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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.04.2005
Aktenzeichen: 16 Ta 173/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 775 Nr. 2
ZPO § 776 Satz 2 Halbs. 2
ZPO § 769 Abs. 1
1. Hat nach § 769 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet, kann eine zusätzlich beantragte Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln des Vollstreckungsgerichts (hier: Kontopfändung) nach §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO nur erfolgen, wenn mit oder neben der Entscheidung des Prozessgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

2. Zuständig für diese Anordnung ist das Prozessgericht, nicht das Vollstreckungsgericht.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

16 Ta 173/05

In dem Rechtsstreit

(Zwangsvollstreckungsgegenlage)

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 22.04.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 29.03.2005 wird der Zurückweisungs-Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 14.03.2005 - 3 (2) Ca 588/05 -, zugestellt am 15.03.2005, abgeändert:

Die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungs-Beschlusses des Vollstreckungsgerichts/Amtsgerichts Mönchengladbach vom 20.01.2005 - 31 M 183/05 - wird angeordnet.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte/Gläubiger.

3. Beschwerdewert: 1.000,00 €.

Gründe:

I.

Nach Ziffer 2 des Vergleichs der Parteien vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach vom 27.09.2004 - 3 Ca 3233/04 - hatte die Schuldnerin und jetzige Klägerin an den Gläubiger und jetzigen Beklagten als restlichen Lohn für die Monate August und September 2004 jeweils 1.092,00 € brutto zu zahlen. Mit Pfändungs- und Überweisungs-Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 20.01.2005 - 31 M 183/05 - betrieb der Beklagte hieraus die Zwangsvollstreckung durch Pfändung des Geschäftskontos der Klägerin bei der Stadtsparkasse M. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Zwangsvollstreckungsgegenklage vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach vom 24.02.2005. Auf entsprechenden Antrag der Klägerin ordnete das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.03.2005 - 3 (2) Ca 588/05 - gemäß § 769 Abs. 1 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung an. Mit weiterem Antrag vom 08./11.03.2005 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht den Erlass einer Anordnung über die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungs-Beschlusses des Amtsgerichts vom 20.01.2005 (31 M 183/05). Das Arbeitsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 14.03.2005, zugestellt am 15.03.2005, zurück und begründete dies damit, dass hierfür nicht das Arbeitsgericht, sondern das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 29.03.2005, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist nach §§ 793, 567 Abs. 1 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt worden.

2. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

a) Zuständiges Vollstreckungsorgan für die Vollstreckung aus einem Titel wegen einer Geldforderung aus einem arbeitsgerichtlichen Verfahren ist grundsätzlich das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG). Entsprechend hat dieses im vorliegenden Fall den Pfändungs- und Überweisungs-Beschluss vom 20.01.2005 - 31 M 183/05 - erlassen und die Kontopfändung bewirkt. Nachdem das Arbeitsgericht als Prozessgericht gemäß § 769 Abs. 1 ZPO mit Beschluss vom 04.03.2005 die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet hatte, war vom hierfür zuständigen Vollstreckungsgericht/Amtsgericht nach § 775 ZPO zu verfahren und die weitere Vollstreckung einzustellen bzw. zum Stillstand zu bringen. Mit der bloßen Einstellung nach § 775 ZPO wird das Zwangsvollstreckungsverfahren zunächst lediglich "eingefroren" (Zöller/Stöber, ZPO 25. Aufl., § 776 Rdn. 1). § 775 ZPO umfasst nicht auch die Aufhebung bereits eingeleiteter Vollstreckungsmaßnahmen. Hierfür gilt § 776 ZPO.

b) Handelt es sich um Fälle des § 775 Nr. 1 und 3 ZPO, hat das Vollstreckungsgericht, hier der Rechtspfleger nach § 20 Nr. 17 RPflG, die Zwangsvollstreckung nicht nur gemäß § 775 ZPO einzustellen bzw. zu beschränken; es hat vielmehr gemäß § 776 Satz 1 ZPO ohne weitere Anordnung bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln zugleich aufzuheben. Handelt es sich dagegen - wie im vorliegenden Fall - um eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO, dann gelten die Regelungen der §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO: Die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln bleiben vorerst bestehen, sofern nicht mit der betreffenden Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 775 Nr. 2 ZPO) auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen angeordnet ist. Das Vollstreckungsgericht kann im Fall des § 775 Nr. 2 ZPO im Gegensatz zu den Fällen des § 775 Nr. 1 und 3 ZPO nicht von sich aus bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln aufheben, sondern nur auf entsprechende Anordnung gemäß § 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO. Zuständig für diese Anordnung ist, wenn es sich - wie hier - um eine einstweilige Einstellung nach § 769 Abs. 1 ZPO gehandelt hat, nicht das Vollstreckungsgericht selbst, sondern - wie sich aus der Gesetzessystematik ergibt - ausschließlich das Prozessgericht. Nur auf dessen Anordnung kann das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) in derartigen Fällen die von ihm bereits eingeleiteten und nach §§ 769 Abs. 1, 775 Nr. 2 ZPO einstweilig "eingefrorenen" Vollstreckungsmaßregeln auch aufheben (vgl. auch Münch- KommZPO-Schmidt, 2. Aufl., § 776 Rdn. 12 a. E.; Rosenberg/Gaul/Schilken, ZwangsvollstrR, 11. Aufl., § 45 I 3 a cc, S. 730; LG Frankenthal v. 15.12.1994, Rpfleger 1995, 307).

c) Die von der Klägerin beantragte Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen des Beklagten/Gläubigers war hier gemäß § 767 Satz 2 Halbs. 2 ZPO anzuordnen, da aus der Prozessakte - 3 (2) Ca 588/05 - nicht zu entnehmen ist, ob und welche vollstreckbaren Zahlungsansprüche dem Gläubiger aus dem Vergleich der Parteien vom 27.09.2004 - 3 Ca 3233/04 - noch zustehen, zumal sich die Parteien mit Vergleich vom 21.03.2005 - 3 (2) Ca 588/05 - auf eine Neuregelung ihrer Ansprüche verständigt haben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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