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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.12.1998
Aktenzeichen: 13 Sa 1003/98
Rechtsgebiete: MTV f. d. Einzelhandel NRW


Vorschriften:

MTV f. d. Einzelhandel NRW § 14
Die für den Arbeitnehmer jeweils maßgebliche Arbeitszeitverteilung, also die vom Arbeitnehmer an den Arbeitstagen zu erbringende Dienstleistung, ist Berechnungsgrundlage für die tarifliche Urlaubsdauer, wenn die Arbeitszeit anders als auf fünf oder sechs Tage in der Woche verteilt ist.Dadurch ändert sich die Zahl der Urlaubstage, wenn durch die Gewährung von freien Tagen als Ausgleich für Spätöffnungszeiten abwechselnd vier und fünf Tage in der Woche gearbeitet wird.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 13 Sa 1003/98

Verkündet am: 17.12.1998

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Funke als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Purrmann und den ehrenamtlichen Richter Lamsfuß für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 23.04.1998 - 1 Ca 330/98 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen. Streitwert: unverändert.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, wieviel Arbeitstage Urlaub dem Kläger für die Jahre 1997 und 1998 zustehen.

Der Kläger ist im Einzelhandelsunternehmen der Beklagten vollzeitbeschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Der Kläger arbeitet aufgrund einer Betriebsvereinbarung in einem rollierenden Arbeitszeitsystem. Er arbeitet in manchen Wochen fünf Tage und in anderen Wochen vier Tage. Dies führt dazu, daß er 1997 an 70 Werktagen und 1998 an 64 Werktagen nicht gearbeitet hat.

Nach § 14 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen hat der Kläger im Kalenderjahr Anspruch auf 36 Werktage Urlaub. Die Beklagte gewährte dem Kläger auf der Basis einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.10.1990 für das Jahr 1997 an 29 Arbeitstagen Urlaub. Sie hat die Auffassung vertreten, daß dem Kläger auch für 1998 29 Urlaubstage (Arbeitstage) zustehen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihm in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub zu gewähren, so daß ihm im Jahr 1998 einschließlich eines restlichen Urlaubstages aus 1997 ein Gesamturlaub von 31 Arbeitstagen zustehe.

Er hat beantragt,

festzustellen, daß ihm im Jahr 1998 ein Gesamturlaubsanspruch in Höhe von 31 Arbeitstagen zusteht. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht Essen hat durch Urteil vom 23.04.1998 die Klage abgewiesen. Auf die Begründung seiner Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Berufung des Klägers verweist darauf, daß die vom Kläger geleistete Arbeitszeit im rollierenden Arbeitszeitsystem, die in die sogenannte Spätöffnungszeit (gemäß § 6 Abs. 2 MTV montags bis freitags von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr und samstags von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr) fällt, gemäß § 7 Abs. 2 MTV mit einem Zuschlag von 20 % vergütet wird. Dieser Zuschlag wird in Freizeit abgegolten und in ganzen Freizeittagen zusammengefaßt. Im Ergebnis führt dies dazu, daß der Kläger an weniger Werktagen in den Jahren 1997 und 1998 tatsächlich gearbeitet hat, als er gearbeitet hätte, wenn der Spätöffnungszuschlag nicht in Freizeit, sondern in Geld abgegolten worden wäre.

Die Berufung meint, der Kläger sei durch die Umsetzung der tarifvertraglichen Bestimmungen zu den neuen Ladenöffnungszeiten im Interesse der Arbeitgeber entgegen der Intention der Tarifvertragsparteien benachteiligt, wenn bei der Berechnung der konkreten Urlaubstage die Freizeittage mit einbezogen" würden. Die Umsatzmodalitäten dürften nicht dazu führen, daß den Arbeitnehmern über die verschlechterten Arbeitszeiten hinaus noch weitere Belastungen auferlegt würden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 23.04.1998 - 1 Ca 330/98 - abzuändern und nach dem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Auffassung der Berufung für fehlerhaft.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, daß der Kläger für die Jahre 1997 und 1998 lediglich Anspruch auf 29 Arbeitstage Urlaub hat. Die Kammer macht sich die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu eigen und nimmt auf diese Bezug.

In der Tat hat sich die Zahl der dem Kläger zustehenden Urlaubstage durch die Änderung der Arbeitszeitverteilung im rollierenden Arbeitszeitsystem geändert. Die Beklagte hat die Zahl der dem Kläger zu gewährenden Urlaubstage zutreffend berechnet. Der Urlaubsanspruch richtet sich nach den tariflichen Vorschriften. Entgegen der Annahme der Berufung richtet sich die individuelle Dauer des einem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs nicht nach der erbrachten Arbeitsleistung. Grundsätzlich gilt das Bundesurlaubsgesetz, soweit nicht der Tarifvertrag eine abweichende Regelung trifft. Damit ist die für den Arbeitnehmer jeweils maßgebliche Arbeitszeitverteilung, also die vom Arbeitnehmer an den Arbeitstagen zu erbringende Dienstleistung Berechnungsgrundlage, weil nach §§ 1 und 3 BUrlG für die gesetzliche Urlaubsdauer eine Verteilung der Arbeitszeit auf sechs Werktage zugrunde gelegt ist. Dem entspricht die Regelung im einschlägigen Tarifvertrag, die sich auf einen Angestellten bezieht, dessen Arbeitszeit auf sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist.

Aus welchem Grunde eine Umrechnung der Urlaubsdauer für den Kläger auf die nunmehr maßgebliche Arbeitszeit ausgeschlossen sein soll, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird dadurch nicht - wie er meint - benachteiligt, da sowohl das Bundesurlaubsgesetz als auch der Tarifvertrag an die Verteilung der Arbeitszeit auf Werktage anknüpfen mit der Folge, daß sich die Zahl der zu beanspruchenden Urlaubstage nach der Zahl der regelmäßig im Kalenderjahr zu leistenden Arbeitstage richtet. Soweit die Tarifvertragsparteien nicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG eine vom Gesetz abweichende Regelung getroffen haben, gilt das gleiche Berechnungsverfahren wie es nach dem Bundesurlaubsgesetz anzuwenden ist. Eine Umrechnung der Urlaubsdauer entsprechend der Verteilung der Arbeitszeit ist durch den Einzelhandelstarifvertrag Nordrhein-Westfalen nicht ausgeschlossen. Nach §§ 1, 3, 7 BUrlG ist die Urlaubsdauer entsprechend der während des Kalenderjahres maßgeblichen Arbeitszeitverteilung zu bestimmen. Die durch die Änderung der Verteilung der Arbeitszeit bedingte Änderung der Zahl der Urlaubstage ist in allen Arbeitsverhältnissen möglich mit einer Arbeitszeit, deren Verteilung von der im Tarifvertrag genannten abweicht. Wird die Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage in einer Woche, als im Tarifvertrag vorgesehen, verteilt, vermindert sich entsprechend die Zahl der Urlaubstage. Die Auffassung des Klägers, ihm trotz der Verringerung der Arbeitstage den Urlaub zu gewähren, den nur ein Angestellter bei einer Verteilung seiner Arbeitszeit auf regelmäßig fünf Arbeitstage verlangen kann, bedeutet daher, daß er eine Begünstigung für sich begehrt, für die es keine Grundlage gibt. Für eine Benachteiligung, wie sie vom Kläger behauptet wird, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Die Kammer sieht sich mit ihrer Auffassung in Übereinstimmung mit der zu §§ 47, 48 BAT ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.04.1998 - 9 AZR 314/97 -.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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