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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 1988/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 177
BGB § 180
1. Ermächtigt die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Verwaltung, einen Hausmeister "anzustellen", so ist sie auch zur Kündigung eines solchen Arbeitsverhältnisses bevollmächtigt.

2. Eine Rüge fehlender Vollmacht (§ 180 BGB) ist unverzüglich zu erheben. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Rüge nicht unmittelbar gegenüber Vertreter oder dem Vertretenen erfolgt, sondern lediglich in der Klageschrift, und dieser "Umweg" zu einer Verzögerung von fünf Tagen führt.

3. Der seitens des Prozessbevollmächtigten der beklagten Arbeitgeberin gestellte Klageabweisungsantrag stellt idR eine Genehmigung der erklärten Kündigung dar.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 1988/07

Verkündet am 17. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.01.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nübold als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Weiser und die ehrenamtliche Richterin Wittich

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18. Oktober 2007 - 4 Ca 2557/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der Kläger war bei der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft seit November 2003 als Hauswart gegen eine Bruttomonatsvergütung von durchschnittlich 2.769,50 € tätig. Daneben beschäftigt die Beklagte noch einen Hilfshausmeister. Der Kläger ist zudem Mitglied der Beklagten sowie des bei ihr gebildeten Beirats. Verwalterin iSd. Wohnungseigentumsgesetzes ist die W. GmbH.

In § 12 Ziffer 4 c) der die Beklagte betreffenden Teilungserklärung heißt es unter anderem:

Die Aufgaben des Verwalters ergeben sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz und aus dieser Gemeinschaftsordnung. Ergänzend zu diesen Befugnissen wird der Verwalter noch ermächtigt:

...

einen Hausmeister anzustellen, eine geeignete Hausmeisterwohnung ... anzumieten und erforderlichenfalls für die Vertretung des Hausmeisters zu sorgen ...

Mit Schreiben vom 3. August 2007, welches der Kläger am gleichen Tag erhielt und auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, kündigte die W. GmbH "den bestehenden Arbeitsvertrag" zum 30. September 2007.

Mit seiner am 15. August 2007 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20. August 2007 zugestellten Klage vom 13. August 2007 hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewendet. Er hat sich darauf berufen, unter Einbeziehung der bei der W. GmbH für das Objekt der Beklagten tätigen Mitarbeiter beschäftige die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer. Mangels eines Kündigungsgrundes sei die Kündigung unwirksam. Außerdem hat er gerügt, die W. GmbH sei zur Kündigung "nicht befugt" und der in der Kündigung erwähnte Beiratsbeschluss sei dieser nicht beigefügt gewesen. Er hat behauptet, er habe erst am 10. August 2007 durch den Anruf eines anderen Beiratsmitglieds erfahren, dass der Beirat keinen Beschluss über die Kündigung gefasst habe. Außerdem sei die Kündigung willkürlich.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 03.08.2007 - zugegangen am gleichen Tage - nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, die W. GmbH sei zum Ausspruch der Kündigung bevollmächtigt gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus ihrer gesetzlich geregelten Funktion als Verwalterin als auch aus der Teilungserklärung.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2007 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, die Kündigung sei nach § 180 BGB unwirksam, da die Verwalterin sie ohne Vollmacht erklärt habe.

Gegen das ihr am 12. November 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. November 2007 Berufung eingelegt und diese mit einem am 5. Dezember 2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Köln vom 31. Mai 1989 (- 16 Wx 25/89 - Der Wohnungseigentümer 1990, 108) beruft sie sich darauf, das einem Verwalter gemäß Teilungserklärung eingeräumte Recht zur Einstellung eines Hausmeisters schließe auch das Recht zur Kündigung desselben ein.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Gründe, welche die Unwirksamkeit der Kündigung begründen, bestehen nicht. Die nach dem Arbeitsvertrag maßgebliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum Quartalsende hat die Beklagte genauso eingehalten wie die gesetzliche Frist von einem Monat zum Monatsende gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

1.

Die Verwalterin hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien in Vertretung der Beklagten wirksam gekündigt. Das Handeln in fremdem Namen wird durch die Betreff-Zeile des Kündigungsschreibens hinreichend deutlich. Auch der Kläger hat das Schreiben als eine Kündigung im Namen der Beklagten aufgefasst, wie sich schon aus der Formulierung in der Klageschrift ergibt ("Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis durch ihren Verwalter ... gekündigt").

a)

Die Kündigung ist nicht nach § 180 BGB unwirksam.

(1)

Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Verwalterin nicht ohne Vollmacht gehandelt hat. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sprechen aus Sicht der Berufungskammer nämlich die besseren Gründe dafür, dass die W. GmbH in ihrer gesetzlich geregelten Funktion als Verwalterin bereits aufgrund der Teilungserklärung zur Kündigung berechtigt war. Dort wird sie ermächtigt, einen Hausmeister anzustellen. Die Bedeutung des Begriffs "anstellen" geht über den des Einstellens insofern hinaus, als darunter ebenso das Beschäftigen selbst verstanden wird; entsprechend bezeichnet "Anstellung" nicht lediglich den Akt der Einstellung, sondern auch die Stelle selbst (Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch). Indem die Teilungserklärung dem Verwalter die Aufgabe zuweist, einen Hausmeister anzustellen, eine Wohnung anzumieten und für Vertretung zu sorgen, wird er daher umfassend zur Erledigung der die Hausmeistertätigkeit betreffenden Angelegenheiten ermächtigt. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen für die hier vertretene Auslegung. Die Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es widersinnig erscheint, der Teilungserklärung lediglich das Recht der Verwalterin zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zu entnehmen, zur Beendigung jedoch das umständliche und zeitraubende Verfahren eines Eigentümerbeschlusses zu fordern. Dies macht der vorliegende Sachverhalt besonders anschaulich. Aufgrund der einzuhaltenden Ladungsfrist von einem Monat hätte im Anschluss an die Beiratssitzung vom 1. August 2007 eine Eigentümerversammlung nur schwerlich so rechtzeitig stattfinden können, dass eine Kündigung zum 30. September 2007 noch möglich gewesen wäre. Aufgrund der vereinbarten Quartalskündigungsfrist hätte dies eine Verzögerung von drei Monaten nach sich gezogen. In Anbetracht dessen, dass die Teilungserklärung die Funktion des Hausmeisters so bewertet, dass sie die Auswahl desselben dem Verwalter überlässt, erscheint es ein wenig praktikables Auslegungsergebnis, wenn für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeweils eine Eigentümerversammlung (bei 264 betroffenen Wohneinheiten) einberufen werden müsste. Unwidersprochen hat die Beklagte zudem vorgetragen, dass die Verwalterin nicht nur die Einstellung des Klägers vorgenommen, sondern das Arbeitsverhältnis auch im Übrigen abgewickelt hat. Auch die praktische Übung der Parteien bestätigt daher, dass ihre Befugnisse über die bloße Einstellung hinausgehen.

(2)

Im Übrigen kann eine Unwirksamkeit nach § 180 BGB bereits deshalb nicht angenommen werden, weil der Kläger die Rüge der fehlenden Vollmacht verspätet erhoben hat und - das Fehlen der Vollmacht unterstellt - eine Genehmigung der ausgesprochenen Kündigung seitens der Beklagen vorliegt.

Nach § 180 BGB hat der Empfänger einer Willenserklärung die Rüge fehlender Vollmacht "bei Vornahme" des Rechtsgeschäfts zu erheben. Das bedeutet, dass sie wie in § 174 BGB unverzüglich zu erheben ist (BAG 11. Dezember 1997 - 8 AZR 699/96 - Juris). Unverzüglich bedeutet "ohne schuldhaftes Zögern", § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei ist anerkannt, dass dem Betroffenen eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung eines Rates durch einen Rechtskundigen darüber, ob er eine Zurückweisung erklären will, einzuräumen ist (grundlegend BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - DB 1978, 2082).

Der Kläger hatte seine diesbezüglichen Überlegungen jedenfalls spätestens am 13. August 2007 abgeschlossen, da sein jetziger Prozessbevollmächtigter an diesem Tag die Klageschrift gefertigt hat. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht nimmt die Kammer zugunsten des Klägers an, dass die Klageschrift die Rüge nach § 180 BGB enthält. Er hat sie damit jedoch nicht unverzüglich erhoben. Hätte er durch seinen Prozessbevollmächtigten die Rüge der Beklagten nicht nur mittels der Klageschrift zukommen lassen, ist davon auszugehen, dass ihr diese spätestens - wie dem Gericht die Klage - am 15. August 2007 zugegangen wäre. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat jedoch den "Umweg" über das Gericht gewählt. Aufgrund der erforderlichen Bearbeitung sowie der anschließenden Zustellung hat die Beklagte bzw. ihr Prozessbevollmächtigter die Rüge durch Zustellung der Klageschrift erst am 20. August 2007 erhalten. Die Vorschrift des § 270 Abs. 3 ZPO gilt insoweit nicht (LAG Hamm 21. Oktober 1999 - 4 (16) Sa 285/98 - Juris). Dass die Wahl eines umständlichen Beförderungsweges die Zustellzeit verlängert, liegt auf der Hand. Die eingetretene Verzögerung von fünf Tagen ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht unerheblich. Wie sich aus § 121 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, hat der Rügende für eine unverzügliche Absendung zu sorgen, wenn er seine Überlegungen abgeschlossen hat. Dem steht die Auffassung des LAG Nürnberg (10. August 1992 - 7 Sa 18/92 - LAGE § 174 BGB Nr. 5) nicht entgegen, welches lediglich angenommen hat, eine allein in der Klage erhobene Rüge sei nicht verspätet, wenn eine unmittelbare Rüge nur dazu geführt hätte, dass der Gegner einen Tag früher Kenntnis erlangt hätte. Der Kläger bzw. sein anwaltlicher Vertreter hat die Verzögerung auch schuldhaft bewirkt, da ihm wie geschildert ein schnellerer Weg unproblematisch zur Verfügung stand und für ihn voraussehbar war, dass der "Umweg" Zeit kosten würde.

Nach § 180 Satz 2 BGB finden mangels rechtzeitiger Rüge die für Verträge geltenden Vorschriften, insbesondere also § 177 BGB Anwendung. Danach kann der - wie hier unterstellt - durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht Vertretene die Erklärung genehmigen, wobei die Genehmigung nicht der Form des fraglichen Rechtsgeschäfts bedarf, § 182 Abs. 2 BGB. Diese Genehmigung hat die Beklagte spätestens durch den im Rechtsstreit gestellten Klageabweisungsantrag vorgenommen. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt dem Klageabweisungsantrag nicht nur prozessuale Bedeutung zu. Vielmehr stellt die Verteidigung einer Kündigung im Rahmen eines Rechtsstreits eine Genehmigung iSd. § 177 BGB dar (BAG 11. Dezember 1997 - 8 AZR 699/96 - Juris). Sie ist auch von der Prozessvollmacht des Beklagtenvertreters gedeckt. Eine Prozessvollmacht ermächtigt nach § 81 ZPO den Bevollmächtigten zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen. "Prozesshandlungen" im Sinne dieser Vorschrift sind auch materiell-rechtliche Willenserklärungen, wenn sie sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits beziehen, weil sie zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozessziels oder zur Rechtsverteidigung dienen (BGH 18. Dezember 2002 - VIII ZR 72/02 - NJW 2003, 963 mwN).

Die Wirksamkeit der Prozessvollmacht hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Im Gegenteil hat er selbst die Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Klageschrift als solche benannt.

b)

Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt auch nicht aus § 174 BGB. Dies ergibt sich bereits daraus, dass dem Kläger als Eigentümer die Teilungserklärung und damit die Erteilung der Vollmacht bekannt war. Es fehlt zudem an der erforderlichen Unverzüglichkeit der Rüge. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu § 180 BGB verwiesen.

2.

Andere Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Kammer nicht feststellen, dass die Kündigung unter Verstoß gegen Treu und Glauben ausgesprochen wurde. Ein derartiger Verstoß gegen § 242 BGB kann nicht allein deshalb angenommen werden, wenn - wie hier - eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ausgesprochen wird. Ein Arbeitgeber muss im Kleinbetrieb eine Kündigung nicht begründen (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - AP § 1 KSchG 1969 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1). § 242 BGB kann insofern nur verletzt sein, wenn sich aus dem Vorbringen des Arbeitnehmers ergibt, dass der Arbeitgeber das Kündigungsrecht missbräuchlich nutzt. Das ist hier nicht der Fall. Aus dem klägerseits vorgelegten und insoweit nicht bestrittenen Protokoll der Beiratssitzung vom 1. August 2007 ergibt sich, dass bezogen auf den Kläger Gerüchte grassierten, die aus Sicht des Verwalters dem Objekt schadeten. Auch haben sich nach dem Inhalt des Protokolls die Beiräte dafür ausgesprochen, für die Stelle Bewerbungen von Bewohnern oder Eigentümern des Objekts nicht zu berücksichtigen. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Gerüchte hat die Beklagte die Kündigung daher nicht lediglich aus Willkür ausgesprochen.

An seiner erstinstanzlich von ihm selbst als "kritisch" bezeichneten Auffassung, das Kündigungsschutzgesetz finde auf die streitige Kündigung Anwendung, da die Mitarbeiter der Verwalterin mitzuzählen seien, hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr festgehalten. Insofern fehlt es auch an jeder Darlegung zum Vorliegen eines insoweit erforderlichen gemeinsamen Betriebes zwischen der Beklagten und der Verwalterin.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich vorgesehener Anlass. Sowohl bezogen auf die Auslegung der Teilungserklärung als auch die Würdigung, ob die Rüge unverzüglich erfolgte, handelt es sich um eine an den Gegebenheiten des Einzelfalls ausgerichtete Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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