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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.08.2001
Aktenzeichen: 18 Sa 774/01
Rechtsgebiete: TVK


Vorschriften:

TVK § 20
1. Auslegung eines "Orchesterpraktikums" als Arbeitsverhältnis

2. Anforderungen an den Nachweis i. S. d. Ausschlussfristenregelung des § 20 Abs. 5 TVK


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 Sa 774/01

Verkündet am: 17.08.2001

In dem Rechtsstreit

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.08.2001 durch den Richter am Arbeitsgericht Nübold als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Behmenburg und den ehrenamtlichen Richter Fischer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 10.04.2001 - 6 Ca 181/01 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zur Hauptsache zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Tätigkeiten der Klägerin beim Staatstheater K. vom 28.01. bis 30.06.1997 und vom 28.08. bis 31.12.1997 im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Dienstzeit der Klägerin im Sinne des § 20 Abs. 1 TVK gehören.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Einordnung von Vortätigkeiten als Dienstzeiten im Sinne des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK).

Vom 28.01. bis zum 30.06.1997 sowie vom 28.08. bis zum 31.12.1997 war die Klägerin im Staatstheater K. als "Orchesterpraktikantin" tätig. Auf den Inhalt der zugrunde liegenden Vereinbarungen vom 30.01.1997 sowie vom 16.07.1997 (Bl. 4 - 7 d. A.) wird ausdrücklich Bezug genommen. Mit Schreiben aus März 1999 bescheinigte der Generalmusikdirektor des Staatstheaters K. der Klägerin, in den genannten Zeiten als Aushilfe in der Kontrabassgruppe des Orchesters beschäftigt gewesen zu sein. Auf den Inhalt der Bescheinigung im Übrigen wird verwiesen (Bl. 8 d. A.). Nach den für die Klägerin geführten Orchesterdienststatistiken (Bl. 9 f. d. A.) leistete sie in K. 5,9 Dienste im wöchentlichen Schnitt.

Mit Schreiben vom 05.01.2000 teilte die Beklagte der Klägerin, die ihr Musikstudium noch nicht abgeschlossen hat, die Bereitschaft mit, sie ab dem 10.02.2000 als Orchestermusikerin zu beschäftigen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

Zur Festsetzung der Dienstzeit nach § 20 (TVK) und der Jubiläumsdienstzeit nach § 31 (TVK) benötige ich Unterlagen über anrechnungsfähige Vordienstzeiten innerhalb von drei Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Zeiten für die der Nachweis nicht fristgerecht erbracht wird, können nicht berücksichtigt werden.

In der Folgezeit kam es zu einem entsprechenden Vertragsschiuss. Nach dem Arbeitsvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis der TVK Anwendung. Im Hinblick auf den zitierten Passus im Schreiben vom 05.01.2000 überreichte die Klägerin der Beklagten die erwähnten Praktikantenverträge über die Tätigkeit in K.. Die Bescheinigung des Generalmusikdirektors des Staatstheaters K. von März 1999 lag der Beklagten bereits vor. Die Beklagte lehnt es ab, die Tätigkeit der Klägerin im Staatstheater K. bei der Dienstzeitenberechnung nach dem TVK zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat behauptet, während ihrer Tätigkeit in K. in keiner Weise ausgebildet worden zu sein. Sie habe normalen Orchesterdienst geleistet. Am Staatstheater K. habe es insgesamt fünf Kontrabassplanstellen gegeben. Eine dieser Planstellen sei im Jahr 1997 unbesetzt gewesen. Sie sei in den Vereinbarungen nur deshalb als Orchesterpraktikantin bezeichnet worden, um die Planstelle formal unbesetzt bleiben zu lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Dienstzeiten der Klägerin bei dem Staatstheater K. vom 28.01.1997 bis 30.06.1997 und vom 28.08.1997 bis 31.12.1997 gemäß § 20 TVK anzurechnen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Tätigkeit der Klägerin in K. habe es sich um eine Praktikantentätigkeit gehandelt. Diese stelle keine Dienstzeit im Sinne des TVK dar. Im Übrigen könne eine Anrechnung bereits deshalb nicht erfolgen, weil die Klägerin die Frist des § 20 Abs. 5 TVK nicht eingehalten habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, die Klägerin habe in K. Dienste im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht. Die Auslegung der zugrunde liegenden Vereinbarungen ergebe, dass es sich entgegen der Bezeichnung nicht um ein Praktikum im Rechtssinne gehandelt habe. Die Beklagte habe nichts dazu vorgetragen, dass während der Zeit der Tätigkeit der Klägerin im Orchester des Staatstheaters K. der Ausbildungszweck tatsächlich beherrschend im Vordergrund gestanden habe. Die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist des § 20 Abs. 5 TVK verstoße gegen Treu und Glauben.

Gegen das ihr am 14.05.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 11.06.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 04.07.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte verweist auf den in den Vereinbarungen mit dem Land H.-Staatstheater K. - genannten Zweck der Beschäftigung, die Klägerin über den theoretischen Rahmen des Studiums hinaus mit den praktischen Gegebenheiten und Erfordernissen des Theater- und Orchesterbetriebs vertraut zu machen. Auch die vereinbarte Entgelthöhe spreche nicht gegen ein Praktikumsverhältnis.

In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass sie die Feststellung begehre, dass ihre Tätigkeiten beim Staatstheater K.vom 28.01.1997 bis 30.06.1997 und vom 28.08.1997 bis zum 31.12.1997 im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Dienstzeit der Klägerin im Sinne des § 20 Abs. 1 TVK gehören.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 10.04.2001 - 6 Ca 181/01 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Mit zutreffender Begründung, auf die nach § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung der Klage stattgegeben, da die früheren Tätigkeiten der Klägerin beim Staatstheater K. nach § 20 Abs. 1 TVK zur Dienstzeit der Klägerin zählen. Unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe ist lediglich wie folgt ergänzend auszuführen:

1. Nach der auch vom Arbeitsgericht zugrunde gelegten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (18.05.2000 -6 AZR 847/98- NZA 2000, 1343) sind unter den "bei Kulturorchestern ... als Musiker" zurückgelegten Zeiten im Sinne des § 20 Abs. 1 erster Halbsatz TVK nur Zeiten zu verstehen, in denen der Musiker in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht folgert dies zutreffend aus einer systematischen Auslegung der Tarifnorm insbesondere unter Heranziehung des § 20 Abs. 4 TVK sowie aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Danach sind die Tarifvertragsparteien ersichtlich von dem Erfahrungssatz ausgegangen, dass die Dienstleistung eines Musikers mit steigender Dienstzeit aufgrund der gesammelten Erfahrungen wertvoller wird. Dies gilt hingegen nicht bei einzelnen Engagements auf der Grundlage von Honorarverträgen.

2. Die Klägerin hat die fraglichen Tätigkeiten im Orchester des Staatstheaters K. auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses geleistet.

a) Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (std. Rechtsprechung, vgl. nur BAG 06.07.1995 - 5 AZB 9/93 - BAGE 80, 256 = AP Nr. 22 zu § 5 ArbGG 1979 m. w. N). Der Arbeitnehmer erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation. Seine Eingliederung in die Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass er einem Weisungsrecht unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (auch insoweit std. Rechtsprechung, vgl. 06.05.1998 - 5 AZR 612/97 - AP Nr. 95 zu § 611 BGB Abhängigkeit).

Praktikant ist hingegen, wer sich für eine vorübergehende Dauer zwecks Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten Tätigkeit und Ausbildung in einem Betrieb unterzieht, die keine systematische Berufsausbildung darstellt, weil er diese im Rahmen einer Gesamtausbildung, beispielsweise für die Zulassung zu Studium oder Beruf benötigt (BAG 19.06.1974 -4 AZR 436/73- AP Nr. 3 zu § 3 BAT; Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 16 IV 1; ErfK-Schlachter, 2. Aufl., § 19 BBiG Rn. 3; Küttner-Bauer Personalbuch 2001 Stichwort Praktikant Rn. 1). Das Praktikantenverhältnis ist vom Anlernverhältnis zu unterscheiden. Bei diesem steht nicht der Ausbildungszweck, sondern die Arbeitsleistung gegen Entgelt im Vordergrund (Schaub aaO Rn. 10; Küttner-Bauer aaO).

Nach diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht zutreffend die Tätigkeiten der Klägerin beim Staatstheater K. auf der Grundlage der überreichten "Praktikantenverträge" als Arbeitsverhältnis eingeordnet.

Aus § 1 Ziffer 2 ergibt sich als unmissverständliche Verpflichtung der Klägerin aus dem Vertrag, das "Spielen des Instrumentes Kontrabass". Nach § 1 Ziffer 3 kann sie zu "Diensten herangezogen werden". § 2 bestimmt, dass sie "für die Beschäftigung" ein "Entgelt" erhält. Die Zahlung erfolgt damit nicht etwa als Aufwandsentschädigung oder Beihilfe im Rahmen eines Praktikums, sondern als echte Gegenleistung für die Tätigkeit der Klägerin. Der Entgeltcharakter folgt auch daraus, dass nach § 3 der Vereinbarungen unter anderem § 36 TVK Anwendung findet, wonach der Musiker Urlaub unter Fortzahlung der Vergütung erhält. Außerdem erklärt § 3 der Vereinbarungen auch die übrigen wesentlichen Regelungen des für Arbeitnehmer abgeschlossenen TVK als entsprechend anwendbar. Insbesondere traf die Klägerin die Pflicht nach § 5 Abs. 2 TVK, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Für sie galt die umfassende Mitwirkungspflicht des § 7 TVK. Auch das für anwendbar erklärte Zustimmungserfordernis bei Nebenbeschäftigungen (§ 9 TVK), das Führen von Personalakten (§ 10 TVK) sowie die Regelungen zur Arbeitsversäumnis nach § 19 TVK sind typisch für Arbeitsverhältnisse. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Höhe des Entgelts als Indiz für ein Arbeitsverhältnis gewertet. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die gezahlte Summe nicht mit den "Aushilfssätzen" für Orchestermusiker in Relation gesetzt werden. Maßgeblich ist vielmehr, dass die gezahlten Beträge deutlich über eine Aufwandsentschädigung oder eine Beihilfe hinausgehen. Die Vergütungsvereinbarung spricht daher dafür, dass nicht ein Ausbildungszweck, sondern die Erbringung der Arbeitsleistung im Vordergrund der Vereinbarung stand. Auch der Umfang der von der Klägerin in K. zu erbringenden und erbrachten Dienste lässt keinen Raum für ein Praktikum. 5,9 Dienste im wöchentlichen Schnitt entsprechen nahezu % der in § 15 TVK geregelten Pflichten. Bei einem "learning by doing" steht nicht der Ausbildungszweck im Vordergrund. Vielmehr ist dies kennzeichnend für ein Anlernarbeitsverhältnis. Nicht maßgeblich gegen die Anordnung als Arbeitsverhältnis sprechen die Bezeichnung der Klägerin als Orchesterpraktikantin sowie der unter § 1 Ziffer 4 genannte Zweck der Beschäftigung. Für die rechtliche Einordnung eines Vertrages als Arbeitsvertrag kommt es nicht darauf an, wie die Parteien das Rechtsverhältnis bezeichnen (std. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von der freien Mitarbeit, vgl. nur 12.09.1996 - 5 AZR 1066/94 - BAGE 84, 108 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Freier Mitarbeiter unter II 2 der Gründe). Der in den Vereinbarungen genannte Zweck, die Klägerin über den theoretischen Rahmen des Studiums hinaus mit den praktischen Gegebenheiten und Erfordernissen des Theater- und Orchesterbetriebes vertraut zu machen, gibt nichts dafür her, dass ein Ausbildungszweck im Vordergrund stehen sollte. Vielmehr ist eine derartige Interessenlage auch in einem Anlernarbeitsverhältnis denkbar.

Nachdem die schriftlichen Vereinbarungen eine Einordnung als Arbeitsverhältnis begründen, war es Sache der Beklagten, Umstände darzulegen, die eine von der Vereinbarung abweichende tatsächliche Handhabung zumindest als möglich erscheinen ließen. In der ihr vorliegenden Bescheinigung des Generalmusikdirektors des Staatstheaters K. aus März 1999 war die Klägerin zudem nicht als Praktikantin, sondern als Aushilfe bezeichnet und formuliert, sie habe sich jederzeit in ihre Gruppe eingefügt. Ein bloßes Bestreiten der diesen Umständen entsprechenden klägerischen Darstellung war nicht ausreichend. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht die Beklagte hingewiesen, ohne dass im Berufungsrechtszug entsprechender Sachvortrag erfolgt wäre. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte lediglich vorgetragen, sie selbst beschäftige Musiker dann als Orchesterpraktikanten, wenn die musikalischen Fähigkeiten als nicht ausreichend beurteilt würden, um ein Dauerarbeitsverhältnis einzugehen.

Dieser Vortrag rechtfertigt die Annahme eines Praktikums im Rechtssinne nicht. Vielmehr spricht er dafür, dass Arbeitnehmer unterhalb der tariflichen Vergütungsordnung eingestellt werden sollen.

3. Die Kammer konnte daher dahinstehen lassen, ob § 20 TVK nicht dahingehend auszulegen ist, dass auch Praktika im Rechtssinne unter den Tarifbegriff der Dienstzeit einzuordnen sind. Derartige Praktika fallen nämlich unter § 19 BBiG, so dass auf sie gemäß § 3 Abs. 2 BBiG "die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden sind". Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in der oben zitierten Entscheidung vom 18.05.2000 bei der Auslegung des § 20 TVK maßgeblich darauf abgestellt, dass die Tarifvertragsparteien von dem Erfahrungssatz ausgegangen seien, Erfahrungen, die ein Musiker in einem auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnis sammelt, ließen seine Dienstleistung für den Arbeitgeber wertvoller erscheinen. Für ein Praktikum, das nach Dauer und Intensität der Tätigkeit der Klägerin entspricht, dürfte nichts anderes gelten. Es spricht deshalb viel dafür, dass die Tarifvertragsparteien, die mit den Regelungen des Berufsbildungsgesetzes und der darin bestimmten Gleichordnung mit dem Arbeitsverhältnis vertraut sind, auch derartige Praktika der tariflichen Regelung unterwerfen wollten.

4. Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht nach § 20 Abs. 5 TVK ausgeschlossen.

a) Dabei konnte die Kammer zunächst zu Gunsten der Beklagten unterstellen, dass § 20 Abs. 5 TVK auch auf die Anerkennung von Dienstzeiten anzuwenden ist, welche bei Kulturorchestern als Musiker zurückgelegt wurden. Nach dem Wortlaut differenziert § 20 Abs. 1 TVK nämlich inzwischen diesen und den "nach den Absätzen 2 bis 5 anzurechnenden Zeiten". Daraus könnte zu schließen sein, dass Abs. 5 sich nicht auf die in § 20 Abs. 1 TVK geregelten Dienstzeiten bezieht. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 20 Abs. 4 TVK dennoch auch die in Abs. 1 aufgeführte Zeit erwähnt, ist die Kammer davon ausgegangen, dass § 20 Abs. 5 TVK sich auch auf die vorliegend fragliche Dienstzeit bei einem Kulturorchester bezieht. Es dürfte eine redaktionelle Ungenauigkeit der Tarifvertragsparteien vorliegen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diese Dienstzeiten bezogen auf den erforderlichen Nachweis anders zu behandeln als die nach § 20 Abs. 2 und 3 TVK anrechenbaren Dienstzeiten.

b) § 20 Abs. 5 TVK steht der Klage jedoch bereits deshalb nicht entgegen, weil eine nach dieser Regelung erforderliche .Aufforderung durch den Arbeitgeber" nicht erfolgt ist. In Betracht kommt vorliegend insoweit lediglich das Schreiben der Beklagten vom 05.01.2000. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte jedoch noch nicht Arbeitgeberin der Klägerin. Die Parteien befanden sich noch im Bewerbungsverfahren. Da der Arbeitsvertrag noch nicht zustande gekommen war, konnte auf die vorvertraglichen Beziehungen der Parteien auch der TVK nicht anwendbar sein.

c) Darüber hinaus hat die Klägerin die Anforderungen nach § 20 Abs. 5 TVK erfüllt.

Die Beklagte verkennt insoweit den Inhalt der tariflichen Regelung. Der tarifvertragliche Begriff des Nachweises ist nämlich nicht im Sinne des Beweisrechts der ZPO zu verstehen (vgl. zur parallelen Regelung des § 21 BAT: BAG 26.04.2000 -4 AZR 124/99- AP Nr. 1 zu § 21 BAT-O = DB 2000, 2530). Dementsprechend hat die Beklagte sich vorliegend darauf beschränkt, von der Klägerin "Unterlagen über anrechnungsfähige Vordienstzeiten" zu fordern. Eine derartige Beschränkung des Aufforderungsrechts ist zulässig. Auch der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in der erwähnten Entscheidung angenommen, der Arbeitgeber könne sich darauf beschränken, zunächst eine Auskunft zu erbitten. Die Klägerin ist der Aufforderung der Beklagten nachgekommen, indem sie ihr die der Tätigkeit am Staatstheater K. zugrunde liegenden Vereinbarungen vorgelegt hat. Sie hat damit für die Beklagte hinreichend deutlich erklärt, dass sie diese Zeiten als Dienstzeiten nach § 20 TVK ansieht. Es bedurfte danach lediglich noch einer Subsumtion unter die tarifliche Regelung. Wie die Ausführungen unter oben l 1 zeigen, konnte die Beklagte aus den überreichten Unterlagen erkennen, dass die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis erbracht wurde. Darüber hinaus lag ihr bereits die Auskunft des Generalmusikdirektors aus März 1999 vor. Die Beklagte hat zudem versäumt, der Klägerin im weiteren Verlauf eine erneute Frist zu setzen. Ergibt sich nämlich nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen, dass Zweifel an der Anrechenbarkeit bestehen, hat eine besondere Aufforderung zum Nachweis der .Anrechnungsfähigkeit" mit einer erst vom Zeitpunkt dieser Aufforderung ab neu laufenden Ausschlussfrist zu ergehen (zu § 21 BAT vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT § 21 Erläuterung 3). Eine derartige erneute Aufforderung ist vorliegend streitlos nicht erfolgt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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