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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 12 Sa 191/04
Rechtsgebiete: TVG, GG, Eingruppierungstarifvertrag


Vorschriften:

TVG § 1
GG Art. 3
Eingruppierungstarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Tarifauslegung - Begriff des "Systemtechnikers" - Abgrenzung zu den Tätigkeitsbeispielen für "FS-Ingenieure"
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 Sa 191/04

Verkündet am 19. Mai 2004

In Sachen

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Richter und den ehrenamtlichen Richter Seile

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.12.2003 wird

1. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 1 des Eingruppierungstarifvertrages für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 20.08.1993 ab dem 01.04.2003 zu zahlen,

2. die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 5.982,87 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger trat am 01.04.1998 als Flugsicherungstechniker in die Dienste der Beklagten, die sich mit der Sicherung des zivilen und militärischen Luftverkehrs in Deutschland (Flugsicherung [FS]) befasst. Der Kläger ist in der DFS Regionalkontrollstelle E. eingesetzt. Nach § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 10.02.1998 finden der Manteltarifvertrag (MTV) für die bei der DFS GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und die den MTV ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Nach § 19 Abs. 1 MTV i. d. F. v. April 2001 sowie nach § 5 Abs. 1 des Vergütungstarifvertrages (VTV) erfolgt die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "nach den überwiegend ausgeübten Tätigkeiten, soweit sie nicht nur vorübergehend wahrgenommen werden".

Die Beklagte beschäftigt im operativen Flugsicherungsdienst Techniker und Ingenieure, die für ihre Tätigkeit Erlaubnisse und Berechtigungen benötigen, die das Luftfahrtbundesamt auf der Grundlage der Verordnung über das erlaubnispflichtige Personal der Flugsicherung und seine Ausbildung (FSPAV) vergibt. Indem das Vorliegen von Techniker- oder Ingenieurlizenzen für die Durchführung von Aufgaben vorgeschrieben ist, hängt die Ersetzbarkeit der Techniker und Ingenieure von ihrer jeweils erworbenen Einsatzberechtigungsgruppe (EBG) ab. Der Erwerb der (ersten) Teil-EBG oder der vollen EBG für Techniker bzw. für Ingenieure ist nach dem Eingruppierungstarifvertrag (ETV) auch Kriterium für die Eingruppierung der FS-Techniker, Systemtechniker und FS-Ingenieure.

Die "Teil-Ingenieurberechtigung" wird bei Erwerb von zwei Ingenieurberechtigungen und die "volle Ingenieurberechtigung" bei Erwerb von drei Ingenieurberechtigungen, zwei Pflichttechnikerberechtigungen und einer weiteren Technikerberechtigung erreicht. Der Kläger erwarb die Ingenieurberechtigungen "ILS-SN 410" am 29.05. 2002, "ILS 4000" am 27.09. 2002 und "DME FSD 40/45" am 22.10.2002, die Pflichttechnikerberechtigungen "D/VOR 4000" am 23.08.2001 und "NDB" am 09. 08. 2002 sowie eine weitere Technikerberechtigung, nämlich "Sprachdokumentation analog" am 24.11.2000. Seit dem 01.10.2002 übt er zu mehr als 50 % der Arbeitszeit tatsächlich Ingenieurstätigkeiten aus, für die die volle Einsatzberechtigung für Ingenieure erforderlich ist.

Zum 01.11.2000 gruppierte die Beklagte den Kläger in die Vergütungsgruppe 7 Stufe 1 ETV ein.

Mit der vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhobenen Feststellungs- und Zahlungsklage macht der Kläger geltend, dass er seit dem 01.10.2002 das Tätigkeitsbeispiel der Vergütungsgruppe 8 "Systemtechniker nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure" erfülle. Er verlangt ab dieser Zeit Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 1 ETV und beziffert die im Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 31.03.2003 aufgelaufene Vergütungsdifferenz unter Einschluss einer Erhöhung der Zulage für Systemtechniker in Regionalstellen und einer Weihnachtsgeldvergütung im November 2002 auf insgesamt 5.982, 87 EUR brutto.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8 Stufe 1 des Eingruppierungstarifvertrages für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 20.08.1993 ab dem 01.04.2003 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5.982, 87 EUR brutto gem. § 8 VTV nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 288 BGB ab 01. 04. 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält entgegen, dass der ETV den Aufstieg des FS-Ingenieurs in die Vergütungsgruppe 8 erst "nach mindestens sechs Jahren berechtigungspflichtige Tätigkeit und mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG" vorsehe. Nach der Intention der Tarifvertragsparteien, den Systemtechniker dem Ingenieur gleichzustellen, müsse für den Systemtechniker dieselbe (Mindest-)Tätigkeitsdauer gelten.

Das Arbeitsgericht hat nach Einholung einer Tarifauskunft bei den am Abschluss des ETV beteiligten Personen - L. F. (Verdi, vormals für die DAG), K. T. und I. N. (Beklagte) und Frau S. (Tarifkommission VDF) - durch Urteil vom 18.12.2003 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der "Systemtechniker" ein dem FS-Ingenieur gleich gestellter Techniker sei und also wie dieser erst "nach mindestens sechs Jahren berechtigungspflichtiger Tätigkeit und mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG" in Vergütungsgruppe 8 ETV einzugruppieren sei.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens und seiner Anträge das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen an. Die Beklagte verteidigt das Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist begründet. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 8 des § 2 ETV, so dass dem Feststellungsantrag und dem Zahlungsantrag, gegen dessen Berechnung und Höhe die Beklagte keine Einwände erhebt, stattzugeben ist. Im Gegensatz zur Vorinstanz und zur Auffassung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 15.01.2004, 9 Sa 383/03, n.v.) hält die Kammer die Tarifauslegung des Landesarbeitsarbeitsgerichts C. (Urteil vom 23.07.2003, 2 Sa 4120/02, n.v.) für zutreffend.

1. a) Der Eingruppierungstarifvertrag (ETV) bestimmt, soweit hier von Interesse, Folgendes:

Gruppe 6

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tätigkeiten ausfuhren, die in der Regel selbständig ausgeführt werden und für die zusätzliche Erfahrungen erforderlich sind oder zusätzliche Qualifikationen, welche im Wege der Fachhochschulausbildung oder der beruflichen Fortbildung oder durch qualifizierte DFS-spezifische Ausbildung erworben werden, z.B. Tätigkeiten im operativen FS-Dienst als

- Lotse ...

- Senior FDB....

- Senior FS-Techniker nach mindestens 6 Jahren nach Erwerb der vollen EBG, davon die letzten zwei Jahre mit Ausbilderberechtigung oder Wahrnehmung von Sonderaufgaben.

...

Gruppe 7

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tätigkeiten der Gruppe 6 wahrnehmen, die ein darüber hinaus gehendes Maß an Erfahrung oder Selbständigkeit erfordern und entsprechende Verantwortung beinhalten, z. B.: Tätigkeiten im operativen FS-Dienst als

- Lotse ...

- Senior Lotse TWR-E ...

...

- FS-Ingenieur

- Systemtechniker nach Erwerb der ersten Teil-EBG für Ingenieure

Gruppe 8

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tätigkeiten wahrnehmen, welche ein hohes Maß an Selbständigkeit und Verantwortung beinhalten oder wesentlich erweiterte und vertiefte Fachkenntnis erfordern, z. B. Tätigkeiten im operativen FS-Dienst als

- FS-Ingenieur nach mindestens sechs Jahren berechtigungspflichtiger Tätigkeit und mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG - Systemtechniker nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure.

...

Protokollnotiz zu Gruppe 8

Mit der Möglichkeit, einen Systemtechniker in Gruppe 8 einzugruppieren, wird nicht das Ziel verfolgt, weniger Ingenieure einzustellen. Nur für einen kleinen Teil besonders qualifizierter Systemtechniker kommt die Eingruppierung in die VG 8 zum Tragen. Diese Techniker sollen dann auch die gleiche Qualifikation für die Tätigkeit in der VG 8 wie Ingenieure haben. Dies geschieht, indem sie die EBG für Ingenieure erwerben. Nach weiterer Qualifikation können diese Systemtechniker auch in die VG 9 aufsteigen. Parallel dazu werden Ingenieure von der VG 7 über die VG 8 zur VG 9 geführt; der erforderliche Personalbedarf kann von diesen hochqualifizierten Systemtechnikern allein nicht sichergestellt werden.

b) Der Kläger erfüllt seit Oktober 2002 die Voraussetzungen des Tätigkeitsbeispiels in Vergütungsgruppe 8 "Systemtechniker nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure".

Weder im Wortlaut noch in der Systematik oder dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die Eingruppierung des Systemtechnikers in Vergütungsgruppe 8 erst nach einer bestimmten Tätigkeitszeit, insbesondere der den FS-Ingenieuren abverlangten Tätigkeitszeit ("nach mindestens sechs Jahren berechtigungspflichtiger Tätigkeit und mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG") - so die Vorinstanz - oder der vom Senior FS-Techniker absolvierten Beschäftigungszeit - so das Sächs. LAG (a.a.O.) - erfolgt. Vielmehr wird der "Systemtechniker" eigenständig und unter Abgrenzung der für den FS-Techniker und FS-Ingenieur geltenden Eingruppierungsmerkmale vom ETV in den Vergütungsgruppen 7 und 8 erfasst und eingestuft. Dass hiernach im Einzelfall der Systemtechniker vor dem Ingenieur die Vergütungsgruppe 8 erreichen kann, ist weder "ein unvernünftiges, wenig sachgerechtes Ergebnis" (Sächs. LAG (a.a.O.) noch unter Gleichbehandlungsaspekten problematisch und nicht einsichtig (so die Vorinstanz), sondern erscheint - abgesehen von der Eindeutigkeit der Tarifregelung und der Praxisnähe eines solchen Tarifverhandlungsergebnisses - als sinnvolle, auch gegenüber den "Jung"-Ingenieuren gerechte Lösung.

Im Einzelnen ergibt sich die Begründetheit der Klage daraus, dass nach den anerkannten Regeln der Tarifauslegung (2.) der Wortlaut und der tarifliche Gesamtzusammenhang zu dem eindeutigen Befund führen, dass der ingenieurmäßig eingesetzte Systemtechniker mit Erwerb der vollen EBG in Vergütungsgruppe 8 eingruppiert ist (3.), dies auch dem im ETV zum Ausdruck gelangten, von den Tarifvertragsparteien beabsichtigten Sinn und Zweck der Eingruppierungsregelung entspricht (4.) und weder Erwägungen der Gleichbehandlung (5.) noch die erstinstanzlich eingeholten Tarifauskünfte (6.) ein anderes Auslegungsergebnis rechtfertigen.

2. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der Spruchpraxis des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 21.08.2003, 8 AZR 430/02, AP Nr. 185 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, Urteil vom 22.10.2002, 3 AZR 664/01, AP Nr. 185 zu § 1 TVG Auslegung, Urteil vom 16.05.1995, 3 AZR 395/94, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie) den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt.

Für die Auslegung von tariflichen Eingruppierungsregelungen gilt, wie das Arbeitsgericht im Einklang mit der BAG-Judikatur (BAG, Urteil vom 21.06.2000, 4 AZR 394/99, AP Nr. 7 zu § 20 BMT-G II, Urteil vom 17.04. 2003, 8 AZR 482/01, n.v., Urteil vom 05.02.2004, 8 AZR 600/02, n.v.) ausgeführt hat, die Maxime, dass, wenn in Vergütungsgruppen den allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen (Oberbegriff) konkrete Tätigkeiten oder Funktionsbezeichnungen beigefügt sind, die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann erfüllt sind, wenn eine solche Funktion oder Tätigkeit gegeben ist. Freilich ist es hier bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen geboten, die von den Tarifvertragsparteien in den Oberbegriffen oder Obersätzen festgelegte Wertigkeit der Tätigkeit jeweils mit heranzuziehen.

3. Der Kläger wird i. S. der Vergütungsgruppen 7 und 8 ETV als "Systemtechniker" beschäftigt. Dem Systemtechniker werden weder in dem maßgebenden Tätigkeitsbeispiel der Vergütungsgruppe 8 noch in dem Ausgangsbeispiel der Vergütungsgruppe 7 irgendwelche Vor-Beschäftigungszeiten abverlangt. Der Wortlaut ist eindeutig.

a) Der Qualifizierung des Klägers als "Systemtechniker" folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Beklagte ihn zum 01.11.2000 in die Vergütungsgruppe 7 eingruppierte. Zum einen begründet die arbeitsvertragliche Gewährung der Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe weder den Beweis noch die Vermutung dafür, dass die von dem Angestellten auszuübende Tätigkeit den tariflichen Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entspricht. Zum anderen ist jedenfalls bei der vom Arbeitnehmer begehrten Höhergruppierung das Vorliegen sämtlicher Merkmale der höheren Vergütungsgruppe festzustellen.

b) Der Begriff des "Systemtechnikers" wird im Tarifvertrag nicht definiert.

Es besteht auch kein einheitliches Berufsbild. Der Begriff bezeichnet vielmehr eine Berufstätigkeit, die - auch wenn sie regelmäßig eine Ausbildung z.B. als Elektro-, Mess- oder Regeltechniker voraussetzt - den Mitarbeiter in seiner Funktion (wie etwa den Konstrukteur oder Versuchstechniker) beschreibt. Die Funktion des Systemtechnikers besteht in Abgrenzung von anderen Technikern darin, sich in dem jeweiligen Arbeitsfeld, etwa in der Automatisierungs-, Energie-, Mess- und Regeltechnik, im Tele-/Kommunikations- und IT-Bereich (vgl. Blätter für Berufskunde, 0-2200, S. 23 f.) oder in der Datenverarbeitung, weniger mit einzelnen Elementen, Vorgängen und vorstrukturierten Abläufen, sondern mit deren Zusammenwirken in (kompletten) Systemen zu befassen und -bei ingenieurmäßigem Zuschnitt der Tätigkeit - die komplexen und hochtechnischen Problemlösungen vorausschauend in ein System-Denken einzuordnen. In diesem Sinn grenzt auch die Durchführungsrichtlinie der FSPAV für die FS-Technik definitionsmäßig die Ingenieur-Berechtigung (Nr. 3.3.2) von der Techniker-Berechtigung (Nr.3.3.3) ab. Während für die EBG für Ingenieure "aufgrund hochkomplexer Systeme bzw. Systemarchitektur von Fall zu Fall eine problemorientierte Störungs-/Fehleranalyse auf der Grundlage entsprechenden Ingenieurwissens erforderlich ist", genügt für die EBG für Techniker, dass "die Störungs- resp. Fehleranalyse i.d.R. auf der Basis eines näherungsweise festgelegten und beschriebenen Verfahrens durchgeführt werden kann". Damit ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wie vor dem Hintergrund des besonderen Sprachgebrauchs in der Flugsicherung festzustellen, dass der Begriff des "Systemtechnikers" eine Funktion und deren Übertragung aufgrund entsprechender fachlicher Qualifizierung bezeichnet. Dieser Befund schließt es grundsätzlich aus, aus dem Begriff andere oder weitere Voraussetzungen abzuleiten, insbesondere eine Berufserfahrung von bestimmter Dauer zu präsumieren.

c) Die Vergütungsgruppe 8 ETV setzt weder im Oberbegriff noch im Tätigkeitsbeispiel "Systemtechniker nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure" eine Tätigkeitsdauer für die Eingruppierung voraus. Der Oberbegriff beschränkt sich auf die Benennung von Anforderungen an Selbständigkeit, Verantwortung und Fachkenntnis. Das Tätigkeitsbeispiel stellt - wie das entsprechende Tätigkeitsbeispiel in Vergütungsgruppe 7 - gerade und nur auf den Erwerb einer konkreten Formalqualifikation ab.

Der Umstand, dass die "EBG für Ingenieure" tarifliches Ein- bzw. Höhergruppierungsmerkmal ist und die Erläuterungen in der Protokollnotiz zu Gruppe 8 geben einen Hinweis darauf, dass - in Abgrenzung zum FS-Techniker und FS-Senior-Techniker - die Eingruppierung des "Systemtechnikers" in die Vergütungsgruppen 7 bis 9 wegen des ingenieurmäßigen Zuschnitts seiner Tätigkeit und der "gleichen Qualifikation für die Tätigkeit ... wie Ingenieure" erfolgt. Dies ist zwar Indiz dafür, dass die Tarifvertragsparteien sich unter "Systemtechniker" den ingenieursähnlich tätigen FS-Techniker vorstellten. Gleichzeitig gibt jedoch diese Einschätzung der Tarifvertragsparteien vom Ansatz her ebenso wenig etwas dafür her, dass die Funktion/Tätigkeit des Systemtechnikers zusätzlich nach dem Vorliegen einer vorher zurückgelegten Beschäftigungszeit zu definieren sei.

Die Wortlauslegung wird bestätigt durch die Analyse der tariflichen Normierungstechnik: In Vergütungsgruppe 8 wie in den anderen Vergütungsgruppen wird in den jeweiligen Tätigkeitsbeispielen angegeben, ob und, falls ja, welche Tätigkeitsdauer vorausgesetzt wird. Aus der differenzierten Aufführung der Eingruppierungsmerkmale ist die Schlussfolgerung abzuleiten, dass der Mitarbeiter eine bestimmte Tätigkeitsdauer nur dort aufweisen muss, wo diese explizit verlangt ist. Hätten die Tarifvertragsparteien solches für die Eingruppierung des "Systemtechnikers nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure" gewollt, hätte nichts näher gelegen als die schlichte Übernahme der Zeitmerkmale aus dem vorhergehenden Tätigkeitsbeispiel "FS-Ingenieur nach mindestens sechs Jahren berechtigungspflichtiger Tätigkeit und mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG". Außerdem hätte es sich angeboten, die Eingruppierungsvoraussetzung der längeren Beschäftigungszeit in der Funktionsbezeichnung selbst auszudrücken, so wie dies in den Bezeichnungen "Senior FS-Techniker" und "Senior-Lotse" geschehen ist. Wenn die Tarifvertragsparteien hiervon in anderen Tätigkeitsbeispielen, namentlich in dem Fallbeispiel "Systemtechniker nach Erwerb der vollen EBG für Ingenieure", abgesehen haben, hat ein abweichender wirklicher Wille, auch für die Erfüllung dieser Tätigkeitsbeispiele eine bestimmte Beschäftigungsdauer zu verlangen, jedenfalls in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden. Damit muss ein solcher Wille bei der Tarifauslegung unberücksichtigt bleiben.

d) Eine andere Betrachtung wäre angezeigt, wenn mit dem "Systemtechniker" der Vergütungsgruppe 7 und 8 der "Senior FS-Techniker" der Vergütungsgruppe 6 gemeint wäre und es sich insoweit um Aufbaufallgruppen handelte. Dann würde die Eingruppierung als Systemtechniker die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale des Senior FS-Technikers ("nach mindestens 6 Jahren nach Erwerb der vollen EBG, davon die letzten zwei Jahre mit Ausbilderberechtigung oder Wahrnehmung von Sonderaufgaben") voraussetzen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt und mit den unterschiedlichen Bezeichnungen begründet hat, bauen die Tätigkeitsbeispiele indessen nicht aufeinander auf. Angesichts der für den Senior FS-Techniker erforderlichen Tätigkeitsmerkmale, insbesondere Mindestdauer der Beschäftigung wäre es den Tarifvertragsparteien ein Leichtes gewesen, die Absicht, entsprechende Beschäftigungszeiten ebenfalls dem "Systemtechniker" abzuverlangen, zum Ausdruck zu bringen. Insoweit ist aus der eigenständigen, voneinander abweichenden Fassung der Eingruppierungsmerkmale in Gruppe 6 und Gruppe 7 zu folgern, dass die Tarifvertragsparteien den Willen hatten, für die Eingruppierung des "Systemtechnikers" keine verbindliche Mindestbeschäftigungszeiten zu verlangen. Dem entspricht es, dass der Systemtechniker wie der FS-Ingenieur nach der Wertigkeit der Tätigkeit die Merkmale des Oberbegriffs der Gruppe 7 erfüllt, überdies den Erwerb der ersten Teil-EBG für Ingenieure aufzuweisen hat. Unter diesem Aspekt erfährt das Tätigkeitsbeispiel für den FS-Ingenieur, dessen Einstufung in Gruppe 7 keine Mindestbeschäftigungszeiten voraussetzt, eine konsequente Umsetzung in dem Tätigkeitsbeispiel für Systemtechniker. Weiterhin hat das Arbeitsgericht unter Auswertung der eingeholten Tarifauskünfte zutreffend festgestellt, dass ein formales Durchlaufen der Vergütungsgruppe 6 vor einer Eingruppierung in die Gruppe 7 nicht erforderlich sein und der FS-Techniker mit dem Erwerb der ersten Teil-EBG für Ingenieure nach der Tarifsystematik den "Einstieg in die Ingenieurslaufbahn" erreichen sollte. Die Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob die Einholung einer Auskunft der Tarifvertragsparteien veranlasst war, denn die übereinstimmenden subjektiven Vorstellungen der Tarifvertragsparteien können nur dann bei der Tarifvertragsauslegung berücksichtigt werden, wenn sich für sie Anhaltspunkte im Tarifwortlaut oder Tarifzusammenhang ergeben (BAG, Urteil vom 23.02.1994, 4 AZR 224/93 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge Kirchen, Urteil vom 19.11.1996, 9 AZR 712/95, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Krankenanstalten). Liegt eine Tarifauskunft vor, so steht nichts entgegen, dass das Gericht sein aus dem tariflichen Wortlaut und Gesamtzusammenhang abgeleitetes Auslegungsergebnis mit dem Inhalt der Tarifauskünfte, falls übereinstimmend und ergiebig, abgleicht (vgl. BAG, Urteil vom 20.08.2002, 9 AZR 261/01, AP Nr. 27 zu § 38 BetrVG 1972).

4. a) Das Arbeitsgericht hat begrifflich in dem Systemtechniker "nichts anderes als ein dem Ingenieur gleichgestellter Techniker" gesehen und danach die Voraussetzung, nach denen ein Ingenieur in die Vergütungsgruppe 8 gelangt, nämlich eine mindestens sechsjährige berechtigungspflichtige Tätigkeit mit der EBG für Ingenieure, in das Tätigkeitsbeispiel des Systemtechnikers der Vergütungsgruppe 8 hineingelesen. "Sinn und Zweck der Eröffnung der Ingenieurslaufbahn für Techniker war deren dann erfolgende Gleichstellung mit den Ingenieuren, nicht aber eine Bevorzugung gegenüber den Ingenieuren, was zudem Gleichbehandlungsprobleme verursachen würde. Es ist für die Kammer nicht einsichtig, dass und warum die Tarifparteien es gewollt haben, den Techniker, der in die Ingenieurslaufbahn gewechselt ist, schon nach sehr viel kürzerer Zeit als den Ingenieur - wie der hier streitgegenständliche Fall zeigt - bei Ausübung der gleichen Tätigkeit gemäß Vergütungsgruppe 8 zu entlohnen, es dem Ingenieur jedoch zu verwehren. Ein einleuchtender sachlicher Grund dafür fehlt."

b) Dieser Argumentation vermag die Kammer nicht beizupflichten. Sie stimmt zwar dem Arbeitsgericht in der Auffassung zu, dass die tarifliche Eingruppierung des "Systemtechnikers" in die Vergütungsgruppen 7 bis 9 an dem ingenieurmäßigen Zuschnitt seiner Tätigkeit und wegen der "gleichen Qualifikation für die Tätigkeit ... wie Ingenieure" (Protokollnotiz) orientiert ist. Dieser Ausgangspunkt lässt jedoch die Erkenntnis unberührt, dass typischerweise Techniker und Ingenieur eine unterschiedliche Ausbildung durchlaufen und einen unterschiedlichen beruflich-betrieblichen Werdegang aufweisen. Daher ändert die Absicht des ETV, den Techniker, dem die Funktion des "Systemtechniker" übertragen ist und der zunächst die erste Teil-EBG und dann die volle EBG für Ingenieure erworben hat, vergütungsmäßig dem FS-Ingenieur ohne EBG bzw. nach Erwerb der vollen EBG gleichzustellen, nichts an der sich aus der Qualifikation und Laufbahn ergebenden Unterschiedlichkeit der Gruppen. Diese Unterschiedlichkeit ist Tarifvertragsparteien geläufig. Damit liegt nahe, dass sie zu dem Erfordernis von Tätigkeitszeiten differenzierte Betrachtungen anstellten und insoweit eine Gleichbehandlung der Systemtechniker mit den Ingenieuren als unzweckmäßige und überflüssige Gleichmacherei ansehen mochten. So gingen sie, wie die Protokollnotiz belegt, als Regelfall davon aus, dass der Systemtechniker aus der Gruppe der FS-Techniker oder Senior FS-Techniker herauswachsen würde. Dann hätte er - nach dem Einstieg in Vergütungsgruppe 4 ("FS-Techniker in Ausbildung zum Erwerb der Erlaubnis und Berechtigungen"), der anschließenden Tätigkeit in Gruppe 5 ("FS-Techniker nach Erwerb der ersten Teil-EBG" und dem Erreichen der Gruppe 6 ("Senior FS-Techniker nach mindestens 6 Jahren nach Erwerb der vollen EBG, davon die letzten zwei Jahre mit Ausbilderberechtigung oder Wahrnehmung von Sonderaufgaben") - durchweg eine längere praktische und einschlägige Tätigkeit und berufliche Erfahrung aufzuweisen als ein Ingenieur, der - neu eingestellt in Gruppe 7 - seine Geeignetheit für die Praxis erst noch beweisen und Erfahrungswissen sammeln muss. Unter diesem Aspekt erscheint die Statuierung einer Mindesttätigkeitszeit, wie in seinem Tätigkeitsbeispiel der Gruppe 8 vorgenommen, für den Systemtechniker entbehrlich, während sie für den Ingenieur eine sinnvolle Grundlage darstellt, dessen Qualifikation und Belastbarkeit festzustellen. Schon aus diesem Grund konnte es den Tarifvertragsparteien als verzichtbar erscheinen, bei dem Systemtechniker eine bestimmte, adäquate Seniorität vorauszusetzen.

Hinzu kommt, dass die Eingruppierung in die Vergütungsgruppen 7 bis 9 "für einen kleinen Teil besonders qualifizierter Systemtechniker" bzw. für "hochqualifizierte Systemtechniker" (Protokollnotiz) gedacht war. War es aber Zweck der Tarifregelung, diesen außergewöhnlich qualifizierten Mitarbeitern durch die Höhergruppierung eine angemessene Vergütung zuteil werden zu lassen und ihnen einen Leistungs- und Betriebstreueanreiz zu geben, erweist sich die Postulation einer mindestens sechsjährigen Tätigkeit Jahre "nach Erwerb der vollen EBG" (Vergütungsgruppe 6, Senior FS-Techniker) oder mit "Berechtigungspflicht", ggf. zusätzlich "mindestens einem Jahr nach Erwerb der vollen EBG" (Vergütungsgruppe 8, FS-Ingenieur) eher als kontraproduktiv. Des Weiteren sollte nach der Protokollnotiz die Beklagte die Option erhalten, den erforderlichen Personalbedarf auch mit "diesen hochqualifizierten Systemtechnikern" sicherzustellen. Die praktische Effizienz dieser Option hängt ebenfalls davon ab, ob den qualifizierungswilligen Technikern eine zeitnahe Höherstufung in Aussicht gestellt werden kann oder ob sie auf eine mehrjährige Wartemindestfrist zu verweisen sind.

Im Licht dieser Ausführungen zwingt die Überlegung des Arbeitsgerichts, dass "eine kürzere als sechsjährige Zeit der Tätigkeit als Techniker und Ingenieur nicht den Erfahrungsstand, der durch eine sechsjährige Tätigkeit als Ingenieur entsteht, ersetzen" könne, zu keiner Gleichbehandlung. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - der unterschiedliche berufliche Werdegang des Technikers und seine besondere persönliche Qualifikation, die in dem Einsatz als Systemtechniker und dem Erwerb der EBG zum Ausdruck kommt, es rechtfertigt, ihm gegenüber auf die vom FS-Ingenieur abverlangte Tätigkeitszeit zu verzichten, müssen die Eingruppierungsvoraussetzungen, die von einer Gruppe mit anderer, nach ihrem Ausbildungsabschluss "höherer" Formalqualifikation (i.c. FS-Ingenieur) zu erfüllen sind, nicht auch für die in anderen Tätigkeitsbeispielen erfasste Mitarbeitergruppen gelten. Auch wenn diese Mitarbeiter eine vergleichbare Tätigkeit ausüben und eine geringere Formalqualifikation aufweisen, darf ihren (i.c. als FS-Techniker gewonnenen) Berufserfahrungen bzw. der durch den Erwerb der EBG und Übertragung von ingenieurmäßigen Aufgaben erwiesenen Wertschätzung besonderer persönlicher Qualifikation tarifrechtlich dadurch Rechnung getragen werden, dass für sie eine "Überholspur" eingerichtet wird, die sie zeitlich früher als Ingenieure in die höhere Vergütungsgruppe bringt. Jedenfalls brauchen die Tarifvertragsparteien vor (Fach-)Hoch-schulabschlüssen nicht dermaßen abzuknien, dass daran geknüpfte Eingruppierungsvoraussetzungen ebenfalls von den Beschäftigten ohne solche Abschlüsse erfüllt werden müssen.

c) Weil nach Auffassung der Kammer die Tarifauslegung nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang ein eindeutiges Auslegungsergebnis hat und eine sachgerechte Lösung darstellt, insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, müssen andere gerichtliche Vorstellungen über eine gerecht gestalte Vergütungsstruktur zurücktreten.

5. Anzumerken ist, dass für die Annahme einer gleichheitswidrigen Bevorzugung von Systemtechnikern gegenüber Ingenieuren nicht die Schilderung von Konstellationen ausreicht, in denen der Systemtechniker vor dem Ingenieur die Eingruppierung in Vergütungsgruppe 8 erreicht. So kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 17.04.2003, 8 AZR 482/01, n.v.) den Tarifvertragsparteien ebenso wie dem Gesetzgeber ein Entscheidungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative zu, so dass eine Inhaltskontrolle im Sinne der Ersetzung der Wertung der Tarifvertragsparteien durch diejenige des Gerichts gegen das Verbot der Tarifzensur verstößt. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben.

Dabei ist ihre Gestaltungsfreiheit bei bevorzugender Typisierung weiter gespannt als bei benachteiligender Typisierung (BAG, Urteil vom 27.09.2001, 6 AZR 308/00, ZTR 2002, 291). Wie der Gesetzgeber sind auch die Tarifvertragsparteien befugt, zu typisieren, zu generalisieren und zu pauschalieren, ohne allein wegen damit verbundener Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Daher darf die Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit, sondern nur auf die generellen Auswirkungen der Regelung abstellen. Schließlich darf an die Systemgerechtigkeit tarifvertraglicher Regelungen schon wegen des Kompromisscharakters von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis divergierender Interessen keine hohen Anforderungen gestellt werden (BAG, Urteil vom 29.11.2001, 4 AZR 762/00, AP Nr. 296 zu Art 3 GG). Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Korrektur der tariflichen Eingruppierungsmerkmale für Systemtechniker nicht veranlasst.

Schließlich müssen Bedenken wegen einer sachwidrigen Bevorzugung von Systemtechnikern keineswegs darin münden, dass ihnen - im Wege der Gleichstellung mit den FS-Ingenieuren - die diesen in Vergütungsgruppe 8 ETV abverlangten Tätigkeitszeiten auferlegt werden. Vielmehr käme in Betracht, die Gleichbehandlung durch Eliminierung des Merkmals der Tätigkeitszeiten wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (§ 134 BGB i.V.m. Art. 3 GG) herzustellen, so dass FS-Ingenieure nach Erwerb der vollen EBG in die Vergütungsgruppe 8 ETV ohne weitere Tätigkeitszeiten in Vergütungsgruppe 8 ETV einzustufen wären. Hiervon unberührt bliebe die Befugnis der Tarifvertragsparteien, für die Zukunft eine Gleichbehandlung "nach unten", also durch Tätigkeitszeiten für Ingenieure und für Systemtechniker zu statuieren.

Diesem Aspekt braucht die Kammer hier nicht weiter nachzugehen, weil sie - wie ausgeführt - nicht von einer sachwidrigen Ungleichbehandlung der Systemtechniker bzw. der Ingenieure ausgeht.

6. Die vom Arbeitsgericht eingeholten Tarifauskünfte geben für die Klärung des Auslegungsstreites nichts her. Im Kern laufen die Auskünfte der Arbeitgeberseite (Herr T. [Bl. 206 ff.], Herr N. [Bl. 228 f.] auf die Bekundung hinaus, dass die gemeinsame Vorstellung bestanden habe, dass der Systemtechniker in der Vergütungsgruppe 7 zwar die Vergütungsgruppe 6 nicht konkret durchlaufen, aber deren Voraussetzungen erfüllen müsse. Abgesehen davon, dass sich der Sinngehalt der Erklärungen nur zögernd erschließt, enthalten sie keinen brauchbaren Tatsachenkern. Dasselbe trifft für die - inhaltlich abweichenden -Auskünfte der Gewerkschaftsseite zu. So hat Herrn F. [Bl. 279 f.], (ähnlich Frau S. [Bl. 226 f.] und Herr I. [Bl. 261 ff.]) geäußert, dass konkret kein Zeitmaß der Beschäftigung gefordert, aber "davon ausgegangen (worden sei), dass die Teil-EBG für Ingenieure von besonders qualifizierten Technikern nicht vor Ablauf eines entsprechenden Zeitraums erworben" werde.

Soweit überhaupt die Auskünfte substantiell ergiebig sind und eine Übereinstimmung erkennen lassen, ging, was nach der Lebenserfahrung nahe liegt, die Vorstellung der Tarifvertragsparteien dahin, dass "im Normalfall" dem besonders qualifizierten FS-Techniker erst nach seinem Aufstieg zum Senior-FS Techniker, verbunden mit einer Tätigkeit von "mindestens 6 Jahren nach Erwerb der vollen EBG .." die Funktion des Systemtechnikers mit dem ab Vergütungsgruppe 7 erforderlich Maß an Erfahrung, Selbständigkeit und Verantwortung und dem Zuschnitt von Ingenieuraufgaben übertragen werden würde. Überlegungen zur Normwirkung im "Normalfall" sind per se offen dafür, dass auch atypische Fälle eintreten können, für die ebenfalls die Norm zu gelten hat.

Nach den Tarifauskünften spricht allerdings viel dafür, dass von der Normierung weiterer Tätigkeitsmerkmale bewusst abgesehen wurde, weil der Aufstieg zum Systemtechniker in Vergütungsgruppe 8 ohnehin nur Ausnahmefall gegenüber der Regel, dass die dort beschriebenen Aufgaben von Ingenieuren wahrgenommen werden, sein sollte und weil es die Beklagte in der Hand hatte und zur flexiblen Personalplanung haben sollte, ob und wen sie in die Funktion des Systemtechnikers beförderte. Die bewusste Normierungsabstinenz der Tarifvertragsparteien haben die Arbeitsgerichte grundsätzlich zu respektieren.

II. Der Kläger erfüllt in seiner Person die tariflichen Voraussetzungen für die Einstufung in Vergütungsgruppe 8. Ihren erstinstanzlichen Einwand, dass der Kläger lediglich über einen Zeitraum vom 01.10.2002 bis 30.06.2003 eine werktägliche Auswertung der von ihm erbrachten Tätigkeiten erstellt habe und dieser Zeitraum zu kurz bemessen sei (Seite 6 des Schriftsatzes vom 11.12.2003), hat die Beklagte in der Berufungsinstanz, auch nach Befragen in der letzten mündlichen Verhandlung, nicht mehr wiederholt. Der Einwand würde zudem nicht durchgreifen. Das Arbeitsgericht hat unangefochten festgestellt, dass der Kläger überwiegend Tätigkeiten verrichtet, für die eine volle EBG für Ingenieure erforderlich ist. Wenn dies für die neun Monate, über die sich die Aufzeichnungen des Klägers verhalten, gilt und keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch sonst wie ersichtlich sind, dass sich die dem Kläger übertragene Tätigkeit geändert hat, ist davon auszugehen, dass die Auswertung des Zeitraums vom 01.10.2002 bis 30.06.2003 symptomatisch für die Tätigkeit des Klägers ist und die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der Vergütungsgruppe 8 unverändert erfüllt sind.

III. Die Beklagte hat ebenfalls nach Befragen in der letzten Verhandlung keine Einwände gegen die Höhe des Zahlungsanspruchs erhoben. Damit hat sich ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 12.06.2003 (dort Seite 7), dem der Kläger im Schriftsatz vom 07.07.2003 (Seite 6) unwidersprochen entgegen getreten ist, erledigt. Ihre Geldschuld hat die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

IV. Die Kosten des Rechtstreits sind nach § 91 Abs. 1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Divergenz die Revision zugelassen, § 72 Abs. 2 ArbGG. Divergenz besteht zu dem Urteil des Sächs. LAG. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache folgt aus der Auslegung eines bezirksübergreifend geltenden Tarifvertrages. Ob darüber hinaus die Angabe der Beklagten, dass die gegenständliche Rechtsproblematik 15 bis 25 mögliche Streitfälle betreffe, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt, kann dahin stehen.

Ende der Entscheidung

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