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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.01.2009
Aktenzeichen: 17 Sa 1244/08
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 2
1) Die Versorgungsordnung der Beklagten enthält keine von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende feste Altersgrenze.

2) Die Mitteilung über die Höhe der monatlichen Betriebsrente bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände als Zusage verstanden werden, eine Alterversorgung abweichend von der Versorgungsordnung zu gewähren (Einzelfallentscheidung).

3) Die Entscheidung der Verwaltungskommission schließt den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht aus (vgl. BAG 20.01.04 - 9 AZR 393/03 - EzA 87 BetrAVG 2001 zur Verbindlichkeit der Entscheidung von paritätisch besetzten Ausschüssen).


Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.07.2008 - 6 Ca 1552/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe von Ruhegeldansprüchen.

Der am 08.08.1946 geborene Kläger war vom 01.04.1961 bis zum 31.12.2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin der B.-L. Turbinenfabrik GmbH beschäftigt.

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestand ein Versorgungswerk für die Mitarbeiter, "Versorgungsbestimmungen der B.-L. Turbinenfabrik GmbH vom 26.06.1981". Bei der Beklagten werden Versorgungsleistungen nach der Betriebsvereinbarung, "Versorgungsbestimmungen der H. Energy Products Germany GmbH & Co KG", in der Fassung vom 01.01.2000 gewährt. Darin heißt es u.a.:

§ 19 Versorgungsleistungen bei vorzeitigem Ausscheiden

"Das Ruhegeld für Mitarbeiter, die vor Eintritt des Versorgungsfalles mit unverfallbarer Versorgungsanwartschaft aus den Diensten der H. EPG ausgeschieden sind, bestimmt sich nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Das gilt auch für das Mindestruhegeld gemäß § 11. Entsprechendes gilt für die Mindestbeträge der Witwer-/Witwen-und Waisengelder dieser Mitarbeiter."

Die Versorgungsbestimmungen der Rechtsvorgängerin enthalten eine gleich lautende Regelung.

Der Kläger erhielt von der Beklagten unter dem 24.02.2004 eine Rentenberechnung, die unter Ziffer 5 Ruhegeld ein "monatliches Ruhegeld vor Kürzung ab dem 65. Lebensjahr" von 877,73 € aufführt. Die Altersrente von 10.802,85 € pro Jahr wurde darin um den Faktor 39/40 Dienstjahre = 0,975 gekürzt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben (Bl.5 d. Akte) Bezug genommen.

Der Kläger nimmt mit der Vollendung seines 60. Lebensjahres ab dem 01.09.2006 die betriebliche Altersversorgung in Anspruch. Mit Schreiben vom 04.07.2006 teilte die Beklagte mit, dass seine vorgezogene Altersrente insgesamt 764,57 € pro Monat beträgt. Ausweislich des Berechnungsbogens wurde die Altersrente von 10.802,85 € pro Jahr um den Faktor 513 / 604 = 0,8493 (tatsächliche/mögliche Beschäftigungsmonate bis zum 65. Lebensjahr) gekürzt.

Die Parteien führten über die Frage der Berechnung des Ruhegeldes ein in der Versorgungsordung vorgesehenes Schlichtungsverfahren durch. Am 06.09.2007 entschied sich die Verwaltungskommission ausweislich des Protokolls (Bl. 22 d. Akte) für die Berechnung entsprechend der Mitteilung vom 24.02.2004. Die Vertreterin des Arbeitgebers war mit der Entscheidung nicht einverstanden und hat den Beschluss nicht unterzeichnet.

Mit der vorliegenden, am 27.04.2007 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage begehrt der Kläger den monatlichen Differenzbetrag von 113,16 € brutto ab September 2006.

Der Kläger hat behauptet , dass bis zum Jahre 2004 die betriebliche Übung bestanden habe, bei vorzeitig ausscheidenden Mitarbeitern für die Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors die Beschäftigungszeit erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres zu berücksichtigen und bezüglich der möglichen Dienstjahre höchstens 40 Jahre anzusetzen. Dies sei im Hinblick auf den unterschiedlichen Eintritt der gesetzlichen Rente bei Männern und Frauen sowie bei Erwerbsunfähigkeit /Erwerbsminderung und Schwerbehinderung so gewählt worden. Das Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit von 39 Jahren zu einer möglichen Dienstzeit von 40 Jahren ergebe einen Unverfallbarkeitsfaktor von 0.9750 und eine Betriebsrente 877,73 € pro Monat. Diese Berechnungsweise sei vor seinem Ausscheiden in gleich gelagerten Fällen, etwa bei den Arbeitnehmern I. und C. so praktiziert worden. Im Juli 2007 habe auch die Verwaltungskommission in dem Sinne verbindlich entschieden.

§ 19 der Versorgungsbestimmungen der Beklagten enthalte nur eine Mindestregelung.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 905,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05. 2007 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1584,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Juli 2008 jeweils zum 01. eines Monats zusätzlich 113,16 € brutto Betriebsrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Versorgungsbestimmungen bei vorzeitiger Inanspruchnahme des Ruhegeldes eine Kürzung im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu einer Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres vorsähen. § 19 der Versorgungsbestimmungen verweise auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Eine betriebliche Übung zu einer anderen Berechnungsweise bestehe nicht. Die behauptete Praxis werde bestritten. Die Personalsachbearbeiterin habe die Berechnung irrtümlich vorgenommen. Eine entsprechende Anweisung der Geschäftsleitung habe nicht bestanden.

Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage durch Urteil vom 09.07.2008 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nur einen Anspruch auf Zahlung einer um den Unverfallbarkeitsfaktor von 0,8493 gekürzten Rente verlangen könne. Nach § 19 VO bestimme sich die Höhe der betrieblichen Altersversorgung bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG sei die Vollrente bei vorzeitigem Ausscheiden um den Zeitwert / Unverfallbarkeitsfaktor, dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit, zur Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, zu kürzen. Unter dem Begriff der festen Altersgrenze in § 2 Abs.1 BetrAVG werde regelmäßig das Alter verstanden, ab dem der Arbeitnehmer die reguläre Altersrente in Anspruch nehmen könne. Dies sei das 65. Lebensjahr. Aus der Versorgungsordnung der Beklagten ergebe sich keine abweichende Regelung, insbesondere nicht dahingehend, dass der Arbeitnehmer vorzeitig ungekürzt eine Betriebsrente in Anspruch nehmen könne. Insofern habe die Beklagte zu Recht die Vollrente um den Unverfallbarkeitsfaktor von 0.8493 (513/604) gekürzt. Der Kläger könne sich auch nicht auf die abweichende Mitteilung der Beklagten vom 24.02.2004 berufen. Die dem Arbeitgeber nach § 4 a Abs. 2 BetrAVG obliegende Auskunftspflicht begründe keine selbstständige Verpflichtung. Die Auskunft stelle keine Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung dar. Im Übrigen deute das Schreiben darauf hin, dass lediglich der Betrag errechnet worden sei, der sich ohne eine vorzeitige Berechnung des Schreibens ergeben hätte. Auf eine betriebliche Übung könne der Kläger seine Ansprüche nicht stützen. Die Voraussetzung für eine betriebliche Übung habe er nicht ausreichend dargetan. Die vom Kläger benannten Zeugen hätten nur vernommen werden können, wenn zuvor ausreichende Umstände dafür vorgetragen worden wären, dass bei einer Kette von namentlich benannten Mitarbeitern von der vom Kläger dargelegten Berechnungsweise ausgegangen worden sei. Dies sei aber nicht dargetan. Selbst wenn eine entsprechende betriebliche Praxis vorgelegen habe, führe dies nicht weiter. Die Arbeitnehmer hätten aus der von der Zeugin praktizierten Berechnungsweise des Unverfallbarkeitsfaktors nicht darauf schließen können, dass sich die Beklagte für die Zukunft in der Weise binden wollte, hinsichtlich der möglichen Betriebszugehörigkeit von maximal 40 Dienstjahren auszugehen. Die Berechnungsweise der Zeugin habe ebenfalls eine Kürzung der betrieblichen Altersversorgung bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers enthalten. Aus der Nennung der monatlichen Leistung ergebe sich noch nicht die Verwendung des Rechenmodells. Nur wenn die Beklagte bis zum Jahre 2004 bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers keine Kürzung der Versorgungsleistungen vorgenommen hätte, hätte man davon ausgehen können, dass die Beklagte trotz des vorzeitigen Ausscheidens den Unverfallbarkeitsfaktor 1.0 ansetzt und auf eine mögliche Kürzung nach dem Gesetz über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung verzichtet. Das Schreiben vom 24.02.2004 führe auch nicht zu einer anderen Beurteilung. Unter 1.C werde zwar hinsichtlich des Pensionsalters maximal 40 Jahre aufgeführt. Dies betreffe aber nur die Festlegung der Dienstjahre gem. § 7 Abs. 5 und 6. der Versorgungsbestimmungen der Beklagten. Unter der Ziffer 4. sei der Unverfallbarkeitsfaktor zunächst nur abstrakt, mit dem Verhältnis der Dienstjahre bis zum Austritt, zu den möglichen Dienstjahren bis zu dem Alter von 65 Jahren, beschrieben worden. In der weiteren Zeile sei zwar wieder eine mögliche Dienstzeit von 40 Jahren aufgeführt worden. Zwischen den beiden Zeilen ergebe sich aber ein Widerspruch. Auf einen solchen Widerspruch könne sich aber das für eine betriebliche Übung erforderliche Vertrauen nicht stützen. Gleiches gelte auch für die Versorgungschreiben anderer Arbeitnehmer, soweit die in dieser Weise ausgestellt worden seien. Der Beurteilung stehe letztlich nicht die Entscheidung der Verwaltungskommission entgegen, da den Arbeitsvertragsparteien gemäß § 28 Abs. 2 der Versorgungsbestimmungen vorbehalten bleibe, die Entscheidung durch das Arbeitsgericht überprüfen zu lassen.

Gegen das dem Kläger am 31.07.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Essen hat der Kläger mit dem am 28.08.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.10.2008 durch Beschluss vom 02.10. 2008 die Berufung mit dem am 30.10.2008 am Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass sich bereits ein Anspruch des Klägers aus den Versorgungsbestimmungen der B.-L. Turbinenfabrik GmbH und der Beklagten ergebe. Die Berechnung der Zeugin C. sei zutreffend. Das Ergebnis der Verwaltungskommission vom 06.09.2007 stütze seine Sichtweise. Auch in dieser Berechnungsweise sei eine ratierliche Berechnung vorgesehen, die allerdings zu einem Faktor 0,975 führe. Bei dem für die Berechnung maßgeblichen Jahreseinkommen von 10.802,85 € ergebe sich eine monatliche Rente von 877,33 €. In der Versorgungsordnung sei festgelegt, dass die tatsächliche Beschäftigungszeit erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres zu berücksichtigen sei und hinsichtlich der maximal möglichen Dienstjahre höchstens 40 Jahre angesetzt werden dürften. Dies ergebe sich auch aus der Steigerungsregelung der Altersversorgung, nach der die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung nur in zwei Zeiträumen, und zwar zunächst in den ersten 10 Jahren und sodann in weiteren 30 Dienstjahren anwachsen könnten. Allein aufgrund dieser Überlegung sei der Anspruch begründet. Im Übrigen beziehe er sich auf den gesamten Vortrag in erster Instanz.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.07.2008, AZ 6 Ca 1552/07 abzuändern und gemäß den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wie sich aus der Berufungsbegründung ergebe, stütze der Kläger den Anspruch nicht weiter auf eine betriebliche Übung. Der Kläger könne den Anspruch auch nicht auf das Schreiben von Frau C. vom 24.02.2004 stützen. Das Arbeitsgericht habe zu Recht darauf hingewiesen, dass das Schreiben vor der Nennung des monatlichen Rentenbetrages die Worte, "vor Kürzung ab dem 65. Lebensjahr", enthalte.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 S. 1,64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Differenzbetrages in Höhe von 113,16 € brutto.

1. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht, dass sich aus der Versorgungsordnung der Beklagten kein Anspruch auf eine höhere betriebliche Altersrente ergibt.

a) Betriebsvereinbarungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG Urteil v. 29.09.2004 -1 AZR 634/03- EzA EStG § 42d Nr. 2; BAG Urteil v. 22. 07. 2003 -1 AZR 496/02 -BuW 2003, 879; BAG v. 21. 01 2003 - 1ABR 5/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 117 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 1) wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut und dem dadurch vermittelten Wortsinn. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Dabei sind insbesondere der Gesamtzusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten. Bleiben hiernach noch Zweifel, so können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte oder auch eine tatsächliche Übung herangezogen werden. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden. § 19 der Versorgungsordnung der Beklagten vom 01.01.2000 regelt die Versorgungsleistungen bei vorzeitigem Ausscheiden. Darin heißt es:

"Das Ruhegeld für Mitarbeiter, die vor Eintritt des Versorgungsfalles mit unverfallbarer Versorgungsanwartschaft aus den Diensten der H. EPG ausgeschieden sind, bestimmt sich nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Das gilt auch für das Mindestruhegeld gemäß § 11. Entsprechendes gilt für die Mindestbeträge der Witwer-/Witwen- und Waisengelder dieser Mitarbeiter."

Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft richtet sich im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG. Danach haben bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer dessen Anwartschaft nach § 1 b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles, der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt, ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt.

Der in § 2 Abs.1 BetrAVG verwendete Begriff der festen Altersgrenze geht hierbei von der Vollendung des 65. Lebensjahres aus (BAG Urteil v. 23.01.2001 - 3 AZR 164/00 -, NZA 2002, 93-98). Nach Sprachgebrauch und Herkommen bezeichnet der Begriff der Altersgrenze den Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitnehmer längstens einer Erwerbstätigkeit nachgehen soll. Eine andere Altersgrenze i.S.v. § 2 Abs.1 2. Halbs. BetrAVG ist nur dann anzunehmen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass der begünstigte Arbeitnehmer grundsätzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Vollendung des 65. Lebensjahres mit einer ungekürzten Betriebsrente in den Ruhestand treten soll (BAG Urteil vom 22.02.1983 - 3 AZR 50046/80 - BAGE 41,414; Blomeyer/Otto BetrAVG 2. Aufl. § 2 Rdnr. 53 f.).

c) Nach Auffassung der Berufungskammer wird die Vollendung des 65. Lebensjahres in der Versorgungsordnung der Beklagten als feste Altersgrenze i.S.d. § 2 Abs.1 BetrAVG verstanden. In § 4 wird für die Beschreibung der Dienstjahre, die zu berücksichtigen sind, ausdrücklich als Höchstgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres aufgeführt. Auch in § 5 (1) wird das 65. Lebensjahr als der Regelfall für die Gewährung des Ruhegeldes erwähnt. Eine hiervon abweichende feste Altersgrenze ist in der Versorgungsordnung nicht festgelegt. Insofern ist das Verhältnis der tatsächlichen Beschäftigungszeit zur möglichen Beschäftigungszeit bis zum 65. Lebensjahr zu bilden und die Vollrente um den Faktor zu kürzen.

d) Der Kläger ist zwar der Auffassung, dass sich aus der Steigerungsregelung der Altersversorgung, wonach die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung nur in zwei Zeiträumen und zwar zunächst in den ersten 10 Jahren und danach in weiteren 30 Dienstjahren anwachsen könnten und nur Zeiten ab Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt würden, sich ergebe, dass nur höchstens 40 Dienstjahre angesetzt werden könnten und es sich um eine Mindestregelung handelt. Dem kann aber nach Auffassung der Kammer nicht gefolgt werden.

Das vollendete 18. Lebensjahr und die 40 Dienstjahre sind nur im Zusammenhang mit Berechnung der Wartezeit, ab wann überhaupt ein Anspruch auf Versorgungsleistungen besteht und für die Berechnung der Höhe der Altersversorgung nach §§ 7, 8 von Bedeutung. Gem. § 3 (1) entsteht der Anspruch auf Versorgungsleistungen nach einer Dienstzeit (§ 4) von 10 Jahren (allgemeine Wartezeit). Dienstzeit im Sinne der Versorgungsbestimmungen ist gem. § 4 (1) die Zeit, in dem ein Mitarbeiter nach Vollendung des 18. und vor Vollendung des 65. Lebensjahres ohne Unterbrechung in einem Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zur Beklagten gestanden hat. Nur Beschäftigungszeiten in diesem Zeitrahmen werden für die Berechnung der Höhe des Ruhegelds berücksichtigt. § 7 regelt die Höhe des Ruhegelds, dass sich u.a. nach den Dienstjahren bestimmt. In Absatz (5) ist festgelegt, dass sich das Ruhegeld aus einem Grundbetrag (GB) für die ersten 10 Dienstjahre und Steigungsbeträgen (STB) für die folgenden Dienstjahre zusammensetzt. Nach Absatz (6) werden die Steigerungsbeträge für maximal 30 Dienstjahre gewährt. Bei diesen Regelungen haben es aber die Betriebspartner nicht belassen, sondern in § 19 wird zur Bestimmung des Ruhegelds bei vorzeitigem Ausscheiden ausdrücklich auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung verwiesen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich, wie der Kläger meint, hierbei allein um eine Mindestregelung handelt, ergeben sich nicht. Satz 2 und 3 sprechen vielmehr für eine allgemeine Regelung, da sich auch die Berechnung des Mindestruhegeldes und der Mindestbeträge für Witwer/Witwen und Waisengelder danach richten soll.

Für die Auffassung der Kammer sprechen auch allgemeine Erwägungen. Der Verweis in § 19 der Versorgungsordnung ging ins Leere, wenn nach dem Willen der Betriebspartner höchstens 40 Dienstjahre ins Verhältnis zu den tatsäch-lichen Dienstzeiten ab dem 18. Lebensjahr gesetzt werden sollten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Regelung in die Versorgungsordnung ausdrücklich aufgenommen wurde, die keine Bedeutung haben soll.

e) Ausgangspunkt für die Berechnung ist mithin die bis zum Erreichen der festen Altersgrenze von 65 Jahren erreichbare Vollrente. Sie ist im Hinblick auf das vorzeitige Ausscheiden wegen der deshalb fehlenden Betriebstreue nach § 2 BetrAVG zu kürzen. Eine für den Kläger günstigere Berechnungsweise ergibt sich aus der Versorgungsordnung nicht. Unter Berücksichtigung dieser Berechnungsgrundsätze ergibt sich für die Berechnung des Ruhegeldes des Klägers ein Unverfallbarkeitsfaktor von 0,8493. Unstreitig hätte der Kläger bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr 604 Dienstmonate erreichen können. Tatsächlich hat er bis zu seinem Ausscheiden eine Betriebszugehörigkeit von 513 Monaten erreicht. Unter Zugrundelegung der Altersrente ab Rentenbeginn ohne ein vorheriges Ausscheiden in Höhe von 10.802,85 € ergibt sich eine jährliche Altersrente ab Rentenbeginn in Höhe von 9.174,86 € pro Jahr und 764,57 € pro Monat. Die Höhe der Altersrente ohne das vorzeitige Ausscheiden ist zwischen den Parteien unstreitig.

f) Soweit der Kläger in der Berufung zunächst auf eine Erhöhung der Dienstjahre nach § 8 i.V.m. § 3 der Versorgungsbestimmungen hingewiesen hat, hat er diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Im Übrigen ergibt sich auch nicht, dass die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind.

2. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht die Entscheidung der Verwaltungskommission vom 06.09.2007 stützen.

a) Es liegt bereits keine abschließende Entscheidung der Kommission i.S.d Regelungen der Versorgungsordnung vor.

Gemäß § 28 (1) kann gegen die Entscheidung der Verwaltungskommission binnen einen Monat nach Zugang der Entscheidung Widerspruch bei der Verwaltungskommission eingelegt werden. Gegen die Entscheidung der Verwaltungskommission über den Widerspruch kann nach Abs. 2 binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat Klage beim Arbeitsgericht am Sitz der H. EPG in Essen erhoben werden. Nach Abs. 3 beginnt mit der Zustellung der Entscheidung über den Widerspruch die Ausschlussfrist.

Nach dem Vortrag der Beklagten hat die Beklagtenvertreterin unmittelbar nach dem Beschluss der Verwaltungskommission der Entscheidung mündlich widersprochen. Dies hat der Kläger nicht bestritten. Eine Entscheidung über den Widerspruch liegt aber nicht vor.

b) Selbst wenn man die Regelungen in der Versorgungsordnung als Schiedsvertrag versteht, führt das nicht zum Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit. Gemäß § 4 ArbGG kann nur in den Fällen des § 2 Abs. 1 und 2 ArbGG die Arbeitsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der §§ 101 und 110 ArbGG ausgeschlossen werden. Dies betrifft den Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit durch die Tarifvertragsparteien. Dies liegt hier nicht vor.

c) Es kann auch im vorliegenden Fall dahinstehen, ob es sich hier um ein außergerichtliches oder ein schiedsgerichtliches Vorverfahren handelt, welches nicht von der Regelung des § 4 ArbGG erfasst wird. Soweit die Betriebsparteien einen Sachverhalt regeln dürfen, schließt dies auch die Einrichtung von paritätischen Ausschüssen ein, die verbindlich die maßgeblichen Tatsachen feststellen sollen. (BAG Urteil vom 20.01.2004 - 9 AZR 393/03 - EzA § 87 BetrVG 2001 Schiedsgutachten Nr. 1, zur Einrichtung einer paritätischen Kommission für Verbesserungsvorschläge). Die für das arbeitsgerichtliche Verfahren aus der Gutachtenabrede folgende Bindung ist hierbei allein materiell-rechtlicher Natur. Sie führt zur entsprechenden Anwendung der §§ 317 BGB (BAG 16.10.1957 - 4 AZR 257/55 -BAGE 5,38 ff); vgl. auch BAG 14.12.1999 - 1 AZR 175/99). Tatsächliche Feststellungen und Bewertungen dieser Kommission sind nur beschränkt überprüfbar. Die Entscheidungen einer solchen Kommission sind aber grob unbillig und damit nach § 319 BGB unverbindlich, wenn sie nur lückenhaft begründet sind (BAG. a.a.O.).

Die vorliegende Entscheidung ist unverbindlich. Es ergibt sich nicht, dass die Kommission ihre Entscheidung begründet hat. Das Protokoll vom 06.09.2007 enthält keine Begründung. Sonstige Unterlagen, aus denen sich eine Begründung entnehmen lässt, liegen nicht vor.

3. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf eine betriebliche Übung bzw. eine Zusage im Schreiben vom 24.02.2004 stützen. Der Beurteilung des Arbeitsgerichts ist der Kläger in der Berufung nicht entgegengetreten und hat sich auch bezüglich seines Anspruchs auf die Versorgungsordnung bezogen.

a) Wer ein Urteil anficht, dass für einen und denselben Anspruch die mehreren hierfür vorgetragenen Anspruchsgrundlagen verneint, muss in der Berufungsbegründung bezüglich derjenigen Anspruchsgründe, auf die er auch weiterhin die Klage stützen will, die Gesichtspunkte anführen, aus denen heraus er das angegriffene Urteil für falsch hält (BAG Urteil vom 12. 11. 2002 - 1 AZR 632/01- EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 2 ; BGH Urteil vom 15.21971 III ZR 188/67 NJW 1971). Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss sich die Berufungsbegründung gem. § 64 Abs.6 i.V.m. § 520 Abs. 3 Nr.2 ZPO mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will vgl. (BAG 15.08. v. 15.08.2002 - 2 AZR 473/01 - AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14, zu 2 der Gründe m.w.N.).

b) Der Kläger hatte sein Klagebegehren auf mehrere voneinander unabhängige Sachverhalte (Versorgungsbestimmungen, betriebliche Übung, Zusage) gestützt, welche jeweils für sich betrachtet den Anspruch begründen sollten. Das Arbeitsgericht hat sich mit allen Sachverhalten auseinandergesetzt und ist

zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anspruch auf keinen der vorgetragenen Sachverhalte gestützt werden kann. Der Kläger hat sich mit der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht im Einzelnen auseinandergesetzt, soweit es einen Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung oder aufgrund einer schriftlichen Zusage verneint. Die Berufungsbegründung beschäftigt sich nur mit einem Anspruch aus den Versorgungsbestimmungen und bezieht sich formelhaft, "zur Vermeidung von Wiederholungen auf den gesamten erstinstanzlichen Antrag einschließlich aller Beweisangebote." Dies genügt nicht.

c) Unabhängig davon hat das Arbeitsgericht überzeugend einen entsprechenden Anspruch abgelehnt. Es ist unter Darlegung der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts notwendigen Voraussetzungen für die Annahme einer betrieblichen Übung bzw. einer Zusage zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Dem folgt die Berufungskammer sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung. Auf die Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Selbst wenn in der Vergangenheit an Arbeitnehmer ein Ruhegeld gezahlt worden ist, das nicht mit der Berechnungsweise der Versorgungsordnung übereinstimmte, konnte der Kläger daraus alleine nicht entnehmen, dass die Beklagte zusätzliche Leistungen erbringen wollte. Das Ruhegeld beruht auf den Regelungen des Rechtsvorgängers und der Betriebsvereinbarung über die Versorgungsbestimmungen in der Fassung vom 01.01.2000. Der Arbeitgeber, der eine Versorgungsordnung erstellt bzw. mit dem Betriebsrat vereinbart hat, will ein Ruhegeld nach diesen Regelungen gewähren, zumal der Arbeitgeber die mit dem Betriebsrat vereinbarte Versorgungsordnung nicht einseitig ändern kann. Auch Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer bedürfen folglich der Abstimmung. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber hiervon verbindlich zu Gunsten der Arbeitnehmer abweichen will. Solche hat der Kläger nicht ausreichend vorgetragen.

Das Schreiben vom 24.02.2004 führt zu keiner anderen Beurteilung. Dass die Berechnung § 19 VO nicht berücksichtigt, reicht alleine nicht aus, um anzunehmen, dass die Beklagte dem Kläger damit abweichend von den Versorgungsbestimmungen eine Altersrente gewähren wollte. Das Schreiben ist unter dem Namen der Beklagten mit dem Wort Versorgungseinrichtung überschrieben. Es wird die monatliche Betriebsrente mitgeteilt. Unter Ziffer 5 wird im Zusammenhang mit der Höchstversorgung auf § 10 VB verwiesen. § 10 VB enthält u.a. eine Regelung über den Höchstbetrag der Gesamtversorgung. Der Text enthält keinen Hinweis, dass die Berechnung nicht dem betrieblichen Versorgungwerk entspricht. Bereits aufgrund dieser Umstände konnte der Kläger nur davon ausgehen, dass die Mitteilung der bestehenden Versorgungsregelungen entspricht. Es kommt hinzu, dass die Ziffer 4 widersprüchliche Angaben enthält. Satz 1 beginnt mit der Angabe, wie der Gesamtbetrag errechnet wird, "Gesamtbetrag x DJ bis Austritt, mögliche DJ bis Alter 65". Danach ist zur Berechnung des Mitnahmerechts der Gesamtbetrag mit den Dienstjahren zu multiplizieren und durch die möglichen Dienstjahre bis 65 zu teilen. Abweichend hiervon wird ohne weitere Begründung in der folgenden Zeile der Gesamtbetrag mit 39 DJ (1b) multipliziert und mit 40 DJ (1c) dividiert. Unter Ziffer 5 wird zudem lediglich das monatliche Ruhegeld vor Kürzung ab dem 65. Lebensjahr mit 877,73 € angegeben. Hier nimmt der Kläger vorzeitig das Ruhegeld in Anspruch. Das Schreiben kann damit weder als abweichende Zusage verstanden werden, noch stützt es den Vortrag des Klägers zur betrieblichen Übung.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.

IV.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für den Kläger die Revision zugelassen, § 72 Abs. Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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