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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: 12 Sa 1551/08
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, EGRL 2001/23


Vorschriften:

BGB § 613 a
KSchG § 1
EGRL 2001/23 Art. 4
1. Im Geltungsbereich der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG hat der nach einer Kündigung wegen Betriebsstilllegung während der Kündigungsfrist eintretende Betriebsübergang die (relative) Unwirksamkeit der Kündigung im Verhältnis zwischen Erwerber und Arbeitnehmer zur Folge. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 613 a Abs. 4 BGB. Der Arbeitnehmer hat damit gegen den Erwerber Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, ohne dass es darauf ankommt, ob 'berechtigte Interessen' des Erwerbers entgegenstehen oder nicht.

2. Der bisherige Betriebsinhaber ist für die Kündigungsschutzklage auch dann passivlegitimiert, wenn die Kündigung nach einem (unstreitigen) Betriebsübergang ausgesprochen wurde, aber der Arbeitnehmer durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613 a Abs. 6 BGB den Übergang des Arbeitsverhältnisses noch verhindern kann.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von dem Beklagten zu 1) wegen "Betriebsstilllegung" erklärten Kündigung sowie über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin infolge Betriebsübergangs nach Kündigungsausspruch auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Die Klägerin war seit dem 02.01.2007 als Verkaufsmanagerin im Innendienst bei der I. AG beschäftigt gewesen.

Die I. AG, die zuletzt insgesamt ca. 168 Arbeitnehmer beschäftigte, befasste sich mit der Herstellung von Damenoberbekleidung, insbes. Röcken, Textil, Geweben aller Art, Spezialausrüstung und Bearbeitung von Textilstoffen, Verarbeitung und Konfektionierung. Sie hatte ihren Sitz in E., wo auch die Klägerin ihre Tätigkeit versah. Ebenfalls in E. war die Design-Abteilung mit insgesamt 8 Mitarbeiterinnen angesiedelt. Weiterhin unterhielt die I. AG eine Niederlassung in T.-E./Eifel, in der hauptsächlich die Lagerhaltung, der Versand, die Konfektionierung und das Musteratelier untergebracht waren.

Am 24.01.2008 beantragte die I. AG wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht Düsseldorf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Durch Beschluss vom selben Tag bestellte das Amtsgericht den Beklagten zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Beklagte zu 1) führte danach - letztlich erfolglos gebliebene - Gespräche mit potentiellen Investoren, darunter der Beklagten zu 2), einer Tochtergesellschaft der E. International Bekleidungsindustrie GmbH & Co Hansekleidung KG, mit dem Ziel der Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs. Die I.-Kollektion Herbst/Winter 2008/ 2009 wurde noch im Januar/Februar 2008 auf der Fachmesse CPD in Düsseldorf präsentiert, der dafür angemietete Raum im Fashion anschließend an den Vermieter zurückgegeben. Um für potentielle Kunden Produktion und Auslieferung der Waren sicherzustellen, räumte der Beklagte zu 1) der Beklagten zu 2) mit Vertrag vom 04.03.2008 die Option ein, die Lizenz für die Produktion der I.-Kollektion Herbst/Winter 2008/2009 zu erwerben. Die Kollektion wurde von der I. AG bzw. Beklagten zu 1) nicht mehr produziert und später auch von der Beklagten zu 2) ausgelassen. Nach Behauptung der Klägerin produzierte der niederländische Handelsvertreter auf Veranlassung der Beklagten zu 2) zumindest Teile der Herbst/Winter-Kollektion 2008/2009, um die Markenbindung der Kundschaft nicht abreißen zu lassen.

Mit Beschluss vom 01.04.2008 eröffnete das Amtsgericht Düsseldorf das Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. AG (sowie deren Tochtergesellschaft I. Retail GmbH mit Retail-Shops in C., N., N. und P.) und ernannte den Beklagten zu 1) zum Insolvenzverwalter. Am Nachmittag desselben Tages informierte der Beklagte zu 1) auf einer Belegschaftsversammlung die Mitarbeiter in F., zwei Tage später auch die Mitarbeiter in T. von der beabsichtigten Stilllegung des Betriebes der Schuldnerin. Mit dem 01.04.2008 wurde eine werbende Tätigkeit der Schuldnerin aufgegeben. Es wurden keine Aufträge mehr angenommen, die Erfüllung bestehender Verträge gemäß § 103 InsO abgelehnt und die Arbeitnehmer, soweit sie nicht freigestellt wurden, in der Kündigungsfrist nur noch für die anfallenden Abwicklungsarbeiten und die Auslieferung der während der vorläufigen Insolvenzverwaltung produzierten Aufträge eingesetzt.

Am 04.04.2008 erklärte der Beklagte zu 1) gegenüber sämtlichen Arbeitnehmern, darunter die Klägerin, die fristgerechte Kündigung bzw. leitete die behördlichen Zustimmungsverfahren ein. Die Immobilie in T.-E. konnte im April 2008 veräußert werden; für die Immobilie in F. wird - bisher erfolglos - ein Käufer gesucht. Der geleaste Fuhrpark, 16 Pkw, ein Lkw, wurde zurückgegeben bzw. verwertet. Des Weiteren erfolgte der Abverkauf der Lager- und Altwarenbestände über die Retail-Läden der Tochtergesellschaft, an Dritte, mittels Sonder- und Personalverkäufen, ferner die Veräußerung der Nähmaschinen und des Stofflagers, soweit nicht schon während des Insolvenzeröffnungsverfahrens eingeleitet, sowie über Frau Q., Factory Auction, auch die Veräußerung des übrigen Betriebsinventars.

Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, dass Ende April/Anfang Mai die Mitarbeiterinnen Frau B. und Frau T. für die Beklagte zu 2) die Betriebsmittel aus dem Design-Bereich erwarben.

Mit Kaufvertrag vom 09.04.2008 (Bl. 78 ff. GA ) erwarb die Beklagte zu 2) vom Beklagten zu 1) unter Aufhebung des Vertrages vom 04.03.2008 die Markenrechte an der Marke "I." mit allen Schutzrechten sowie alle Rechte an der aktuellen Herbst-/Winterkollektion 2008/2009. Weiterhin stellte sie die in der Design-Abteilung der Schuldnerin beschäftigten Mitarbeiterinnen M. (Leiterin), T., B. und O. ein, für die zum 23.05.2008 ausgeschiedene Frau O. zum 27.05.2008 Frau M., die die Musterabteilung der Schuldnerin mit dort 37 Mitarbeitern geleitet hatte. Außerdem beschäftigte sie bis zum 30.09.2008 den Vertriebsleiter Herrn O.. Der Beklagte zu 1) hatte sich mit der rückwirkenden Aufhebung der Arbeitsverträge der vorgenannten Arbeitnehmer der Schuldnerin einverstanden erklärt. Schließlich sind bei der Beklagten zu 2) noch eine neu eingestellte Designassistentin, ein für Herrn O. eingestellter Nachfolger, ein weiterer Vertriebler und eine Mitarbeiterin für Produktmanagement/Administration tätig.

Die Klägerin hat am 23.04.2008 beim Arbeitsgericht Düsseldorf Klage gegen die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 04.04.2008 und am 20.05.2008 Klage gegen eine weitere Kündigung vom 29.04.2008 eingereicht. Später hat sie die Beklagte zu 2) als vermeintliche Betriebsübernehmerin auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verklagt.

Sie trägt im Wesentlichen vor:

Der Beklagte zu 1) hätte mit solventen Investoren wie P. und I. den angeblichen Liquiditätsengpass überbrücken und eine sanierende Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs der Schuldnerin erreichen können.

Sie, die Klägerin, bestreite die im Kündigungszeitpunkt vom Beklagten zu 1) endgültig beabsichtigte Betriebsstilllegung. Dem stünden die Überlassung des Design-Bereichs an die Beklagte zu 2), der ermöglichte Wechsel von Designerinnen einschließlich der Abteilungsleiterin, die Weiterverwendung von Konfektionsteilen und Konfektionsschnitten der Schuldnerin, der Erwerb von Einrichtungsgegenständen und die Anstellung von Herrn O. und Frau M. durch die Beklagte zu 2) entgegen. Diese habe im Fashion-House an der Frühjahr/Sommerkollektion 2009 weiterarbeiten und sie Ende Juli 2008 auf der CPD präsentieren können. Zudem habe sich die Beklagte mit über 100 Kunden der Schuldnerin in Verbindung gesetzt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht auf eine numerische Betrachtung, sondern auf die Gewichtung der Transaktionsvorgänge und damit auch auf den Umstand, dass es sich bei Herrn O. um den ehemaligen Vertriebsleiter und bei Frau M. um die für die Musterung verantwortliche Mitarbeiterin handele, ankomme. Daher sei, so meint die Klägerin weiter, auch die Vertriebsabteilung, in deren Innendienst sie als Verkaufsmanagerin beschäftigt gewesen sei, auf die Beklagte zu 2) gemäß § 613 a BGB übergegangen. Mangels endgültiger Stilllegungsabsicht des Beklagten zu 1) seien die zum 30.06.2008 erklärten Kündigungen unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.

Der Beklagte zu 1) macht für die Wirksamkeit der Kündigung geltend, dass seine ernsthafte Absicht zur endgültigen Betriebsstilllegung im Kündigungszeitpunkt vorgelegen und sich in allen seinen Handlungen, die auf die unausweichlich gewesene Einstellung sämtlicher Betriebstätigkeiten der Schuldnerin manifestiert habe.

Die Beklagte zu 2) stellt einen Betriebsübergang in Abrede. Weil sie sich im Wesentlichen nur noch mit dem Design von unter der Marke I. gefertigten und vertriebenen Kollektionen befasse, sei allenfalls der Design-Bereich der Schuldnerin als Betriebsteil übergangen und nicht andere Betriebsteile. Die Klägerin habe dem Design-Bereich nicht angehört.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 26.08.2008 die Klage gegen beide Beklagten abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2008

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen des Beklagten zu 1) vom 04.04. und 29.04.2008 aufgelöst worden ist.

2.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) seit dem 01.05.2008 fortbesteht.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gemäß Beschluss vom 29.04.2009 hat die Kammer durch Vernehmung der Zeugin Rechtsanwältin Dr. D. Beweis erhoben.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Feststellungsantrag (Berufungsantrag zu 2) ist unbegründet, denn die Beklagte zu 2) hat von der Schuldnerin weder i.S.v. § 613 a Abs. 1 BGB deren gesamten Betrieb noch einen Betriebsteil, dem die Klägerin zuzuordnen gewesen wäre, übernommen. Ebenso hat das Arbeitsgericht zu Recht die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Kündigungsschutzklage (Berufungsantrag zu 1) abgewiesen. Die Kündigungen vom 04.04. und 29.04.2008 sind aus keinem Rechtsgrund, namentlich nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG oder § 613 a Abs. 4 BGB, zu beanstanden.

Im Einzelnen gilt das Folgende:

Wenn der Arbeitnehmer einerseits mit Kündigungsschutzklage eine Veräußererkündigung angreift und damit reklamiert, dass im Kündigungstermin ein Arbeitsverhältnis zwischen den streitenden Parteien noch besteht, andererseits gleichzeitig einen (vermeintlichen) Erwerber auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab einem vor dem Kündigungstermin liegenden Zeitpunkt in Anspruch nimmt, dann hat er im Prozess klarzustellen, ob es ihm in erster Linie um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber oder um den Wechsel zu dem Betriebserwerber geht. Lässt er es an der expliziten Angabe der Prüfungsreihenfolge fehlen, kann das Gericht die gewünschte Reihenfolge abfragen oder ansonsten die Reihenfolge dem erkennbaren Haupt- und Hilfsziel der Rechtsverfolgung entnehmen. Das sich danach ergebende "Eventualverhältnis" darf das Gericht nicht mehr umtauschen (BAG 24.06.2004 - 2 AZR 215/03 - Juris Rn. 27, Kammer 29.07.2005 - 12 Sa 484/05 - Juris Rn. 14).

Vorliegend hat - zumal nach der Maxime, dass im Zweifel prozessual dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht - das Arbeitsgericht erkennbar und zutreffend aus dem tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen der Klägerin gefolgert, dass sie nicht alternativ beide Beklagten verklagen will. Die Klägerin hat auch kein Wahlrecht zwischen den Beklagten als Arbeitgeber reklamiert, vielmehr in der Verhandlung vor der Kammer bestätigt, dass es ihr in erster Linie um die Feststellung des ungekündigten Bestandes eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2) gehe. Dieses primäre Klageziel ergibt sich aus ihrem erkennbaren Interesse an einem Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit der solventen, am Markt tätigen Beklagten 2). An der "Übernahme" und Weiterbeschäftigung in E. ist der Klägerin von vornherein mehr gelegen als an dem Arbeitsverhältnis mit der insolventen Schuldnerin, die ihren Betrieb endgültig stillgelegt hat.

Dem Befund, dass nach dem Klageziel, von der Beklagten zu 2) in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übernommen zu werden, vorrangig über die Klage gegen die Beklagte zu 2) zu entscheiden ist, steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1) zwei ordentliche Kündigungen ausgesprochen hat und vorab die soziale Rechtfertigung dieser Kündigungen zu klären wäre.

Allerdings gehen nach § 613 a Abs. 1 BGB die Arbeitsverhältnisse in ihrem Zustand zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf den Erwerber über, also vom Veräußerer wirksam gekündigte Arbeitsverhältnisse auch nur im gekündigtem Zustand (BAG 22.02.1978 - 5 AZR 800/76 - Juris Rn. 24, LAG Schleswig-Holstein 17.09.2008 - 6 Sa 58/08 - Juris Rn. 33). Weil eine wirksame oder eine gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam geltende Kündigung des bisherigen Arbeitgebers dem Klageziel zuwider läuft, in ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Erwerber übernommen zu werden, kann es für den Arbeitnehmer notwendig werden, die Kündigung durch die Kündigungsschutzklage zu beseitigen.

Die Klage wäre - wie vorliegend geschehen - gegen den bisherigen Arbeitgeber zu richten, der die Kündigung erklärt hat. Sie würde nicht schon aus "formalen Gründen" daran scheitern, dass die Feststellung, ob die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum Kündigungstermin aufgelöst hat oder nicht (vgl. BAG 05.10.1995 - 2 AZR 909/94 - Juris Rn. 31, 14.06.2006 - 5 AZR 592/05 - Juris Rn. 14; krit. zur Rspr. Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz, 9. Aufl., Rn. 1877 f.), bei einem zwischen Kündigung und Kündigungs-termin nach § 613 a Abs. 1 BGB eingetretenen Übergang nicht zu treffen sein könnte. So muss, selbst wenn der Übergang des Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs feststünde, im Ungewissen bleiben, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Kündigungstermins zum bisherigen Arbeitgeber besteht oder auf den Erwerber übergangen ist, solange der mögliche Widerspruch nach § 613 a Abs. 6 BGB nicht erhoben ist. Denn der wirksame Widerspruch bewirkt den Rückfall des Arbeitsverhältnisses auf den bisherigen Arbeitgeber (Veräußerer). Als Rechtsfolgenverweigerungsrecht kommt dem Widerspruch Rückwirkung zu (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 - Juris Rn. 41 [39], BAG 27.11.2008 - 8 AZR 199/07 - Juris Rn. 52 ff.). Gleichwohl wird der bisherige Arbeitgeber für die gegen seine Kündigung gerichtete Klage als passivlegitimiert anzusehen sein (BAG 20.09.2006 - 6 AZR 249/05 - Juris Rn. 16, 16.05.2002 - 8 AZR 320/01 - Juris Rn. 57, 05.04.2001 - 2 AZR 580/99 - Juris Rn. 22, ErfK/Preis, 9. Aufl., § 613 a BGB Rn. 174, HaKo-Mestwerdt, 3. Aufl., § 613 a BGB Rn. 187).

Nach der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Streitgegenstandstheorie (BAG 15.12.2005 - 8 AZR 202/05 - Juris Rn. 37, 18.04.2002 - 8 AZR 346/01 - Juris Rn. 31 f.) setzt allerdings die Kündigungsschutzklage prinzipiell voraus, dass das Arbeitsverhältnis im Kündigungszeitpunkt bestanden hat. Während diese Feststellung sich bei der vor Betriebsübergang von dem bisherigen Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung treffen lässt, liegen die Dinge beim Kündigungsausspruch nach Betriebsübergang anders. Die Kündigung nach Betriebsübergang ist "an sich" unwirksam, weil der bisherige Betriebsinhaber aufgrund des automatischen Übergangs des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr Arbeitgeber und die Kündigung somit von einem Nichtberechtigten ausgesprochen ist (BAG 26.07.2007 - 8 AZR 769/06 - Juris Rn. 21). Er kann freilich wieder zum Arbeitgeber und damit zum Kündigungsberechtigten werden, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf Grund des Betriebsübergangs widerspricht. Weil der widersprechende Arbeitnehmer so zu behandeln ist, als habe das Arbeitsverhältnis während des gesamten Zeitraums mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestanden (Kammer 12.10.2005 - 12 Sa 931/05 - Juris Rn. 20), hat der Widerspruch nach § 613 a Abs. 6 BGB für die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung des bisherigen Arbeitgebers zur Konsequenz, dass die Kündigung von einem Berechtigten ausgesprochen worden ist. Diese Rechtsfolge wahrt gleichzeitig das schutzwerte Interesse des bisherigen Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis jedenfalls in den Fällen, in denen er mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses aufgrund des nach der Kündigung eingetretenen Betriebsübergangs und also mit dem Rückfall des Arbeitsverhältnisses rechnen muss, "vorsorglich" kündigen zu können. Damit hat das Widerspruchsrecht zur Kehrseite, dass der Arbeitnehmer, falls er sein Widerspruchsrecht mit dem Ziel ausübt, den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit seinem bisherigen Arbeitgeber zu erreichen, dessen zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung nach Maßgabe des § 4 KSchG angreifen muss, um die Fiktionswirkung nach § 7 KSchG zu vermeiden. Er muss deshalb Klage erheben und diese gegen den bisherigen Arbeitgeber richten.

Die Klage gegen eine nach Betriebsübergang erklärte ("vorsorgliche") Kündigung kann nicht unter Hinweis auf die punktuelle Streitgegenstandstheorie als unschlüssig behandelt werden, solange der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht nicht ausgeübt habe und daher die (angefochtene) Kündigung von einem nicht (mehr) und noch nicht wieder Berechtigten ausgesprochen worden sei. Richtig ist wohl, dass, solange der mögliche Widerspruch nicht ausgeübt ist, im Ungewissen bleibt, ob das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergangen ist oder nicht. Indessen ist - wenn nicht schon nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie geboten (Stahlhacke/Preis/Vossen, a.a.O.) - aufgrund der dem Arbeitnehmer in § 613 a Abs. 6 BGB eingeräumten Rechtsstellung die "vorsorgliche" Kündigungsschutzklage gegen die "vorsorgliche" Kündigung des Veräußerers für zulässig und schlüssig zu erachten, wobei das Gericht, ohne Aussagen zum Bestand des Arbeitsverhältnisses zu treffen, seine Prüfung auf die sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Veräußerer-Kündigung beschränken muss. Gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber, der sich berühmt, eine wirksame Kündigung ausgesprochen zu haben, kann der Arbeitnehmer sein Interesse, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen, durch die Kündigungsschutzklage ebenso verfolgen wie er im Wege der negativen Feststellungsklage nach § 256 ZPO sein Interesse gegenüber einem Dritten, der sich berühmt, sein Arbeitgeber zu sein, mit dem Antrag festzustellen, dass zu diesem kein Arbeitsverhältnis bestehe, verfolgen kann (vgl. BAG 18.04.2002 - 8 AZR 346/01 - Juris Rn. 36). Die gegen die "vorsorgliche" Kündigung des früheren Arbeitgebers gerichtete Klage genügt in dieser Konstellation den Schlüssigkeitsvoraussetzungen für die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG. Das Klageziel erschöpft sich nicht in der bedeutungslosen Feststellung eines Drittrechtsverhältnisses (vgl. BGH 02.07.2007 - II ZR 111/05 - Juris Rn. 22), sondern dient der Klärung der Rechtsbeziehung zu dem bisherigen Arbeitgeber. Indem sich das Urteil nicht über den Bestand des Arbeitsverhältnisses verhält, ist seine Rechtskraftwirkung zwar eingeschränkt. Dies ist aber unabänderlich und zivilprozessual hinzunehmen (vgl. BAG 16.02.2006 - 8 AZR 211/05 - Juris Rn. 16, APS/Ascheid/Hesse, Kündigungsrecht, 3. Aufl., § 4 KSchG Rn. 134; ähnlich LAG Hamm 28.05.1998 - 8 Sa 2257/97 - Juris Rn. 49, vgl. HaKo-Gallner, § 1 KSchG Rn. 728 a.E., § 4 KSchG Rn. 107, KDZ/Däubler/Zwanziger, 7. Aufl., § 613 a BGB Rn. 141).

Anzumerken ist, dass dem Arbeitnehmer grundsätzlich bei Erhebung der (vorsorglichen) Kündigungsschutzklage gegen die Veräußerer-Kündigung nicht abverlangt werden kann, sich für oder gegen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu entscheiden, ebenso wenig wie die Erhebung der Kündigungsschutzklage als konkludenter Widerspruch gegen den Übergang oder als ein die Verwirkung des Widerspruchrechts indizierendes Umstandsmoment gewertet werden darf. Dies würde auf einen Eingriff in die Rechte nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB hinauslaufen.

Ist ein wirksamer Widerspruch erklärt, wird die gegen die "vorsorgliche" Kündigung erhobene Klage zur "echten" Kündigungsschutzklage. Wird die Kündigung für rechtswirksam erachtet und die Klage abgewiesen, hat die "vorsorgliche" Kündigung das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber beendet , während ein Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber - wegen des Widerspruchs - ohnehin nicht zustande gekommen ist. Wird der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weil die Veräußerer-Kündigung unwirksam war, ist - falls der Widerspruch nach § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt wird - der insoweit ungekündigte Bestand des (alten) Arbeitsverhältnisses die Rechtsfolge.

Erhebt der Arbeitnehmer keinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses, bleibt das gegen die vorsorgliche Veräußerer-Kündigung erstrittene Urteil zwar praktisch wirkungslos. Diese Folge, prozessökonomisch unerwünscht, lässt sich freilich aufgrund des in § 613 a Abs. 5 und 6 BGB gesetzlich etablierten Unterrichtungs- und Widerspruchssystems und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, dem Arbeitnehmer ebenso wie dem bisherigen Arbeitgeber den kündigungsrechtlich nach Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen Grundrechtsschutz zu geben, nicht vermeiden.

Für die Entscheidung über die gegen den (angeblichen) Betriebserwerber gerichtete "Übernahmeklage" bedarf es der Feststellung, ob eine Veräußererkündigung rechtswirksam ist, indessen dann nicht, wenn der (angebliche) Betriebsveräußerer die Kündigung mit beabsichtigter Betriebsstilllegung begründet hat.

Ist die ,Stilllegungskündigung' unwirksam, hat die "Übernahmeklage" die Weiterbeschäftigung durch den Erwerber zum Ziel (vgl. BAG 24.08.2006 - 8 AZR 317/05 - Juris Rn. 57). Ist sie hingegen wirksam, richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 21.08.2008 - 8 AZR 201/07 - Juris Rn. 61) das Klageziel auf Wiedereinstellung, d.h. auf vertragliche Neubegründung des wirksam beendeten Arbeitsverhältnisses, wobei der Erwerber zu einem rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrages verurteilt werden kann. Der Erwerber könne sich nicht auf die Wirksamkeit der Veräußerer-Kündigung "berufen, wenn die an sich wirksame Kündigung noch während des Laufes der Kündigungsfrist durch einen Fortsetzungsanspruch korrigiert werden müsste" (BAG 21.08.2008 - 8 AZR 201/07 - Juris Rn. 60). Der so präsumierte Fortsetzungsanspruch durchbricht die Maxime, dass nach § 613 a Abs. 1 BGB vom Veräußerer wirksam gekündigte Arbeitsverhältnisse auch nur im gekündigten Zustand auf den Erwerber übergehen, und führt trotz wirksamer Veräußerer-Kündigung zum ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Erwerberbetrieb.

Im Streitfall sind die Kündigungen des Beklagten zu 1) vom 04.04.2008 und vom 29.04.2008 ausschließlich mit beabsichtigter Betriebsstilllegung begründet worden. Damit würde der nach Behauptung der Klägerin zu Anfang Mai 2008 eingetretene Betriebsübergang den Fortsetzungsanspruch auslösen und einer Berufung der Beklagten zu 2) auf die Stilllegungskündigungen des Beklagten zu 1) entgegenstehen.

Allerdings verleiht der Fortsetzungsanspruch, wie ihn die BAG-Rechtsprechung entwickelt hat, einen wesentlich geringeren Schutz, als er im Kündigungsschutzgesetz vorgesehen ist (BAG 12.04.2002 - 2 AZR 256/01- Juris Rn. 23, vgl. ErfK/Preis § 613 a BGB Rn. 164, TLL/Laux, KSchG, § 613 a BGB Rn. 59, HaKo-Gallner § 1 KSchG Rn. 723) und hier in den Weiterbeschäftigungsanspruch mündet. Deshalb kann sich auf die Begründetheit der "Übernahmeklage" auswirken, ob die Stilllegungskündigung des Veräußerers wirksam oder unwirksam war.

In Abweichung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis hält die Kammer indessen dafür, dass, wenn es vor dem Kündigungstermin zu einem Betriebsübergang kommt, die Stilllegungskündigung des Veräußerers gegenüber dem Erwerber (relativ) unwirksam ist. Danach hängt die Entstehung des Fortsetzungsanspruchs nicht davon ab, ob etwa berechtigte Interessen des Erwerbers der Wiedereinstellung entgegenstehen oder ob dem Erwerber die Berufung auf solche Interessen nach § 162 BGB versagt ist (Kammer 18.02.2009 - 12 Sa 1544/08 - Juris). Die Kammer gewinnt ihre Auffassung aus einer richtlinien-konformen Auslegung des § 613 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BGB.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (12.03.1998 - C-319/94 Dethier Equipment - Juris Rz. 42; vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 11.07.1996 - C-319/94 - Rn. 64 -) können sich die vom Veräußerer kurz vor dem Übergang des Unternehmens rechtswidrig gekündigten und vom Erwerber nicht übernommenen Arbeitnehmer gegenüber dem Erwerber auf die Rechtswidrigkeit der Kündigung berufen. Dem Befund, dass der Betriebsübergang zur Rechtswidrigkeit der Kündigung führt, entspricht die (relative) Unwirksamkeit der Kündigung im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Erwerber. M.a.W.: Im Geltungsbereich der EGRL 2001/23 ist der Fortsetzungsanspruch nicht das "Korrektiv der an sich wirksamen Kündigung", sondern einer rechtswidrigen Kündigung, wenn diese objektiv allein durch den Übergang begründet war (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 08.07.1999 - C-234/98 Allen - Rn. 44). So verhält es sich, wenn nach der mit Betriebsstilllegung begründeten Kündigung sich bis zum Kündigungstermin ein Betriebsübergang einstellt.

Die Rechtsfolge der relativen Unwirksamkeit der Stilllegungskündigung geht einher mit dem Ziel der Betriebsübergangsrichtlinie, "soweit wie möglich die Fortsetzung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses mit dem Erwerber in unveränderter Form (zu) gewährleisten, um eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs zu verhindern" (EuGH 26.05.2005 - C-478/03 Celtec - Rn. 26, vgl. EuGH 27.11.2008 - C-396/07 Juuri - Rn. 23, 28 f.). Gemäß Art. 4 Abs. 1 EGRL 2001/23 stellt der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteils als solcher keinen Kündigungsgrund dar (dazu EuGH 07.03.1996 - C-171/94 Merckx, Neuhuys - Rn. 25, 28), das Personal ist als zum Zeitpunkt des Übergangs immer noch angestellt anzusehen (EuGH, Urteil vom 24.01.2002 - C-51/00 Temco - Rn. 28, 20), die Arbeitsverhältnisse gehen bereits aufgrund der bloßen Tatsache des Übergangs automatisch auf den Erwerber über (EuGH 25.07.1991 - Rs. C-362/89 D'Urso - Rn. 20). In diesem Licht ist dem Fortsetzungsanspruch daher eine bestandsschützende Ausprägung zu verleihen mit der Konsequenz, dass der Erwerber sich die Unwirksamkeit der Stilllegungs-Kündigung des Veräußerers unabhängig davon entgegenhalten lassen muss, ob der Arbeitnehmer die Kündigung gegenüber dem Veräußerer gerichtlich angegriffen hat oder nicht.

Hierfür streitet weiterhin die Regelungssystematik des Art. 4 Abs. 1 EGRL 2001/23. Wenn nach Satz 1 "der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung darstellt", so zielt einerseits die Richtlinie darauf ab, dass mit dem Betriebsübergang sämtliche, auch die wegen des Betriebsübergangs als solchen "grundlos" gekündigten Arbeitsverhältnisse übergehen. Andererseits wird nach diesem Schutzzweck, was Satz 2 zum Ausdruck bringt, nicht das Recht beschnitten, "Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen". Damit ist der Erwerber aber auch grundsätzlich darauf verwiesen, entweder selbst aus solchen Gründen zu kündigen (EuGH 07.03.1996 - C-171/94 Merckx, Neuhuys - Rn. 25) oder auf eine "Veräußererkündigung nach Erwerberkonzept" (vgl. BAG 20.03.2003 - 8 AZR 97/02 - Juris Rn. 18 ff.) hinzuwirken, wenn er mit der Betriebsübernahme automatisch übergehende Arbeitsverhältnisse beendet wissen will.

Indem die Richtlinie einer Verschlechterung der kündigungsschutzrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers allein aufgrund des Übergangs bei Betriebsübergang entgegenwirkt, darf der "Fortsetzungsanspruch" nicht den Schutzstandard, den der Arbeitnehmer nach den nationalen Kündigungsschutz-gesetzen erworben hat, unterschreiten. Somit können etwa anderweitige Dispositionen, die der Erwerber in gutem Glauben getroffen hat, den Fortsetzungsanspruch ebenso wenig entfallen lassen, wie schlichte Dispositionen des bisherigen Arbeitgebers vor dem Betriebsübergang die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen könnten. Die Akzeptanz von Erwerber-Dispositionen als Einschränkung des Fortsetzungsanspruchs würde eine nach Art. 4 Abs. 1 EGRL 2001/23 unzulässige Vorselektion unter den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern bedeuten.

§ 613 a Abs. 4 BGB ist i.S.d. so zu definierenden Fortsetzungsanspruchs richtlinienkonform auszulegen.

Die gängige Auffassung, die aus dem Adverb "wegen" (Satz 1) herleitet, dass der Betriebsübergang Beweggrund der Kündigung sein müsse, und dafür argumentiert, dass auch Satz 2 auf die den Kündigungsausspruch bestimmenden Gründe abhebe, gründet in einer Gesetzesinterpretation aus dem Blickwinkel des nationalen Kündigungsschutzrechts und insbesondere dem hier von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, dass auf den Kündigungszeitpunkt als den für die soziale Rechtfertigung der Kündigung maßgebenden Zeitpunkt abzustellen sei (vgl. BAG 28.04.1988 - 2 AZR 623/87 - Juris Rn. 53, HWK/Willemsen, 3. Aufl., § 613 a BGB Rn. 303).

Dieser Ausgangspunkt wird dem Gebot der richtlinienkonformen Interpretation nicht gerecht. Mit der richtlinienkonformen Interpretation haben die nationalen Gerichte ihrer Verpflichtung nachzukommen, die volle Wirkung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen. Die Auslegung innerstaatlichen Rechts muss soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einschlägiger Richtlinien ausgerichtet werden. Wortlaut und Zweck einer Richtlinie sind autonom von der Warte des Gemeinschaftsrechts aus zu erfassen, das sich an alle Mitgliedsstaaten wendet und an solche, die es womöglich noch werden wollen. Mithin sind die Regelungsintentionen gemeinschaftsrechtlicher Grundsätze und Vorschriften nicht nach den rechtlichen Besonderheiten und Begrifflichkeiten in dem einzelnen Mitgliedsstaat, auch nicht dem des vorlegenden Gerichtes, zu ermitteln, sondern von nationalem Vorverständnis loszulösen. EuGH-Entscheidungen zu einer Richtlinie, i.c. zur EGRL 2001/23, können demzufolge nicht vor den Hintergrund nationaler Regelungen und Rechtsauffassungen gestellt und als deren "enge" oder "weite" Präzisierung verstanden werden. Der EuGH führt in seinen Entscheidungen auch keinen Dialog mit einem einzelnen Mitgliedsstaat und dessen Rechtssystem.

Danach ist die Formulierung des § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB Ausdruck der generellen Kontinuitätsgarantie der EGRL 2001/23 und des in Art. 4 Abs. 1 statuierten Anspruchs auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ungeachtet einer Stilllegungskündigung des Veräußerers, falls ein Betriebsübergang - vor Ablauf der Kündigungsfrist (vgl. dazu BAG 13.05.2004, 8 AZR 198/03, Juris Rn. 35) - stattfindet. In diesem Licht richtet sich der durch § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB vermittelte Bestandsschutz gegen den Erwerber und hat, weil er keinen Einschränkungen unterliegt, die (relative) Unwirksamkeit der Stilllegungs-kündigung des Veräußerers zur Konsequenz. Das in Satz 2 erwähnte Kündigungsrecht spiegelt gerade und nur wieder, dass der Bestandsschutz bei Betriebs(teil)übergängen keine kündigungsschutzgesetzliche Besserstellung des Arbeitnehmers im Vergleich zu seiner arbeitsrechtlichen Situation ohne Betriebsübergang bewirkt. Zur Begründung des so verstandenen Fortsetzungs-anspruchs bedarf es keiner richtlinienkonformen Rechtsfortbildung (vgl. allgemein BAG 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 - Juris Rn. 65) unter Verweis auf das eindeutige Anliegen des Gesetzgebers, dass "die Anforderungen der Richtlinie Nr. 77/187/EWG erfüllt werden" (BT-Drs. 8/4259, S.9; ferner BAG 26.05.1983 - 2 AZR 477/81 - Juris Rn. 27). Vielmehr folgt der Anspruch aus der gebotenen "extensiven" Auslegung des § 613 a Abs. 4 BGB. Denn diese Vorschrift ist Ausdruck des übergreifenden gesetzlichen Regelungsplans, die Umgehung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB durch eine Stilllegungskündigung des Veräußerers zu verbieten, weil/wenn bis zum Kündigungstermin ein Betriebsübergang, der den Erwerber verpflichtet, in sämtliche im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse einzutreten, stattgefunden hat.

Ob die Obliegenheit des Arbeitnehmers, nach erfolgtem Betriebsübergang den Fortsetzungsanspruch binnen einer Frist von einem Monat gegenüber dem Erwerber zu erheben (so BAG 21.08.2008 - 8 AZR 201/07 - Juris Rn. 64), richtlinienkonform ist, bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Erörterung, weil die Klägerin diese Frist in jedem Fall gewahrt hat.

Anders liegen die Dinge zwischen Arbeitnehmer und bisherigem Arbeitgeber. Dieser kann sich, auch wenn nach der Kündigung ein Betriebsübergang eintritt, weiterhin auf die Wirksamkeit seiner Stilllegungskündigung berufen (wohl a. A. BAG 21.08.2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 60). Die EGRL 2001/23 schützt den Arbeitnehmer hiervor nicht. Die Kündigung ist im Allgemeinen nicht "wegen Betriebsübergangs" i.S.v. § 613 a Abs. 4 BGB erfolgt, denn nicht der Betriebsübergang als solcher ist Beweggrund für den Veräußerer (vgl. BAG 17.06.2003 - 2 AZR 134/02 - Juris Rn. 19), sondern die bei ihm weggefallene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht gem. § 613a Abs. 6 BGB Gebrauch gemacht hat und der bisherige Arbeitgeber daraufhin wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten wegen Aufgabe oder Einschränkung seiner Geschäftstätigkeit ("Betriebsstilllegung") kündigt, liegt für die Kündigung ein betriebsbedingter Grund vor (BAG 24.05.2005 - 8 AZR 398/04 - Juris Rn. 15, 16 [27]).

Beruht die Kündigung des bisherigen Betriebsinhabers auf "anderen Gründen" i.S.v. § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB (dazu: Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 980), wird der Eintritt der Fiktion des § 7 KSchG nur durch die erhobene Kündigungsschutzklage verhindert; andernfalls wird das Arbeitsverhältnis zu dem Kündigungstermin enden, entweder das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang widerspricht, oder das Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber, das im gekündigtem Zustand auf ihn übergeht.

Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist in der Sache unbegründet. Die Beklagte könnte zwar in dem Fall, dass das Arbeitsverhältnis nach § 613 a Abs. 1 BGB auf sie übergegangen wäre, nicht dessen Beendigung zum 30.06.2008 aufgrund der Stilllegungskündigungen des Beklagten zu 1) einwenden, weil die Kündigungen relativ unwirksam wären. Jedoch ist die Beklagte zu 2), wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht in das Arbeitsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten zu 1) eingetreten.

§ 613 a Abs. 1 BGB setzt für den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Zu den Kriterien für die Bestimmung der Identität einer wirtschaftlichen Einheit gehören namentlich

- die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes,

- der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter,

- der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs,

- die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber,

- der etwaige Übergang der Kundschaft sowie

- der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten

- und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten.

Diese Umstände bleiben freilich nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr müssen bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Übergang einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit erfüllt sind, sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden (EuGH, Urteil vom 20.11. 2003 - C-340/01 Abler - Rn. 33 f.).

Ein Übergang des gesamten Betriebes hat danach nicht stattgefunden.

Die Beklagte zu 2) vertreibt zwar weiter Mode unter der Marke "I." und spricht mit diesen Produkten auch frühere Kundschaft der Schuldnerin an. Damit verfolgt sie jedoch nur einen Teil der sehr viel umfänglicheren Geschäftstätigkeit der Schuldnerin. So hat sie sich auf die Beschäftigung von ca. 7 bis 8 Arbeitnehmern beschränkt, während bei der Schuldnerin ca. 168 Arbeitnehmer tätig waren. Gegenstand ihrer Betriebstätigkeit ist hauptsächlich das Design, wobei auch in diesem Bereich statt 8 bei der Schuldnerin tätigen Mitarbeiterinnen regelmäßig nur 5 Mitarbeiterinnen (4 Designerinnen der Schuldnerin - einschl. von Frau M.. aus der Musterabteilung - und eine von auswärts eingestellte Designassistentin) eingesetzt sind und daneben - vorübergehend - Herrn N. bzw. dessen Nachfolger im Vertrieb, ein weiterer Vertriebler und Frau M. in Administration/Produktmanagement beschäftigt wurden bzw. sind. Die Beklagte zu 2) hat eine personell andere Geschäftsführung, im Vergleich zum Betrieb der Schuldnerin eine andere Organisation und Arbeitsweise, keine materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter übernommen, auch eine gewisse Unterbrechung bzw. Verringerung der werbenden Geschäftstätigkeit (Kollektion Herbst/Winter 2008) eintreten lassen und sich schließlich und vor allem auf einen Teilbereich der früheren Geschäftstätigkeit der Schuldnerin, dem Design von DOB der Marke "I.", beschränkt. Der von der Klägerin behauptete Erwerb von Einrichtungsgegenständen, Konfektionsteilen und Konfektionsschnitten durch die Beklagte zu 2) betrifft ausschließlich Betriebsmittel aus dem Design-Bereich der Schuldnerin. Danach liegt auf der Hand, dass von einem Übergang des gesamten Betriebs keine Rede sein kann.

Die Meinung der Klägerin, dass die Beklagte zu 2) mit dem Design-Team der Schuldnerin, Vertriebsleiter Herrn N. und der für die Musterung verantwortlichen Mitarbeiterin Frau M.. quasi den "Kopf" der Schuldnerin und damit den gesamten Betrieb übernommen habe, ist fehlsam.

Weil die Richtlinie EGRL 23/2001 und § 613 a BGB gerade und nur die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten wollen, ist im Fall der "Übernahme" lediglich weniger Beschäftigter, soweit diese in einem betriebsmittelarmen Betrieb(steil) einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals darstellen, zu ermitteln, ob deren Übernahme unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände (vgl. EuGH 20.11.2003 - C-340/01 Abler - Rn. 33) das gesamte Unternehmen oder nur einen Unternehmensteil betrifft, wobei in letzterem Fall der betroffene Unternehmensteil zu bestimmen ist (EuGH 13.09.2007 - C-458/05 Jouini - Rn. 23, 28 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (07.02.1985 - Rs 186/83 Botzen - Rn. 15, EuGH 13.09.2007 - C-458/05 Jouini - Rn. 28, Urteil vom 17.12.1987 - Rs. 287/86 Ny Mølle Kro - Rn. 5) kommt es für die Beurteilung, ob die Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis gemäß der Betriebsübergangsrichtlinie übergangen sind, daher auf die Feststellung an, welchem Unternehmens- oder Betriebsteil der betreffende Arbeitnehmer angehörte. Ebenso ist es gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass bei einem Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang die Arbeitsverhältnisse übergehen, die der übergehenden wirtschaftlichen Einheit zuzuordnen sind (BAG 21.02.2008 - 8 AZR 77/07 - Juris Rn. 35, 13.02.2003 - 8 AZR 102/02 - AP Nr. 245 zu § 613 a BGB = Juris Rn. 38, 14.08.2007 - 8 AZR 803/06 - Juris Rn. 32, 13.11.1997 - 8 AZR 375/96 - Juris Rn. 48). Das ist auch einhellige Meinung in der Fachliteratur (ErfK/Preis, § 613 a BGB Rn. 9, KR/Pfeiffer, 8. Aufl., § 613 a BGB Rn. 27, 105, APS/Steffan, 3. Aufl., § 613 a BGB Rn. 22).

Auch wenn im Einzelfall etwa die Übertragung von Alleinvertriebsrechten und des wesentlichen Führungspersonals die Voraussetzungen des § 613 a BGB erfüllen kann (vgl. EuGH 07.03.1996 - C-171/94 Merckx, Neuhuys - Rn. 21 ff.), ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob die betroffene Einheit ihre wirtschaftliche Identität bewahrt hat und die Geschäftstätigkeit in ihrem Gegenstand unverändert geblieben ist. Die bloße Funktionsnachfolge (EuGH 13.09.2007, a.a.O., Rn. 27, 02.12.1999 - C-234/98 Allen - Rdn. 27) unter Anknüpfung an Kundenbeziehungen (BAG 14.08.2007 - 8 AZR 803/06 - Juris Rn. 32, 26.07.2007 - 8 AZR 769/06 - Juris Rn. 43) und z. B. die Übertragung eines Alleinvertriebsrechts, Warenzeichenrechts (Marke) (vgl. BAG 28.04.1988 - 2 AZR 623/87 - Juris Rn. 43) oder einer sonstigen Lizenz besagt nicht, dass die Einheit "Betrieb" ihre Identität bewahrt hat (EuGH 13.09.2007, a.a.O.). Vielmehr kann die Gesamtschau ergeben, dass zwar der Ausfall allenfalls einer Kollektion noch nicht entscheidend ins Gewicht fällt (vgl. BAG 22.05.1997 - 8 AZR 101/96 - Juris Rn. 31), jedoch gleichwohl kein Betrieb oder nur der Teil eines Geschäftsbereichs, also ein Betriebsteil i.S.v. § 613 a Abs. 1 BGB, übergegangen ist, weil im Hinblick auf eine stark unterschiedliche Beschäftigtenzahl wesentlich veränderte organisatorische Zusammenfassung (vgl. BAG 14.08.2007 - 8 AZR 1043/06 - Juris Rn. 24, 25.05.2000 - 8 AZR 335/99 - Juris Rn. 67) und arbeitstechnische Einschränkung (BAG 24.02.2000 - 8 AZR 162/99 - Juris Rn. 28 ff.) ansonsten keine Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach der Übernahme auszumachen ist.

Der Betrieb der Schuldnerin war kein "betriebsmittelarmer Betrieb", so dass schon der fehlende Übergang der wesentlichen materiellen Betriebsmittel einem Betriebsübergang entgegensteht.

Bei betriebsmittelarmen Unternehmen kann zwar die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des beim Vorgängerunternehmen beschäftigten Personals zusammen mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausreichen, um in Bereichen einen Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG darzustellen (Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 06.11.2008, C-466/07 Klarenberg - Rn. 28). Allerdings erlaubt allein der Umstand, dass die von dem alten und dem neuen Auftragnehmer erbrachten Dienstleistungen ähnlich sind, nicht den Schluss, dass der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit vorliegt. Eine Einheit darf nämlich nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Ihre Identität ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (EuGH 11.03.1997 - C-13/95 Süzen - Rn. 15). Für die Beklagte zu 2) ist ein teilweise nach seiner Sachkunde bedeutsamer, aber zahlenmäßig irrelevanter Teil des bei der Schuldnerin beschäftigten Personals tätig geworden. Die Klägerin verkennt in diesem Kontext, dass ein "Betrieb" nicht nur aus "Kopf", sondern auch aus "Körper" besteht und die für den Betriebsübergang präsumierte Wahrung der Identität sich in der Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren äußern muss (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 Klarenberg - Rn. 47). Stellt der Erwerber nur die Führungskraft eines größeren Betriebsteils des bisherigen Inhabers ein, ohne auch einen nach der Zahl wesentlichen Teil des Personals dieses Betriebsteils zu übernehmen, kann selbst im "betriebsmittelarmen Betrieb" von einer funktionellen Beibehaltung der bisherigen Produktionsfaktoren keine Rede sein. Hinzu kommt, dass vorliegend die veränderte Arbeitsorganisation, reduzierte Geschäftstätigkeit und Einbindung der Beklagten zu 2) in eine andere Textilunternehmensgruppe unterschiedliche Betriebsmethoden indizieren.

Es ist auch kein Betriebsteil der Schuldnerin, der die Klägerin zuzuordnen wäre, auf die Beklagte zu 2) übergegangen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt ein Betriebsteilübergang zunächst die Existenz eines übergangsfähigen Betriebsteils beim Veräußerer voraus: Ein Betriebsteil ist dann gegeben, wenn eine Teilorganisation vorliegt, in der sächlich und organisatorisch abgrenzbare arbeitstechnische Teilzwecke erfüllt werden, bei denen es sich auch um bloße Hilfsfunktionen handeln kann (BAG 21.05.2008 - 8 AZR 481/07 - Juris Rn. 28).

Des Weiteren soll grundsätzlich erforderlich sein, dass der Erwerber die übernommene wirtschaftliche Einheit im Wesentlichen unverändert fortführt und damit ihre wirtschaftliche Einheit wahrt. Dies sei nicht der Fall, wenn er wesentliche Änderungen des bisherigen Konzepts oder der bisher bestehenden Strukturen vornimmt (BAG 21.05.2008 - 8 AZR 481/07 - Juris Rn. 32). "Bei der Eingliederung einer Einheit in eine andere Organisationsstruktur führt der ,Erwerber' aber die Einheit nicht unter Wahrung ihrer Identität fort. Mit der Eingliederung wird die wirtschaftliche Einheit als solche aufgelöst, sie verliert ihre Identität. Ohne Übernahme der Organisationsstruktur übernimmt der ,Erwerber' keine wirtschaftliche Einheit, sondern nur einzelne, nicht in einem Organisationszusammenhang stehende Betriebsmittel der aufgelösten Einheit. Er führt die Aufgabe mit seiner eigenen wirtschaftlichen Einheit durch" (BAG 24.04.2008 - 8 AZR 268/07 - Juris Rn. 42, zust. Thüsing, RdA 2008, 54, Willemsen, NZA 2008, Beil Heft 4, 158 f.).

Dieses Verständnis des § 613 a Abs. 1 BGB bedarf der Neujustierung, nachdem auf Vorlage der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 10.08.2007, 9 Sa 303/07, Juris) der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 12.02.2009 (- C-466/07 Klarenberg -) entschieden hat, dass Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG dahin auszulegen sei, dass diese Vorschrift auch dann angewandt werden kann, wenn der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit nicht bewahrt, sofern die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten wird und sie es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen. Damit ist zur Wahrung der Identität der übertragenen Einheit nicht die Beibehaltung ihrer "organisatorischen (strukturellen) Selbständigkeit" erforderlich, sondern nur die - mit den übertragenen Faktoren realisierten - Beibehaltung ihrer Funktionalität und wirtschaftlichen Zweckbestimmung (Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 06.11.2008, C-466/07 Klarenberg - Rn. 44).

Mit dem Urteil vom 12.02.2009 hat der Europäische Gerichtshof seine bisherige Rechtsprechung stimmig weiterentwickelt und im Licht der Zielsetzung der EGRL 2001/23 das Kriterium der "Identitätswahrung" einem starren Vorher-Nachher-Vergleich der Organisationsformen entzogen und einer flexiblen Betrachtung zugeführt.

Die Klägerin war bei der Schuldnerin als Verkaufsmanagerin im Innendienst beschäftigt. Die Beklagte zu 2) übernahm aus dem Funktionsbereich der Klägerin keine Produktionsfaktoren der Schuldnerin oder behielt diese in ihrer interdependenten Funktionalität und mit derselben wirtschaftlichen Zwecksetzung bei. Unterstellt man ungeprüft zugunsten der Klägerin, dass sie in einem betriebsmittelarmen "Betriebsteil" der Schuldnerin beschäftigt war, so übernahm die Beklagte zu 2) aus diesem Bereich keinen nach seiner Zahl wesentlichen Teil des Personals. Dieser Umstand indiziert, dass die operativen Ressourcen des Betriebsteils Verkauf/Innendienst nicht weiter genutzt werden und daher das Identitätsmerkmal "Funktionalität und Nutzung der bisherigen Einheit" im Erwerberbetriebs nicht gewahrt ist.

Ob der Design-Bereich übernommen wurde, braucht an dieser Stelle nicht geklärt zu werden. Die Klägerin gehörte diesem Bereich nicht an.

Da ein Betriebs(teil)übergang nicht stattgefunden hat, kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Kündigungen des Beklagten zu 1) rechtswirksam sind oder nicht. Die Kammer belässt es daher dabei, an ihre Ausführungen im Urteil 18.02.2009 (- 12 Sa 1544/08 - Juris Rn. 61 f.) zu erinnern.

Die Kündigungsschutzklage (Berufungsantrag zu1) ist unbegründet. Die Kündigungen des Beklagten zu 1) sind aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt und daher rechtswirksam (§ 1 KSchG). Somit ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Beklagten zu 1) zum 30.06.2008 aufgelöst worden. Die Kündigungen sind auch nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden (§ 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB) oder unter dem Gesichtspunkt einer Umgehung des § 613 a BGB unwirksam.

Wie nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, hatte der Beklagte zu 1) im Kündigungszeitpunkt die endgültige und dauerhafte unternehmerische Entscheidung getroffen, den Betrieb in seiner Gesamtheit stillzulegen. Der Beklagte zu 1) hatte im April Verhandlungen über eine Betriebs(teil)veräußerung und überhaupt die Absicht, den Betrieb oder nur einen Betriebsteil zum Zwecke der möglichen Veräußerung aufrechtzuerhalten, definitiv aufgegeben.

Nach zutreffender höchstrichterlicher Spruchpraxis (BAG 10.07.2008 - 2 AZR 1111/06 - Juris Rn. 24, 27.09.2007 - 8 AZR 941/06 - Juris Rn. 31) ist eine Kündigung aus innerbetrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. "Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG einen Grund zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung abgeben können, gehören die Stilllegung des gesamten Betriebes, einer Betriebsabteilung oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Demgemäß ist von einer Stilllegung auszugehen, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt."

Eine Kündigung wegen Betriebsschließung ist nicht sozial gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss lediglich erwogen, aber noch nicht endgültig gefasst hat. Dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt noch in ernsthaften Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebs oder der Betriebsabteilung steht oder sich um neue Aufträge bemüht. Dann liegt keine unbedingte und endgültige Stilllegungsabsicht vor (BAG 13.02.2008 - 2 AZR 75/06 - Juris Rn. 23). Sind im Insolvenzfall Gespräche hinsichtlich der Übernahme des ganzen Betriebes gescheitert und spricht der Insolvenzverwalter deshalb Kündigungen aus, ist eine Kündigung zulässig, selbst wenn er in der Folgezeit versucht, Betriebsteile zu veräußern, hierfür aber erfolgversprechende, greifbare Anhaltspunkte im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht vorliegen (BAG 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - Juris Rn. 72). Ebenso wenig ist die Ernsthaftigkeit der beabsichtigten Betriebsstilllegung deshalb in Frage zu stellen, weil der Arbeitgeber zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge noch einige Arbeitnehmer nur während der jeweiligen Kündigungsfrist einsetzt (BAG 08.11.2007 - 2 AZR 554/05 - Juris Rn. 19).

Diese Prüfmaßstäbe gelten auch für die z.B. aus betriebsbedingten Gründen nach einem Betriebsübergang ausgesprochene "vorsorgliche" Kündigung des Veräußerers. Sie ist nicht erst dann möglich, wenn der Widerspruch erklärt und das Arbeitsverhältnis auf den Veräußerer zurückgefallen ist (vgl. HaKo-Gallner, § 1 KSchG Rn. 727, 751). Vielmehr ist sie auch dann sozial gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt ihres Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegt. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss endgültig gefasst hat (BAG 13.02.2008 - 2 AZR 79/06 - Juris Rn. 23 f., vgl. 08.11.2007 - 2 AZR 554/05 - Juris Rn. 18 ff., 29.09.2005 - 8 AZR 647/04 - Juris Rn. 24, 07.12.2000 - 2 AZR 391/99 - Juris Rn. 67). Der Arbeitgeber, der seine Geschäftstätigkeit aufgibt und mangels eigenen Betriebes in keinem Fall mehr Bedarf an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers hat, braucht auch nicht abzuwarten, ob der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widerspricht. Für den Arbeitgeber ist ein betriebsbedingter Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG entstanden, der durch die Betriebsveräußerung nicht in Frage gestellt wird (Kammer, 18.02.2009, a.a.O., vgl. BAG 13.05.2004 - 8 AZR 198/03 - Juris Rn. 35, vgl. aber BAG 26.04.2007 - 8 AZR 695/05 - Juris Rn. 36, 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 - Juris Rn. 18).

Für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung kommt es zwar primär auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs an. Indessen kann der tatsächliche Eintritt der prognostizierten Entwicklung Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität einer Prognose zulassen. Dementsprechend kann die Entwicklung nach Ausspruch der Kündigung zur Bestätigung der Prognose ohne Weiteres herangezogen werden. Steht danach fest, dass der Arbeitgeber keine betrieblichen Aktivitäten mehr selbst entwickelt hat und die bestehende Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zum Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers aufgelöst hat, ist es an dem gekündigten Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber im Prozess dargelegte Stilllegungsprognose mit weiterem erheblichen Sachvortrag zu widerlegen (BAG 08.11.2007 - 2 AZR 554/05 - Juris Rn. 22).

Gemessen an diesen Anforderungen ist die Kündigung vom 04.04.2008 (und ebenso die vom 29.04.2008) aus betriebsbedingten Gründen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und vor dem Hintergrund der unstreitigen Geschehnisse steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte zu 1) bei Ausspruch beider Kündigungen definitiv entschlossen war, die betrieblichen Aktivitäten des Betriebes der Schuldnerin einzustellen, nicht mehr werbend am Markt aufzutreten, die bestehende Arbeitsorganisation aufzulösen, sämtliche Verträge und Verbindlichkeiten im Rahmen der insolvenzrechtlichen Möglichkeiten und der noch erforderlichen Abarbeitung der vorhandenen Restaufträge (Ausproduktion) und Abwicklungsarbeiten zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden.

Die Zeugin Dr. D. hat bekundet, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Beklagte zu 1) nunmehr in seiner Funktion als Insolvenzverwalter die praktisch schon vorher gefallene Entscheidung, den Betrieb der Schuldner stillzulegen und abzuwickeln, bestätigte, bereits am selben Tag auf der Betriebsversammlung in F. seine Entscheidung kundtat und unverzüglich durch sämtliche seiner Handlungen und Maßnahmen umsetzte und damit greifbare Formen annehmen ließ. So bedeutete in diesem Zusammenhang die Kündigung aller Mitarbeiter und deren Freistellung bis auf das für Ausproduktion, Abwicklungsarbeiten und Finanz- und Personalbuchhaltung noch benötigte Restpersonal die Auflösung der bestehenden Gesamtorganisation. Mit der Veräußerung von Einrichtungsgegenständen, Arbeitsgeräten, Rohwaren, Stoffen usw. und dem Verkauf der Immobilie in T. und begonnenen Räumung der ebenfalls zum Verkauf vorgesehenen Immobilie in F. entfielen die sächlichen Voraussetzungen für die Fortführung des Betriebs. Mit dem bereits vor der Insolvenzeröffnung abgesprochenen und dann am 09.04.2008 vollzogenen Verkauf der Marke "I." war einer weiteren Geschäftstätigkeit der Schuldnerin, ihrer auf die unter dieser Marke hergestellten und vertriebenen Produkte (Damenröcke) gegründeten Marktposition die wesentliche Grundlage entzogen. Auch übte der Beklagte zu 1) nach dem 01.04.2008 keine werbende Tätigkeit mehr aus und nahm insbes. keine neuen Aufträge an.

Die Zeugin hat glaubhaft, nämlich plausibel, lebensnah und widerspruchsfrei den Ablauf des Insolvenzverfahrens und insbesondere der geplanten und durchgeführten Betriebsstilllegung bekundet. Ihre Aussage ist glaubwürdig. Der Umstand, dass sie beruflich mit dem Beklagten zu 1) zusammenarbeitet und ihn im Rahmen des vorliegenden Insolvenzverfahrens in mitverantwortlicher Funktion unterstützte, begründet angesichts ihres sicheren Aussageverhaltens keine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Bekundungen.

Nach der Aussage der Zeugin gab es zum Kündigungszeitpunkt weder laufende noch anstehende oder angestrebte Übernahmeverhandlungen mit Interessenten. Mit der sofort eingeleiteten Zerschlagung des Betriebes war dieser als "Verkaufsobjekt" mehr geeignet.

Da der Beteiligte zu 1) bei Insolvenzeröffnung, im Kündigungszeitpunkt und in der Folgezeit jegliche Vorhaben in Richtung einer Sanierung der Schuldnerin oder Betriebsveräußerung aufgegeben hatte, bestehen an seiner Stilllegungsabsicht keine vernünftigen Zweifel. Sämtliche Begleitumstände und tatsächliche Entwicklungen vor und auch nach den Kündigungen belegen, dass die unternehmerische Entscheidung des Beklagten zu 1), den Betrieb der Schuldnerin stillzulegen, zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen war, die Schließung feststand und greifbare Formen angenommen hatte.

Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte zu 1) habe es nach Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens versäumt, mit Hilfe solventer Investoren wie P. und I. den angeblichen Liquiditätsengpass zu überbrücken und eine sanierende Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs der Schuldnerin zu erreichen, ist unabhängig davon, dass sie keinen brauchbaren Tatsachenkern enthält, rechtlich unerheblich. Der Arbeitgeber ist nicht deshalb an betriebsbedingten Kündigungen gehindert, weil sein Entschluss, den Betrieb einzuschränken oder aufzugeben, durch eine verfehlte Unternehmens- bzw. Geschäftspolitik ausgelöst wurde (Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn. 954, ErfK/Ascheid, § 1 KschG Rn. 401, KR/Griebeling, 8. Aufl., § 1 KSchG Rn. 533).

Die Stilllegungsabsicht des Beklagten zu 1) wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass er der Beklagten zu 2) mit Vertrag vom 04.03.2008 die Option für die Herbst/Winterkollektion 2008/2009 einräumte und zwischen den Beklagten im Kündigungszeitpunkt der Vertrag vom 09.04.2008 über den Verkauf der Markenrechte bereits abgesprochen war. Die Verträge sind nach ihrem Gegenstand auf keine Weiterführung des Betriebes oder des Betriebsteils "Vertrieb" gerichtet und stehen schon aus diesem Grund der kündigungstragenden Prognose, dass es eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin nicht mehr geben würde, nicht entgegen. Gleiches gilt hinsichtlich des "vorzeitigen" Wechsels von 5 bzw. 6 von insgesamt ca. 168 Mitarbeitern der Schuldnerin zur Beklagten zu 2), zu dem der Beklagte zu 1) durch rückwirkende Aufhebungsverträge beitrug, hinsichtlich des Verkaufs von Betriebsmitteln und - dies unterstellt - einer auch durch weitere Vorgänge ermöglichten, im wesentlichen identischen Fortführung der Tätigkeit der Design-Abteilung der Schuldnerin unter dem Dach der Beteiligten zu 2).

Zum einen sind diese Vorgänge, weil nach dem Ausspruch der Kündigung vom 04.04.2008 gelegen und für den Beklagten zu 1) nicht vorhersehbar, ungeeignet, die Stilllegungsabsicht im Kündigungszeitpunkt in Frage zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1) auch nach der Kündigung keinen Betriebsteil "Design-Bereich" an die Beklagte zu 2) veräußerte, sondern diese selbst ihren neugegründeten, kleinen Betrieb aus Betriebsmitteln zusammenfügte, und zwar durch ein Bündel von Erwerbsvorgängen, auch aus dem in der Zerschlagung und Verwertung befindlichen Betrieb der Schuldnerin und durch Anwerbung einiger Arbeitnehmer. Zum anderen sind, selbst wenn der Beklagte zu 1) schon im Kündigungszeitpunkt die Absicht gehabt hätte, die Fortführung der Tätigkeit des Design-Bereichs durch die Beklagte zu 2) zu bewirken oder zumindest zu ermöglichen, deshalb die streitbefangenen Kündigungen weder sozialwidrig noch nach § 613 a BGB unwirksam.

Ist die vom Veräußerer ausgesprochene Kündigung mit einer beabsichtigten Betriebsstilllegung begründet worden und ist es anschließend zu einem Übergang des Betriebs oder des Betriebsteils, dem der Arbeitnehmer zuzuordnen ist, gekommen, so ist die Kündigung deswegen nicht unwirksam. Die Aussage, dass Betriebsstilllegung und Betriebsübergang einander ausschließen (BAG 27.09.2007 - 8 AZR 941/06 - Juris Rn. 32), ist von der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG maßgeblichen Prüfung zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber nach seinem Stilllegungsbeschluss und dessen Umsetzung den Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehren konnte (BAG 13.02.2008 - 2 AZR 79/06 Juris Rn. 22). Bei der Stilllegungskündigung des Veräußerers geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das von ihm mangels Betriebes bzw. Betriebsteils nicht mehr sinnvoll fortgesetzt werden kann. Daher muss er sich von dem Band des mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrages lösen dürfen. Demgegenüber knüpft § 613 a Abs. 1 BGB an das "Betriebsverhältnis" und die infolge des Betriebsübergangs entstandene Möglichkeit an, das Arbeitsverhältnis beim Erwerber fortzusetzen. Um die Kontinuität der in diesem Rahmen bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel zu gewährleisten und die betroffenen Arbeitnehmer zu schützen, verpflichtet das Gesetz deshalb den Erwerber dazu, in das Arbeitsverhältnis einzutreten. Damit wird, allerdings und nur ihm gegenüber, die Stilllegungskündigung des Veräußerers hinfällig. Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Veräußerer bleibt die Kündigung wirksam, ist insbesondere sozial gerechtfertigt und beendet zum Kündigungstermin das Arbeitsverhältnis, wenn dieses nicht schon vorher auf den Erwerber übergegangen ist.

Im Streitfall ist es, wie ausgeführt, zudem weder zum Übergang des Betriebes der Schuldnerin noch oder zum Übergang des Betriebsteils, dem die Klägerin zuzuordnen ist, auf die Beklagte zu 2) gekommen. Daher kann sich der Beklagte zu 1) für die Kündigung vom 04.04.2008 und vom 29.04.2008 in jedem Fall auf die beabsichtigte (und vollzogene) Stilllegung des Betriebs der Schuldnerin berufen.

Seine Kündigungen sind auch nicht nach § 613 a Abs. 4 BGB oder aus anderen Rechtsgründen unwirksam. Insbesondere sind sie nicht "wegen des Übergangs eines Betriebsteils" ausgesprochen worden. Es fehlt an der Kausalität zwischen der Kündigung und dem Übergang des Betriebsteils Vertrieb. Ein solcher Betriebsteil ist weder auf die Beklagte zu 2) noch einen Dritten übergegangen. Die Kündigungen sind auch nicht wegen einer im Kündigungszeitpunkt beabsichtigten Übertragung dieses Betriebsteils erklärt worden.

Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht besteht keine Veranlassung, da Zulassungsgründe i.S.v. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht ersichtlich sind. Die Klage ist auch unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Judikatur abzuweisen, so dass das Bundesarbeitsgericht sich nicht gemüßigt sehen muss, auf die abweichende Auffassung der Kammer zum Fortsetzungsanspruch einzugehen.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird die Klägerin auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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