AZR 135/94, AP Nr. 7 zu § 3 MuSchG 1968, zu II 2 a der Gründe). Maßstab der Einkommenssicherung ist, wie aus § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG hervorgeht, grundsätzlich der Durchschnittsverdienst vor Beginn der Schwangerschaft. Auf der anderen Seite gebieten Sinn und Zweck des § 11 MuSchG es nicht, die Frau während des Beschäftigungsverbotes oder der Stillzeit besserzustellen, als wenn sie gearbeitet hätte. Denn Grundlage des Anspruchs auf Mutterschutzlohn bleibt das Arbeitsverhältnis. Unter diesem Aspekt ist es konsequent, daß zwischen den Parteien vereinbarte Änderungen des Arbeitsvertrages, die zur Zeit des Beschäftigungsverbotes oder des Stillens wirksam werden, berücksichtigt werden (vgl. BAG, Urteil vom 11.06.1986, 5 AZR 365/85, AP Nr. 3 zu § 14 MuSchG 1968, zu I, II 2) und z. B. vorgesehene Arbeitszeit- und/oder Vergütungsänderungen sich auf den Mutterschutzlohn auswirken. § 11 MuSchG schützt vor dem Risiko des Verdienstausfalls wegen des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes und des Mehr-, Nacht- sowie Sonntagsarbeitsverbotes, nicht aber vor dem Verdienstausfallrisiko aus anderen Gründen. Daher steht nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung der Frau kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 11 MuSchG zu, soweit andere als die in § 3 Abs. 1, § 4, § 6 Abs. 2 u. 3, § 8 Abs. 1, 3 u. 5 MuSchG genannten Umstände allein oder zusätzlich zu dem Beschäftigungsverbot dazu führen, daß die Frau Arbeit nicht leistet und deshalb keinen oder einen geringeren Arbeitsverdienst erzielt (BAG, Urteil vom 05.07.1995, a.a.O., zu II 1, Urteil vom 22.03.1995, 5 AZR 847/93, AP Nr. 12 zu § 11 MuSchG 1968, zu 2 a). Die Berücksichtigung verdienstmindernder Vertragsänderungen bedeutet weder eine nach Art. 119 EG-Vertrag unzulässige Geschlechtsdiskriminierung, weil die Frau denselben Lohn erhält, der ihr bei nicht mutterschutzrechtlich eingeschränkter Arbeitsleistung zustünde bzw. der einem männlichen Arbeitnehmer zusteht (vgl. EuGH v. 13.02.1996, Rs C-342/93, AP Nr. 74 zu Art. 119 EWG-Vertrag), noch eine Verletzung des Art. 6 Abs. 4 GG, denn aus dem Verfassungsgebot resultiert keine Pflichtenstellung des Arbeitgebers, nach der der Frau der frühere Durchschnittsverdienst als Mutterschutzlohn auch dann weiterzugewähren ist, wenn arbeitsvertraglich eine nach dem Bezugszeitraum eintretende Verdienstkürzung vereinbart ist.

Die Vorinstanz hat aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ( ... mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist ...") gefolgert, daß das Gesetz als Mindeststandard für die Berechnung des Mutterschutzlohns die Referenzmethode vorgibt und damit spätere, mit Verdienständerung verbundene Vertragsänderungen außer acht zu bleiben haben. Hierbei ist der Vorinstanz zuzugeben, daß der Gesetzgeber die Höhe des Mutterschutzlohns nicht an der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung ausrichten müßte, sondern den im Referenzzeitraum erzielten Verdienst als Besitzstand für die Beschäftigungsverbots- und Stillzeit (und Schutzfrist) garantieren und durch die Nichtberücksichtigung verdienstmindernder Umstände die Frau auch besserstellen dürfte. Ein solcher auf Besitzstandsgarantie gerichteter Regelungswille ist indessen § 11 MuSchG nicht zu entnehmen. Mit der gesetzlichen Referenzmethode wird die praktikable und einfache Berechnung des fortzuzahlenden Verdienstes bezweckt. Die Methode fängt den fortzuzahlenden Arbeitsverdienst jedoch nur unvollkommen ein. Es ergeben sich zwar für den Regelfall zuverlässige Näherungswerte, dies jedoch nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis einen üblichen Verlauf nimmt und in entsprechendem Umfang die wechselseitigen Leistungen künftig anfallen oder ohne die durch die Entgeltfortzahlungspflicht privilegierten Arbeitsausfälle anfallen würden. Unter dieser Prämisse sind die sich im Einzelfall aus der Referenzmethode ergebenden Besser- oder Schlechterstellungen hinzunehmen (vgl. BAG, Urteil vom03.03.1993, 5 AZR 132/92, AP Nr. 25 zu § 2 LohnFG, zu II 2, Urteil vom 11.06.1986, 5 AZR 365/85, AP Nr. 3 zu § 14 MuSchG, zu I, II 2). Anders verhält es sich, wenn von vornherein, aufgrund Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, das Arbeitsverhältnis für eine Zeit, in der Arbeitsausfälle (aus mutterschutzrechtlichen Gründen) eintreten, anders gestaltet ist, z. B. dadurch, daß die bisherige Arbeitszeit verringert und/oder der Arbeitsverdienst herabgesetzt wird. Derartige Änderungen sind, wie § 11 Abs. 2 Satz 1 MuSchG für Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur" beispielhaft zum Ausdruck bringt, in die Berechnung des Mutterschutzlohnes einzubeziehen. Ebenso spricht § 11 Abs. 2 Satz 2 MuSchG die (Un-)Beachtlichkeit von bestimmten Verdienstkürzungen im Referenzzeitraum an, schließt damit jedoch nicht aus, vereinbarte Verdienstkürzungen, die nach dem Referenzzeitraum eintreten, bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen. Auch aus dem Wort mindestens" (§ 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) läßt sich keine zwingende Schlußfolgerung ziehen, denn es verdeutlicht lediglich, daß die gesetzliche Regelung nicht zu Lasten der Arbeitnehmerin abdingbar ist. Eine andere Frage ist die nach dem Inhalt der gesetzlichen Regelung. Der Verweis auf den Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG greift auch deshalb zu kurz, weil der Gesetzgeber selbst die Referenzmethode durch Elemente des Lohnausfallprinzips modifiziert hat. Dabei wird aus § 11 Abs. 2 MuSchG die Vorstellung des Gesetzgebers erkennbar, daß vorübergehende, der Arbeitnehmerin nicht zurechenbare Verdienstminderungen unberücksichtigt bleiben und sollen, während dauerhafte Verdienständerungen, die, weil im Arbeitsvertrag vorgesehen oder aufgrund generell-abstrakter Regelung für das Arbeitsverhältnis geltend, sich die Arbeitnehmerin zurechnen lassen muß, in die Berechnung des Mutterschutzlohns einzubeziehen sind.

4. Gemessen an diesen Grundsätzen gilt für den Streitfall folgendes:

Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 der Anlage 5 AVR hat der Arbeitgeber die Zuweisung zu den einzelnen Stufen des Bereitschaftsdienstes jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres neu festzusetzen. Des weiteren kann er vorsehen, daß die nach der Stufe errechnete Arbeitszeit durch entsprechende Freizeit abgegolten wird (§ 9 Abs. 4). Diese Vorgaben hat die Beklagte mit der Dienstzeitregelung vom 02.01.1997 umgesetzt. Aufgrund der arbeitsvertraglich vereinbarten Geltung der AVR muß die Klägerin die durch die Dienstzeitregelung" vorgenommene Änderung der Vertragsbedingungen, die sich als dauerhafte Verringerung der Bereitschaftsdienstvergütung auswirkt, hinnehmen. Die Dienstzeitregelung gilt allgemein" für die ärztlichen Mitarbeiter. Anhaltspunkte dafür, daß hierdurch Arbeitnehmerinnen hinsichtlich etwaiger Ansprüche auf Mutterschutzlohn schlechter gestellt werden sollten, sind nicht ersichtlich. Dies wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Die Klägerin meint, daß sie wegen des Stillens dadurch benachteiligt worden sei, daß ihr im Gegensatz zu den Kollegen, die an dem Bereitschaftsdienst teilnahmen, der Freizeitausgleich entgangen sei (Seite 4 des Schriftsatzes vom 30.03.1998). Dies trifft zwar zu, ist jedoch deshalb nicht zielführend, weil § 11 Abs. 1 MuSchG gerade und nur vor dem Verdienstausfallrisiko aufgrund der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote schützt (vgl. auch § 7 Abs. 2 MuSchG) und den Arbeitgeber nicht verpflichtet, überobligationsmäßig der Arbeitnehmerin bezahlte Freizeit zu gewähren.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für die Klägerin die Revision zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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