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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.08.2001
Aktenzeichen: 18 Sa 366/01
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
BetrVG § 102 Abs. 1
1. Ist ein Arbeitnehmer aufgrund einer tariflichen Vorschrift nur noch aus wichtigem Grund kündbar, so ist an den wichtigen Grund kein strengerer Prüfungsmaßstab anzulegen als im Normalfall des § 626 Abs. 1 BGB (gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. zuletzt 08.06.2000 - 2 AZR 638/99 - NZA 2000, 1282 unter B I 1 der Gründe).

2. Da sich der tarifliche Kündigungsschutz bei der Prüfung einer außerordentlichen Kündigung materiell-rechtlich nicht zugunsten des Arbeitnehmers auswirkt, braucht der Arbeitgeber diesen dem Betriebsrat jedenfalls dann nicht mitzuteilen, wenn er sich vom Arbeitnehmer aufgrund des Kündigungssachverhaltes mit sofortiger Wirkung trennen möchte.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 Sa 366/01

Verkündet am: 24.08.2001

In dem Rechtsstreit

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24.08.2001 durch den Richter am Arbeitsgericht Nübold als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Bieler und die ehrenamtliche Richterin Jait

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 05.02.2001 - 4 Ca 2777/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über zwei außerordentliche Kündigungen der Beklagten sowie Weiterbeschäftigung.

Der am 04.12.1944 geborene, verheiratete Kläger war bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern seit 1980 als Hausmeister gegen ein Monatsbrutto von zuletzt 5.500,- DM beschäftigt. Nach den arbeitsvertraglichen Abreden der Parteien fand auf das Arbeitsverhältnis jedenfalls § 15 des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten der Wohnungswirtschaft vom 03.06.1997 (im Folgenden: MTV) Anwendung. Dessen Abs. 4 lautet:

Beschäftigte, die mindestens zehn Jahre dem Betrieb angehören und 55 Jahre alt sind oder die 15 Jahre dem Betrieb angehören und 50 Jahre alt sind, sind nur aus wichtigem Grund kündbar. Ausgenommen sind zumutbare Änderungskündigungen und Kündigungen als Folge erheblicher Einschränkung durch Fortfall wesentlicher Unternehmensaufgaben.

Die Beklagte führt Hausmeistertätigkeiten in Objekten ihrer Muttergesellschaft "G." aus. Sie beschäftigt ca. 420 Hausmeister. Der Kläger war zuletzt in einer Anlage in K. eingesetzt. Er hatte u. a. die Aufgabe, Schäden an den verwalteten Wohnungen zu melden. Bei Notreparaturen war er unmittelbar zur Auftragserteilung an die Handwerksunternehmen berechtigt. Im Übrigen empfahl er der ihm übergeordneten Geschäftsstelle der Beklagten geeignete Handwerker, die regelmäßig sodann auch beauftragt wurden. Der Kläger war zudem dafür zuständig, die Stundenzettel der Handwerker abzuzeichnen.

Am 18.08.2000 teilte ein Mitarbeiter der Muttergesellschaft der Beklagten einem ihrer Geschäftsführer mit, er sei von der Firma S. Heizungs- und Sanitärbau GmbH (im Folgenden: Firma S.) angesprochen worden, weshalb diese seit ca. acht Monaten keine Aufträge mehr erhalten habe. Dabei habe die Firma behauptet, der Kläger habe "Druck ausgeübt", indem er bekundet habe, ihr sowie der Firma St. Heizungs- und Sanitärbau GmbH (im Folgenden: Firma St.) nur dann Aufträge zu erteilen, wenn sie sich ihm gegenüber erkenntlich zeigten. Im Hinblick darauf seien dem Kläger Zuwendungen seitens der beiden Firmen gemacht worden. Diese hätten in der Hingabe von Schecks und der Durchführung von Sanitärarbeiten in der Wohnung des Klägers bestanden. Die Firmen S. und St. sind familiär miteinander verflochten. Die Tochter der geschäftsführenden Gesellschafter der Firma S. war geschäftsführende Gesellschafterin der Firma St.. Beide Firmen waren unter einer Anschrift geschäftsansässig. Die Firma St. ist durch Gesellschafterbeschluss vom 21.03.2000 aufgelöst.

Der Geschäftsführer der Beklagten verabredete für den 21.08.2000 einen Besprechungstermin mit den Firmen St. und S., an dem die Eheleute F. als die geschäftsführenden Gesellschafter der Firma S., ein Geschäftsführer der Firma St. sowie die stellvertretende Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten, für den Kläger zuständigen Betriebsrats teilnahmen. Der Betriebsratsvorsitzende war seinerzeit erkrankt. Die Eheleute F. präzisierten die Vorwürfe gegenüber dem Kläger dahingehend, dieser habe eine hochwertige Einhebelmischarmatur, einen Rasenmäher, eine Küchenspüle, die Erbringung von Sanitärleistungen (Verlegung von Wasserrohren) im Garten der Tochter des Klägers sowie einen Scheck über 500,- DM erhalten. Bezogen auf den Scheck legten sie eine Fotokopie vor (Bl. 37 d. A.). Der Scheck war am 04.02.1999 von der Firma St. ausgestellt worden. Als Berechtigte war die Ehefrau des Klägers eingetragen. Der Scheck wurde Anfang März 1999 auf einem Konto der Ehefrau gutgeschrieben.

Der Geschäftsführer der Beklagten fuhr im Anschluss an das Gespräch zusammen mit der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zum Kläger. Er konfrontierte ihn in Gegenwart der Ehefrau des Klägers sowie der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden damit, der Vorwurf der Bestechlichkeit sei gegen ihn erhoben worden und schilderte ihm die Ausführungen der Eheleute F.. Er legte eine Fotokopie des Schecks vor und bat den Kläger um Stellungnahme. Der Kläger verwies zunächst darauf, dass der Scheck nicht an ihn, sondern seine Ehefrau adressiert sei. Er könne deshalb dazu keine Stellung nehmen. Im Übrigen wies er jeglichen Vorwurf der Bestechlichkeit zurück. Sodann sprach der Kläger seine Ehefrau auf den Scheck an. Diese äußerte sich dahingehend, sie könne sich an den Erhalt eines solchen Schecks nicht erinnern und müsse zunächst die Kontoauszüge nachprüfen. Verabredungsgemäß meldete sich der Kläger am Abend des 21.08.2000 beim Geschäftsführer der Beklagten und teilte mit, die Nachforschungen seiner Ehefrau hätten ergeben, dass der vorerwähnte Scheck von der Firma St. übergeben worden sei, um eine Lieferung von Damenwäsche seitens der Ehefrau des Klägers an Frau F. zu bezahlen. Auf die Frage des Geschäftsführers, wieso die Ehefrau diese Auskunft nicht bereits anlässlich des beim Kläger geführten Gesprächs gegeben habe, antwortete der Kläger, dies sei ihr peinlich gewesen. Am 22.08.2000 erklärte Frau F. auf telefonische Anfrage des Geschäftsführers der Beklagten, die Einlassung des Klägers zur Hingabe des Schecks sei völlig aus der Luft gegriffen.

Der Geschäftsführer organisierte daraufhin für den 24.08.2001 einen weiteren Termin, an welchem neben ihm der Kläger, die Eheleute F. und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende teilnahmen. Bei diesem Gespräch ließ sich auch durch die Gegenüberstellung der Eheleute F. einerseits und dem Kläger bzw. dessen zeitweilig anwesender Ehefrau andererseits keine weitere Aufklärung herbeiführen. Beide Seiten blieben bei ihren Darstellungen. Frau F. verwies zudem darauf, sie habe die Buchhaltung der Firma St. gemacht. Aus dieser Tätigkeit sei ihr bekannt, dass der Scheck dort als Ausgabe unter dem Stichwort "Provision für Herrn A." als Betriebsausgabe verbucht worden sei.

Mit Anhörungsbogen vom 28.08.2000 hörte die Beklagte den für den Kläger zuständigen Betriebsrat zu einer "außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung" an (Bl. 38 f. d. A.). Nachdem der Betriebsrat am 30.08.2000 Bedenken gegen die Kündigung geäußert hatte, sprach die Beklagte mit Schreiben vom 31.08.2000 (Bl. 87 d. A.) gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung aus. Das Schreiben wurde dem Kläger noch am gleichen Tag per Boten zugestellt.

Anlässlich des Gesprächs am 21.08.2000 mit den Eheleuten F. hatten diese dem Geschäftsführer der Beklagten zwei Kopien von Rechnungen der Firma H. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma M.) übergeben. Die erste Rechnung sei ihnen vom Kläger mit der Aufforderung übergeben worden, sie zu begleichen. Dies sei der Erteilung weiterer Aufträge an die Firma St. förderlich. Daraufhin hätten sie die Rechnung beglichen. Die weitere Rechnung über 2.079,79 DM sei von ihnen trotz Aufforderung durch den Kläger nicht bezahlt worden, weil ihnen der Rechnungsbetrag zu hoch gewesen sei. Bei dem vorerwähnten Treffen zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger am 21.08.2000 konfrontierte der Geschäftsführer den Kläger auch mit diesen Ausführungen der Eheleute F.. Der Kläger erwiderte, die erste Rechnung sei von diesen bezahlt worden, weil sie sich einen Rasenmäher der Beklagten ausgeliehen und diesen beschädigt hätten. Die zweite Rechnung sei irrtümlich an die Firma St. gerichtet worden. Die Gegenüberstellung beider Seiten bei dem Gespräch am 24.08.2000 zu dem geschilderten Themenkomplex blieb ergebnislos. Daraufhin setzte sich der Geschäftsführer der Beklagten am 30.08.2000 mit der Firma M. telefonisch in Verbindung. Die dortige Geschäftsführerin erklärte ihm u. a., dass die Firma St. die Rechnung über 2.079,79 DM nicht bezahlt habe. Sie habe sich deshalb mit dem Kläger in Verbindung gesetzt. Er habe vorgeschlagen, den Rechnungsbetrag aufzuteilen. Er habe sie veranlasst, eine Rechnung über 1.036,02DM zu Lasten der Dachdeckerfirma Heinz K. GmbH auszustellen. Da deren Geschäftsgegenstand mit der Reparatur eines Rasenmähers nicht in Einklang stand, habe der Kläger insoweit vorgeschlagen, den Rechnungsgegenstand dahingehend zu verändern, dass es sich um die Reparatur eines Gabelstaplers gehandelt habe. Zum zweiten Teil des Rechnungsbetrages in Höhe von 1.043,77 DM erteilte die Firma M. auf Veranlassung des Klägers der Beklagten eine Rechnung über die Reparatur eines Rasenmähers.

Nach erneuter Anhörung des Betriebsrats (Bl. 53 f. d. A.) kündigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 04.09.2000 (Bl. 88 f. d. A.), ihm am gleichen Tag übergeben, erneut außerordentlich fristlos. Zu den im Telefonat mit der Firma M. erhaltenen Informationen hatte sie ihn zuvor nicht angehört.

Mit seiner am 12.09.2000 beim Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen Klage hat sich der Kläger u. a. gegen die Kündigungen gewandt. Er hat vorgetragen, die Kündigung vom 31.08.2000 sei bereits wegen Mängeln in der Betriebsratsanhörung unwirksam. Die Beklagte habe den Betriebsrat zu einer Verdachtskündigung angehört, jedoch eine Tatkündigung ausgesprochen. Sie habe den Betriebsrat auch nicht hinreichend über seine Einlassungen informiert. Darüber hinaus habe sie dem Betriebsrat nicht mitgeteilt, dass er nach § 15 des MTV ordentlich nicht kündbar sei. Im Übrigen hat der Kläger bestritten, "Provisionen" verlangt oder erhalten zu haben. Zu dem an seine Frau gerichteten Scheck hat er auf seine vorgerichtliche Stellungnahme verwiesen. Der Scheckhingabe habe die Lieferung von Damenwäsche durch seine Ehefrau zugrunde gelegen. Es habe sich um Damenwäsche/Badebekleidung gehandelt. Seine Ehefrau habe die Möglichkeit gehabt, diese Ware preisgünstig zu beschaffen. Zur Kündigung vom 04.09.2000 hat der Kläger sich u. a. darauf berufen, diese wegen eines Verdachts ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, da die Beklagte ihn zu den sich aus dem Telefonat mit der Firma M. ergebenden weiteren Vorwürfen nicht angehört habe.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben vom 31.08.2000 ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten nicht sein Ende gefunden hat,

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die mit Schreiben vom 04.09.2000 ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten sein Ende gefunden hat sowie

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hausmeister weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die ausgesprochenen Kündigungen seien als Verdachtskündigungen wirksam. Die Weiterbeschäftigung des Klägers sei für sie unzumutbar. Sie müsse befürchten, dass er zu ihrem Nachteil gehandelt habe und handeln werde, indem er sich bei seiner Tätigkeit nicht nach sachgerechten Kriterien richte, sondern danach, wer die höchsten Bestechungsgelder zahle. Außerdem setze der Eindruck, sie beschäftige bestechliche Mitarbeiter, sie sowohl in den Augen der unmittelbar beteiligten Dritten als auch von Unbeteiligten herunter.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.02.2001 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Umfang der dargestellten Anträge mit Urteil vom 05.02.2001 abgewiesen. Es hat angenommen, der Betriebsrat sei zur Kündigung vom 31.08.2000 ordnungsgemäß angehört worden. Der tarifvertragliche Kündigungsausschluss habe ihm nicht mitgeteilt werden müssen, da dieser nur die ordentliche Kündigung betreffe. Die Beweisaufnahme habe zudem ergeben, dass der Betriebsrat vollständig über die Kündigungsgründe informiert worden sei. Die Kündigung sei auch gemessen an § 626 BGB wirksam. Es bestehe der erhebliche Verdacht, dass der Kläger sich durch Hinnahme eines Schecks über 500,- DM habe bestechen lassen. Die Einlassung, die Zahlung sei wegen eines Verkaufs von Wäsche durch seine Ehefrau erfolgt, sei von Frau F. bestritten worden. Ein Grund für eine wahrheitswidrige Beschuldigung des Klägers durch Frau F. sei nicht erkennbar. Bei seiner Ehefrau sei hingegen ein unmittelbares eigenes Interesse angesichts der Gefährdung des Arbeitsplatzes des Klägers zu befürchten. Zudem habe weder der Kläger noch seine Ehefrau auf Vorhalt der Erklärungen der Frau F. weitergehende Erläuterungen gegenüber der Beklagten zum angeblichen Wäschekauf abgegeben. Es sei für sie unproblematisch gewesen zu substantiieren, welche Wäschestücke die Ehefrau an Frau F. verkauft habe. Da zudem jede Erklärung dazu fehle, weshalb die Ehefrau des Klägers überhaupt in der Lage gewesen sei, Damenwäsche zu verkaufen, habe die Beklagte nur davon ausgehen können, dass es sich um eine offensichtlich unglaubhafte Schutzbehauptung gehandelt habe. Auch im Prozessverlauf habe der Kläger keine ihn entlastenden Tatsachen vorgetragen, insbesondere den Wäschekauf nicht präzisiert. Der Verdacht der Bestechlichkeit habe das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Klägers unrettbar erschüttert. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da der Kläger nicht mit einer Billigung seines Verhaltens habe rechnen können. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 31.08.2000 beendet sei, sei auch die Klage gegen die Kündigung vom 04.09.2000 sowie der Antrag auf Weiterbeschäftigung unbegründet.

Gegen das ihm am 14.02.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.03.2001 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ist - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.04.2001 - an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

In der Berufungsbegründung beruft sich Kläger insbesondere wiederum darauf, die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen § 102 BetrVG unwirksam, da dem Betriebsrat der tarifliche Kündigungsschutz nicht mitgeteilt worden sei. Im Übrigen habe die Beklagte nicht alles Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan. Sie habe die Unstimmigkeit aufklären müssen, weshalb Empfängerin des Schecks die Ehefrau des Klägers gewesen sei, obwohl gegen ihn der Vorwurf der Bestechlichkeit erhoben werde. Die Argumentation des Arbeitsgerichts zur fehlenden Substantiierung bezogen auf den "Wäschekauf" sei überraschend gewesen. Ihm seien Einzelheiten hierzu auch nicht bekannt. Ob sich seine Frau noch an einzelne Wäschestücke erinnere, sei zumindest zweifelhaft. Er trägt weiter vor, seine Ehefrau sei lange Jahre bei einem Düsseldorfer Modehaus beschäftigt gewesen. Es habe für sie die Möglichkeit bestanden, als Mitarbeiterin Ware zu einem günstigeren Preis zu erwerben. Zur Familie F.habe zeitweise ein guter, fast freundschaftlicher Kontakt bestanden. Dass die Damenwäsche mehr oder weniger Zug um Zug gegen Aushändigung des Schecks übergeben wurde, sei zumindest anzunehmen. Er habe mit alldem nichts zu tun gehabt. Im ergänzenden Schriftsatz vom 21.06.2001 trägt der Kläger vor, die Ware des Wäschekaufs sei an Frau F. und Frau S. gegangen. In dem Gespräch am 21.08.2000 habe seine Ehefrau den Hintergrund der Zahlung nicht sofort kundgetan, da sie keine unbedachte Äußerung machen, sondern den Vorgang nochmals habe überprüfen wollen.

Im Termin vom 22.06.2001 hat die Kammer dem Kläger vorgehalten, seine Einlassung sei nach wie vor unzureichend. Sein Vortrag, er könne zu der Angelegenheit nichts sagen, da ausschließlich seine Ehefrau an dem Wäschekauf beteiligt gewesen sei, sei vor dem Hintergrund der familiären Verbundenheit unglaubwürdig. Sein Prozessbevollmächtigter hat daraufhin sein Vorbringen nach Rücksprache mit der Ehefrau ergänzt. Seine Ehefrau sei bis Ende 1999 beim Modehaus H. tätig gewesen. Anfang 1999, es könne auch Ende 1998 gewesen sein, habe ein privater Besuch von Frau F. bei seiner Ehefrau stattgefunden. Die Ehefrau habe ihr mitgeteilt, sie könne in ihrer beruflichen Position verbilligt Damenwäsche beziehen und angeboten, ihr einmal solche mitzubringen. Frau F. sei einverstanden gewesen. Die Ehefrau habe daraufhin im Modehaus ihres Arbeitgebers zwei oder drei Wäschestücke ausgesucht, die Frau F.wünschte bzw. die ihr gefallen könnten. Nach der Erinnerung seiner Ehefrau seien dies ein Badeanzug und ein Body und wohl noch ein weiteres Wäschestück gewesen. Nachdem die Ehefrau die Wäschestücke nach Hause genommen habe, habe erneut ein Besuch von Frau F. stattgefunden. Diese habe die Wäsche gekauft. Nicht am selben Tag, sondern Tage später, möglicherweise auch über eine Woche später, sei der fragliche Scheck über 500,- DM der Ehefrau des Klägers nach Hause gebracht worden. Sie habe den Scheck kurze Zeit später bei der Bank eingelöst. Des Weiteren hat der Kläger erklärt, die Firma St. habe deshalb keine Aufträge mehr bekommen, weil sie im März 2000 erloschen sei. Er habe der Firma S. geraten, sich an die G. zu wenden. Auf die Erklärungen im Übrigen wird verwiesen (Bl. 216 f. d. A.).

Mit Schriftsatz vom 09.08.2001 hat der Kläger die Protokollerklärung "infolge eines Verständigungsfehlers" dahingehend korrigiert, das Arbeitsverhältnis der Ehefrau des Klägers habe nicht bis Ende 1999, sondern bis 30.11.1998 angedauert. Im Übrigen trägt er vor, die Ehefrau habe Personalkäufe sowohl durch Abbuchung vom Girokonto als auch mittels Barzahlung tätigen können. Von der Möglichkeit der Barzahlung habe sie in den letzten Monaten ihres Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht, "und zwar schlicht deshalb, um ihr Bankkonto zu schonen". Davon müsse auch bezogen auf den fraglichen Wäschekauf ausgegangen werden. Wann genau die Ehefrau die Wäsche an Frau F. weitergegeben habe, sei ihr nicht erinnerlich. Dies sei möglicherweise erst Anfang 1999 gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Krefeld vom 05.02.2001 - 4 Ca 2777/00 -

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die mit Schreiben vom 31.08.2000 ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten noch durch die mit Schreiben vom 04.09.2000 ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten sein Ende gefunden hat sowie

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Betriebsratsanhörung sei bereits deshalb nicht fehlerhaft, weil diese nach den Anforderungen der Rechtsprechung subjektiv determiniert sei. Der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers habe in den Überlegungen der Beklagten keine Rolle gespielt. Zur Frage der anderweitigen Ersetzbarkeit des Klägers trägt sie vor, ihr sei es schlechterdings nicht möglich, einen Hausmeister zu beschäftigen, dem es untersagt ist, die Beauftragung von Handwerkern und deren Beaufsichtigung etc. vorzunehmen. Dies würde bedeuten, dass dem Kläger ein zweiter Mann zur Seite gestellt werden müsse.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger sich gegen die Kündigungen gewandt und Weiterbeschäftigung verlangt hat.

I.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2000 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden.

1. Die Kündigung genügt den Voraussetzungen des § 626 BGB.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Bei dem Merkmal des wichtigen Grundes handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Er ist in zwei systematisch zu trennenden Abschnitten zu prüfen. Ein wichtiger Grund "an sich" liegt vor, wenn der Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls generell geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. In einem zweiten Prüfungsabschnitt hat sodann unter Würdigung der besonderen Umstände des Falles und Abwägung der jeweiligen Interessen eine Zumutbarkeitsprüfung stattzufinden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann auch der durch bestimmte Tatsachen objektiv begründete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bilden. An eine solche Verdachtskündigung sind allerdings besonders strenge Anforderungen zu stellen. Sie ist nur zulässig, wenn starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen. Die Verdachtsmomente müssen geeignet sein, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören. Ferner muss der Arbeitgeber alle ihm zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben. Hierzu gehört im Regelfall, dass er dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Eine Verdachtskündigung in dem geschilderten Sinn liegt nur dann vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört (vgl. insgesamt BAG 18.11.1999 - 2 AZR 743/98 - AP Nr. 32 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung m. w. N.).

An den genannten Maßstäben ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger die Voraussetzungen des nach den arbeitsvertraglichen Abreden auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren §15 Abs. 4 MTV erfüllt. Die tarifliche Formulierung "Beschäftige, ... sind nur aus wichtigem Grund kündbar" stellt eine Bezugnahme auf § 626 BGB dar und schließt die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung daher gerade nicht aus (BAG 05.02.1998 -2 AZR 227/98 - NZA 1998, 771 zum insoweit wortgleichen Vorläufer-Tarifvertrag).

Entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (08.06.2000 - 2 AZR 638/99 - NZA 2000, 1282 unter B l 1; 13.04.2000 - 2 AZR 259/99 - NZA 2001, 277, 281; 12.08.1999 - 2 AZR 748/98 - AP Nr. 7 zu § 21 SchwbG unter B II 2; 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 - NZA 1998, 771, 773) führt der tarifliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung nicht dazu, dass bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB oder einer gleichlautenden tariflichen Vorschrift vorliegt, von vornherein ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. auch Preis in Staudinger-Preis § 626 Rdn. 62 sowie in Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, Seite 487 ff.). Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts widerspricht bereits dem Wortlaut des Tarifvertrages. Da eine Kündigung aus wichtigem Grund in der tariflichen Regelung für zulässig erklärt wird, kann nicht hieraus ein "besonders wichtiger Grund" gefordert werden. Zutreffend weist das Bundesarbeitsgericht selbst in der Entscheidung vom 13.04.2000 (a. a. O. Seite 280) darauf hin, beim Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, einem von Tarifvertragsparteien verwendeten Begriff des wichtigen Grundes komme dieselbe Bedeutung zu wie in § 626 Abs. 1 BGB (so auch BAG 16.09.1999 - 2 AZR 123/99 - NZA 2000, 141 = AP Nr. 159 zu § 626 BGB). Es dürfte auch kaum dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen, den durch ihr Alter bzw. ihre längere Betriebszugehörigkeit als schützenswerter angesehenen Mitarbeitern einen größeren Spielraum für solche schuldhaften Vertragsverletzungen einzuräumen, die bei ordentlich kündbaren Arbeitnehmern eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Das Bundesarbeitsgericht folgert den "besonders strengen Maßstab" aus der Schutzfunktion der tariflichen Regelung. Soweit ersichtlich hat diese Begründung zwei Wurzeln. Zum einen steht dahinter die Befürchtung, der von den Tarifvertragsparteien bezweckte Schutz älterer Arbeitnehmer vor Kündigungen wegen Leistungsminderung und betriebsbedingter Arbeitslosigkeit werde ausgehöhlt, wenn nicht besondere Anforderungen an die entsprechenden außerordentlichen Kündigungen gestellt würden. Es kann dahinstehen, ob diesem berechtigten Anliegen nicht bereits dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Anforderungen an einen wichtigen betriebsbedingten oder personenbedingten Grund nach § 626 Abs. 1 BGB (selbstverständlich) höher sind als die eines Grundes nach §1 Abs. 2 KSchG (vgl. insoweit zutreffend BAG 16.09.1999 a. a. O. für eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung: "Die Prüfung in drei Stufen ... müsse den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen seien"). Denn jedenfalls trifft die genannte Befürchtung nicht für verhaltensbedingte Kündigungen zu. Zum anderen dient die hier abgelehnte Rechtsprechung dazu, eine vermeintliche Schlechterstellung der tariflich "unkündbaren" Arbeitnehmer im Rahmen der zweiten Prüfungsstufe zu verhindern. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung nämlich dazu, dass - da nicht auf die fiktive Frist für die ordentliche Kündigung abzustellen sei - bei Vorfällen mit Wiederholungsgefahr oder Dauertatbeständen eine durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung bedingte langfristige Vertragsbindung im Rahmen der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu Ungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist (grundlegend BAG 14.11.1984 -7 AZR 474/83 - NZA 1985, 426 = AP Nr. 83 zu §626 BGB; zuletzt 13.04.2000 -2 AZR 259/99 - NZA 2001, 277, 281). Nach Auffassung der Kammer übersieht das Bundesarbeitsgericht jedoch, dass es in der neueren Rechtsprechung ein anderes Korrektiv erarbeitet hat, um eine Benachteiligung durch besonderen tariflichen Kündigungsschutz zu vermeiden. Stellt sich nämlich heraus, dass einem Arbeitgeber wegen der "Unkündbarkeit" des Arbeitnehmers eine Weiterbeschäftigung bis zum Rentenalter unzumutbar ist, bei unterstellter Kündbarkeit jedoch nur eine fristgerechte Kündigung zulässig wäre, so muss zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs dem Arbeitnehmer eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingeräumt werden (grundlegend BAG 11.03.1999 - 2 AZR 427/98 - AP Nr. 150 zu §626 BGB = NZA 1999, 818; 13.04.2000 - 2 AZR 259/99 - NZA 2001, 277, 281 formuliert: "Da Prüfungsmaßstab hier derjenige bei vergleichbaren ordentlich kündbaren Arbeitnehmern ist"; zuletzt auch 06.07.2000 - 2 AZR 454/99 -nicht amtlich veröffentlicht, JURIS). Auf der Grundlage dieser zutreffenden Rechtsprechung ist in der maßgeblichen Rechtsfolge eine Schlechterstellung tariflich "unkündbarer" Arbeitnehmer ausgeschlossen. In der Entscheidung vom 12.08.1999 (- 2 AZR 923/98 - a.a.O.) hat der Senat folgerichtig wie folgt formuliert:

Fristlos kann einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer nach § 626 BGB nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren kündbaren Arbeitnehmer dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Nur so kann der Wertungswiderspruch verhindert werden, dass sonst der tariflich unkündbare Arbeitnehmer allein wegen seines besonderen Schutzes benachteiligt würde... Ist allerdings der Kündigungssachverhalt so schwerwiegend, dass dem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer, wäre er noch ordentlich kündbar, fristlos gekündigt werden könnte, so fordert schon die Unabdingbarkeit des § 626 BGB, dass auch gegenüber dem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer eine außerordentliche, fristlose Kündigung möglich sein muss.

Dem schließt sich die Kammer an. Nachdem das Bundesarbeitsgericht zutreffend die Rechtslage tariflich "Unkündbarer" an diejenige nach §15KSchG besonders geschützter Personen angenähert hat, erscheint der Kammer angezeigt, nunmehr am Erfordernis des "besonders strengen Maßstabs" beim Merkmal des wichtigen Grundes nicht mehr festzuhalten. Im Übrigen gefährdet das Bundesarbeitsgericht mit dem "besonders strengen Maßstab" das mit der zweistufigen Prüfung des § 626 Abs. 1 BGB erstrebte höhere Maß an Rechtssicherheit. Es erscheint auch schwer erklärbar, dass mit der seitens des Bundesarbeitsgerichts bevorzugten Konstruktion auch solche Arbeitnehmer in den Genuss eines strengeren Prüfungsmaßstabs kommen, bei denen sich der tarifliche Kündigungsschutz in der einzelfallbezogenen Interessenabwägung lediglich zu ihren Gunsten auswirken kann (das Bundesarbeitsgericht nennt in der zitierten Entscheidung vom 14.11.1984 als Beispielsfall eine Kündigung aufgrund einmaliger Vorfälle ohne Wiederholungsgefahr).

b) Nach den ausgeführten Grundsätzen ist der vorliegende Sachverhalt generell geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu bilden.

(1) Ein Arbeitnehmer, der sich bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile versprechen lässt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter und zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, handelt den Interessen seines Arbeitgebers zuwider. Eine solche Annahme von "Schmiergeld" stellt regelmäßig einen wichtigen Grund dar. Es kommt dabei grundsätzlich nicht darauf an, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung tatsächlich gekommen ist. Vielmehr reicht die allgemeine Gefahr aus, der annehmende Arbeitnehmer werde nicht mehr allein die Interessen des Arbeitgebers wahrnehmen. Die damit zu Tage getretene Einstellung des Arbeitnehmers, unbedenklich eigene Vorteile bei der Erfüllung von Aufgaben wahrnehmen zu wollen, obwohl er sie allein im Interesse des Arbeitgebers durchzuführen hat, zerstört das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit (BAG 15.11.1995 - 2 AZR 974/94 - AP Nr. 73 zu § 102 BetrVG 1972 = NZA 1996, 419). Auch der Verdacht einer derartigen Handlung ist geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben (BAG 30.06.1983 - 2 AZR 540/81 -nicht amtlich veröffentlicht, JURIS).

(2) Die Beklagte hat vorliegend eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Dies ergibt bereits das Anhörungsschreiben gegenüber dem Betriebsrat vom 28.08.2000, in welchem mehrfach von einer "Verdachtskündigung" die Rede ist sowie davon, dass der Kläger "unter dem dringenden Verdacht steht". Auch während des Prozesses hat die Beklagte die Kündigung ausschließlich darauf gestützt, der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers habe ihr Vertrauen in seine Zuverlässigkeit erschüttert. Erfolglos beruft der Kläger sich hingegen auf das Kündigungsschreiben. Dort heißt es im Betreff "Fristlose Verdachtskündigung des Arbeitsverhältnisses".

(3) Bei Ausspruch der Kündigung vom 31.08.2000 bestanden ausreichend starke Verdachtsmomente dafür, dass der Kläger von einem Geschäftspartner der Beklagten Geld entgegengenommen hat.

Zu diesem Zeitpunkt lag der Beklagten die Aussage der Eheleute F. vor, der Kläger habe auf sie Druck dahingehend ausgeübt, dass ihnen Aufträge nur erteilt würden, wenn sie sich dem Kläger gegenüber erkenntlich zeigten; diesem Verlangen seien sie u. a. dadurch nachgekommen, dass die Firma St. seiner Frau einen Scheck über 500,- DM habe zukommen lassen. Der Darstellung der Zeugen F., die Scheckhingabe sei eine "Schmiergeldzahlung" zugunsten des Klägers gewesen, war der Kläger mit der Einlassung entgegengetreten, mit der Scheckhingabe habe eine Lieferung von Damenwäsche seitens der Ehefrau des Klägers an Frau F. bezahlt werden sollen. Mangels näherer Substantiierung musste die Beklagte diese Darstellung als Schutzbehauptung ansehen. Dies gilt um so mehr, als die Ehefrau des Klägers im Rahmen der erfolgten Gegenüberstellung zunächst ausweichend geantwortet hatte und der Kläger dies lediglich damit begründete, es sei ihr "peinlich gewesen". Inwieweit ein Wäschekauf "peinlich" ist, hat der Kläger weder damals noch im Prozess erklärt. Hinzu kam der Umstand, dass die Eheleute F. unstreitig acht Monate keine Aufträge aus dem vom Kläger betreuten Bereich erhalten hatten. Auch waren die Eheleute F. trotz zweifacher Gegenüberstellung mit dem Kläger und nach Konfrontation mit dessen Version von ihrer Darstellung nicht abgerückt. Ein Grund, weshalb die Eheleute F. den Kläger wahrheitswidrig beschuldigt haben sollten, erschloss sich der Beklagten nicht. Auch der Kläger hatte hierzu keine Erklärung abgegeben. Tatsachen, die den Verdacht der Beklagten in nennenswertem Umstand hätten zerstreuen können, lagen ihr nicht vor. Der Umstand, dass sich in der Wohnung keine der Gegenstände finden ließen, welche die Eheleute F. zusätzlich dem Kläger überlassen haben wollten, sprach nicht entscheidend für ihn. Denn der Kläger konnte diese anderweit veräußert oder auch (beispielsweise im Verwandten- und Bekanntenkreis) verwendet haben. Entgegen der Auffassung des Klägers sprach auch der Umstand, dass der Scheck auf seine Ehefrau lautete und auf ein Konto eingelöst wurde, auf welches er nach seinen Behauptungen keinen Zugriff hatte, nicht gegen den starken Verdacht der Bestechlichkeit. Die Verschleierung des Geldflusses bei Schmiergeldzahlungen erscheint nicht ungewöhnlich. Die Beklagte hat vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, den Sachverhalt aufzuklären. Die durchgeführten Gegenüberstellungen dürften sogar überobligationsmäßig gewesen sein. Der Kläger selbst wurde mehrfach angehört. In Anbetracht dessen, dass der Umstand der Zahlung an die Ehefrau des Klägers sich von selbst plausibel erklärte, waren insoweit entgegen der Auffassung der Berufung weitere Nachforschungen entbehrlich. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, wie die Beklagte weiter hätte vorgehen sollen. Soweit er darauf abhebt, sie hätte diesbezüglich die Eheleute F. um weitere Erklärungen angehen sollen, hält die Kammer dies für nicht erforderlich. Die Beklagte ist keine Strafverfolgungsbehörde. Auch hätte der Kläger selbst in den Anhörungen die Eheleute F. auf den fraglichen Punkt ansprechen können.

(4) Der gegen den Kläger gerichtete starke Verdacht ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhalten geblieben.

Bei der Prüfung einer Verdachtskündigung sind auch nach Ausspruch der Kündigung bekannt werdende Umstände, die eine Entlastung des Arbeitnehmers herbeiführen können, für die gerichtliche Entscheidung zu berücksichtigen. Insbesondere muss entsprechendem Vorbringen des Arbeitnehmers, mit dem er sich von dem ihm gegenüber vorgebrachten Verdacht reinigen will, seitens der Gerichte durch eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen werden (BAG 18.11.1999 - 2 AZR 743/98 - AP Nr. 32 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = NZA 2000, 418).

Auch unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ergibt sich nach Würdigung der Kammer kein anderes Ergebnis. Der Kläger hat allerdings seine Angabe, seine Ehefrau habe den Scheck als Tilgung einer Kaufpreisforderung erhalten, welche sie gegen Frau F. durch einen Wäscheverkauf erworben habe, wie im Tatbestand dargestellt im Verlaufe des Rechtsstreits näher erläutert. Bei einer Gesamtwürdigung seines Vertrags hat dies die Stärke des gegen ihn sprechenden Verdachts jedoch nicht vermindert. Zwar ist nunmehr hinreichend plausibel, dass seine Frau unter Ausnutzung des Personalrabatts an Bekannte Wäsche verkauft hat. Bezogen auf den fraglichen Verkauf an Frau F. geht die Kammer jedoch davon aus, dass es sich um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Dies folgert die Kammer zunächst daraus, dass der Kläger seine Angaben anfangs nur pauschal und ungenau gemacht und im Verlauf des Rechtsstreits immer wieder lediglich bruchstückhaft ergänzt hat. Bereits bei der wiederholten Anhörung durch die Beklagte, spätestens aber nach den deutlichen Hinweisen im angefochtenen Urteil wäre naheliegend gewesen, möglichst vollständig den ihn aus seiner Sicht entlastenden Sachverhalt vorzutragen. Durch sein gezeigtes Verhalten erweckt der Kläger den Eindruck, nicht genauer vortragen zu wollen, um der Beklagten die Möglichkeit zu nehmen, seine Einlassung zu widerlegen. Bezeichnend dabei sind Sätze wie "Ob sich seine Frau noch an einzelne Wäschestücke erinnert, ist zumindest zweifelhaft." oder auch "Dass die Damenwäsche mehr oder weniger Zug um Zug gegen Aushändigung des Schecks übergeben wurde, dürfte zumindest anzunehmen sein." Im Rahmen der Gesamtwürdigung waren insoweit auch die Einlassungen des Klägers zu der Rechnung der Firma M. über 2.079,79 DM zu berücksichtigen. Hier hat er zunächst nur von einem "Irrtum" gesprochen. Erst

gen. Hier hat er zunächst nur von einem "Irrtum" gesprochen. Erst auf die vom Geschäftsführer der Beklagten von der Firma M.erhaltenen weiteren Informationen hin hat der Kläger den Vorgang näher zu erklären versucht. Bemerkenswert mutet auch der Umstand an, dass der Kläger im Termin vom 22.06.2001 den Besuch der Frau F. bei seiner Ehefrau, in dessen Rahmen der Wäscheverkauf angebahnt worden sein soll, auf .Anfang 1999, es kann auch Ende 1998 gewesen sein", datiert hat. Da die Ehefrau bereits zum 30.11.1998 beim Modehaus H. ausgeschieden war, hätte bereits im Termin eine Präzisierung erfolgen können. Denn da die Ehefrau der Zeugin F. mitgeteilt haben soll, sie könne "in ihrer beruflichen Position" verbilligt Wäsche beziehen, muss das Gespräch der beiden Frauen spätestens im November 1998 stattgefunden haben. Die Angaben des Klägers bestätigen insofern den Eindruck, keine genaueren Informationen geben zu wollen, um Ungereimtheiten im zeitlichen Ablauf zu vermeiden. Bezeichnenderweise hat der Kläger im Schriftsatz vom 09.08.2001, in welchem er den "Verständigungsfehler" (Ausscheiden der Ehefrau 1998, nicht 1999) korrigiert hat, nicht einmal den Versuch unternommen, die Sachverhaltsteile Angebot eines Wäschekaufs, Aussuchen der Ware, Begutachtung der Ware durch Frau F. einschließlich Kauf sowie Unterzeichnung, Übergabe und Einlösen des Schecks in einen plausiblen zeitlichen Rahmen zu stellen.

Dabei kann der Kläger sich bezogen auf die Umstände des Wäschekaufs nach Auffassung der Kammer nicht wie geschehen insgesamt dahinter zurückziehen, nicht er selbst, sondern lediglich seine Ehefrau könne weitere Angaben machen. Wer unberechtigt in erheblichem Verdacht steht, lässt sich in der Regel gerade von seiner durch die Kündigung wirtschaftlich mitbetroffenen Ehefrau die näheren Informationen geben. Anhaltspunkte dafür, dass seine Ehefrau sich einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts (zunächst) widersetzt hatte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Insofern verstärkt das "Verstecken" des Klägers hinter seiner Ehefrau den Eindruck, dass eine bloße Schutzbehauptung vorliegt.

Gegen den Kläger spricht weiterhin, dass er den Umstand des Wäscheverkaufs damit erklärt, zwischen den Familien habe "zeitweise" ein privater, fast freundschaftlicher Kontakt bestanden. Wiederum bezeichnenderweise hat der Kläger die Angabe "zeitweise" nicht näher präzisiert. Dazu, dass es vor August 2000 zu einer Störung des Kontaktes kam, hat er jedoch nichts vorgetragen. Es drängt sich daher die Frage auf, welches Motiv die Eheleute F. gerade vor dem Hintergrund einer solchen freundschaftlichen Beziehung haben sollten, den Kläger wahrheitswidrig zu beschuldigen. Der vom Kläger insofern angeführte Umstand, dass ca. acht Monate keine Aufträge erteilt wurden, gibt keine plausible Erklärung ab. Sofern die Verärgerung der Eheleute F. wie vom Kläger behauptet unberechtigt war, wäre der Grund für das Unterbleiben von Aufträgen "unter Freunden" leicht begründbar gewesen. Allerdings drängt sich bei der vom Kläger im Rechtsstreit abgegebenen Erklärung, die Firma St. habe deshalb keine Aufträge mehr bekommen, da sie erloschen sei, und der Firma S. habe er geraten, sich an die G. zu wenden, geradezu auf, es handele sich um eine weitere Schutzbehauptung. Vor dem Hintergrund der familiären Verbundenheit der beiden Firmen erklärt die Einlassung des Klägers nicht, weshalb er nicht anstelle der Firma St. die Firma S. bei den Aufträgen bedacht hat. Auch ist bei freundschaftlicher Verbundenheit ein Verweisen an die G. kaum plausibel. War hingegen die Verärgerung der Eheleute F. berechtigt, bleibt mangels anderweitiger Erklärung durch den Kläger hierfür nur als Grund, aufgrund ausbleibender "Schmiergeldzahlungen" nicht mehr bedacht worden zu sein. Dazu passt im zeitlichen Zusammenhang die eigene Einlassung des Klägers, Anfang 2000 erfahren zu haben, die Firma St. habe die Rechnung der Firma M. nicht ausgeglichen. Ein verständiger Arbeitgeber kann sich hierdurch nur in seinem Verdacht bestätigt sehen, die Nichtberücksichtigung der Firmen St. bzw. S. bei Aufträgen beruhe auf unterbliebener Schmiergeldzahlung.

Die Würdigung der Kammer beruht zudem auf Widersprüchlichkeiten im Vortrag des Klägers. So hat er sich im Schriftsatz vom 21.06.2001 darauf berufen, die Wäsche sei an Frau F. und Frau S. gegangen (Bl. 21 Od. GA.), während im Übrigen nur von Frau F. die Rede ist. Auf Vorhalt durch die Kammer hat er hierzu keine Erklärung abgeben können. Auch hat der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten anlässlich des Telefonats am Abend des 21.08.2000 erklärt, seine Ehefrau habe bei der Anhörung in der Wohnung des Klägers zunächst den Wäschekauf nicht erwähnt, weil es ihr peinlich gewesen sei. Im Schriftsatz vom 21.06.2000 hat er angegeben, sie habe auch keine unbedachte Äußerung machen wollten, sondern den Vorgang zu Hause (!) nochmals prüfen wollen. Zudem erscheint vor dem Hintergrund der gegen den Kläger erhobenen Beschuldigungen weder die eine noch die andere Erklärung plausibel. Der Scheck lag bei der Anhörung bereits vor. Welche zusätzlichen Informationen die Ehefrau des Klägers durch weitere Nachforschungen gewinnen wollte bzw. konnte, hat er nicht dargelegt. Der Ehefrau musste von Anfang an klar sein, dass dem Kontoauszug über die Einlösung des Schecks keine weiteren Angaben zu entnehmen waren.

Den Verdacht eher verstärkt denn zerstreut haben die Ausführungen des Klägers, weshalb beim Personalkauf eine Barzahlung erfolgt sein soll. Wer bei einem Kauf über 500,- DM angeblich zur Schonung des Kontos eine Barzahlung vornimmt, muss sich die - vorliegend unbeantwortete - Frage stellen lassen, woher das Bargeld stammt, zumal es sich nicht um eine einmalige Zufälligkeit handeln soll, sondern um ein Verhalten "in den letzten Monaten ihres Arbeitsverhältnisses". Sofern der dem behaupteten Wäscheverkauf zugrunde liegende Personalkauf gegen Ende des Arbeitsverhältnisses der Ehefrau beim Modehaus H. getätigt wurde, erscheint das Erfordernis einer Schonung des Kontos zudem wenig plausibel. Ausweislich der klägerseits zur Akte gereichten Abrechnung für November 1998 vom 24.11.1998 stand der Ehefrau des Klägers ein Nettobetrag von fast 16.000,-DM zu Verfügung. Es drängt sich die den Verdacht bestärkende Vermutung auf, der Kläger habe nach dem Kammertermin vom 22.06.2001 zunächst versucht, unter den dokumentierten Personalkäufen seiner Ehefrau "passende" zu finden, und da dies misslang, einen Personalkauf gegen Barzahlung erfunden. Lag hingegen der behauptete Personalkauf früher, lässt er sich noch weniger mit dem Umstand in Einklang bringen, dass der Scheck erst vom 04.02. des Folgejahres datiert. Da er "Tage später, möglicherweise auch über eine Woche später" (nach dem Abschluss des Kaufvertrages) überbracht worden sein soll, hätte danach der Wäscheverkauf frühestens Mitte Januar 1999 stattgefunden. Dafür, weshalb die Begutachtung der von der Ehefrau des Klägers ausgesuchten Wäsche durch Frau F. erst derartig lange Zeit nach dem Personalkauf stattgefunden haben soll - mit dem zunehmenden Risiko, dass die Ehefrau bei Nichtgefallen auf der Wäsche und demgemäß den aufgewendeten Beträgen sitzen bleiben könnte - hat der Kläger auf entsprechenden Vorhalt keine Erklärung abgegeben.

Die vom Kläger nach Ausspruch der Kündigung vorgetragenen Behauptungen waren daher nicht geeignet, den gegen ihn gerichteten Verdacht zu vermindern. Im Gegenteil haben sie die Annahme der Kammer bestätigt, es handele sich bei dem Wäscheverkauf um eine bloße Schutzbehauptung. Einer solchen braucht das Gericht auch im Rahmen der Prüfung einer Verdachtskündigung nicht nachzugehen.

c) Auch der zweiten Stufe der Prüfung hält die Kündigung vom 31.08.2000 stand.

Der Beklagten war unter Abwägung aller Umstände und der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - und zwar nicht einmal bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende (§15 Ziffer 1 MTV) im Rahmen der Korrektur auf der Rechtsfolgenseite - unzumutbar. Dieser Würdigung der Kammer liegen im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte zugrunde:

Zugunsten des Klägers war seine lange Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen (vgl. BAG 06.07.2000 - 2 AZR 454/99 - nicht veröffentlicht JURIS). Auch dürften insbesondere in Anbetracht seines Lebensalters die Aussichten des Klägers, in absehbarer Zeit eine andere Anstellung zu finden, als gering einzuschätzen sein. Gegen den Kläger sprechen jedoch das Gewicht und die Auswirkungen der Vertragsverletzungen, deren er verdächtig ist. Bei der Bestechlichkeit handelt es sich um einen Straftatbestand (§ 299 Abs. 1 StGB). Die Beklagte ist aufgrund ihrer dezentralen Betriebsstruktur auf die Loyalität der Hausmeister besonders angewiesen. Zu Lasten des Klägers wirkt sich aus, dass die fragliche Pflichtverletzung innerhalb seines konkreten Aufgabenbereichs liegt (vgl. BAG 12.08.1999 - 2 AZR 923/98 - AP Nr. 28 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = NZA2000, 421). Das Vorschlagen geeigneter Handwerker sowie deren Kontrolle oblag dem Kläger, wobei die Beklagte faktisch keine Überprüfungsmöglichkeit hatte. Zugunsten der Beklagten war zudem zu berücksichtigen, dass - sofern dem nicht auszuräumenden Verdacht tatsächlich entsprechende Pflichtwidrigkeiten zugrunde liegen - im Fall einer Weiterbeschäftigung des Klägers mindestens gegenüber der Firma S. der Eindruck erweckt würde, sie beschäftige bestechliche Mitarbeiter.

Es bestand auch keine rechtliche Notwendigkeit, dem Kläger vor Ausspruch einer Kündigung zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Zwar ist eine Abmahnung auch bei Vorwürfen, die den Vertrauensbereich berühren, nicht stets entbehrlich; bei dem - hier gegebenen - dringenden Verdacht eines vorsätzlichen Vermögensdelikts ist sie jedoch nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer dessen Rechtswidrigkeit ohne weiteres erkennen kann und ausgeschlossen ist, dass der Arbeitgeber den Verstoß hinnimmt; in diesem Fall ist eine Abmahnung nicht geeignet, das für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen wieder herzustellen (BAG 12.08.1999 - 2 AZR 923/98 -, a. a. O.; 06.07.2000 - 2 AZR 454/99 - a. a. O.). Diese Voraussetzungen sieht die Kammer als gegeben an.

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagten auch nicht zuzumuten, ihn auf einem anderen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Dabei hat die Kammer zu seinen Gunsten unterstellt, dass die Beklagte Objekte betreut, bei denen sie zwei Hausmeister einsetzt. Vorkehrungen, um auch im Fall einer solchen Doppelbesetzung eine die gegebene Wiederholungsgefahr ausschließende Handhabung und Kontrolle zu gewährleisten, sind der Beklagten jedoch nicht zumutbar. Eine Besetzung mit zwei Hausmeistern bedeutet nicht, dass sie dem Kläger jederzeit "einen zweiten Mann zur Seite stellen" kann, um Pflichtwidrigkeiten zu vermeiden. Auch muss ddie Situation bei Urlaubs- und Krankheitsfällen berücksichtigt werden. Die Beklagte könnte zudem nicht verhindern, dass der Kläger sich gegenüber potentiellen Auftragnehmern als ein Mitarbeiter geriert, der Einfluss auf die Auftragsvergabe hat.

d) Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Sie hat frühestens am 18.08.2000 von den gegen den Kläger bestehenden Verdachtsmomenten erfahren. Die Kündigung ist dem Kläger am 31.08.2000 per Boten zugestellt worden.

2. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

a) Eine Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, wenn der Arbeitgeber diese ausgesprochen hat, ohne den Betriebsrat vorher anzuhören. Die Unwirksamkeitsfolge tritt auch dann ein, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Aus dem Sinn und Zweck der Anhörung, in geeigneten Fällen dazu beizutragen, dass es nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt, folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass der Betriebsrat sich über die Person des betroffenen Arbeitnehmers sowie über die Kündigungsgründe für seine Stellungnahme ein Bild machen kann. Verfügt der Betriebsrat bereits über den erforderlichen Kenntnisstand, um eine Stellungnahme abgeben zu können, und weiß dies der Arbeitgeber oder kann es nach den gegebenen Umständen als sicher annehmen, wäre es jedoch reine Förmelei, dem Arbeitgeber noch eine detaillierte Begründung abzuverlangen (std. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. nur 15.12.1994 -2AZR 327/94- NZA1995, 521). Darf danach der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine Umstände vorenthalten, die ihn zur Kündigung bestimmt haben, so entspricht dieser subjektiven Seite des Anhörungsverfahrens, dass der Betriebsrat auch dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber Tatsachen dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, die er selbst bei seinem Kündigungsentschluss nicht berücksichtigt hat, mögen sie auch in objektiver Hinsicht kündigungsrechtlich erheblich sein (Grundsatz der sog. "Subjektiven Determinierung", std. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. nur 11.07.1991 -2AZR 119/91- AP Nr. 57 zu §102BetrVG 1972 = NZA 1992, 38). Dem Arbeitgeber ist es dann allerdings versagt, den nicht mitgeteilten Sachverhalt zur Begründung der Kündigung heranzuziehen. Da das Korrekturinstrument der fehlenden Verwertbarkeit im Kündigungsschutzprozess insoweit versagen würde, gilt der Grundsatz der subjektiven Determinierung nicht für Umstände, die zu einer für den Arbeitnehmer günstigeren Beurteilung des Sachverhaltes führen können. Derartige Tatsachen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat in jedem Fall mitteilen (BAG 22.09.1994 - 2 AZR 31/94 -BAGE 78, 39 = AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972).

b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt die durchgeführte Betriebsratsanhörung keinen Bedenken. Dem Anhörungsschreiben vom 28.08.2000 konnte der Betriebsrat insbesondere entnehmen, dass die Beklagte den Ausspruch einer Verdachtskündigung beabsichtigte. Dies ergibt sich nicht nur aus der mehrfachen Verwendung des Begriffs "Verdachtskündigung", sondern auch daraus, dass die Beklagte die Darlegung der Kündigungsgründe damit einleitet, dass der Kläger "unter dem dringenden Verdacht steht, Provisionen von der Firma St. GmbH erhalten zu haben". Im Folgenden heißt es zudem weiterhin, dass der Scheck "den Verdacht" belege.

Die persönlichen Daten des Klägers konnte der Betriebsrat dem Anhörungsschreiben entnehmen. Vor dem Hintergrund, dass die stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats als Vertreterin des erkrankten Vorsitzenden bei den durchgeführten Anhörungen jeweils zugegen war, gilt gleiches für den Kündigungssachverhalt selbst. Dabei konnte die Kammer dahinstehen lassen, ob sich der Betriebsrat die Kenntnisse seiner stellvertretenden Vorsitzenden nicht sogar ohne weiteres zurechnen lassen musste (vgl. beispielsweise BAG 15.12.1994 -2 AZR 327/94- NZA 1995, 521). Denn jedenfalls hat diese im Rahmen der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt, dem Betriebsrat den wesentlichen Sachverhalt mitgeteilt zu haben. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Auch der Kläger hat das in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede gestellt.

Letztlich scheitert die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung nicht daran, dass die Beklagte dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger nach § 15 MTV nur noch aus wichtigem Grund kündbar war. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht angenommen (15.12.1994 - 2 AZR 327/94 - NZA 1995, 521) im Allgemeinen müsse ein eventueller "Sonderkündigungsschutz" mitgeteilt werden. Soweit dies auch den vorliegenden Fall der tariflichen "Unkündbarkeit" umfassen soll, kann sich die Kammer dem nicht anschließen. Die Frage einer eventuell einzuhaltenden Kündigungsfrist und damit die Frage nach der ordentlichen Kündbarkeit des Klägers spielte für die Beklagte keinerlei Rolle. Sie wollte sich "sofort" von ihm trennen. Eine Überlegung der Beklagten, ihr sei eine Zusammenarbeit mit dem Kläger bis zur Verrentung nicht zumutbar, wohl aber eine bis zur (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist, hat es nicht gegeben. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung hat daher der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers ihren Kündigungsentschluss nicht beeinflusst und war folglich dem Betriebsrat nicht mitzuteilen.

Allerdings ist wie oben dargelegt der Grundsatz der subjektiven Determinierung unanwendbar, wenn der dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Sachverhalt sich zugunsten des Arbeitnehmers auswirken kann. Dies wäre der Fall, wenn aufgrund der tariflichen "Unkündbarkeit" für den Kläger ein strengerer Maßstab bei der Beurteilung des wichtigen Grundes anzulegen wäre. Wie bereits oben unter l 1 a dargelegt hat sich jedoch die Kammer der entsprechenden Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht angeschlossen. Es hat sich auch nicht zugunsten des Klägers ausgewirkt, dass einem tariflich nur aus wichtigem Grund kündbaren Arbeitnehmer wie dargestellt nur außerordentlich mit einer der fiktiven Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist gekündigt werden darf, wenn auch gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer nur eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Die Beklagte hat weder dies noch eine ordentliche Kündigung in Betracht gezogen, da sie sich mit sofortiger Wirkung vom Kläger trennen wollte. Der Betriebsrat seinerseits hätte, wenn er das Einhalten der ordentlichen Kündigungsfrist für zumutbar gehalten hätte, im Hinblick auf die Rechtsfolge gleichwertig auf beide Möglichkeiten hinweisen können. Der Umstand des tariflichen Kündigungsschutzes konnte sich daher nicht zugunsten des Klägers auswirken.

Der Betriebsrat hat am 30.08.2000 eine abschließende Stellungnahme abgegeben. Der Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung ist daher erst nach der Anhörung erfolgt.

II.

Die Berufung ist ebenfalls unbegründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 04.09.2000 nicht aufgelöst worden ist. Wie dargelegt ist das Arbeitsverhältnis bereits durch die Kündigung vom 31.08.2000 aufgelöst worden. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 04.09.2000 bestand daher kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen den Parteien. Erste Voraussetzung einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage ist jedoch, dass der Arbeitnehmer mit Erfolg darlegen kann, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestand.

Die Auslegung des Klagebegehrens ergibt auch nicht, dass der Kläger die Kündigung vom 04.09.2000 nur hilfsweise, nämlich für den Fall des Obsiegens bezogen auf die Kündigung vom 31.08.2000, angreift. Dies folgt bereits daraus, dass er der Begründung im angefochtenen Urteil, welche in seinem Begehren einen weiteren Hauptantrag gesehen hat, in der Berufungsinstanz nicht entgegengetreten ist.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, musste auch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers erfolglos bleiben.

IV.

Die Kostenentscheidunng beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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