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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 15 Sa 673/02
Rechtsgebiete: TV ü. Altersversorge für den Groß- und Außenhandel v. 25.05.2000


Vorschriften:

TV ü. Altersversorge für den Groß- und Außenhandel v. 25.05.2000
1. Den Erfordernissen des § 2 Ziffer 1 des Tarifvertrages über Altersvorsorge für den Groß- und Außenhandel vom 25.05.2000 wird durch eine lediglich nach § 7 BetrAVG insolvenzgeschützte, aber nicht rückgedeckte Zusage auf eine Betriebsrente nach einer betrieblichen Versorgungsordnung nicht genügt.

2. Die vom Arbeitgeber insoweit vorgenommenen Pensionsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz sind keine "bisher vom Arbeitgeber freiwillig geleisteten Aufwendungen zur Altersversorgung" im Sinne des § 10 Abs. 2 des o. g. Tarifvertrages, welche zu einer Verrechnung mit den tariflichen Ansprüchen berechtigen könnten. Auch auf die aus der bestehenden betrieblichen Versorgungszusage im Versorgungsfall zu erwartenden Leistungen kommt es nicht an.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 15 Sa 673/02

Verkündet am: 05.09.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Stoltenberg als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Franzen und Mayer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.02.2002 - 3 Ca 4844/01 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse 1905 WaG 26,59 Euro für das Jahr 2000 und 159,52 Euro für das Jahr 2001 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, solange das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger besteht und der Tarifvertrag über Altersvorsorge vom 25. Mai 2000 für den Groß- und Außenhandel in NRW in Kraft und auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, jeweils zum 30. November eines jeden Jahres, beginnend mit dem Jahr 2002, zugunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 159,52 Euro einzuzahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Leistungen nach dem Tarifvertrag über Altersvorsorge vom 25.05.2000 - abgeschlossen zwischen den in der Tarifgemeinschaft des Groß- und Außenhandels und Dienstleistungen in NRW zusammengeschlossenen Verbänden einerseits und der DAG sowie der Gewerkschaft HBV andererseits - geltend.

In dem vorgenannten Tarifvertrag heißt es unter anderem:

"§ 2

1. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen den Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung anbieten.

Der Aufbau der zusätzlichen Altersversorgung kann durch eine betriebliche Versorgungseinrichtung (Pensionskasse, rückgedeckte, unmittelbare Versorgungszusage oder rückgedeckte Unterstützungskasse) oder durch die Mitgliedschaft in einer überbetrieblichen Pensionskasse oder rückgedeckten Unterstützungskasse erfolgen. Der Arbeitgeber kann auch Direktversicherungen abschließen.

Die Entscheidung über die angebotene Versorgungseinrichtung trifft der Arbeitgeber.

2. Für den Fall, dass der Arbeitgeber keine Einrichtung gem. Ziff. 1 anbietet, hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Anmeldung bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG (HPK). Die Tarifvertragsparteien schließen hierzu eine entsprechende Rahmenvereinbarung ab.

§ 3 Altersvorsorge

1. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen und Auszubildende haben Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung in Höhe von DM 312,-/Euro 159,52 (Altersvorsorgebetrag), die ausschließlich für Zwecke der Altersvorsorge verwendet werden muss. Der Anspruch ermäßigt sich für jeden Kalendermonat, für den weniger als zwei Wochen Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, um 1/12.

2. Der Altersvorsorgebetrag wird jeweils bis zum 30. November eines jeden Jahres vom Arbeitgeber dem Versorgungsträger zugewendet. Eine Barauszahlung ist ausgeschlossen.

Bei unterjährigem Ausscheiden wird der Teilbetrag bei der letzten Entgeltzahlung fällig.

§ 7 Rentenzahlung und Insolvenzversicherung

1. Die angebotene tarifliche Altersvorsorge muss neben weiteren möglichen Leistungsarten eine lebenslange Altersrente umfassen und einen an den/die Arbeitnehmer/in insolvenzsicher verpfändeten Anspruch im Wert der eingezahlten Beträge garantieren.

§ 10 Anrechnung bestehender Leistungen

Etwa bereits bestehende Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung werden von dieser tariflichen Altersvorsorge nicht berührt und haben umgekehrt auf diese keinen Einfluss.

Bisher vom Arbeitgeber freiwillig geleistete Aufwendungen zur Altersversorgung können mit den nach diesem Vertrag bestehenden Ansprüchen gem. § 3 Ziff. 1 verrechnet werden.

Mit Schreiben vom 21.02.2001 machte der Kläger unter Hinweis auf die Tarifgebundenheit des Unternehmens Ansprüche auf Beitragsentrichtung nach dem vorgenannten Tarifvertrag geltend.

Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin antwortete mit Schreiben vom 05.04.2001. In diesem Schreiben verwies sie darauf:

"Der Tarifvertrag über Altersvorsorge sieht in § 10 vor, dass bisher vom Arbeitgeber freiwillig geleistete Aufwendungen für die Altersvorsorge des Mitarbeiters mit den Ansprüchen gem. § 3 Ziff. 1 = DM 312,- pro Jahr verrechnet werden können.

Herr L. hat von uns seit seinem Eintritt im Jahr 1981 eine Zusage auf eine Betriebsrente nach der Satzung unserer betrieblichen Versorgungsordnung 80 von DM 10,-je Dienstjahr. Dieser Anspruch ist bereits unverfallbar geworden. Die Betriebsrente wird bei einer Pensionierung im Alter von 65 Jahren DM 360,- monatlich betragen.

Die von Herrn L. zusätzlich geforderten Leistungen in Höhe von DM 312,- pro Jahr erreichen nicht einmal annähernd die Höhe unserer Aufwendungen für die Zusage nach der betrieblichen Versorgungsverordnung 80. Insofern sind wir nach Abstimmung mit unserer Arbeitgebervertretung berechtigt, die Verrechnung gem. § 10 vorzunehmen."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er einen Anspruch auf Anmeldung bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG und Einzahlung der entsprechenden Beträge habe, weil die Beklagte ihm eine dem § 2 Ziff. 1 des Tarifvertrages entsprechende Versorgungseinrichtung nicht angeboten habe. Eine Verrechnung nach § 10 Ziff. 2 des Tarifvertrages sei nur dann zulässig, wenn das schon vorhandene betriebliche Versorgungssystem in vollem Umfang den Anforderungen des Tarifvertrages über Altersvorsorge genüge. Dies sei bei der betrieblichen Altersvorsorge nicht der Fall. Die Hamburger Pensionskasse biete eine erhöhte Sicherheit für die eingezahlten Beträge, da eine Rückdeckungsversicherung bestehe. Des weiteren sei nach dem Tarifvertrag eine Umwandlung von Sparförderungen und Sonderzahlungen möglich, wobei diese Umwandlung vom Arbeitgeber mit einem Zuschuss von 15 % zu unterstützen sei. Auch sehe der Tarifvertrag eine zusätzliche Insolvenzsicherung vor, und des weiteren sei der Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung sofort unverfallbar.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, zu seinen Gunsten bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 52,- DM für das Jahr 2000 und 312,- DM für das Jahr 2001 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, beginnend mit dem Jahre 2002 zum 30.11. eines jeden Jahres zu Gunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 159,52 € einzuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sie berechtigt sei, gem. § 10 Abs. 2 die freiwillig geleisteten Aufwendungen zur betrieblichen Altersversorgung mit den Ansprüchen nach dem Tarifvertrag über Altersvorsorge zu verrechnen. Die klageweise geforderte zusätzliche tarifliche Leistung in Höhe von 312,- DM erreiche nicht einmal annähernd die Höhe der Aufwendungen, die sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin für die Zusage nach der betrieblichen Versorgungsordnung 80 erbracht habe bzw. erbringen werde. Der steuerlich zulässige Rückstellungswert für die betriebliche Altersversorgungsanwartschaft des Klägers belaufe sich zum 31.12.2001 auf 17.453,- DM ausweislich des versicherungsmathematischen Gutachtens der H. AG vom 04.12.2001. Vom Eintrittsjahr 1981 bis zum 31.12.2001 berechne sich daraus im Durchschnitt ein zugunsten des Klägers getätigter jährlicher Aufwand von 424,93 € für seine künftige Altersversorgung. Dieser Betrag belaufe sich auf das 2,6-fache des nach dem Tarifvertrag Altersvorsorge jährlich zu leistenden Aufwandes von 159,52 €. Entsprechende Relationen ergäben sich zwischen den beiden späteren Rentenleistungen. Im Ergebnis folge aus beiden Vergleichsbetrachtungen eindeutig die Besserstellung des Klägers auf der Grundlage der betrieblichen Altersversorgung 80 gegenüber dem Tarifvertrag zur Altervorsorge. Auch die weiteren Argumente der Klage seien nicht zu teilen, da auch diesbezüglich die tariflichen Mindestvoraussetzungen beachtet seien: Die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung sei unverfallbar seit dem 01.06.1991. Gem. § 7 BetrAVG bestehe ebenfalls gesetzlicher Insolvenzschutz über den PSV.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.02.2002, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Ein tariflicher Anspruch des Klägers würde nur dann bestehen, wenn seitens der Arbeitgeberin dem Kläger keine zusätzliche Altersversorgung durch eine betriebliche Versorgungseinrichtung gem. § 2 Ziff. 1 geboten werde. Im vorliegenden Fall bestehe eine betriebliche Altersversorgung, die laut versicherungsmathematischen Gutachten für den Kläger wesentlich günstiger sei als die vom Kläger gewünschte Anmeldung zur Hamburger Pensionskasse. Zu Recht berufe sich die Beklagte auch darauf, dass die von ihr bisher erbrachten Leistungen auf den etwaigen Anspruch des Klägers gem. § 10 Abs. 2 des Tarifvertrages anzurechnen seien, da die bisher erbrachten freiwilligen Leistungen höher seien als die in § 3 Ziff. 1 TV verlangten Leistungen. Sinn und Zweck des Tarifvertrages sei es, in Betrieben, die keine betriebliche Altersversorgung für ihre Arbeitnehmer vorsähen, eine solche aufzubauen bzw. einen gewissen Mindeststandard zu erreichen. Da bei der Beklagten für den Kläger eine günstigere Altersvorsorge bestehe, könne er nicht zusätzlich die Anmeldung zur Hamburger Pensionskasse verlangen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 17.05.2002 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem beim Landesarbeitsgericht am 12.06.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem beim Landesarbeitsgericht am 12.07.2002 eingegangenen Schriftsatz unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen wie folgt begründet:

Eine Anrechnung nach § 10 S. 2 des Tarifvertrages sei aus mehreren Gründen nicht möglich: Die Anrechnung setze voraus, dass die bereits bestehende betriebliche Altersversorgung in vollem Umfang den sonstigen maßgebenden Bedingungen für die Altersversorgungsansprüche des genannten Tarifvertrages gerecht werden müsse, was hier nicht der Fall sei. § 10 S. 2 des Tarifvertrages sei richtigerweise so auszulegen, dass nur laufende Leistungen, die für eine bei Inkrafttreten des Tarifvertrages bestehende betriebliche Altersversorgung erbracht würden, mit den aus diesem Tarifvertrag bestehenden Ansprüchen verrechnet werden könnten. Vorliegend wende die Beklagte gegen die Klage gar nicht ein, dass sie im Rahmen einer bestehenden betrieblichen Altersversorgung in den vom Klageantrag umfassten Zeiträumen bereits entsprechende laufende Aufwendungen zugunsten des Klägers konkret erbracht habe bzw. erbringen werde.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.02.2002 - 3 Ca 4844/01 - wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 26,59 € (das sind 52,- DM) für das Jahr 2000 und 159,52 € (das sind 312,- DM) für das Jahr 2001 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, solange das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger besteht und der Tarifvertrag über Altersvorsorge vom 25. Mai 2000 für den Groß- und Außenhandel in NRW in Kraft und auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, jeweils zum 30. November eines jeden Jahres, beginnend mit dem Jahr 2002, zugunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 159,52 € einzuzahlen.

3. Hilfsantrag zu dem Antrag zu 2.:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, beginnend mit dem Jahr 2002 zum 30. November eines jeden Jahres zugunsten des Klägers bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG 159,52 € einzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das angegriffene Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), vom Arbeitsgericht in dem am 20.02.2002 verkündeten Urteil (Bl. 37 d.A.) zugelassen worden (§ 64 Abs. 2 a ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V. mit §§ 519, 520 ZPO).

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Die Klage - auch im Hinblick auf den im Berufungsverfahren nach § 264 Ziff. 2 ZPO zulässigerweise geänderten Antrag zu Ziff. 2, ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht der vorliegend geltend gemachte Anspruch auf rückwirkende (Ein-)Zahlung von 26,59 € für das Jahr 2000 sowie in Höhe von 159,52 € für das Jahr 2001 zu seinen Gunsten bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG sowie nach §§ 257, 258 ZPO auf künftige Zahlung von 159,52 € jährlich ab dem Jahr 2002 aufgrund der Bestimmungen des hier einschlägigen Tarifvertrages über Altervorsorge vom 25.05.2000 zu.

1. Gem. § 2 des vorgenannten Tarifvertrages kann der Kläger seine Anmeldung bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 WaG verlangen. Nach dieser Bestimmung ist ein solcher Anspruch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber keine Einrichtung gem. § 2 Ziff. 1 anbietet. Die dem Kläger bereits erteilte Zusage auf eine Betriebsrente nach der Satzung der betrieblichen Versorgungsordnung 80 erfüllt die tarifvertraglichen Voraussetzungen nicht.

Wie beklagtenseits im Termin vom 05.09.2002 nochmals ausdrücklich bestätigt wurde, ist die dem Kläger zugesagte betriebliche Altersversorgung über den gesetzlichen Insolvenzschutz des § 7 BetrAVG hinausgehend nicht noch in anderer Weise "insolvenzgeschützt", das heißt nicht "rückgedeckt" i.S. des § 2 Abs. 1 S. 2 des Tarifvertrages. Eine bereits eingetretene Unverfallbarkeit einer unmittelbaren Versorgungszusage ersetzt dabei die tariflich geforderte Rückdeckung ebenso wenig wie der bestehende gesetzliche Insolvenzschutz nach § 7 BetrAVG. Die diesbezügliche tarifliche Bestimmung, die eine "rückgedeckte, unmittelbare Versorgungszusage" verlangt, ist eindeutig und erlaubt insofern eine einschränkende Auslegung entgegen ihrem Wortlaut nicht. Wie sich aus dem Inhalt des § 2 Ziff. 1 und den dort (alternativ) genannten Formen der betrieblichen Altersversorgung einerseits und der Bestimmung des § 7 des Tarifvertrages andererseits ergibt, kam es den Tarifvertragsparteien nicht nur darauf an, dass sich die Arbeitnehmer durch eigene Leistungen und einen tariflichen Altersvorsorgebetrag eine zusätzliche Altersversorgung aufbauen können (vgl. insoweit die Präambel zum Tarifvertrag), sondern auch darauf, dass diese zusätzliche Altersversorgung für die Arbeitnehmer besonders sicher ausgestaltet ist bzw. wird, das heißt von (künftigen) wirtschaftlich ungünstigen Entwicklungen ihrer Mitgliedsunternehmen einerseits und nachteiligen Veränderungen beim gesetzlichen Insolvenzschutz andererseits soweit als möglich "abgekoppelt" wird. Dabei mag die jüngste Entwicklung bei den gesetzlichen Renten (sogenannte "Riester-Rente") als auch beim Insolvenzschutz (vgl. etwa die Änderungen in § 7 Abs. 1 BetrAVG in der seit dem 01.01.1999 geltenden Fassung) für den Abschluss des hier streitgegenständlichen Tarifvertrages eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls kann insoweit nicht davon gesprochen werden, dass Sinn und Zweck dieses Tarifvertrages (nur) darin bestehe, in Betrieben, die keine betriebliche Altersversorgung für ihre Arbeitnehmer vorsehen, eine solche aufzubauen bzw. einen gewissen Mindeststandard zu erreichen, wie das Arbeitsgericht angenommen hat. Dem widerspricht im Übrigen auch die Bestimmung des § 10 Abs. 1 des Tarifvertrages, wonach etwa bereits bestehende Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung von dieser tariflichen Altersversorgung nicht berührt werden und umgekehrt auf diese keinen Einfluss haben. Insofern haben die Tarifvertragsparteien ein mögliches Nebeneinander von bereits bestehender betrieblicher Altersversorgung und jetzt geschaffener tariflicher Altersversorgung nicht nur gesehen, sondern bewusst in Kauf genommen.

Eine "rückgedeckte, unmittelbare Versorgungszusage" i.S. des § 2 des Tarifvertrages lässt sich mithin weder nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift noch nach Sinn und Zweck des Tarifvertrages mit einer nicht rückgedeckten, nur gesetzlich insolvenzgesicherten Direktzusagen gleichsetzen.

2. Die Beklagte ist von der ihr nach § 3 Ziff. 1 des Tarifvertrages obliegenden (Ein-)Zahlungsverpflichtung auch nicht aufgrund der Verrechnungsbestimmung des § 10 Abs. 2 befreit.

a) Nach § 10 Abs. 2 des Tarifvertrages können bisher vom Arbeitgeber freiwillig geleistete Aufwendungen zur Altersversorgung mit den nach diesem Vertrag bestehenden Ansprüchen gem. § 3 Ziff. 1 verrechnet werden. Gleichviel, ob der insoweit gebrauchte Begriff der "bisher" geleisteten "Aufwendungen" auch einen Rückgriff auf Leistungen aus einem Zeitraum vor Entstehung der tarifvertraglichen Ansprüche aus § 3 Ziff. 1 erlaubt, das heißt, insoweit eine zeitliche Kongruenz nicht anzunehmen ist, was hier dahinstehen kann, erlaubt dieser Begriff jedenfalls keinen "Vorgriff1 auf künftige Leistungen und schon gar nicht auf solche, die die (im Versorgungsfall zu erbringenden) Altersversorgungsleistungen selbst darstellen. Da "bisher geleistete Aufwendungen zur Altersversorgung" keine künftigen Leistungen (aus) der Altersversorgung sein können (wie sollten diese denn auch mit jetzt laufenden Einzahlungs- bzw. "Anspar"-Beträgen nach § 3 Ziff. 1 verrechnet werden), spielt die Höhe der aus einer anderweitig bestehenden betrieblichen Altersversorgung zu erwartenden (Renten-)Leistungen hier keine Rolle. Schon gar nicht sind diese Leistungen mit den aus der tariflichen Altersversorgung zu erwartenden zu vergleichen, wie vom Arbeitsgericht zugrunde gelegt wurde. Dies gibt der Tarifvertrag schlicht nicht her.

b) Eine Anrechnung kommt hier auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagten vorgenommenen Rückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz in Betracht. Pensionsrückstellungen sind eine Bilanzposition. Sie ergeben sich aus dem allgemeinen Bilanzrecht und dienen - neben der Dokumentation des Bestehens einer dem Grunde und/oder der Höhe nach Ungewissen Verbindlichkeit - der richtigen Erfolgsermittlung und Periodenabgrenzung (Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Bd. 1, Teil 5 B, Rdnr. 11, 30). Tatsächliche Aufwendungen, wie z.B. in Form regelmäßiger Beitragszahlungen, sind mit den bilanzmäßigen Rückstellungen nicht verbunden (zu Beitragszahlungen bei den unterschiedlichen Formen betrieblicher Altersversorgung vgl. Kreitner in Küttner, Personalbuch 9. Aufl., Betriebliche Altersversorgung (102), Rdnr. 24 ff.).

Soweit es um effektiv bereits jetzt erbrachte Aufwendungen und Beitragsleistungen geht, hat die Beklagte selbst nicht behauptet, solche bislang getätigt zu haben. Angesichts dessen kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob nur solche Leistungen angerechnet werden können, die im Hinblick auf eine Altersversorgung erfolgen, welche in vollem Umfang den sonstigen maßgebenden Bestimmungen für die Altersversorgungsansprüche des genannten Tarifvertrages gerecht werden, nicht an. Wenngleich man aus der Wendung "Aufwendungen zur betrieblichen Altersversorgung" zumindest wohl schließen muss, dass die Bildung solcher finanzieller Rücklagen, die zwar für die Altersversorgung gedacht, aber jederzeit aus anderen Gründen wieder auflösbar sind, den tarifvertraglichen Anforderungen nicht genügt, kommt es auch darauf im vorliegenden Falle letztlich nicht an, denn nicht einmal die Schaffung (effektiver) finanzieller Rücklagen für die Altersversorgung durch laufende Leistungen hat die Beklagte behauptet.

Da sich im Übrigen nur Gleichartiges miteinander verrechnen lässt und die nach § 3 Ziff. 1 des Tarifvertrages jährlich zu leistenden Beiträge in tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitgebers bestehen, können auch insoweit nur entsprechende tatsächliche - vom Arbeitgeber bislang schon erbrachte oder fortlaufend zu erbringende - Aufwendungen zur Verrechnung gestellt werden. Eine vergleichbare "Verrechnungslage" besteht im vorliegenden Falle jedoch nicht.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

III.

Die Revision war gem. § 72 Abs. 1 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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