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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.05.2006
Aktenzeichen: 12 Sa 175/06
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 8
1. Nach § 8 TzBfG kann gerade und nur die Verringerung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit und die Verteilung innerhalb des vereinbarten Arbeitszeitmodells, z. B. Wochen- oder Monatsarbeitszeit, nicht jedoch eine davon losgelöste Aufteilung z. B. in monatliche Phasen voller Arbeitsleistung und Phasen gänzlicher Arbeitsbefreiung beansprucht werden (entgegen LAG Düsseldorf vom 01.03.2002, LAGE Nr. 5 zu § 8 TzBfG).

2. Jedenfalls stehen einem Aufteilungswunsch i. S. v. § 8 Abs. 4 TzBfG betriebliche Gründe entgegen, wenn - wie vorliegend - sich die Freizeitphase zeitlich mit einer Überzahl von Erholungsurlaubsanträgen (Schulferien, Jahresende) zu überschneiden pflegt.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

12 Sa 175/06

Verkündet am 17. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.05.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Mußmann und den ehrenamtlichen Richter Franke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt nach § 8 Abs. 1 TzBfG die Verringerung seiner Arbeitszeit dergestalt, dass seine Vollzeitbeschäftigung auf die Monate Januar bis November begrenzt wird und der Monat Dezember arbeitsfrei bleibt. Die Beklagte meint zum einen, dass sich das Verlangen des Klägers nicht auf die Verringerung der vertraglich vereinbarten Monatsarbeitszeit richte und damit unzulässig sei. Zum anderen macht sie entgegenstehende betriebliche Gründe geltend, nämlich einen jeweils im Dezember verstärkten Arbeitsanfall sowie eine Überzahl von Urlaubsanträgen zum Jahresende.

Der Kläger ist seit 1999 als Co-Pilot bei der Beklagten, einem in E. ansässigen Luftverkehrsunternehmen, beschäftigt. Bis April 2006 hatte er als Dienstort die Station N.. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Danach gilt für den Kläger die in § 14 Abs. 2 des Manteltarifvertrages Nr. 3 Cockpitpersonal vom 10.01.2005 festgelegte planmäßige Arbeitszeit von 169 Stunden im Kalendermonat.

Mit Schreiben vom 14.09.2004 beantragte der Kläger, ihm dauerhaft den Dezember als Freimonat zu gewähren. Unter dem 06.10.2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Dezember einer der Hauptferien- und Reisemonate sei, und verwies ihn u.a. darauf, fallweise nach dem 'Tarifvertrag Freizeitmodell für das Cockpitpersonal unter dem 55. Lebensjahr' vom 10.03.1999 Freimonate zu beantragen. Auf der Grundlage dieses Tarifvertrages wurden dem Kläger die Monate Dezember 2003, Dezember 2004, Dezember 2005 und Januar 2006 als Freimonate gewährt.

Im September 2005 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf Klage erhoben.

Er hat die Behauptung der Beklagten bestritten, dass neben den Sommermonaten im Monat Dezember das höchste Flugaufkommen herrsche: Im Dezember sei der Arbeitsanfall für Copiloten an der Station N. unterdurchschnittlich niedrig. Nur für das Jahr 2006 treffe zu, dass die sog. HAJJ-Flüge (Pilger-Flüge) im Dezember stattgefunden hätten. Es sei fraglich, ob die Beklagte diese Flüge künftig anbieten werde.

Dem Hinweis der Beklagten, dass die Urlaubsanträge für die zweite Hälfte des Monats Dezember mindestens dreimal so hoch wie im Jahresdurchschnitt seien und teilweise abgelehnt werden müssten, hat der Kläger entgegen gehalten, dass die Beklagte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG Urlaubsanträge zurückweisen könne und daher die Überzahl der Anträge keinen betrieblichen Grund i. S. v. § 8 Abs. 4 TzBfG abgebe. Die hohe Zahl der Urlaubsanträge erkläre sich auch daraus, dass die Kollegen damit rechnen müssten, an den Feiertagen eingesetzt zu werden, und daher nahezu jeder Kollege für die kritischen Tage im Dezember einen Urlaubsantrag stelle.

Der Kläger hat als persönlichen Grund, den Dezember als Freimonat zu erhalten, angegeben, gemeinsam mit seiner elterlichen Familie, die jeweils zu Weihnachten in Hamburg zusammenkomme, das Weihnachtsfest feiern zu können. Da seine Bemühungen, nach Hamburg versetzt zu werden, bisher erfolglos seien, müsse er ohnehin das Jahr über damit leben, seinen privaten Lebensmittelpunkt (Hamburg) an einem anderen Ort als seinem Dienstort zu haben.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 09.12.2005 die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 die Beklagte zu verurteilen, einer Änderung seiner vertraglichen Arbeitszeit mit Wirkung ab dem 01.01.2006 in der Weise zuzustimmen, dass der Monat Dezember arbeitsfrei bleibt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, dass im Falle einer vertraglich vereinbarten Monatsarbeitszeit § 8 TzBfG keine Verteilung der Arbeitszeitverringerung auf Monate mit Vollzeitarbeit (Arbeitsphase) und Monate ohne Arbeit (Freizeitphase) gestatte. Im übrigen stehen nach Auffassung der Kammer der Freistellung im Dezember, von der der Kläger sein Arbeitszeitverringerungsverlangen abhängig macht, betriebliche Gründe entgegen (§ 8 Abs. 4 TzBfG) .

1. § 8 Abs. 1 TzBfG gibt dem Arbeitnehmer Anspruch auf Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

Der für die Gesetzesauslegung maßgebende Wortsinn (vgl. BAG, Urteil vom 13.02.1996, 9 AZR 931/94, MDR 1996, 1267) ist eindeutig: Der Gesetzgeber knüpft den Arbeitszeitverringerungsanspruch an die im Arbeitsvertrag getroffene Arbeitszeitvereinbarung. Damit kommt es auf die jeweils zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitszeitform an, mag sie in der starren oder flexiblen Festlegung einer Wochen- oder Monatsarbeitszeit bestehen (vgl. BAG, Urteil vom 30.09.2003, 9 AZR 665/02, DB 2004, 709) oder etwa in der Festlegung einer Höchstarbeitszeit (BAG, Urteil vom 27.04. 2004, 9 AZR 522/03, MDR 2005, 39). Das vereinbarte Arbeitszeitmodell ist Ausgangspunkt für die Verringerung der Arbeitszeit. Die Verringerung muss sich begriffsnotwendig innerhalb dieses Modells vollziehen, also bei einer vereinbarten Wochen- oder Monatsarbeitszeit in der Reduzierung der wöchentlich oder monatlich zu leistenden Arbeitsstunden bestehen (Hanau, NZA 2001, 1168/1170, ErfK/Preis, 6. Aufl., § 8 TzBfG, Rz. 12 [6], Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, § 8 Rz. 18; allg. ErfK/Wank, § 2 ArbZG Rz. 19). "Verringerung" bedeutet einerseits eine Ermäßigung des bisherigen Arbeitszeitvolumens, andererseits nicht etwa eine "Null-Arbeitszeit": Das TzBfG ist kein Sonderurlaubs- oder Sabbaticalgesetz. Damit stellt die Hochrechnung der Wochen- oder Monatsarbeitszeit auf eine Jahresarbeitszeit und deren Verteilung auf wöchentliche oder monatliche Arbeits- und Freistellungsphasen die Abkehr von der gesetzlichen Vorgabe dar, dass gerade und nur die Verringerung der arbeitsvertraglich festgelegten Arbeitszeit beansprucht werden kann.

2. Die Entstehungsgeschichte bestätigt den im Wortlaut der Gesetzesnorm zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers. Nach dem Regierungsentwurf (Drs. 14/4374, S. 12) sollten "voll- oder teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber eine Verringerung ihrer bisherigen Wochenarbeitszeit verlangen können ... Zu Absatz 1. Die Vorschrift schafft einen gesetzlichen Anspruch auf Verringerung der bisher vereinbarten Wochenarbeitszeit. Das Gesetz verzichtet darauf, pauschale Wochenarbeitszeitverkürzungen vorzugeben, die den Wünschen der Arbeitnehmer widersprechen und deshalb der beschäftigungspolitischen Wirkung von Teilzeitarbeit entgegenwirken könnten, z. B. durch eine allgemeine Begrenzung der Verringerung der Arbeitszeit auf eine hälftige Verkürzung der Wochenarbeitszeit." Wenn in der späteren Gesetzesfassung nicht mehr auf die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit abgestellt wurde, geschah dies allein zur Klarstellung, dass "die Vorschriften über die Verringerung der Arbeitszeit nicht nur auf eine an der Wochenarbeitszeit orientierte Arbeitszeitverteilung anwendbar sind, sondern auch andere Formen der Arbeitzeitgestaltung erfassen" (Drs. 14/4625, S. 20).

Der Gesetzgeber wollte mithin, ohne die Bindung an die jeweils vereinbarte Arbeitszeitform aufzuheben, den Teilzeitanspruch für sämtliche Vertragsformen gelten lassen.

Die Begründung des Regierungsentwurfs (Drs. 14/4374, S. 17) zu § 8 Absatz 2 TzBfG ("Der Arbeitnehmer muss die Verringerung der Wochenarbeitszeit spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Der Arbeitgeber erhält Zeit, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen und arbeitsorganisatorische oder personelle Auffangmaßnahmen vorzubereiten. Dadurch sollen Nachbesetzungsprobleme in den Betrieben vermieden werden. Der Arbeitnehmer soll deshalb mitteilen, wie er die verringerte Wochenarbeitszeit auf die Wochentage verteilen will.") belegt den gesetzgeberischen Willen, den durch die vertragliche Arbeitszeitvereinbarung festgelegten Rahmen, i. c. die Wochenarbeitszeit, beizubehalten und an dem hierauf bezogenen Arbeitszeitverringerungsanspruch und den tatsächlichen Eintritt der Verringerung die Prüfungs- und Vorbereitungsmöglichen des Arbeitgebers festzumachen. Ein Teilzeitmodell, das - wie vom Kläger verfolgt - erst nach elf Monaten und dann nur für einen Monat virulent wird, liefe den im Gesetzgebungsverfahren zu Tage getretenen Vorstellungen des Gesetzgebers zuwider.

3. Der von der Kammer präferierten Auslegung stehen systematische Gesichtspunkte nicht entgegen. § 2 Abs. 1 TzBfG definiert - entsprechend Richtlinie 97/81/EG vom 15.12.1997 i. V. m. Par. 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung umgesetzt (ABl. EG 1998 Nr. L 14) - den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nach der Unterschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit eines vollzeit-beschäftigten Arbeitnehmers oder der regelmäßigen Arbeitszeit eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraums. Die Vorschrift verhält sich hingegen nicht zu den Möglichkeiten, die einem bisher voll- oder teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer zur Verringerung seiner Arbeitszeit geboten sind. M. a. W.: Aus der Definition dessen, was alles Teilzeitarbeit ist, ist nicht zu folgern, dass der Verringerungsanspruch auf alle denkbaren Teilzeitformen geht. So umfasst § 2 TzBfG befristete Teilzeitarbeit (ErfK/Preis, § 2 TzBfG Rz. 4, Boewer, TzBfG § 2 Rz. 2), wohingegen § 8 Abs. 4 TzBfG dem Arbeitnehmer nicht ermöglicht, die Arbeitszeit befristet herabzusetzen (BAG, Urteil vom 18.03.2003, 9 AZR 126/02, ZTR 2004, 143). Dieser Unterschied zeigt gleichzeitig die Begrenztheit des für § 8 TzBfG bemühten amorphen Hinweises auf den gesetzlichen "Flexibilisierungszweck" auf.

4. a) Entgegen einer verbreiteten Auffassung (Küttner/Reinecke, Personalbuch 2005, "Teilzeitbeschäftigung" Rz. 25, Rolfs, TzBfG, § 8 Rz. 14, Arnold/Gräfl/Lehnen, TzBfG [2005], § 8 Rz. 19) rechtfertigen der Sinn und Zweck des Gesetzes, Teilzeit zu fördern und mittelbar für ein Mehr an Beschäftigung zu sorgen, nicht die Interpretation, dass der Arbeitnehmer losgelöst von der vertraglichen Vereinbarung die Arbeitszeitverringerung fordern kann, um sie in monatliche Phasen voller Arbeitsleistung und Phasen gänzlicher Arbeitsbefreiung aufzuteilen. Zum einen muss sich Gesetzesauslegung an den zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers halten, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Die herkömmlichen Auslegungsmethoden können nicht durch die schlichte Postulation eines restriktiven oder extensiven Gesetzeszwecks ersetzt werden. Zum anderen lassen sich allein aus der Erkenntnis, dass § 8 TzBfG neben dem Ausbau von Teilzeitarbeit (Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen), der Förderung der Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen und der Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensbedürfnisse der Arbeitnehmer beschäftigungspolitische Ziele verfolgt, keine zuverlässigen Schlüsse darauf ziehen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang eine Verringerung der Arbeitszeit beansprucht werden kann.

Der Befund, dass § 8 TzBfG Arbeitnehmern eine Möglichkeit geben will, die Arbeitszeit individuell an ihre Bedürfnisse anzupassen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass das TzBfG den Arbeitnehmern "größtmögliche Freiheit in der Gestaltung ihrer individuellen Arbeitszeit" einräumen will. Der gegenteiligen Auffassung der 18. Kammer (LAG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2002, LAGE Nr. 5 zu § 8 TzBfG) vermag die erkennende Kammer nicht beizupflichten. Vielmehr stellt der Regierungsentwurf (Drs. 14/4374, Seite 11, 12) heraus, dass das TzBfG bei der Ausweitung von Teilzeitarbeit ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen anstrebt, mit der EG-Richtlinie eine flexiblere Organisation der Arbeit durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für Teilzeitarbeit fördern will, die sowohl den Wünschen der Arbeitnehmer als auch den Erfordernissen des Wettbewerbs gerecht wird, und dass die berechtigten organisatorischen und planerischen Interessen der Arbeitgeber gewahrt bleiben müssen. Im Licht dieser Entwurfsbegründung überzieht die Sichtweise, dass § 8 TzBfG dem Arbeitnehmer größtmögliche Gestaltungsfreiheit gewähren will, den Gesetzeszweck.

Auch die Erwägung, dass die Bindung des Verringerungsverlangens an die vertraglich vereinbarte Arbeitszeitform "bei Mitarbeitern, die nach ihrem Arbeitsvertrag eine tägliche Arbeitszeit haben, bedeuten würde, dass sie nicht einmal in der Lage wären, einen ganzen Tag in der Woche nicht zur Arbeit zu erscheinen" (LAG Düsseldorf vom 01.03.2002, a.a.O.), vermag die Kammer nicht von ihrer gegenteiligen Auffassung abzubringen. Wenn Parteien in Arbeitsverträgen eine tägliche Arbeitszeit festlegen, so pflegen sie deshalb nicht auf die Vereinbarung einer (starren oder flexiblen) Wochen- oder Monatsarbeitszeit oder einer Jahresarbeitszeit zu verzichten.

Hielte man die Verteilung der Arbeitszeitverringerung auf Arbeits- und Freizeitphasen nach Gusto des Arbeitnehmers für zulässig, könnte dieser sein Verringerungsverlangen an "Sahnestückchen" (z.B. Freizeitphase in den Schulferien, im Zusammenhang mit Feier- bzw. Brückentagen, Arbeitsphase in Zeiten schwachen Arbeitsanfalls) orientieren. Der vorliegende Fall ist symptomatisch: Mit dem arbeitsfreien Monat Dezember sichert der Kläger sich wiederkehrenden Sonderurlaub, insbesondere die besonders begehrte Freizeit in der zweiten Monatshälfte zu Lasten der Arbeitskollegen, deren Urlaubsantrag wegen seines Fehlens zurückgewiesen werden muss. Insoweit mag die einzelnen Arbeitnehmern dauerhaft zugestandene arbeitsfreie Periode zu bestimmten Zeiten (in den Schulferien) deren individuellen Lebensbedürfnisse, z.B. nach Ski- oder Segelurlaub oder nach zur Selbsterfahrung und Selbstverwirklichung frei verfügbarer Zeit, entgegen kommen. Die aus § 8 TzBfG hergeleitete Inanspruchnahme derartiger Freizeitblöcke würde freilich die auf berufliche Gleichbehandlung von Mann und Frau gerichtete Zielsetzung des Gesetzes in ihr Gegenteil verkehren und die für die Gewährung von anderer Freizeit, insbes. Erholungsurlaub, statuierten sozialen Vergabekriterien (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) leer laufen lassen.

Schließlich ist zweifelhaft, ob die Zusammenfassung des verringerten Arbeitszeitvolumens zu Freizeitblöcken geeignet ist, den beschäftigungspolitischen Gesetzeszweck, komplementäre Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen, zu verwirklichen. Nimmt man den Streitfall als Beispiel, könnte bzw. würde die Beklagte den Ausfall des Klägers im Dezember nicht durch die befristete Einstellung einer Ersatzkraft, i.c. eines auf den Flugzeugmustern A 320/312 und A 330 einsetzbaren Co-Piloten, ausgleichen.

b) Die Erkenntnis, dass generell durchgreifende Bedenken gegen eine Zusammenfassung des verringerten Arbeitszeitvolumens zu einem jährlichen Freizeitblock bestehen, schließt nicht aus, dass ausnahmsweise in einem Einzelfall aufgrund besonderer Umstände nach Abwägung der wechselseitigen Interessen diese Bedenken überwindbar erscheinen. Indessen hat nach herrschender Auffassung im Rahmen des § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG keine einzelfallbezogene Interessenabwägung stattzufinden (BAG, Urteil vom 09.12.2003, 9 AZR 16/03, MDR 2004, 1007, a. A. KDZ/Zwanziger, Kündigungsrecht, § 8 TzBfG, Rz. 17). Hierfür sprechen Gründe der Gesetzessystematik (ErfK/Preis, § 8 TzBfG, Rz. 25) und auch der Praktikabilität. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, dieser Problematik nachzugehen. Beim Kläger liegt unter Zugrundelegung der von ihm selbst angeführten Gründe keine Ausnahmesituation vor.

5. Ohne Erfolg reklamiert der Kläger für seinen Standpunkt eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG. Nach seiner Auffassung läuft die Bindung des Anspruchs auf Arbeitszeitverringerung an die jeweils arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit (z.B. Wochen- , Monats- oder Jahresarbeitszeit) auf einen Grundrechtsverstoß hinaus, weil dann der Anspruch von bloßen Zufälligkeiten, nämlich die im Einzelfall getroffene Arbeitszeitvereinbarung abhängig gemacht werde. Bereits die Vorinstanz hat mit zutreffenden Erwägungen (Seite 12 f. des Urteils) den Einwand des Klägers zurückgewiesen und das Vorliegen unterschiedlicher Arbeitszeitvereinbarungen als legitimen Differenzierungsgrund erachtet.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung sich nicht finden lässt, so dass die Bestimmung als objektiv willkürlich bezeichnet werden muss. Der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gleichheitssatz verbietet es, gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln (BVerfG, Urteil vom 27.09.2005, ZTR 2005, 608). Bei der Ordnung von Massenerscheinung ist der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 04.04.2001, ZTR 2001, 380, BAG, Urteil vom 05.09.2002, 9 AZR 355/01, ZTR 2003, 150). Im Rahmen seines Gestaltungsauftrags ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen anknüpft und wie er von Rechts wegen zu begünstigende Personengruppen definiert. Bei der Überprüfung, ob ein begünstigendes Gesetz die Abgrenzung des begünstigten vom nichtbegünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vorgenommen hat, ist daher nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Er darf den begünstigten von dem nichtbegünstigten Personenkreis nur nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht "willkürlich" abgrenzen. Der Gleichheitssatz verlangt vielmehr, dass sich eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung des begünstigten und des nicht begünstigten Personenkreises auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen lässt (BVerfG vom 18.12.2002, DB 2003, 371). Eine Grenze ist dann erreicht, wenn durch Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG vom 24.08.2005, FamRZ 2005, 1895).

b) Die Kammer braucht nicht darauf abzustellen, dass der Kläger einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss durch § 8 TzBfG in Bezug auf Arbeitnehmer, die eine Monatsarbeitszeit haben und insoweit - wie vorliegend aufgrund unternehmensweiter Anwendung des Tarifvertrages - unterschiedslosgleich behandelt werden, nicht dargelegt hat. Sie braucht auch nicht darüber zu befinden, ob, falls § 8 TzBfG hinsichtlich der Anknüpfung an die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit den Gleichheitssatz verletzen sollte, einzig die vom Kläger befürwortete Auslegung verfassungskonform und geboten wäre. Denn ein Grundrechtsverstoß scheitert bereits daran, dass eine Regelung, die eine Verringerung der bisherigen Arbeitszeit intendiert, an die bisherige, also vertraglich vereinbarte Arbeitszeit anknüpfen und "Kongruenz" vorsehen darf. Darin liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Differenzierung, zumal - wenn man eine Besserstellung des Arbeitnehmers, mit dem eine über den Monatszeitraum hinausgehende Arbeitszeit vereinbart ist, gegenüber Arbeitnehmern mit vereinbarter Monatsarbeitszeit annimmt - lediglich eine verhältnismäßig kleine Gruppe bevorzugt wird und der Gleichheitsverstoß nicht sehr intensiv wirkt.

II. Dem mit Freistellung im Dezember verknüpften Verlangen des Klägers nach Arbeitszeitverringerung stehen jedenfalls betriebliche Gründe i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG entgegen. Nach der BAG-Rechtsprechung (Urteil vom 21.06.2005, 9 AZR 409/04, DB 2006, 105) genügt, dass der Arbeitgeber rational nachvollziehbare und hinreichend gewichtige betriebliche Gründe vorträgt; das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe ist nicht erforderlich.

1. Für die Prüfung, ob die Gründe zur Ablehnung berechtigen, ist auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches durch den Arbeitgeber abzustellen (BAG, Urteil vom 18.02.2003, 9 AZR 356/02, ZTR 2003, 574, Preis/Meng, Innovative Arbeitsformen, S. 315). Damit kommt es vorliegend auf die Zeit an, in der Dienstort des Klägers die Station N. war. Die Verhältnisse der Station C., wo der Kläger seit Anfang Mai 2006 tätig ist, sind demgegenüber unerheblich.

2. Nach Auffassung der Kammer lassen sich die zur "Normalkonstellation" entwickelten Prüfungsmaßstäbe nicht ohne weiteres auf das streitgegenständliche Arbeitszeitverringerungsverlangen übertragen. Typischerweise geht es dem Arbeitnehmer um eine regelmäßige Reduzierung der Wochenarbeitszeit (Absenkung der täglichen Arbeitszeit, Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf einzelne Wochentage). Dadurch werden die mit dem neuen "Dauerzustand" verbundenen betrieblichen Auswirkungen für die Beurteilung und Dispositionen des Arbeitgebers maßgebend. Weil er gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG relativ zeitnah zu dem gewünschten Beginn der Verringerung die "betrieblichen Gründe" beurteilen kann, sind seine Möglichkeiten einer fundierten und verlässlichen Prognose deutlich besser als in dem hier vorliegenden Fall, in dem die Arbeitszeitverringerung praktisch erst elf Monate nach ihrem Beginn und dann - begrenzt auf einen Monat - mit voller Wucht eintritt. So kann die Beklagte - bezogen auf den Monat Dezember des ersten Teilzeitjahres - Personalbedarf und Personalkapazitäten nur eingeschränkt vorhersehen. Noch weniger kann sie den Auslastungsgrad in den nachfolgenden Dezembermonaten prognostizieren. Zwar bedeuten diese Umstände allein noch nicht, dass das Verringerungsverlangen des Klägers die Betriebsorganisation und den Arbeitsablauf wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Es hat jedoch angesichts des üblichen, zumindest möglichen Flugaufkommens im Dezember sowie der Überzahl der für diesen Monat bzw. für das Jahresende gestellten Urlaubsanträge zur Konsequenz, dass anderen Copiloten beantragten Erholungsurlaub im Kalenderjahr nicht mehr gewährt werden kann und übertragen werden muss und/oder das Fehlen des Klägers, weil praktisch nicht durch Einstellung einer Ersatzkraft kompensierbar, durch den Einsatz an anderen Orten stationierter Copiloten in N. (mit dem entsprechenden Aufwand) ausgeglichen werden muss. Wenn die Beklagte eine Arbeitszeitverringerung zu diesen Bedingungen ablehnt, hat sie rational nachvollziehbare und hinreichend gewichtige betriebliche Gründe.

Die Kammer hält dafür, dass die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer einen Ablehnungsgrund i.S.v. § 8 Abs. 4 TzBfG abgeben können. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall. Nach allen Erfahrungen in den Vorjahren ist für Dezember, insbes. die zweite Monatshälfte, eine Überzahl von Anträgen auf Erholungsurlaub zu erwarten. Die Beklagte ist nicht nur im Hinblick auf § 5 der "Betriebsvereinbarung Nr. 2 Urlaubsvergabe Cockpit Personal", sondern auch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG gehalten, den Urlaub im laufenden Kalenderjahr und also noch offenen Urlaub möglichst bis zum Jahresende zu gewähren. Mit der Durchsetzung seines Arbeitszeitverringerungsverlangens würde der Kläger die sonst anderen Kollegen mögliche Inanspruchnahme von Dezember-Urlaub einschränken. Dass die Beklagte die aus der Arbeitszeitverringerung nach § 8 TzBfG resultierende Sonderstellung des Klägers nicht festschreiben will, ist aus den vorgenannten Gründen und mit Blick auf die innerbetriebliche Vergabegerechtigkeit nachvollziehbar (wohl a. A. ErfK/Preis, § 8 TzBfG, Rz. 34, mit Hinweis auf das - freilich anders gelagerte - Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 11.02.2004 [ZTR 2004, 324]).

3. Der Kläger kann sein Begehren nicht damit stützen, dass die Beklagte ihm gemäß dem "Tarifvertrag Freizeitmodell für das Cockpitpersonal unter dem 55. Lebensjahre" in den vergangenen drei Jahren den Dezember als Freimonat gewährte. Der Tarifanspruch bestimmt sich nach eigenen Voraussetzungen und Vergabekriterien und entsteht nur "von Fall zu Fall". Die vorliegende Klage ist demgegenüber auf die dauerhafte Gewährung des Monats Dezember als "Freimonat" gerichtet.

Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass der Kläger mit seinem Arbeitszeitverringerungsverlangen die Tarifregelung unterlaufe. Ob dem zuzustimmen ist und ob dem gesetzlichen Anspruch nach § 8 TzBfG die in einem tariflichen Teilzeitmodell vorgesehene Freizeitgewährung als betrieblicher Grund entgegen gehalten werden kann, ist allerdings problematisch (vgl. Kammerurteil vom 14.12.2005, ZTR 2006, 193= DB 2006, 510), bedarf hier aber keiner Entscheidung.

III. Die Kosten der Berufung hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

Die Kammer hat gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ArbGG die Revision zugelassen. Die Kammer sieht eine Divergenz zum Urteil der 18. Kammer vom 01.03.2002 (a.a.O.). Zudem lässt die Kommentierung von Küttner/Reinecke (a.a.O., Rz. 25) zu der Frage, ob sich die verlangte Arbeitszeitverringerung bzw. die Verteilung im Rahmen der bisherigen Arbeitszeitform halten muss, eine andere Antwort des 9. Senats des Bundesarbeitsgerichts erwarten. Des weiteren ist klärungsbedürftig, wie die betrieblichen Gründe i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 1 u. 2 TzBfG geartet sein müssen, wenn die Arbeitszeitverringerung auf Zeiträume vollzeitiger Arbeit und völliger Arbeitsfreistellung aufgeteilt werden soll und die Freistellungsphase erst geraume Zeit nach dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung eintreten soll.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann vom Kläger

Revision

eingelegt werden.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.



Ende der Entscheidung

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