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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.07.2002
Aktenzeichen: 15 Ta 291/02
Rechtsgebiete: KSchG, ArbGG


Vorschriften:

KSchG § 5 Abs. 1
ArbGG § 78 S. 2
ArbGG § 72 Abs. 2
1. Prüfungsgegenstand des Verfahrens über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG ist nur die Frage des Verschuldens - nicht auch die der Verspätung ( entgegen BAG v. 28.04.1983 - 2 AZR 436/81 - und BAG v.05.04.1984 - 2 AZR 67/83 ).

2. Nach der ZPO- Novelle vom 27.07.2001 ist nunmehr aufgrund der auch auf das Verfahren nach § 5 KSchG anwendbaren §§ 78 S. 2, 72 Abs, 2 Abs. 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht statthaft.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 15 Ta 291/02

In dem Rechtsstreit

hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 17.07.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Stoltenberg

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 16.04.2002 1 Ca 687/02 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 7.800,-- .

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von Seiten der Beklagten mit Schreiben vom 25.01.2002 ausgesprochen ordentlichen Kündigung.

Der Kläger ist seit dem 01.04.1972 bei der Beklagten zuletzt als Leiter der Retourenabteilung beschäftigt.

Mit der am 20.02.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die zum 31.08.2002 ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 25.01.2002.

Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger vom Personalreferenten der Beklagten, dem Zeugen K., persönlich übergeben worden. Der Tag der Übergabe des Kündigungsschreibens ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger hat behauptet, dass ihm die Kündigung am 05.02.2002 ausgehändigt worden sei.

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.03.2002, bei Gericht eingegangen am 05.03.2002, dem Klägervertreter zugestellt am 07.03.2002, behauptet hat, dass die Kündigung dem Kläger bereits am 29.01.2002 übergeben worden sei, hat der Kläger mit einem am 20.03.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vorsorglich beantragt, die Kündigungsschutzklage vom 21.02.2002 (gemeint wohl: 20.02.2002) gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. Zur Begründung dieses Antrages hat er behauptet, unmittelbar nach dem Öffnen des ihm übergebenen Umschlages und der Feststellung, dass er ein Kündigungsschreiben enthielt, sich zum Betriebsratsvorsitzenden begeben zu haben, der ihn um Aushändigung des Kündigungsschreibens gebeten und erklärt habe, sich mit der Personalabteilung und der Geschäftsführung der Beklagten in Verbindung zu setzen. Mit Schreiben vom 07.02.2002 hat sich der Betriebsrat sodann an die Personalabteilung gewandt. Am 19.02. habe er das Kündigungsschreiben vom Betriebsratsvorsitzenden zurückerhalten mit der Aufforderung noch diese Woche- gerichtliche Schritte einzuleiten.

Die Beklagte hat behauptet, dass nach vorausgegangener Betriebsratsanhörung Ende Dezember 2001, Anfang Januar 2002 ein erstes Gespräch mit dem Kläger über die beabsichtigte Kündigung, die Regelungen des Sozialplanes und die Modalitäten des Ausscheidens zwischen dem 17. und 22.01.2002, wohl am 18.01.2002 stattgefunden habe. Ein zweites Gespräch habe am 23.01.2002 stattgefunden. Bei dem dritten Gespräch vom 29.01.2002, sei dem Kläger das Kündigungsschreiben übergeben worden.

Bezüglich der streitigen Frage des Zugangszeitpunkts fand im Kammertermin vom 16.04.2002 eine Beweisaufnahme statt, bei der die Zeugen K. und A. vernommen wurden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 45 bis 48 der Akte Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 16.04.2002, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger keine Umstände dargetan habe, die ihn gehindert hätten, fristgerecht Klage zu erheben. Dabei hat das Arbeitsgericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme vom 16.04.2002 den 29.01.2002 als (bewiesenen) Zugangszeitpunkt zugrundegelegt.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 26.04.2002 zugestellt worden. Mit der am 08.05.2002/10.05.2002 beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen sofortigen Beschwerde verweist der Kläger darauf, dass die Aussage des Zeugen K. unrichtig sei, da das Gespräch mit Kündigungsübergabe nicht am 29.01.2002 sondern am 30.01.2002 stattgefunden habe. Im Übrigen sei die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, da der Kläger, als er das Kündigungsschreiben vom Betriebsratsvorsitzenden zurückerhalten habe, einem nicht vermeidbaren Irrtum unterlegen sei. Bei der nachträglichen Rekonstruktion der verschiedenen geführten Gespräche sei er zu der festen Erkenntnis gekommen, dass die Übergabe des Kündigungsschreibens am 05.02. stattgefunden haben müsse. Er habe sich insoweit vollumfänglich auf seine eigene Gedankenleistung verlassen. Soweit dies im Hinblick auf die verschiedenen Gespräche zwischen ihm und dem Personalreferenten K. fehlerhaft gewesen sei, könne ihm das nicht zum Vorwurf gereichen.

Die Beklagte tritt dem Beschwerdevorbringen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Der Kläger sei nicht der einzige Arbeitnehmer gewesen, der am 29.01.2002 seine Kündigung erhalten habe. An diesem Tage habe der Personalreferent K. mehrere Gespräche geführt, in denen er die Kündigungen den jeweiligen Arbeitnehmern übergeben habe. Die insofern als verspätet anzusehende Kündigungsschutzklage sei auch nicht nachträglich zuzulassen, da der Kläger einem vermeidbaren Irrtum unterlegen sei.

Mit Nichtabhilfebeschluss vom 18.06.2002 hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen darauf verwiesen, dass dem Hauptverfahren die Überprüfung überlassen bleibe, ob die Kündigung tatsächlich am 30.01.2002 zugegangen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG statthafte und gemäß § 78 Satz 1 ArbGG n. F. i. V. m. §§ 567 Abs. 1, 569 ZPO n. F. form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage vom 20.02.2002 zurückgewiesen. Daran ist auch bei Einbeziehung und Würdigung des ergänzenden Vorbringens des Klägers in seiner Beschwerdebegründungsschrift vom 08.05./10.05.2002 festzuhalten.

1. Die nachträgliche Zulassung einer verspäteten Klage setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach der Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben (§ 5 Abs. 1 KSchG).

An der Versäumung der Klagefrist darf den Arbeitnehmer in der Regel keinerlei Verschulden treffen, auch nicht in Form leichter Fahrlässigkeit, da die Einhaltung der Klagefrist der Rechtssicherheit dient (Erf. Kom. Ascheid KSchG § 5 Rdnr. 2 m. w. N.). Maßgebend ist, was von dem Arbeitnehmer, der den Zulassungsantrag gestellt hat, in seiner konkreten Situation und seinem konkreten Fall an Sorgfalt gefordert werden konnte. Im Hinblick darauf, dass einem Arbeitnehmer bei der Verfolgung einer für ihn so wichtigen Angelegenheit, nämlich ob sein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet wird oder nicht, eine gesteigerte Sorgfalt abverlangt werden muss, ist bei der nachträglichen Zulassung der verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage ein relativ strenger Maßstab anzulegen (LAG Düsseldorf vom 21.10.1997 1 Ta 321/97 LAGE § 5 KSchG Nr. 89 m. w. N. ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen konnte auch bei Zugrundelegung des ergänzenden Sachvortrags des Klägers in der Beschwerdebegründung nicht festgestellt werden, dass er die Klagefrist unverschuldet versäumt hätte.

Soweit der Kläger, wie er behauptet hat, bezüglich des zutreffenden Zugangszeitpunktes einem Irrtum unterlegen war, ist dieser jedenfalls nicht unverschuldet. Bei einer derart wichtigen Angelegenheit, wie die des Erhalts einer Kündigung und der nachteiligen Folgen bei nicht rechtzeitig eingeleiteten rechtlichen Schritten, durfte sich der Kläger im Hinblick auf den genauen Übergabezeitpunkt nicht auf sein Gedächtnis verlassen (auf das bekanntermaßen nicht immer Verlass ist), sondern hätte sich den Tag der Übergabe irgendwie notieren müssen. Zwar mag in Ausnahmefällen eine derartige Notiz überflüssig sein, so etwa, wenn eine andere gesicherte Gedächtnisstütze besteht, z. B. den Erhalt einer Kündigung (ausgerechnet) am (eigenen) Geburtstag. Beim Kläger lag insoweit jedoch offensichtlich eine anderweitige einer schriftlichen Notiz vergleichbar sichere Erinnerungsstütze nicht vor, anderenfalls es seinerseits einer nachträglichen Rekonstruktion der verschiedenen geführten Gespräche (mit im Übrigen im Verlauf dieses Verfahrens unterschiedlichen Ergebnissen) nicht bedurft hätte. Jedenfalls hat der Kläger selbst nicht auf das Vorhandensein einer sicheren eine schriftliche Notiz obsolet machenden Gedächtnisstütze verwiesen.

Besonders dringlich war eine (schriftliche) Fixierung des Übergabetermins hier auch deshalb, weil aufgrund der Tatsache, dass mehrere Gespräche geführt worden waren, von vorn herein eine gewisse Verwechslungsgefahr bzw. die Möglichkeit zu unkorrekter Erinnerung bestand. Auch der Umstand, dass der Kläger das Kündigungsschreiben zunächst aus der Hand gegeben hatte und es von daher mit nicht genau voraussehbarer Dauer nicht zu seiner Verfügung stand, hätte den Kläger dazu veranlassen müssen, allein wegen eines rechtzeitigen Nachfassens- bzw. Tätigwerdens seinerseits eine entsprechende Terminsnotiz zu fertigen.

Da der klägerseits behauptete Irrtum mithin auf einer schuldhaften Sorgfaltspflichtverletzung beruhte, konnte er die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nicht rechtfertigen.

III.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss darauf verwiesen, dass die Klärung der streitigen Frage des zutreffenden Zugangszeitpunkts und damit dann auch die Frage, ob die Kündigungsschutzklage überhaupt verspätet erhoben worden ist, dem Hauptverfahren vorbehalten ist.

1. Das Verfahren über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage dient allein der Klärung der Frage, ob die verspätete Klageerhebung verschuldet ist, wobei das Augenmerk auf ein eventuelles Verschulden und nicht auf die Verspätungsfrage zu richten ist, d. h. zu prüfen und im Wege der Glaubhaftmachung festzustellen ist, ob die vorausgesetzte Verspätung verschuldet ist oder nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 28.04.1983 2 AZR 438/81 AP Nr. 4 zu § 5 KSchG 1969; Urteil vom 05.04.1984 2 AZR 67/83 AP Nr. 6 zu § 5 KSchG 1969) vertritt in diesem Punkt allerdings eine abweichende Ansicht: Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage sei stets ein Hilfsantrag für den Fall, dass die Klage verspätet ist. Nur wenn das Gericht die Klage für verspätet halte, dürfe es über den Antrag entscheiden. Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a. a. O.) neben der Feststellung des Verschuldens auch die Feststellung der Verspätung im Beschluss über die nachträgliche Zulassung der inneren Rechtskraft fähig. Diese Ansicht ist jedoch heftig umstritten (zum Meinungsstand mit zahlreichen Nachweisen vgl. KR- Friedrich 5. Aufl. § 5 KSchG Rdnr. 134; Bader/Bram/Dörner/Wenzel KSchG Stand Juni 1999 § 5 Rdnr. 192 ff. m. w. N.). Die Beschwerdekammer folgt der abweichenden Ansicht, nach der Prüfungsgegenstand des Verfahrens über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nur die Frage des Verschuldens ist - aus den Gründen, wie sie im Beschluss des LAG Sachsen-Anhalt vom 22.10.1997 (- 5 Ta 229/97 NZA 1999 Seite 614 ff.) angeführt wurden.

2. Würde man der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ( a. a. O.) folgen, ergäbe sich im Übrigen eine nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht zu rechtfertigende prozessuale Ungleichbehandlung zwischen klagendem Arbeitnehmer und beklagtem Arbeitgeber:

Ist der Arbeitgeber erstinstanzlich mit dem von ihm behaupteten eine verspätete Klageerhebung begründenden Zugangszeitpunkt nicht durchgedrungen und hat das Arbeitsgericht dementsprechend über die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung entschieden und den hilfsweise gestellten Antrag auf nachträgliche Zulassung unberücksichtigt gelassen, so kann er im Unterliegensfall innerhalb von zwei Monaten nach Urteilszustellung im Rahmen einer von ihm eingelegten Berufung insoweit noch nachbessern-, z. B. weitere Zeugen oder andere Beweismittel oder wichtige Indizien zur Stützung seiner Zugangszeitpunktsbehauptung eruieren und herbeischaffen. Im umgekehrten Fall, also dann, wenn das Arbeitsgericht dem Beklagtenvorbringen zu einem die verspätete Klageerhebung begründenden Zugangszeitpunkt folgt und entsprechend über den Hilfsantrag auf nachträgliche Zulassung entscheidet, stehen dem klagenden Arbeitnehmer gerade einmal zwei Wochen zur Verfügung, um sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen die ihm nachteiligen Feststellungen des Arbeitsgerichts zu verteidigen, wobei im Übrigen auch die Gesamtsdauer eines Beschwerdeverfahrens nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG in aller Regel erheblich kürzer ist als die eines Berufungsverfahrens, so dass auch insoweit die Waffengleichheit für evt. Nachbesserungsmöglichkeiten zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht gewahrt ist. Auch aus dem Grunde kann der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts (a. a. O.) nicht gefolgt werden.

IV.

Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger nach § 97 ZPO zu tragen.

V.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren entspricht dem Streitwert der Kündigungsschutzklage (§ 12 Abs. 7 ArbGG).

VI.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 Ziff. 1, 2 ArbGG n. F. zuzulassen, da die dort genannten Voraussetzungen vorliegend gegeben sind.

Die Beschwerdekammer sieht keinen Grund, § 78 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG n. F. auf das Beschwerdeverfahren nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG nicht anzuwenden, wie es vereinzelt vertreten wird (so demnächst Vossen in Stahlhacke/Preis/Vossen GK oeKSchG- 8. Aufl., Rdnr. 1869 m. w. N.; GK- ArbGG-Wenzel § 78 Rdnr. 121).

Wie zuvor bereits § 78 ArbGG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung regelt auch § 78 ArbGG in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung das Beschwerdeverfahren und so u. a. auch den für dieses geltenden Instanzenzug-, d. h. die Möglichkeit zur weiteren- Beschwerde gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts, welche nach dem alten Recht auf wenige Ausnahmefälle beschränkt war. Die in § 78 Abs. 2 ArbGG a. F. enthaltene Beschränkung findet sich in § 78 ArbGG n. F. nicht mehr. Auf die Regelung des Beschwerdeverfahrens gegen erstinstanzliche Entscheidungen folgt die Regelung der Rechtsbeschwerde, die nach dem Verweis auf § 72 Abs. 2 ArbGG immer dann zuzulassen ist, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder einer der in § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG genannten Divergenzen vorliegt.

Die in § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG angesprochene sofortige Beschwerde ist eine Beschwerde im Sinne des § 78 Satz 1 ArbGG gesetzlich zugelassen und gerichtet gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichts (§ 567 Abs. 1 ZPO). Anders als etwa in § 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts über die Beschwerde nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG nicht ausgeschlossen (worden). Ob ein solcher Ausschluss etwa aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung im Verfahren nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG wünschenswert gewesen wäre oder ob nicht wegen des jahrzehntelangen Rufes der Landesarbeitsgerichte nach dem Gesetzgeber zwecks Ermöglichung einer Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet der nachträglichen Kündigungsschutzklagenzulassung ein Ausschluss der Rechtsbeschwerde zum BAG gerade auf diesem Gebiet unangemessen gewesen wäre, hat die Beschwerdekammer nicht zu entscheiden. Diese (schwerwiegende) Entscheidung hat allein der Gesetzgeber zu treffen. Auch verbietet es sich, diese Entscheidung (über einen Ausschluss der Rechtsbeschwerde) in § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG ergänzend hineinzuinterpretieren-. § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG ist erkennbar keine abschließende Regelung, sondern nimmt mit dem verfahrensrechtlich selbst nicht näher geregelten terminus technicus sofortige Beschwerde- auf die einschlägigen Verfahrensregelungen zu diesem Rechtsinstitut Bezug, an deren Schicksal sie bei entsprechenden Gesetzesänderungen, wie hier z. B. vom 27.07.2001, dann entsprechend auch teilnimmt.

Ende der Entscheidung

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