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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.05.2004
Aktenzeichen: 16 Ta 274/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO §§ 103 ff.
ArbGG § 12 a Abs. 1 Satz 1
1. Den Parteien eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht bleibt es unbenommen, entgegen der Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Kostenerstattungsanspruch zugunsten einer Partei zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich erfolgen.

2. Die materiell-rechtlich wirksame Vereinbarung über die Erstattung der nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gesetzlich nicht erstattungsfähigen Kosten kann jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO durchgesetzt werden. Sind diese Ansprüche in einem etwaigen Vergleich nicht bereits auch der Höhe nach tituliert, muss sich der Anspruchsteller bei einem Streit hierüber auf den Prozessweg verweisen lassen.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

16 Ta 274/04

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 27.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 13.04.2004 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.03.2004 - 6 Ca 4634/03 -, zugestellt am 01.04.2004, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Beschwerdewert: 1.776,54 €.

Gründe:

I.

Mit Vergleich vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien ihren Rechtsstreit beigelegt und zusätzlich im Vergleich vereinbart, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die Rechtsanwaltskosten des Klägers, trägt. Im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger/Antragsteller seine Kosten auf 1.776,54 € beziffert und Kostenfestsetzung gemäß §§ 103, 104 ZPO beantragt. Das Arbeitsgericht (Rechtspfleger) hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt worden.

2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Kostenfestsetzungsantrag zutreffend zurückgewiesen.

a) Zwar bleibt es den Parteien eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht unbenommen, entgegen der gesetzlichen Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wonach in Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung unter anderem der entstandenen Rechtsanwaltskosten besteht, eine Vereinbarung zu treffen, dass diese Kosten gleichwohl erstattet werden sollen. Eine solche Vereinbarung kann, wie hier geschehen, auch in einem gerichtlichen Vergleich erfolgen. Gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen keine Bedenken. Der gesetzliche Ausschluss der Erstattungsfähigkeit aufgewandter Anwaltskosten steht nach allgemeiner Rechtsauffassung der Rechtswirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Kostenübernahme nicht entgegen. § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beinhaltet kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB (vgl. u.a. GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdn. 39 m. w. N.).

b) Die materiell-rechtlich wirksame Vereinbarung über die Erstattung der nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gesetzlich nicht erstattungsfähigen Kosten kann jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren durchgesetzt werden. Das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO dient allein der Festsetzung gesetzlicher Prozesskosten, nicht auch der Festsetzung darüber hinaus vertraglich vereinbarter Erstattungsansprüche, die von Gesetzes wegen nicht vorgesehen sind (so bereits die Beschwerdekammer des erkennenden Gerichts im Beschl. v. 13.05.1982 - 7 Ta 106/82 - EzA § 12 a ArbGG 1979 Nr. 3; vom 01.04.1986 - 7 Ta 93/86 - LAGE § 12 a ArbGG 1979 Nr. 9 = JurBüro 1987, 289; Hess. LAG v. 04.08.1999 - 9 Ta 570/99 - LAGE § 12 a ArbGG 1979 Nr. 20 = NZA-RR 2000, 500; LAG Nürnberg vom 08.02.1999 - 4 Ta 13/99 - JurBüro 1999, 366; OLG Koblenz v. 06.09.2001, MDR 2002, 357 = NJW-RR 2002, 719; ebenso GK-ArbGG/Wenzel, § 12 a Rdn. 118 a m. w. N. auch zur a. A. in der älteren Rspr.; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 4. Aufl., § 12 a Rdn. 27; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO 8. Aufl., § 62 Rdn. 11; Hansens, BRAGO 8. Aufl., § 62 Rdn. 8; Hartmann, KostG 33. Aufl., § 62 BRAGO Rdn. 9; Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl., §104 Rdn. 21 Stichw. "Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch").

c) Der gegenteiligen Auffassung in der Kommentierung von v. Eicken (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl., § 62 Rdn. 13), auf die sich der Antragsteller hier beruft, ist nicht zu folgen. Sie wird zum einen dort nicht näher begründet. Zum anderen beinhaltet nach der in der Kommentierung bei v. Eicken/Hellstab/Lappe/Madert (Die Kostenfestsetzung, 18. Aufl. 2003, Rdn. C 8) vertretenen Auffassung die Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG sogar ein striktes öffentlich-rechtliches Festsetzungsverbot (ebenso Tschischgale/Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl. 1982, Seite 168; GK-ArbGG/Wenzel, a. a. O.). Im Übrigen übersieht der Antragsteller, dass das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren der §§ 103 ff. ZPO nur der Ermittlung und Festsetzung gesetzlicher Prozesskosten dient und diese der Höhe nach bestimmt, hingegen nicht für die Durchsetzung sonstiger materiell-rechtlicher Ansprüche vorgesehen ist. Sind diese Ansprüche im Vergleichstext nicht bereits auch der Höhe nach tituliert, muss sich der Antragsteller auf den Prozessweg verweisen lassen (ebenso GK-ArbGG/Wenzel, a. a. O.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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