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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: 16 Ta 355/06
Rechtsgebiete: VV RVG


Vorschriften:

VV RVG Nr. 1000
Sind der Klageantrag und ein anschließend vor dem Arbeitsgericht abgeschlossener Vergleich inhaltlich identisch, fällt eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) nicht an. Der Vertrag beschränkt sich auf ein Anerkenntnis.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

16 Ta 355/06

In dem Verfahren

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 01.08.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die befristete Beschwerde des Bezirksrevisors vom 19.05.2006 wird der (richterliche) Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 04.05.2006 - 1 Ca 12/06 -, dem Bezirksrevisor frühestens zugegangen am 15.05.2006, aufgehoben.

2. Die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts vom 01.02.2006 wird (teilweise) aufgehoben, soweit das Arbeitsgericht eine über 571,30 € hinausgehende Vergütung festgesetzt hat.

3. Das Verfahren wird zur weiteren Veranlassung an das Arbeitsgericht/Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zurückverwiesen.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

In dem Ausgangsrechtsstreit 1 Ca 12/06 vor dem Arbeitsgericht Oberhausen beantragte der dortige Kläger, dem Prozesskostenhilfe bewilligt und die Antragstellerin als Prozessbevollmächtigte beigeordnet worden war, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.720,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Landeszentralbank aus 1.300,00 € seit 02.11.2005 sowie aus weiteren 1.300,00 € seit 02.12.2005, sowie weiteren 120,92 € seit 02.01.2006 zu zahlen.

Im Gütetermin am 24.01.2006 schlossen die Parteien den nachfolgenden Vergleich

1. Der Beklagte zahlt an den Kläger zum Ausgleich der Klageforderung den Betrag von 2.720,92 € brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Landeszentralbank aus 1.300,00 € seit 02.11.2005 sowie aus weiteren 1.300,00 € seit 02.12.2005 sowie weiteren 120,92 € seit 02.01.2006.

2. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.

Im vorliegenden Verfahren auf Festsetzung der Anwaltsvergütung hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unter Einschluss einer beantragten Einigungsgebühr in Höhe von 189,00 € die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung antragsgemäß auf insgesamt 790,54 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor nach vergeblicher Erinnerung vom 04.04.2006 mit Beschwerde vom 19.05.2006, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die (befristete) Beschwerde der Landeskasse gegen den richterlichen Beschluss des Arbeitsgerichts ist zulässig: Sie ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für die zuerkannte Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer (189,00 € zuzüglich 16 % MWSt = 219,24 €) übersteigt 200,00 €. Die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG einzuhaltende Rechtsmittelfrist von zwei Wochen ab Zustellung ist gewahrt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die beantragte Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer (219,24 €) war im vorliegenden Fall nicht festzusetzen.

a) Richtig ist zwar, worauf sowohl der Urkundsbeamte in seiner Entscheidung vom 04.05.2006 als auch die Ausführungen im richterlichen Beschluss vom 04.05.2006 zutreffend hinweisen, dass für die Zuerkennung der Einigungsgebühr aus Nr. 1000/1003 VV RVG im Gegensatz zum früheren § 23 BRAGO kein gegenseitiges Nachgeben mehr erforderlich ist. Es genügt die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG macht hiervon jedoch unter anderem dann eine Ausnahme ("es sei denn"), wenn der Vertrag der Parteien sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis beschränkt. Hierbei muss es sich nicht um ein Anerkenntnis einer Partei als Prozesshandlung im Sinne des § 307 ZPO handeln. Gemeint ist hiermit nach der dazu gegebenen Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1971 S. 171), "dass in dem Vertrag ein Anspruch vollständig anerkannt ... wird". Nach der weiteren Gesetzesbegründung (a.a.O.) soll mit dieser Einschränkung Missbräuchen entgegengewirkt werden, um nicht durch die bloße Bezeichnung eines vollständigen Anerkenntnisses als Vergleich das Entstehen einer (zusätzlichen) Einigungsgebühr auszulösen.

b) Im vorliegenden Fall liegt inhaltlich ein vollständiges Anerkenntnis des Beklagten vor. Klageantrag und die Zahlungsverpflichtung aus Ziffer 1 des Vergleichs vom 24.01.2006 sind identisch. Die Ausnahmeregel der Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG kommt hier zur Anwendung. Eine Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer, hier 219,24 €, war nicht festzusetzen.

3. Die Zurückverweisung an das Arbeitsgericht zur weiteren Veranlassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 55 Abs. 1 Satz 1 RVG) erfolgt nach § 572 Abs. 3 ZPO. Hinsichtlich der Gebührenfreiheit und des Ausschlusses der Kostenerstattung wird auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG verwiesen.

Ende der Entscheidung

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