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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.02.2002
Aktenzeichen: 18 Sa 1559/01
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 126 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 611
BGB § 781
BGB § 781 Satz 1
BGB § 782
BGB § 779
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 97 Abs. 1
Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art nicht wie Verträge sondern wie Tarifverträge auszulegen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 18 Sa 1559/01

Verkündet am: 22.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22.02.2002 durch die Richterin am Arbeitsgericht Dauch als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Battenstein und den ehrenamtlichen Richter Baumgarten

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.10.2001 3 Ca 906/01 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über das Bestehen weiterer Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem Sozialplan vom 23.10.2000.

Der Kläger war 22 Jahre lang bei der Beklagten beschäftigt. Sein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen betrug zuletzt 7.514,-- DM. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31.03.2001 durch eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten. Neben dem Kläger entließ die Beklagte weitere 33 Arbeitnehmer betriebsbedingt.

Im Zusammenhang mit diesen Entlassungen schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb existierenden Betriebsrat am 23.10.2000 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Der Sozialplan vom 23.10.2000 (Bl. 4 8 der Gerichtsakte) enthält u. a. die folgenden Regelungen:

II.

1. Leistungen bei vorzeitigen Pensionierungen

...

a.)

... Das Nettoeinkommen errechnet sich aus einem definierten Bruttoeinkommen. Das Bruttoeinkommen ist zunächst das Steuer-Brutto des Jahres 2000. Zum Steuer-Brutto des Jahres 2000 gehören nicht: alle nicht regelmäßig wiederkehrenden Zulagen (z. B. Prämien und dergleichen), das Urlaubsgeld, die vermögenswirksamen Leistungen, die Kontoführungsgebühr, der Auslagenersatz, die Jubiläumsgelder, die geldwerten Vorteile (z. B. Dienstwagen, Telefon) sowie die Überstunden/Mehrarbeit. Das so errechnete Jahres-Brutto 2000 wird durch 12 dividiert und bildet das monatliche Bruttoeinkommen als Basis für die Berechnung der Abfindung/des Nettoeinkommens.

...

3. Leistungen bei Ausscheiden in sonstigen Fällen (nicht vorzeitige Pensionierung)

a.) Mitarbeiter/innen, denen aus betriebsbedingten Gründen unter Mitwirkung des BR fristgemäß gekündigt wird, erhalten als Abfindung für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit 70 % des unter Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Die Anzahl der nach dieser Formel errechneten Monatseinkommen beträgt max. 18,5 Monatseinkommen. Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit wird diese monatsgenau und auf 2 Stellen hinter dem Komma gerechnet.

b.) Mitarbeiter/innen, die am Ende ihres Arbeitsverhältnisses 50 Jahre alt und älter sind und noch nicht 57 Jahre und 4 Monate alt und älter sind, erhalten zu ihrer Abfindung gem. Buchstabe a.) einen Sockelbetrag in Höhe von 20.000,-- DM als Abfindung. ... 7. Weitere Festlegungen a.) Sollten sich über den Inhalt oder die Auslegung dieses Sozialplanes Meinungsverschiedenheiten ergeben, werden diese zwischen der Geschäftsführung und dem BR mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung beraten. Gelingt eine Einigung nicht, ist eine interne Schiedsstelle einzurichten, die nicht mit Mitgliedern besetzt sein darf, die an der Erstellung des Interessenausgleichs und des Sozialplans mitgearbeitet haben. Die Entscheidung dieser Schiedsstelle ist für beide Seiten bindend.

...

Das nach Teil II. 1. a.) des Sozialplanes zu ermittelnde Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug 7.944,-- DM. Die Beklagte zahlte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 102.877,-- DM zum Ausgleich der Ansprüche des Klägers aus dem Sozialplan. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der Kläger aus Teil II. Ziffer 3. a.) des Sozialplanes Anspruch auf die Zahlung weiterer 19.463,-- DM als Abfindung hat, weil nicht max. 18,5 x 70 % eines Monatseinkommens gezahlt werden müssen, sondern max. 18,5 volle Monatsgehälter.

Die fragliche Sozialplanregelung hat sich im Laufe der Verhandlungen der Beklagten mit dem Betriebsrat folgendermaßen entwickelt: Nach dem ersten Entwurf vom 28.09.2000, 18:50 Uhr (Bl. 32 35 der Gerichtsakte) sollten die Mitarbeiter, die nicht vorzeitig pensioniert wurden, nach der Vorstellung der Beklagten für jedes vollendete Jahre der Betriebszugehörigkeit 60 % des im Sozialplan definierten Bruttomonatseinkommens als Abfindung erhalten, während der Betriebsrat 90 % verlangte. Eine Höchstgrenze sah diese Entwurfsfassung nicht vor. Im zweiten Entwurf vom 02.10.2000, 15:36 Uhr (Bl. 36 43 der Gerichtsakte) heißt es bezüglich Teil II. Ziffer 3. a.):

Mitarbeiter/innen, denen aus betriebsbedingten Gründen unter Mitwirkung des BR fristgemäß gekündigt wird, erhalten als Abfindung für jedes vollendete Jahr der Betriebszugehörigkeit 70 % (Vorstellung BR: 90 %) des unter Teil II. Ziffer 1. A.) a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Die Anzahl der nach dieser Formel errechneten Monatseinkommen beträgt max. 15 Monatseinkommen. Vorstellung des BR: 90 % des unter Teil II. B.) 1. des Sozialplanes definierten Bruttoeinkommens. Dabei wird jedes angefangene Jahr als volles Jahr gerechnet.-

Der dritte Entwurf vom 13.10.2000, 9:00 Uhr war hinsichtlich der streitigen Klausel unverändert. Im vierten Entwurf vom 16.10.2000, 15:00 Uhr (Bl. 44 49 der Gerichtsakte) lautete Teil II. Ziffer 3. a.) nunmehr:

Mitarbeiter/innen, denen aus betriebsbedingten Gründen unter Mitwirkung des BR fristgemäß gekündigt wird, erhalten als Abfindung für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit 70 % des unter Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Die Anzahl der nach dieser Formel errechneten Monatseinkommen beträgt max. 18,5 Monatseinkommen.

Außerdem wurde zusätzlich folgende Ziffer 3. b.) aufgenommen:

Mitarbeiter/innen, die am Ende ihres Arbeitsverhältnisses 50 Jahre alt und älter sind, und noch nicht 57 Jahre und 4 Monate alt und älter sind, erhalten zu ihrer Abfindung gem. Buchstabe a.) einen Sockelbetrag in Höhe von 20.000,-- DM.-

In den folgenden Verhandlungen blieben die Ziffern 3. a.) und 3. b.) des Teils II. des Sozialplanes bis zur Unterzeichnung durch die Beklagte und den Betriebsrat unverändert.

Ende November 2000 erhielt der Kläger von der Mitarbeiterin B. der Beklagten ein nicht unterzeichnetes Schreiben, in dem die Abfindungshöhe für ihn mit 122.340,-- DM angegeben wurde. Mit Schreiben vom 22.01.2001 (Bl. 57 f. der Gerichtsakte) teilte die Beklagte dem Kläger die Höhe der von ihr berechneten und auch gezahlten Abfindung mit.

Am 09.02.2001 und am 16.02.2001 tagte die nach Teil II. Ziffer 7. a.) des Sozialplanes bei Meinungsverschiedenheiten über Inhalt oder Auslegung des Sozialplanes zuständige interne Schlichtungsstelle, ohne zu einem einheitlichen Ergebnis in Bezug auf die Streitfrage zu gelangen. Wegen der Ergebnisse der Schiedsstellensitzungen wird auf das Protokoll (Bl. 9 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Beklagte müsse ihm eine weitere Abfindung in Höhe von 19.463,-- DM netto auszahlen. Aufgrund der Sozialplanklausel in Teil II. Ziffer 3. a.) sei die Beklagte verpflichtet, 18,5 volle Monatsgehälter an ihn zu zahlen. In Ziffer 3. a.) werde Bezug genommen auf die Formel des in Teil II. Ziffer 1. a.) definierten Bruttomonatseinkommens. Der Kläger hat behauptet, seitens des Betriebsrats und der an den Sozialplanverhandlungen beteiligten Gewerkschaft IG BCE sei gemäß den beigefügten Protokollen und Aktenvermerken des Betriebsrates immer die Forderung vertreten worden, dass sich die sogenannte Deckelung der Abfindung auf volle Monatsgehälter beziehe. Dementsprechend sei die Formulierung des Sozialplanes gewählt worden. Wegen des genauen Inhalts der Protokolle und Aktenvermerke des Betriebsrates wird auf Bl. 64 bis 74 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der abschließenden Sitzung sei von Seiten der Geschäftsführung erklärt worden, dass die gefundene Formulierung unmissverständlich 18,5 volle Monatsgehälter betrage, erst aufgrund dieser Zusage sei der Sozialplan unterzeichnet worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 19.463,-- netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 05.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe die dem Kläger nach dem Sozialplan vom 23.10.2000 zustehende Abfindung richtig abgerechnet und ausbezahlt. Die Kappungsgrenze in dem Sozialplan betrage nicht 18,5 volle, sondern lediglich 18,5 Monatseinkommen à 70 % des nach dem Sozialplan berechneten Monatseinkommens des Klägers. Die Auffassung des Klägers finde in dem klaren Wortlaut des Sozialplanes keine Stütze. Der Kläger könne sich auch nicht auf die Berechnung der Abfindungshöhe aus November 2000 durch Frau B. berufen. Zum einen sei Frau B.überhaupt nicht befugt gewesen, dem Kläger im November eine verbindliche Abrechnung zu erteilen. Im Übrigen habe sie ihn ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine exakte Berechnung erst im Januar 2001 erfolgen werde.

Das Arbeitsgericht Oberhausen hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2001 abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 19.463,-- DM festgesetzt. Es hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Abfindung gegen die Beklagte. Die Beklagte habe die Abfindung zutreffend berechnet. Die Kappungsgrenze nach Teil II. Ziffer 3. a.) des Sozialplanes betrage 18,5 Monatseinkommen à 70 %. Aus der Formulierung in Satz 2 dieser Sozialplanklausel ergebe sich, dass sich dieser Satz auf Satz 1 beziehe und insoweit die maximale Anzahl des dortigen Faktors Monatseinkommen regele. Eine andere Deutung dieses Satzes sei grammatikalisch nicht möglich, da anderenfalls die Formulierung der Anzahl- keinen Sinn ergebe. Durch diese Formulierung hätten die Sozialplanparteien eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen zahlenmäßigen Begrenzungsfaktor im Sinne der Formel gemäß Satz 1 der Ziffer II. 3. a.) des Sozialplanes handele. Ein möglicherweise abweichender Wille der Parteien habe in der Formulierung des Sozialplanes keinen Ausdruck gefunden. Hinzu komme, dass in keinem der Entwürfe eine Formulierung verwendet worden sei, die für die Auffassung des Klägers spreche. Der Kläger habe auch daraus, dass Frau B. ihm im November 2000 eine höhere Abfindungsberechnung ausgehändigt habe, keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte. Dabei handele es sich insbesondere nicht um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, insofern würden die gleichen Grundsätze gelten wie für die Hingabe einer Gehaltsabrechnung.

Gegen das ihm am 19.10.2001 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen hat der Kläger mit einem am 19.11.2001 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.12.2001 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist der Auffassung, die ihm nach dem Sozialplan auszuzahlende Abfindung hätte 122.340,-- DM betragen müssen. Der Wortlaut des Sozialplanes lasse die Auffassung nicht zu, dass maximal 70 % von 18,5 Gehältern zu zahlen seien. Die Formel des zu errechnenden Monatseinkommens ergebe sich nach dem Sozialplan aus Teil II. Ziffer 1. a.), die keine Kürzung um 30 % auf 70 % des fiktiven Monatseinkommens beinhalte. Teil II. Ziffer 3. a.) Satz 2 des Sozialplanes nehme lediglich Bezug auf Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes, der selbst die Kürzung von 30 % nicht vorsehe. Deshalb sei die Kürzung um 30 % auch nicht Bestandteil der Formel. Satz 2 nehme Bezug auf das definierte Bruttoeinkommen gemäß Teil II. Ziffer 1. a.).

Des Weiteren ist der Kläger der Ansicht, die Beklagte habe sich durch die Abfindungsberechnung aus November 2000 selbst gebunden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.10.2001, AZ: - 3 Ca 906/01 -, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 9.951,27 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 05.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG; 523, 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.10.2001 ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 518 Abs. 1 und 2 ZPO) und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 2 und 3 ZPO).

II.

In der Sache konnte die Berufung des Klägers hingegen keinen Erfolg haben.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 9.951,27 (= 19.463,-- DM) aus § 611 BGB in Verbindung mit Teil II. Ziffer 3. a.), 1 a.) des Sozialplanes vom 23.10.2000. Die Beklagte hat die Höhe der an den Kläger zu zahlenden Abfindung zutreffend mit 102.877,-- DM unter Zugrundelegung von 18,5 x 70 % des nach Teil I. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes ermittelten Monatseinkommens des Klägers berechnet. Der Kläger kann nicht die Zahlung einer Abfindung in Höhe von insgesamt 122.340,-- DM beanspruchen, so dass ihm auch die mit der vorliegenden Klage begehrte Differenzzahlung nicht zusteht.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 15.12.1998 1 AZR 332/98, NZA 1999, 667; Urteil vom 17.11.1998 1 AZR 221/98, NZA 1999, 609; Urteil vom 21.07.1998 1 AZR 57/98, n. v.; Urteil vom 11.02.1998 10 AZR 565/97, n. v.; Urteil vom 08.11.1988 1 AZR 721/87, EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 50; Urteil vom 12.09.1984 4 AZR 336/82, AP § 1 TVG Auslegung Nr. 135; Urteil vom 11.06.1975 5 AZR 217/74, DB 1975, 1945) sind Sozialpläne nicht wie Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB, sondern als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wie Tarifverträge auszulegen. Maßgeblich ist dabei zunächst entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung der Wortlaut. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebspartner im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, sofern dieser erkennbar zum Ausdruck gekommen ist. Zu beachten ist dabei der Gesamtzusammenhang der Regelung, weil er auf den wirklichen Willen der Betriebspartner und damit auf den Zweck der Regelung schließen lassen kann (vgl. BAG, Urteil vom 19.06.2001 1 AZR 598/00, EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 67; Urteil vom 15.12.1998 1 AZR 332/98, a. a. O.; Urteil vom 17.11.1998 1 AZR 221/98, a. a. O.; Urteil vom 21.07.1998 1 AZR 57/98, a. a. O.; Urteil vom 11.02.1998 10 AZR 565/97, a. a. O.; Urteil vom 24.06.1992 5 AZR 468/91, EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 48; Urteil vom 08.11.1988 1 AZR 721/87, a. a. O.; Urteil vom 12.09.1984 4 AZR 336/82, a. a. O.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Wortlaut der streitigen Sozialplanklausel klar gegen die Auslegung des Klägers spricht. Bei der Formel, auf die Teil II. 3. a.) Satz 2 des Sozialplanes vom 23.10.2000 verweist, handelt es sich eindeutig um die in Teil II. Ziffer 3. a.) Satz 1 des Sozialplanes genannte Formel zur Abfindungsberechnung, nämlich 70 % des unter Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Durch die Verwendung des Demonstrativpronomens diese- vor dem Wort Formel haben die Betriebspartner zum Ausdruck gebracht, dass auf etwas Nahegelegenes, nämlich die im Satz zuvor genannte Berechnungsformel verwiesen wird. Hätten die Parteien auf eine im Text des Sozialplanes weiter entfernt gelegene Formel, wie z. B. die in Teil II. Ziffer 1. a.) genannte Bezug nehmen wollen, hätten sie das Demonstrativpronomen jene- verwenden müssen. Im Gegensatz zu jene- weist diese- auf etwas in der Nähe Befindliches hin (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch bei: dieser). Jene deutet demgegenüber auf etwas weiter abseits Befindliches hin (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch bei: jener).

Hinzu kommt, wie schon das Arbeitsgericht ausgeführt hat, dass auch die Formulierung die Anzahl, der nach dieser Formel berechneten Monatseinkommennur sinnvoll erscheint, wenn sie unmittelbar auf die im Satz zuvor genannte Berechnungsformel bezogen wird. Gerade dadurch, dass die Formulierung die Anzahl- eingefügt wurde, wird die enge Bindung zu den nach Satz 1 berechneten 70 % eines Monatseinkommens deutlich. Wäre es lediglich darum gegangen, festzuschreiben, dass maximal 18,5 volle Monatsgehälter in der gemäß Teil II. Ziffer 1. a.) ermittelten Höhe gezahlt werden, hätte es des Begriffs der Anzahl- nicht bedurft. Ausreichend wäre insoweit eine Formulierung wie die Abfindung beträgt max. 18,5 (volle) Monatsgehälter- oder die Abfindung beträgt max. 18,5 der unter Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplans definierten Bruttomonatseinkommens-.

Des Weiteren zeigt auch die Entstehung der Regelung in Teil II Ziffer 3. a.) des Sozialplanes, dass in Satz 2 dieser Klausel nicht von vollen Monatsgehältern ausgegangen wurde. In keinem der Entwürfe des Sozialplanes taucht die Formulierung 18,5 volle Monatsgehälter auf, obwohl der Betriebsrat in seinen Protokollen stets den Zusatz volle Monatsgehälter verwendet hat. So heißt es in dem Vermerk vom 05.10.2000 (Bl. 68 der Gerichtsakte): Deckel zu bei 20 volle Gehälter; Kompromiss I des BR: Wenn 80 %, Deckel zu bei 25 volle Gehälter, oder 23 volle Gehälter oder 22 volle Gehälter; Kompromiss II des BR: Wenn 70 %, Deckel zu bei 25 volle Gehälter-. Im Vermerk vom 16.10.2000 (Bl. 65 f. der Gerichtsakte) heißt es: Abfindungsberechnung: 13 Monatsgehälter, durch 12, davon 70 %, mal Jahre der Betriebszugehörigkeit, Deckel zu bei 18,5 volle Monatsgehälter, und für 50 - 57 J. und 4 M. alte Mitarbeiter/innen erhalten einen Sockelabfindungsbetrag von 10.000,-- DM.- Des Weiteren formuliert der Betriebsrat unter dem 23.10.2000 (Bl. 64 der Gerichtsakte) wörtlich: Mitarbeiter/innen, die aus beteriebsbedingten Gründen, unter Mitwirkung des BR fristgemäß Gekündigt wird, erhalten eine Abfindung für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit, 70 % des Sozialplanes diffinierten Bruttomonatseinkommen. Max. 18,5 volle Monatseinkommen-. In seinen eigenen Notizen verwendet der Betriebsrat stets das Wort volle, in den Sozialplanentwürfen taucht es dagegen nie auf. Es erscheint daher auch unter diesem Aspekt zweifelhaft, dass in Teil II. Ziffer 3. a.) Satz 2 des Sozialplanes tatsächlich 18,5 volle Monatseinkommen unabhängig von der Regelung in Satz 1 vereinbart worden sein sollen.

2. Eine anderweitige Bewertung der Vereinbarung der Betriebspartner kann sich auch nicht daraus ergeben, dass möglicherweise zwischen den Parteien etwas anderes besprochen wurde als das, was sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Formulierung in Teil II. Ziffer 3. a.) Satz 1 und 2 des Sozialplanes vom 23.10.2000 ergibt.

Ob zwischen den Parteien des Sozialplanes mündlich vom Wortlaut des Sozialplanes Abweichendes besprochen wurde oder nicht, ist für die Auslegung des Sozialplanes unerheblich. Der Parteiwille ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 15.12.1998 1 AZR 332/98, a. a. O.; Urteil vom 21.07.1998 1 AZR 57/98, a. a. O.; Urteil vom 11.02.1998 10 AZR 565/97, a. a. O.; Urteil vom 04.03.1982 6 AZR 594/79, DB 1982, 1829; Urteil vom 11.06.1975 5 AZR 217/74, a. a. O.; Urteil vom 19.04.1963 1 AZR 160/62, AP § 52 BetrVG, Nr. 3) nur insoweit zu berücksichtigen, als er im Sozialplan erkennbar zum Ausdruck gekommen ist. Raum für die Feststellung eines vom Wortlaut des Sozialplanes abweichenden Parteiwillens etwa mit Hilfe von Zeugenaussagen besteht nicht (vgl. BAG, Urteil vom 04.03.1982 6 AZR 594/79, a. a. O.; BAG, Urteil vom 11.06.1975 5 AZR 217/74, a. a. O.).

Aufgrund der - bereits unter 1 dargestellten Eindeutigkeit des Wortlautes der Vereinbarung der Betriebspartner zur maximalen Abfindungshöhe hat das Arbeitsgericht zu Recht davon abgesehen, die vom Kläger benannten Zeugen zu der Frage zu hören, ob es einen vom Wortlaut abweichenden Parteiwillen gab, wonach max. 18,5 volle Monatsgehälter gezahlt werden sollten.

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 9.951,27 (= 19.463,-- DM) aus der Vorababrechnung, die er im November 2000 von der Mitarbeiterin B. der Beklagten erhalten hat.

a) Bei dieser Vorababrechnung handelt es sich nicht um ein wirksames abstraktes Schuldanerkenntnis der Beklagten gemäß § 781 BGB. Die Vorababrechnung genügt nicht den an ein abstraktes Schuldanerkenntnis zu stellenden formalen Anforderungen. Gemäß § 781 Satz 1 BGB bedarf es zur Gültigkeit eines Vertrages, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird, einer schriftlichen Erteilung der Anerkenntniserklärung und zur Wirksamkeit einer solchen Erklärung ist die gesetzliche Schriftform (§ 126 BGB) einzuhalten. Die Vorababrechnung ist unstreitig von niemandem unterzeichnet worden und genügt daher nicht dem Schriftformerfordernis der §§ 781 Satz 1, 126 Abs. 1 BGB.

Die Schriftform war im vorliegenden Fall auch nicht gemäß § 782 BGB entbehrlich. Nach dieser Vorschrift ist die Beachtung der in § 781 BGB vorgeschriebenen schriftlichen Form dann nicht erforderlich, wenn ein Schuldanerkenntnis aufgrund einer Abrechnung oder im Wege eines Vergleiches erteilt wird. Die Vorababrechnung wurde dem Kläger weder aufgrund einer Abrechnung noch aufgrund eines Vergleiches erteilt. Es handelt sich bei der Vorababrechnung nicht um eine Abrechnung im Sinne des § 782 BGB. Eine Abrechnung in diesem Sinne ist jede unter Mitwirkung von Gläubiger und Schuldner stattfindende Feststellung eines Rechnungsergebnisses (vgl. Palandt-Sprau, 61. Aufl., § 782 BGB, Rz. 2). Die Vorababrechnung ist eine einseitig von der Beklagten erstellte Abrechnung, an der der Kläger in keiner Weise mitwirkte. Die Vorababrechnung ist auch kein Vergleich im Sinne des § 779 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Die Vorababrechnung ist ohne jegliches Nachgeben einer der Parteien oder beider Parteien zustande gekommen.

b) Die Vorausabrechnung ist auch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Parteien. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn die vereinbarte Regelung zum Ziel hat, ein bestehendes Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen. Mit ihm wird bezweckt, für die Zukunft die Vertragsbeziehungen auf eine verlässliche Basis zu stellen. Voraussetzung sind übereinstimmende Willenserklärungen (vgl. BAG, Urteil vom 10.03.1987 8 AZR 610/84, DB 1987, 1694). Zu dem Zeitpunkt, als die Mitarbeiterin B. der Beklagten die Vorababrechnung für den Kläger erstellte, nämlich im November 2000, bestand zwischen den Parteien über die Abrechnungsmodalitäten bzw. die Abfindungshöhe noch kein Streit. Die Vorababrechnung diente nicht dem Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Diese Vorababrechnung hatte vielmehr den Sinn, den Kläger darüber zu informieren, was für eine Abfindung er erwarten könnte. Weitere Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass vorliegend dennoch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorliegt, hat der Kläger nicht vorgetragen. Es kann nur festgestellt werden, dass die Vorababrechnung der Unterrichtung des Klägers diente und keinen rechtsverbindlichen Charakter auf Seiten der Beklagten entfalten konnte. Soweit die Mitarbeiterin B. bei der Erstellung dieser Abrechnung von einer fehlerhaften Berechnungsmethode ausgegangen ist, entsteht daraus keine Zahlungsverpflichtung der Beklagten.

III.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.

IV.

Im vorliegenden Fall war die Revision zuzulassen, da dem vorliegenden Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden kann (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Eine grundsätzliche Bedeutung eines Rechtsstreits ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und diese Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teiles der Allgemeinheit berührt (vgl. BAG, Beschluss vom 05.12.1979 - 4 AZN 41/79, AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien übereinstimmend vorgetragen, dass der vorliegende Rechtsstreit im Hinblick auf weitere, beim Arbeitsgericht Oberhausen anhängige Rechtsstreitigkeiten als Pilotverfahren durchgeführt werden soll. Die Entscheidung des Rechtsstreits hat damit Auswirkungen auf die Interessen eines Teils der Allgemeinheit, nämlich auf die Interessen derjenigen Arbeitnehmer, deren Rechtsstreitigkeiten mit der gleichen Problematik noch beim Arbeitsgericht anhängig sind.

Ende der Entscheidung

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